Vor knapp zwei Wochen sorgte der insgesamt ca. 300 Mio. Euro umfassende neue Werbedeal zwischen Borussia Dortmund und dem aus der ehemaligen ‚Ruhrkohle AG‘ hervorgegangenen Essener ‚Evonik‘-Konzern deutschlandweit für Schlagzeilen.
Der Kooperationsvertrag sichert dem Deutschen Fußball-Vizemeister der letzten beiden Jahre eine langfristig konkurrenzfähige Situation beim Kampf um die Ligaspitze mit dem FC Bayern München. Zumindest ein Stück weit.
Zufriedene Gesichter überall. Überall? Nein, längst nicht. Bei etlichen Evonik-Mitarbeitern sorgte der Deal für kritische Minen.
Konzernweit sollen bei Evonik nämlich in den nächsten Jahren, unter dem vornehm klingenden Titel ‚Administration Excellence‘, etwa 1000 Stellen in der Verwaltung abgebaut werden, was etwa 230 Millionen Euro an Kosten einsparen soll. Ziemlich genau also der in den BVB gerade frisch investierte Betrag. Dass das manch einem Mitarbeiter den schwarzgelben Torjubel zukünftig etwas erschweren dürfte, sollte klar sein.
Nicht der erste Deal der Fußball-Bundesliga in letzter Zeit, der einen bei näherer Betrachtung doch eher mal schwer durchatmen als uneingeschränkt jubeln lässt.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch noch einmal an die einige Monate zurückliegenden Debatten um Werder Bremens Trikotsponsor ‚Wiesenhof‘, der für seine Umgangsformen mit Tieren kritisiert wird, an den Schalke-Deal mit dem russischen Gaskonzern Gazprom, der in der Debatte rund um die Ukraine-Krise jüngst heftig kritisiert wurde (auch hier im Blog), oder an den VfL Bochum und seinen bereits seit Jahren für schlechte Arbeitsbedingungen bekannten Werbepartner ‚Netto‘.
Auch der gleich mehrere Bundesligisten unterstützende Autobauer Opel geriet zuletzt gleich mehrfach in die Kritik, als man trotz drohender Entlassungen und Werksschließungen Millionen von Euro in den Profifußball investierte und u.a. mit gutgelaunten Millionären aus dem Umfeld von Borussia Dortmund für seine Produkte warb, und dabei zumindest in einem Werbespot die Abwärtsentwicklung im Konzern sogar noch ganz offensiv auf die heitere und humorvolle Art nahm, als man Jürgen Klopp über die nicht mehr notwendige Bergabfahrhilfe ‚seines‘ Wagens spotten ließ, da er mit dem Opel-Konzern ja jetzt nur noch bergauf ginge.
Alles in allem kein besonders taktvoller Umgang mit den betroffenen Mitarbeitern in den jeweiligen Konzernbelegschaften oder den auf andere weise von Fehlverhalten direkt betroffenen Menschen (und Tieren).
Man sieht daran, Geschäft geht im Zweifelsfall halt auch im angeblich so tief in der Region verwurzelten Fußballsport viel zu häufig noch immer vor. Die drohenden Entlassungen, schlechten Arbeitsbedingungen, der Tierschutz oder auch die Zukunft einer von riesigen Zukunftsproblemen bedrohten Region wie dem Ruhrgebiet interessieren auch die auf Kommerz ausgerichteten Fußballvereine der Region im Zweifelsfall dann doch nicht wirklich. Trotz der diversen von Marketingstrategen erdachten Verbundenheitsparolen der Vereine zu ihren Fans.
Und so täuschen einen die zufriedenen Mienen der beteiligten Partner auf der Sonnenseite dieser Geschäfte dann gerne auch einmal über die besorgten Gesichter der Leute in der zweiten Reihe hinweg.
Doch so lange alle Beteiligten noch immer so gut und eindeutig von diesem Verhalten profitieren, und sich niemand entschieden gegen diese Geschäftspraktiken wehrt, kann man einen Wandel der Werte in nächster Zeit auch hier wohl kaum erwarten.
Bei aller berechtigten Freude über ‚KönigFußball‘ hier im Revier sind diese Entwicklungen doch irgendwie arg bedenklich…