Ein Elend ist, dass große Teile der Kulturszene auch in NRW sich darin gefallen, sich vor Organisationen wie die BDS-Kampagne zu stellen. Das Ziel der BDS-Kampagne ist die Vernichtung Israels durch den vollkommenen Boykott des Landes. Man sollte den Akteuren im staatliche subventionierten Kulturbetrieb nicht unbedingt unterstellen, dass sie die hellsten Kerzen auf der Torte sind und sich mit einem Thema beschäftigen, bevor sie ihre Unterschriften unter Aufrufe wie „GG 5.3 Weltoffenheit“ oder „Wir können nur ändern, was wir konfrontieren“ setzen. Das Ziel der beiden Aufrufe war es zu verhindern, dass BDS-Unterstützer in Deutschland keine staatlichen Mittel mehr erhalten. Anlass der beiden Aufrufe waren die Proteste gegen den Auftritt der Philosophen und BDS-Unterstützers Achille Mbembe bei der Ruhrtriennale 2020.
Eher könnte man annehmen, dass ihnen die Existenz Israels nicht wichtig ist und sie sich gerne mit einem gewissen Radical Chic umgeben, auch wenn der nach Antisemitismus stinkt. Und so ist ihnen entgangen oder war ihnen vollkommen egal, was die Deutsch-Israelische Gesellschaft schon 2016 schrieb:
„Die BDS-Bewegung distanziert sich aber keineswegs von der Gewalt terroristischer Gruppen wie Hamas und Hisbollah und bleibt deshalb anschlussfähig für islamistische und andere Gewalttäter. Klargestellt wird auch nicht, welches arabisches Land als besetzt angesehen wird. Die Westbank oder Gesamtisrael? Es wird bewusst offen gelassen, ob Israel in den Grenzen von 1949 oder nach den Eroberungen im Sechs-Tage Krieg 1967 gemeint ist. BDS möchte anscheinend anschlussfähig sein für extremistische Kreise der Hamas und der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas), beides von der EU gelistete Terrororganisationen. Alle, die das Existenzrecht Israels leugnen, oder Israel sogar gewaltsam auslöschen wollen, sollen mitmachen beim Boykott.“
Das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam kam 2021 zu folgender Einschätzung. Nach ihr hätte jeder seine Unterschrift zurückziehen müssen, der irgendwann wieder in den Spiegel schauen will:
„Eines der zentralen Mitglieder des einflussreichen palästinensischen Arms von BDS, der im 2007 gegründeten BDS National Committee (BNC) organisiert ist, ist das sogenannte Council of Palestinian National and Islamic Forces. In diesem sind terroristische Gruppen organisiert, die allesamt auf der Liste terroristischer Vereinigungen der EU stehen (vgl. Amtsblatt der europäischen Union 2014): die Hamas, der Islamische Jihad in Palästina (PIJ), und die Palästinensische Befreiungsfront (PFLP). Aus einem Bericht des israelischen Ministeriums für strategische Angelegenheiten geht hervor, dass die Hamas und PFLP circa 30 Mitglieder in leitenden Positionen in BDS-nahen NGOs untergebracht haben (vgl. Kempinski 2019). Die BDS-Bewegung wird also entscheidend von terroristischen Gruppen mitbeeinflusst. Dies widerspricht ganz offensichtlich der Selbstdarstellung von BDS eine friedliche Bewegung zu sein, die den Menschenrechten dient, denn Gruppen wie die Hamas bedrohen nicht nur die Menschenrechte der Israelis, sondern auch die derjenigen Palästinenser, die sich ein friedliches Zusammenleben mit Israel wünschen oder auf andere Art vom islamistischen Weltbild der Hamas abweichen. Von den Verantwortlichen der Kampagne gibt es allerdings grundsätzlich keine Distanzierung vom palästinensischen Terror und dessen Akteuren. Dieser wird vielmehr als ein Akt des zivilen Widerstands verharmlost.“
Das Milieu der Aufrufsunterschreiber hat Jürgen Kaube in der FAZ vor wenigen Tagen treffend beschrieben:
„Währenddessen bittet das Netzwerk BDS, dessen Strategie, Israel auf allen Ebenen zu boykottieren, auch hierzulande viel Verständnis gefunden hat – stets mit dem heuchlerischen „Ich bin selbst kein Anhänger des BDS, aber er soll sich gern entfalten dürfen“ –, um massive Unterstützung: gegen Israel. Im Satz, die Unterstützung sei jetzt wichtiger als je zu vor, könnte „wichtiger“ gut durch „niederträchtiger“ ersetzt werden. Aber wetten wir, dass bald schon wieder gesagt werden wird, der BDS habe nichts mit der Hamas zu tun, es seien die nettesten und klügsten Leute unter seinen Anhängern.“
