Die Globuli-Challenge

Frau Doktor, Herr Heilpraktiker, Frau Apothekerin! Mir sind leider meine drei Globulifläschchen ins Wasser gefallen und die Etiketten haben sich abgelöst. Was soll ich jetzt tun? Wissen Sie, wie ich meine Medikamente identifizieren kann?

Können Sie ein Schlafmittel von einem Abführmittel unterscheiden? Bei pharmazeutischen Präparaten, welche eine genau definierte Menge an aktiven Substanzen enthalten, ist dies leicht möglich. Entweder nimmt man eines von beiden Mitteln ein, oder man analysiert die Präparate im Labor mit den Methoden der pharmazeutischen Analytik. Bei der Homöopathie sieht es anders aus. Niemand auf dieser Erde konnte bis jetzt verschiedene homöopathische Mittel, sofern sie eine Verdünnung von mindestens 24 Zehnerschritten erfahren haben und somit theoretisch kein einziges Molekül der Ursubstanz mehr enthalten, voneinander unterscheiden. Nicht mit den Methoden der Naturwissenschaft, nicht mit den Methoden der Homöopathie, nicht mit anderen esoterischen Methoden, wie z. B. einer Wünschelrute oder einem Pendel. Und ja, Homöopathen geben an, dass es auf die eine oder andere Weise möglich sei!

Die Homöopathie basiert auf „wissenschaftlichen“ Ansichten aus voraufklärerischer Zeit:

  • Was bei Gesunden ein Symptom hervorruft, heilt es bei Kranken.
  • Verdünnen plus Schütteln ergibt Heilkraft.

Sie ist eine Scheintherapie; sie wirkt nicht. Alles, was sie bieten kann, ist vorgegaukelt bzw. nur ein Placebo. Aber nicht, dass Sie jetzt denken, dass ich den Placeboeffekt nur als eine Spinnerei abtun will!

Trotz dieser Defizite ist die größere Hälfte der Deutschen und Österreicher angeblich sehr zufrieden damit.

Das Informationsnetzwerk Homöopathie

Im Jahre 2016 wurde das Informationsnetzwerk Homöopathie (INH) gegründet, um neutrale und wissenschaftliche Informationen zum Thema anbieten zu können. Um den Ingenieur Dr. Norbert Aust, der in seinem Blog etliche Studien, die angeblich einen Effekt der Homöopathie fanden, als methodisch inkorrekt entlarvte und der Ärztin und ehemaligen Homöopathin Dr. Natalie Grams, hat sich eine Riege Skeptiker, Ärzte, Wissenschaftler und interessierter Laien gebildet, die Informationen bereitstellt und erfolgreich über so manche Fehlinformation aus dem Dunstkreis der Homöopathie aufklärt. Es wurde eine Webseite, eine Webseite für Familien und ein Homöopathie-Onlinelexikon geschaffen.

Die Globuli-Challenge

Auf der diesjährigen Skeptikerkonferenz in Köln wurde das neueste Projekt des INH vorgestellt: Die Globuli-Challenge, welche zusätzlich zu den Psi-Tests der GWUP angeboten wird und zum Ziel hat, zu testen, ob der Applikant drei verschiedene hochpotenzierte Homöopathika bestimmen kann. Dem Gewinner winkt ein Preisgeld von 50.000 Euro. Der Sponsor möchte nicht genannt werden. Dieses Preisgeld ist bis zum 30. April 2020 ausgeschrieben. Wenn es keiner schafft, innerhalb dieser Frist diesen wissenschaftlichen Test zu bestehen, dann wird es auch später keiner schaffen. Immerhin hatten die Homöopathen schon 200 Jahre Zeit, für diesen Test zu üben.

Der Ablauf

Der Ablauf des Tests wurde folgendermaßen festgelegt: Der Applikant wählt drei Mittel, die in gleicher Hochpotenz vom gleichen Hersteller als Globuli beschafft werden können. Ein Notar kauft jene Globuli bei einem Anbieter und füllt zwölf Probefläschchen ab, die je eine Sorte der eingekauften Globuli enthalten. Dieser Schritt sorgt für die notwendige doppelte Verblindung und die Randomisierung der Proben. Der Bewerber muss nun bestimmen, welches Fläschchen welches Mittel enthält. Bereits bei der Applikation zu diesem Psi-Test muss er bekanntgeben, mit welchem Verfahren er dies zu bewerkstelligen gedenkt. Zugelassen sind alle denkbaren Verfahren:

  1. Die klassische homöopathische Arzneimittelprüfung: Homöopathen finden an Gesunden heraus, welche Symptome durch die Ursubstanz (potenziert oder nicht potenziert) auslöst werden.
  2. Wünschelruten, Pendel, Aura- bzw. feinstoff-basierte Methoden, Bioresonanz: Nicht alle Homöopathen schwören auf solche esoterischen Methoden, viele aber schon.
  3. Nanopartikel: Manche Homöopathieforscher meinen, dass in Hochpotenzen doch noch Nanopartikel der Ursubstanz enthalten sind. Angesichts der hohen Verdünnung wäre dies jedoch unmöglich. Die gefundenen Nanopartikel können aber auch vom Wasser, das zum Verdünnen benutzt wird, stammen.
  4. Man kann auch modernste Analysemethoden benutzen, welche wissenschaftlich fundiert sind.
  5. Und was sonst noch so möglich ist.

