Die Bundesliga geht in den zweiten Spieltag – der ganz normale VAR-nsinn?

Ich sehe was, was du nicht siehst – Entscheidungen um den Videoschiedsrichter VAR sind zu oft falsch | Foto: Werner100359 / wikipedia / CC BY-SA 4.0

Kellergeister beim Video Assistant Referee in Köln, dazu gut aufgelegte Bayern, ein gedankenvoller Max Kruse, ein 26-teiliges Hutschenreuther Kaffeeservice für Oliver Bierhoff sowie Tricks, Transfers und Tabellenblicke – Thommy Junga und Peter Hesse schauen auf die 60. Saison in der Fußball-Bundesliga und garnieren die Lage kurz vor dem zweiten Spieltag mit ein paar Standpunkten und ›Hätte-, Wenn- und Aber‹-Flausen.


Hallo Thommy! Vergangen Freitag haben die Bayern die Europa-League-Sensation Eintracht Frankfurt mit 6:1 weggehämmert. Darf man dem Team vom Weißwurst-Äquator schon zur 11. Meisterschaft in Folge gratulieren – oder sollen wir lieber noch drei Spieltage abwarten?

Na, Peter, den dritten Spieltag, wenn die Bayern nach Bochum müssen, sollten wir noch abwarten. Dann wissen wir wo die Bayern stehen. Im Ernst: man sollte das erste Spiel ja nie zu hoch hängen, da fehlt und knirscht es noch bei vielen Teams an allen Enden und Ecken. Die Bayern haben nur einen Neuzugang von Anfang an bringen müssen, das hilft natürlich in dieser Hinsicht. Wie stabil diese Mannschaft – mit vielen neuen jungen Spielern bei höherer Belastung – sein wird, das bleibt abzuwarten. Ich schlage vor, wir halten uns noch mit den Glückwünschen etwas zurück.

Gratulation und Glückwünsche sind ein gutes Stichwort. Parallel zum Finale der Damen-Europameisterschaft, die streckenweise wirklich erfrischenden und ungestümen Fußball präsentierte, setzte die Liga-Planungskommission die erste Runde vom die erste Runde vom DFB-Pokal an. Damit hat sich DFB-Direktor Oliver Bierhoff extra ein 26-teiliges Hutschenreuther Kaffeeservice verdient, oder?

Absolut, hoffentlich mit Widmung. Dazu vielleicht noch eine Funkuhr mit Pokal als Stundenzeiger aus dem DFB-Shop. Es scheint einfach unheimlich schwierig zu sein, da mal einen vernünftigen und angemessenen Umgang mit dem Thema Frauenfußball zu finden. Man weiß ja nicht was schlimmer ist: dass es beim Verband keinem auffiel oder dass es schlicht keinen weiter gestört hat. Das spiegelte sich ja auch in dieser dümmlich bis dreist geführten Argumentation zur Prämienregelung wider. Wenn man die Prämien der Damen nicht anheben will, dann schlage ich vor die Prämien der Herren einfach auf Damenniveau zu senken. Der Spieler, der deshalb nicht mehr auflaufen will, den will ich vielleicht eh nicht in meiner Nationalelf.

Alexandra Popp und die Fußballfrauen überzeugtenm diesen Sommer mit erfrischenden und ungestümen Fußball / Foto: Steffen Prößdorf / wikipedia / CC BY-SA 4.0

Im Jahr 1961 erhielt der kürzlich verstorbene Uwe Seeler ein lukratives Angebot von Italiens Spitzenverein Inter Mailand, der ihm 1,2 Millionen D-Mark bot – damals eine der höchsten gebotenen Transfersummen überhaupt. Gemeinsam mit seiner Frau Ilka habe er lange über das Angebot aus Mailand nachgedacht, sich eigener Aussage nach aber für „unser Häuschen, unsere Familien und unsere sichere Zukunft“ entschieden. Schaut man sich aktuell den Transfer von Anthony Modeste vom 1. FC Köln zu Borussia Dortmund genauer an, scheint die alte Monaco Franze-Binsenweisheit ›Entscheidend ist auf dem Konto‹ zu stimmen. Wie kommen wir in der Liga nochmal zurück zu den Werten eines Uwe Seelers?

Kaum bis gar nicht, fürchte ich. In Barcelona wollten sie auch erst nicht glauben, als Messi ging. Da spielte das liebe Geld wohl auch eine nicht ganz unerhebliche Rolle. Ich bin ehrlich gesagt aber ein bisschen überrascht über diesen riesigen Aufschrei beim Modeste-Deal. Das ist jetzt sein zweiter Transfer von Köln zu einem solventeren Klub und die sportliche Attraktivität am Borsigplatz ist fraglos größer als am Dom. Mich wundert das schon, dass hier die große Moralkeule geschwungen wird, denn weder ist der gute Mann ne‘kölsche Jung aus der guten, alten Heinz-Flohe-Schule, noch entsteht dem Verein ein finanzieller Nachteil. Fünf Millionen Ablöse für einen 34j-ährigen und ein dem Vernehmen nach eingespartes großzügiges Gehalt – da kann der FC jetzt doch sportlich nachhaltige Entscheidungen treffen – und finanzieren. Wenn Bruno Labbadia jedesmal beim Vereinswechsel in Tränen ausgebrochen wäre, das wäre auch nicht nachvollziehbar gewesen.

