Die B3E-Story 4 – Ein gewisser Leo Bauer und ein gewisser Alex Schüler

Kellner auf Rollschuhen vor dem Mandragora, Anfang der 80er Jahre

Während die Stadträte von Bochum sich noch Anfang der 70er Jahre nicht entschließen konnten, auch die obere Kortumstraße zur Fußgängerzone zu machen um so das Engelbertviertel wieder aufzuwerten, begann an der ersten Universität des Ruhrgebietes, nur gut acht Kilometer Luftlinie von diesem Quartier entfernt, Leonardo Bauer, Sohn einer italienischen Einwanderin und eines deutschen Bergmanns, sein Betriebswirtschaftsstudium. Im ersten Moment scheinen diese beiden Vorgänge nichts mit einander zu tun zu haben, und für die jeweiligen Endscheider war das auch so. Bauer allerdings, dessen Vater bei einem Bergwerksunglück starb als er vier Jahre alt war, war früh daran gewöhnt, sein Leben und das von anderen in die eigenen Hände zu nehmen.

Der spätere Lebensweg des heutigen Groß-Gastronom deutete sich schon 1963 an, als er zusammen mit 40 Gleichgesinnten, die ihn kurz Leo nannten, am Nordring den Club Liberitas gründete, eine Art selbstverwaltetes Kulturzentrum. Sie organisierten nicht nur generell für die 60er Jahre sondern vor allem für die Bochumer Verhältnisse ein avanciertes Kulturprogramm und: sie versahen auch den Putz- und Thekendienst gemeinsam.

Leo Bauer sympathisierte, wie die meisten Studenten dieser Zeit, mit einer neuen Jugendbewegung, die später als die 68er in die Annalen eingehen sollte. Er gehörte nicht zu den politischen Anführern der Szene, prägte sie in Bochum jedoch in kultureller Hinsicht und gehörte zu den ersten Kriegsdienstverweigerern der Stadt.
Er verstand die kulturellen Bedürfnisse seiner Altersgenossen umso mehr, als es auch seine eigenen waren –  und er befriedigte sie.

Für die Studenten in Bochum und für viele Jugendliche, die mit der traditionellen Ruhrgebietskultur so wenig anfangen konnten wie mit der Biederkeit der Nachkriegsjahre, war der Club Liberitas eine Offenbarung. Für die Stadtverwaltung Bochums und einen großen Teil seiner Bürger jedoch schlicht ein Ärgernis, ein kleiner, verqualmter Raum, in dem Langhaarige fürchterliche Musik, ja, sogar „Negermusik“ hörten, und an dessen Wänden Bilder zu sehen waren, die sich kein anständiger Mensch jemals in die Wohnung hängen würde. Wer in den Club Liberitas ging, konnte nicht normal sein – und legte zumeist genau darauf auch keinen allzu großen Wert.

Der Club Liberitas wurde zum ersten Treffpunkt von etwas, das man später Szene nennen sollte. Zu ihren „Prominenten“ gehörten in den 70er Jahren dann auch einige Schüler der bekannten Bochumer Schauspielschule: Claude Oliver Rudolph, später international bekannter Darsteller verschiedener Filmbösewichte und auch Uwe Fellensiek, heute gern gesehener TV-Kommissar, der mit Speckmann Anfang der 70er das aus dem Club Liberitas hervorgegangene Spektrum weiter betrieb und dann später das Bauhaus eröffnet. Auch der heute weltbekannte Herbert Grönemeyer trat Mitte der 70er öfter im Mandragora auftrat.

Er jobbte seit seinem 15. Lebensjahr am Schauspielhaus und hatte später als Dauerstudent für Musik und Jura an der Ruhr-Uni viel Zeit hatte, das damalige, noch überschaubare Bochumer Nachtleben zu erkunden. Die Szene traf sich im Club am Hellweg und zog später in den Intershop um. Die nichtstudentische Jugend sammelt sich damals im Drugstore an der Brüderstraße. Das Bermudadreieck gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht, noch nicht einmal die Idee, dass so etwas je entstehen könnte, aber immerhin tummelten sich Ende der 60er Jahre die ersten Protagonisten in der noch kleinen Szene Bochums.