Angesichts der von Hamas-Terroristen abgeschlachteten Israelis, den ermordeten Kindern, den geköpften Babys, den entführten Alten, den umgebrachten Rave-Kids, den gefallenen Soldatinnen und Soldaten der Israel Defense Force und den geschändete Leichen sollte daran erinnert werden, wer 2020 dagegen war, den BDS-Anhängern in den Arm zu fallen und sein Unterschrift unter die entsprechenden Pamphlete bis heute nicht zurückgezogen hat. Deutschlandweit waren es über Tausend. Aus NRW waren dabei:
Zitat „GG 5.3 Weltoffenheit“:
„Da wir den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch für grundlegend halten, lehnen wir den Boykott Israels durch den BDS ab. Gleichzeitig halten wir auch die Logik des Boykotts, die die BDS-Resolution des Bundestages ausgelöst hat, für gefährlich. Unter Berufung auf diese Resolution werden durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseitegedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt.“
Unterschrieben von:
Stefan Hilterhaus, Intendant PACT Zollverein/Essen
Bettina Masuch, Intendantin, tanzhaus nrw/Düsseldorf,
Stefan Bachmann, Intendant Schauspiel Köln
Michael Grosse, Generalintendant, Theater Krefeld-Mönchengladbach
Zitat „Wir können nur ändern, was wir konfrontieren“
„Wir fordern den Deutschen Bundestag eindringlich dazu auf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu achten, der kürzlich die Kriminalisierung von Israel-bezogenen Boykottaufrufen ablehnte und gegen eine Verfolgung gewaltloser Aktivist*innen entschied sowie Boykotte als legitime Ausübung von Meinungsfreiheit bestätigte (Juni 2020). Kein Staat sollte von Kritik ausgenommen sein. Unabhängig davon, ob wir BDS unterstützen oder nicht, sind wir uns als Unterzeichner*innen dieses Briefs einig, dass es ein Recht darauf gibt, gewaltfreien Druck auf Regierungen auszuüben, die Menschenrechte verletzen.“
Unterschrieben von:
Inke Arns, Curator, Director of HMKV Hartware MedienKunstVerein, Dortmund
Erhard Arendt, , Dortmund
Sedami Gracia Elvis Azilinon, Künstler, Dortmund
Milo Rau, Director + Author, Ghent/Cologne
Tanya Ury, Artist + Writer, Cologne
Marcel Odenbach, Artist, Cologne
Peter Bock, Lehrer, Gütersloh
Katja Butt, Artist, Cologne
Housamedden Darwish, Orientalisches Seminar, Universität zu Köln, Köln
Bogomir Ecker, Artist, Düsseldorf
Paula Förster, Artist, Düsseldorf
Gabi Hinderberger, Film Woman Curator, Bochum
Wolfgang Hippe, Publicist + Photographer, Cologne
Steve Hudson, Film Maker, Cologne
Matthias Jochmann, Culture Manager, Director, Bonn
Christian Kieß, Author of Nonfiction, Bad Honnef
Christoph Marx, Professor + Historian, Essen
Brigitte Maske, Pastor, Bielefeld
Dörte Melzer, Bibliothekarin, Bielefeld
Klaus Mettig, Artist, Düsseldorf
Thomas Schmidt, Artist, Cologne
Elisabeth Schröder, Retired Teacher, Bielefeld
Dirk Schulte, Artist / Writer, Aachen
Mark U. Stein, Professor, Münster
Karin Wetterau, Teacher + Writer, Bielefeld
Maxa Zoller, Film Curator, Dortmund
(Die Positionen und Ortsangaben beziehen sich auf den Zeitpunkt der Unterschrift 2020)
Kein Vergeben, kein Vergessen
Antisemitismus hat Namen und Gesichter. Es lohnt sich diese zu vergegenwärtigen um diese ggfs. einmal konfrontieren zu können.
Man kann bei den meisten hier gelisteten von Antisemitismus aus Bräsigkeit, Lust an intellektuell unaufwändiger Selbstinszenierung und einer guten Portion Bullshitbingo ausgehen. Ein Geisteszustand der hierzulande ohne besonderen Aufwand zu überwinden ist.
Trotzdem wird, wie das Thomas Wessel im Kommentar zu „Die zivilen Opfer zu beklagen…“ feststellt, häufig der bequemere Weg des Verharren, Aussitzen und Wiederaufwärmen gewählt. Sie bei Ihren Namen zu rufen kann der Anstoß sein, daß sie sich dieser Lethargie entheben.