Nächstes Thema: Max Kruse von Fußball-Bundesligaklub VfL Wolfsburg hat das Vorgehen der Polizei gegen Bremer Fans am vergangenen Spieltag beanstandet. „Wo leben wir denn?“, sagte er via Instagram in Richtung der Werder-Ultras, die aus Protest nicht zum Spiel zwischen Wolfsburg und Bremen am vergangenen Samstag erschienen waren. „Wir leben in einer freien Welt und nur, weil ich irgendwo hinfahre, muss ich nicht meinen Ausweis zeigen und sagen, wer ich bin.“ Das ist ein gutes Statement, oder?     

Ich muss zugeben: Max Kruse mit einem gesellschaftspolitischen Einwurf – das hatte ich nicht auf meiner Saison-Bingokarte. Ganz Unrecht hat er aber sicherlich nicht, die Einsatzkräfte bzw. deren Leitung hat da kräftig über das Ziel hinausgeschossen. Wir haben es hier aber wohl vor allem mit einem Kommunikationsproblem im Vorfeld zu tun, denn die Polizei betrachtete und behandelte die Partie als Risikospiel, die Vereine gingen von der Normalstufe aus. In welcher Weise dann da vor Ort mit den Fans umgegangen wurde, lässt sich trotz Risikobewertung kaum nachvollziehen.

Ein Mann, ein Wort: Max Kruse | Foto: soccer.ru / wikipedia / CC BY-SA 3.0

RB Leipzig haben in den letzten Tagen nochmal kräftig in die Tasche gegriffen: Benjamin Sesko kommt aus Salzburg und Timo Werner wechselt zurück von Chelsea nach Leipzig. Könnte Leipzig eine Rolle im Titelrennen spielen? Oder ist das nur hohles Blechdosen-Gerassel?

Für Timo Werner darf man sich freuen. Er wurde aus den Fesseln eines völlig sinnfreien Engagements beim FC Chealsea befreit. Was der Ex-Stuttgarter bei einer Mannschaft wollte, die seit Jahren auf Ballbesitzfußball setzt, das bleibt sein Geheimnis – und das seines Beraters. Jetzt kann er wieder auf tiefe Anspiele in Leipzig hoffen, das kommt seinen Fähigkeiten sehr entgegen. Einer großer Schritt für RB ist aus meiner Sicht aber vor allem die Vertragsverlängerung von Nkunku. Damit kehrt der Klub von seiner bisherigen Vorgehensweise ab und stellt die sportlichen über die wirtschaftlichen Ziele. Dazu noch der Transfer von Linksverteidiger Raum, der auch nochmal fraglos die Qualität anhebt – Leipzig muss man wohl schon auf der Rechnung haben. Mit der für 2023 vereinbarten Verpflichtung von Benjamin Sesko bleiben sie aber zumindest ihrer bisherigen Farmklub-Politik treu und bedienen sich wieder beim Schwesterverein in Salzburg. Das sind sicher immer sehr schwierige Verhandlungen.

Die Partie Köln gegen Schalke hat gezeigt: Schiedsrichter kennen sich mit den Regeln aus, aber nicht mit dem Spiel selbst – und den Körpern der Spieler. Und sie sehen Bilder, die die Realität verzerren. Die Entscheidungen hinterließen auf allen Seiten ein tiefes Gefühl des Unbehagens. „Wir sind benachteiligt worden“, sagte Schalke-Sportdirektor Rouven Schröder. Wohin soll dieser VAR-nsinn mit dem Video-Assistenten noch führen?

Das bringt mich Woche für Woche auf die Palme! Nach wie vor wird der VAR völlig falsch eingesetzt. Die Regeln sind deutlich formuliert: Eingriff durch den Videoassistenten bei klaren Fehlentscheidungen. Stattdessen wird der Spielleiter durch ständige „Hätte-, Wenn- und Aber-Flausen“ von unsicheren Kellergeistern vor der Öffentlichkeit in Frage gestellt. Das ist keine Unterstützung, das ist unmotiviertes Mobbing. Und wie du schon richtig sagst, da werden Zeitlupen ausgewertet und angeboten, die jede Objektivität zur Unkenntlichkeit verbiegen. Was in Realgeschwindigkeit ein Gestocher um den Ball ist, sieht dann verlangsamt wie vorsätzliche Körperverletzung aus.

Dann hoffen wir mal weiter, dass das Liga-Geschehen deutlich mehr Tempo und Spannung aufnehmen wird – und den Mitarbeitern vom Videoassistenten empfehlen wir einen Besuch beim Augenarzt.

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[…] Thommy! Vor ein paar Wochen haben wir Max Kruse hier an dieser Stelle noch gelobt, weil er den scharfen Polizeieinsatz bei der Partie Wolfsburg gegen Bremen mit recht […]

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