Der Applikant muss elf der zwölf Fläschchen richtig zuordnen. Falls er dies schafft, muss er in Phase 2 des Tests dieselbe Erfolgsquote nochmals liefern. Für Phase 2 werden nochmals zwölf Fläschchen randomisiert befüllt, wobei aber bei einem anderen homöopathischen Pharmaunternehmen eingekauft wird. Im Erfolgsfall erhält der Bewerber die ausgelobte Prämie. Andernfalls muss er die für die Bereitstellung der Proben aufgelaufenen Kosten ersetzen. Hierfür muss der Bewerber eine Sicherheitsleistung von 500 Euro hinterlegen, die entweder mit den aufgelaufenen Kosten verrechnet wird bzw. mit der Prämie dem Bewerber zurückgegeben wird. Aus organisatorischen Gründen werden maximal fünf Bewerber gleichzeitig zugelassen. Nur der erste, der diese Challenge schafft, bekommt das Preisgeld!

Was, wenn der Test bestanden werden kann?

Falls der Test nicht bestanden werden kann gilt weiterhin: Ununterscheidbares kann man halt nicht unterscheiden. Falls er jedoch positiv ausfällt, wäre unser gesamtes Wissen grob falsch oder unvollständig. Das INH wird dann versuchen, diese Nachricht in einem hochgerankten Wissenschaftsmagazin zu publizieren. Des Weiteren muss man den Test mit der vorgebrachten Methodik auch in unabhängigen Laboren replizieren können.

Homöopathen schreien oft lauthals nach Forschungsmitteln. Hier können sie sie erhalten. Die Teilnahme an diesem Psi-Test kann mit dem Einreichen eines Forschungsantrages verglichen werden. Den Gewinn dieses wissenschaftlichen Tests kann man mit der Annahme des Antrages vergleichen. Aber bis es so weit ist, geht man am Besten von der vorherrschenden wissenschaftlichen Ansicht aus: Homöopathika kann man einzig und alleine durch das Etikett der Verpackung unterscheiden.

Anmerkung: Der Autor ist Mitglied des INH und der GWUP.

Bildnachweise:
1: Aragonite, Sulphur. By Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10451355.
2: White Phosphor. By Weißer_Phosphor.JPG: BXXXD at de.wikipediaPhosphor_rot.jpg: TomihahndorfPhosphor-rot-violett.jpg: Maksimderivative work: Materialscientist (talk) – Weißer_Phosphor.JPGPhosphor_rot.jpgPhosphor-rot-violett.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7275993.
3: Spanische Fliege (Lytta vesicatoria). Von Franco christophe – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2105311

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Brain out
Brain out
6 years ago

Liebe Barone, liebe GWUP/INH,
könnt ihr mir weiterhelfen? Der Chef der Bundesärztekammer hat wohl gesagt es sei Tatsache, dass die Homöopathie wirkt!
Was sagt man dazu… Hat der n Pinn im Kopp?
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/tagesgespraech/frank-ulrich-montgomery-homoeopathie-umstritten-aber-sie-hilft-vielen-menschen-100.html

Brain out
Brain out
6 years ago

@Michael: Vielen Dank! …Da muss man sich doch zur Wehr setzen!
Ich habe gerade weiter gelesen, dass auf dem Ärztetag wohl eine "Weiterbildung in Homöopathie" mit "überwältigender Mehrheit" beschlossen worden sein soll… Gehts noch ?!? Wer hat denen denn das Gehirn geklaut!! Ich dochte sowas machen nur Quack-Pratiker und keine echten Mediziner. Die wissen wohl gar nicht, dass die Globuli so stark verdünnt sind wie ein FURZ in der Atmosphäre.
Die Ärzte müssen unbedingt AUFGEKLÄRT werden. Weiter so GWUP!

ke
ke
6 years ago

Wenn ich Berichte über Medizin-Promotionen etc. lese/höre, gibt es immer wieder Kritik an der Qualität im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens.
Fehlt vielen Medizinern einfach die statistische Grundausbildung, die es ermöglicht Studien etc. richtig einzuschätzen?

noch'n Flo
noch'n Flo
6 years ago

Bei uns im Studium (Deutschland, vor 20 Jahren) machten die Fächer Biomathematik (5. Semester) und medizinische Statistik (9. Semeter) in den anschliessenden Staatsexamina jeweils 3-4 von 290 bzw. 580 möglichen Punkten aus. Klar, dass da so gut wie jeder diese Fächer auf Lücke gesetzt hat.

Die Hausarbeiten zur Erlangung der jeweiligen Scheine waren Aufgaben, die im Prinzip für alle im Semester gleich waren, lediglich die Ausgangswerte unterschieden sich von Student zu Student. Das führte dazu, dass sich bei jeder Hausaufgabe eine Handvoll Studenten, die die entsprechende Mathematik kapiert hatten, zusammensetzten und für alle anderen die notwendigen Formeln zusammenstellten, in die diese dann ihre persönlichen Zahlenwerte eintragen konnten, um die Aufgaben zu lösen.

Ergebnis: wieder ein Semester voller Ärzte, die von Statistik nicht die Bohne einer Ahnung haben.

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