„Die Chance, dass vollautonome Fahrzeuge ein Teil des ÖPNV werden können, besteht ganz sicher“

Autonomes Fahrzeug von Waymo Foto: Waymo Lizenz: Copryright/PR

Am 11. August begann in San Francisco eine Revolution: Die Alphabet Tochter Waymo und die General-Motors Tochter Cruise erhielten die Erlaubnis, zahlende Kunden mit autonomen Fahrzeugen zu transportieren. Ein Sicherheitsfahrer, der bislang in den Testwagen sitzen musste, um bei Problemen einzugreifen, ist seitdem nicht mehr vorgeschrieben. Damit die die Kategorie V des autonomen Fahrens Wirklichkeit geworden. Lange hatten auch Experten daran gezweifelt, dass so etwas möglich sein würde. Diese Technologie hat das Zeug, die Nutzung von Autos komplett zu verändern. In seinem Buch „Autonomes Fahren und die Zukunft der Mobilität“ erklärt Marco Lalli die Bedeutung dieser Technologie: „Man ist zunächst geneigt, sich eine solche Zukunft mehr oder minder wie die Gegenwart vorzustellen. Anstatt der Menschen fährt eben ein Computer, ansonsten bleibt alles beim Alten. Dem ist aber nicht so. Das autonome Fahren wird die Mobilität von Menschen und Waren grundlegend revolutionieren. Es wird gewaltige Auswirkungen auf zahlreiche Industrien haben, auf unsere Städte, auf das Wohnen, auf viele Gewohnheiten des alltäglichen Lebens.“

Waymo und Cruise starteten in Kalifornien einen klassischen Taxi-Dienst, planen allerdings auch den Einsatz von autonom fahrenden Minibussen. Spätestens damit bietet diese Technologie auch dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) neue Perspektiven. Die Ruhrbarone haben die großen Nahverkehrsunternehmen im Ruhrgebiet und den Verkehrsverbund Rhein Ruhr gefragt, wie sie die Bedeutung des Autonomem Fahrens einschätzen. Sie gehören zu den möglichen Kunden für autonome Fahrzeuge:

Bogestra:

„Das Thema autonomes Fahren wird insgesamt von den Unternehmen des ÖPNV bereits seit Jahren aktiv begleitet. Dadurch fanden und finden Projekte statt, bei denen wichtige Praxiserfahrungen gemacht und technologische Entwicklungen gefördert werden.

Durch die gute Vernetzung untereinander hat sich in der Vergangenheit bewährt, dass von den Projekten, die bestimmte Unternehmen bzw. Verbünde umsetzen, die gesamte ÖPNV-Branche profitiert. Denn der Austausch, der zwischen den Unternehmen bzw. Verbünden erfolgt, sorgt dafür, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen fokussiert eingesetzt werden können.

Die aktuell laufenden Projekte werden daher auch die Grundlage bilden, um tragfähige Aussagen zu den Erwartungen treffen zu können, die der ÖPNV und die Bogestra an die Technologie stellen können.

Ein eigenes (Pilot-)Projekt ist von der Bogestra vor dem oben geschilderten Hintergrund aktuell nicht geplant.“

DSW21:

„Unsere Branche beschäftigt sich seit Jahren mit den Themen autonomes und automatisiertes Fahren und beobachtet die Entwicklung genau. Allerdings sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland deutlich anders als in den USA. Auch ethische Fragen sind noch zu diskutieren.

Das Thema ist uns und der Branche nicht fremd: So sind unsere Stadtbahnen unter anderem durch die Zugsicherung bereits jetzt schon teilautomatisiert unterwegs. Eine weitere Automatisierung ist realistisch. Sie böte zum Beispiel die Chance, den Betrieb zu optimieren, etwa, indem Bahnen dichter hintereinander fahren können.

Bei den Bussen, die sich frei im Straßenverkehr bewegen, ist es viel komplizierter. Autonom fahrende Kleinbusse für etwa sechs bis acht Personen, die auf Parkplätzen als Shuttle oder im ländlichen Raum auf wenig frequentierten Straßen eingesetzt werden, dienen dazu, wichtige Erkenntnisse zum automatisierten Fahren zu sammeln. Bei aller Begeisterung muss man jedoch nüchtern feststellen, dass es bisher noch kein System gibt, dass in absehbarer Zeit im Straßenverkehr einer deutschen Großstadt sicher und ohne Sicherheitsfahrer unterwegs sein kann.

Sollten autonome Taxen zukünftig in Deutschland eingesetzt werden, würden wir diese ebenso wenig als Konkurrenz sehen, wie wir Taxen aktuell sehen. Diese fahren kleine Gruppen von Menschen von Tür zu Tür. Der ÖPNV ist dagegen darauf ausgelegt, Menschen in großer Anzahl zu festgelegten Zeiten zu transportieren, ein Bus mit bis rund 80 Menschen, eine Stadtbahn als Doppelzug mit bis zu 400 Menschen. Das sind ganz andere Anforderungen, Fahrgastzahlen und zum Teil auch Zielgruppen.

Von den Kapazitäten her wären solche automatisierten Kleinfahrzeuge für uns in abgelegenen Gebieten mit sehr geringerer Fahrgastzahl als On Demand-Fahrzeuge interessant.“

Vestische:

„Welche Rolle autonome Fahrzeuge bei der Zukunft unserer Mobilität spielen könnten, ist noch nicht sicher vorhersagbar. Dennoch haben auch wir dieses Thema natürlich im Blick und beobachten Modellprojekte im In- und Ausland wie die gesamte Branche mit großem Interesse. Die Chance, dass vollautonome Fahrzeuge ein Teil des ÖPNV werden können, besteht ganz sicher. Ob in diesem Fall eher innerstädtische Strecken bedient oder ländlichere Gebiete angeschlossen werden können, ist allerdings noch nicht absehbar. Eigene Modellprojekte sind uns unserem Unternehmen derzeit nicht geplant.“

VRR:

„Als Verbundorganisation besitzen wir keine eigenen Fahrzeuge, sondern Busse und Bahnen sind im Eigentum der Verkehrsunternehmen. Gemeinsam mit diesen beobachten wir selbstverständlich die Entwicklungen auf dem Fahrzeugmarkt. Neben der Entwicklung im hybriden und emissionsreduzierten Bereich, auch die Technologien des autonomen Fahrens. Gemeinsam mit den operativ tätigen Unternehmen versuchen wir so die Potentiale von Technologien für den ÖPNV zu identifizieren. So gibt es bei den Bahnen der Stadt Monheim autonome Busse, die im Einsatz sind. Informationen zu Zielen, Projektablauf und Fahrzeugdetails finden sich auch auf der Internetseite der Bahnen der Stadt Monheim: Kurzportrait der Altstadtstromer (bahnen-monheim.de)

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