Zu dieser Zeit verkehrt auch ein gewisser Elektrikerlehrling Alex Schüler in den wenigen Szenetreffpunkten. Bevor er die Lehre begann,  musste er erst einmal seinen

Der mittlerweile nach einem Brand geschlossene Zwischenfall war früher Appel Foto: Stahlkocher Lizenz: GNU

Hauptschulabschluss nachholen, denn er war vorzeitig von der Schule geflogen. Auch er holte später, wie Leo Bauer, sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach und begann ein Studium an der Ruhr Universität. Ansonsten jedoch ist er nicht nur eine Kneipengeneration jünger, also gut zehn Jahre, sondern auch von seiner Persönlichkeit her anders gestrickt als Bauer. Weniger in sich verschlossen, weniger konsequent, was die erfolgreiche Beendigung seines Studiums betrifft, und häufig und gerne auf Reisen.

Aber auch er hatte keine herkömmliche Vorstellung von Kneipe und Disco, auch ihm fehlten kulturelle und soziale Räume in Bochum, in denen er sich selbst wohl fühlen würde, und auch er wird die Entwicklung des Engelbertviertels zum Bermudadreieck, wenn auch erst viele Jahre später, tiefgreifend prägen. Das Interesse der heutigen Logos GmbH, deren Teilhaber er immer noch ist, setze allerdings, was die Außengastronomie betraf, erst 1997 mit der Eröffnung des ThreeSixty ein. Vorher eröffneten er und seine Freunde bevorzugt Lokale und Clubs außerhalb des Bermudadreiecks und investierten sogar in Berlin und Sachsen.

Sein unternehmerischer Weg ins B3E begann viele Jahre später als der Leonardo Bauers und startete in Bochum-Langendreer. Mit dem Geld, das er sich durch mehrmonatige Montagearbeiten im Irak verdient hatte, übernahm er dort 1979 eine ehemalige Rockerkneipe und verwandelte sie mit eigenen Händen in die erste Szenediskothek Bochums, das Appel. Dafür holte er sich unter anderem auch Rat bei Leo Bauer, der zu diesem Zeitpunkt schon Mehrfachgastronom und zugleich Schülers heimliches Vorbild war.

Mehr zu dem Thema:

Teil 1: Die B3E-Story – oder wie das Bochumer Szeneviertel namens Bermudadreieck entstanden ist

Teil 2: Die B3E-Story 2: Entstanden aus dem Nichts?

Teil 3: Die B3E-Story Teil 3- Vom proletarischen Moltkeviertel zur Bochumer Studentenbewegung

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discipulussenecae
discipulussenecae
12 Jahre zuvor

Die Artikelreihe ist sehr informativ und interessant, sie hat aber bisweilen ärgerliche stilistische Schwächen, so z. B.: Zeitenfolgen werden nicht eingehalten (Er gehörte nicht … und er befriedigt sie), Verben fehlen (Für die Stadtverwaltung … jedoch schlicht ein Ärgernis) und manche Tippfehler sind sinnentstellend (Bauer … war früh daran gewöhnt, sein eigenes Leben und das andere in die eigenen Hände zu nehmen).

Zudem stören viele Zeichensetzungsfehler und typographische Unsauberkeiten (doppelte Leerstellen, keine Leerstelle hinter einem Komma etc.) den Lesefluß.

Ich bin kein Deutschlehrer und will auch nicht überkritisch sein. Aber ein bißchen mehr redaktionelle Sorgfalt würde der ansonsten doch sehr guten Reihe etwas von ihrer eher laienhaften Ausstrahlung nehmen.

Daher mein Tip: einfach mal einen Kumpel um eine Korrekturlektüre bitten!

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