Mitte der 60er Jahre war der Club Liberitas noch nicht viel mehr als ein Treff in einem leer stehenden, ehemaligen Friseurladen am Nordring, in dem laute Jazz- und Rockmusik gespielt wurde, und das zum Teil live. Auf eine Genehmigung der Stadt Bochum legten die Clubmitglieder Anfangs keinen Wert. Zu diesem Zeitpunkt war Leo Bauer, wie die meisten seiner Freunde, noch minderjährig, und man brauchte einen Erwachsenen (der musste damals mindestens 21 sein), der den Mietvertrag unterschrieb. Das war ein gewisser Ulli Heerde.
Schnell jedoch sprach sich herum, dass es hier keine Sperrstunde gab und noch bis in die tiefe Nacht was zu trinken. Bald gab es auch eine richtige Theke, jedoch ohne Konzession. Es entstanden die ersten Diskussionszirkel, und die ersten „Veranstaltungen“ kamen zu Stande. Später tauchte dann auch jemand auf, der schon mal einen Jazzclub betrieben hatte: Egon Mai, Wirt und Organisator des ehemaligen Podiums in Essen. Er war ein Musikfreak und genau daran war sein Podium gescheitert.
Im Club traf er mit Leo Bauer jemanden, der ebenfalls die gleiche Musik liebte, jedoch als mittlerweile frisch gebackenen Betriebswirt mit Verträgen und mit Geld umzugehen wusste. Die Folge: Immer mehr Jugendliche aus der Uni-Szene besuchten die nun immer häufiger überfüllten Räumlichkeiten. Mittlerweile hing auch ein Schild im Schaufenster auf dem Club Liberitas stand. Die Sache brauchte jedoch mehr als einen Namen, sie brauchte mehr Organisation, und die Theke brauchte eine Konzession.
1969 entstand dann der Club Liberitas offiziell und damit auch Leo Bauers erste GmbH: Club Liberitas, Gesellschaft zur Förderung kultureller Veranstaltungen mit beschränkter Haftung. Mitteilhaber war besagter Ulli Heerde. Leo Bauer, mittlerweile 24 Jahre alt, wurde jedoch auf Grund seines Organisationstalentes, seiner Führungs- und seiner Verhandlungsqualitäten schnell zum Primus inter Pares. Dass er später einemal zum „Vater des Bermudadreiecks“ avancieren würde, ahnte er damals selbst nicht. „Es ging für mich wie für alle anderen vor allem darum, Spaß zu haben. Wir wollten einen Laden, in dem wir uns wohl fühlten, wollten unsere Musik am liebsten live hören und die Bilder ausstellen, die uns gefielen und die wir sonst nirgends zu sehen bekamen, sagt der heute über 60-Jährige.
Bauer wurde jedoch bald zu einer Art Impresario, der den Club durch sein besonderes Veranstaltungsprogramm schnell über die Stadt hinaus bekannt machte.Zu Anfang waren es lokale Musikgruppen, die in dem gerade mal 130 Quadratmeter großen Laden auftraten. Mit der größer werdenden Zahl der Studenten in Bochum überflügelte der Club bald den traditionellen Bochumer Jazzclub Backofen an der Uni, der ebenfalls in den frühen 60er Jahren entstanden war und stieg schnell zur ersten Adresse für nationale und internationale Jazz-, Folk- und Bluesgrößen wie Albert Mangelsdorff, Champion Jack Dupree, Schnuckenack Reinhardt, Dietrich Kittner, Kraftwerk, Renaissance, Dave Pike Set und Peter Brötzmann auf.
Aber auch Autorenlesungen mit Schriftstellern wie Frank Göhre und Volker Degner gehörten zum festen Programm. Für Bauer und seine Freunde war die Auswahl einfach: „Wir haben gebucht, was uns gefiel.“ Und die Künstler kamen, denn die Zahl der Orte, an denen sie damals in Deutschland auftreten konnten, war klein. Also wurde der Club auch schnell zu einer festen Größe im aufkeimenden bundesdeutschen Underground der 60er Jahre. Bochum hörte auf, Provinz zu sein – zumindest auf 130 Quadratmetern Räumlichkeiten am Nordring.
Auch politisch waren die Clubmitglieder aktiv. Wöchentlich wurden Kriegsdienstverweigerer beraten. In den 60ern ein subversives Unterfangen. Wer nicht zur Bundeswehr ging, darin war sich die Öffentlichkeit einig, war entweder schwul oder Kommunist – wahrscheinlich jedoch beides gleichzeitig.Leo Bauer persönlich hatte sich für die Unterstützung der Verweigerer eingesetzt – war er doch selbst einer von ihnen. Der Club Liberitas gehörte mittlerweile auch zu dem Kreis der locker miteinander im Austausch befindlichen republikanischen Clubs. Diese wurden zu wichtigen Foren der sich bildenden Gegenöffentlichkeit, der aufkeimenden Studentenbewegung.
Zugleich gehörte er zu den erfolgreichsten Szenelokalen der Zeit, und das lag auch an den Managementfähigkeiten Bauers. So wurden auch die für den Club wichtigen Konzerte mit der Zeit immer größer und mussten bald in Veranstaltungshallen durchgeführt werden. Kritik von und Konflikte mit der etablierten Gesellschaft der Stadt waren unvermeidlich. Bei einem Free Jazz Konzert, das im Club selbst statt fand, führte das Ordnungsamt auf Grund von Beschwerden der Nachbarn zum ersten Mal Schallmessungen durch, und prompt musste der Club schon um 22 Uhr schließen.
Ein großes Arschdruckhappening in der heutigen Komödie, eine Kunstaktion, bei dem auch die zahlreichen Zuschauer zu Teilnehmern wurden, indem sie sich reihenweise mit nacktem und mit Farben bestrichenem Po auf große Papierbögen setzten, sorgte zudem dafür, dass der Club außerhalb seiner eigenen vier Wände kaum noch größere Säle anmieten konnte. Dafür aber stand die Aktion im „Stern“ als Beispiel zu einer Diskussion über moderne Kunst. „Ist das noch Kunst?“ fragte damals die Hamburger Illustrierte in großen Lettern.
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Teil 1: Die B3E-Story – oder wie das Bochumer Szeneviertel namens Bermudadreieck entstanden ist
Teil 2: Die B3E-Story 2: Entstanden aus dem Nichts?
Teil 3: Die B3E-Story Teil 3- Vom proletarischen Moltkeviertel zur Bochumer Studentenbewegung
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