Einmal zuvor hatte ich schon die Gelegenheit. Fünf Jahre liegt das nun zurück. Doch als ich damals noch im Rahmen einer Eishockey.com-Leserreise die ‚Hockey Hall of Fame‘ in Toronto besuchen konnte, war ich mit der Ligageschichte der ‚National Hockey League‘ (NHL) noch nicht allzu sehr vertraut. Schon einige Male hatte ich mich daher in den letzten Jahren geärgert die Gelegenheit damals nicht ‚besser genutzt‘ zu haben. Von unserem Gastautor Robin Patzwaldt.
Klar, das obligatorische Foto mit dem Stanley Cup hatte ich auch damals schon machen lassen. Auch damals schon hatte ich mit Interesse die dort ausgestellten Trikots, Trophäen und Reliquien aus großen Hockeymomenten bestaunt. Im Laufe der letzten Jahre quälte mich jedoch häufiger das schlechte Gewissen: „Eigentlich hättest Du da mit heutigem Wissen mehr draus machen müssen!“, ärgerte ich mich immer wieder.
Erfreut war ich daher als sich kürzlich ein erneuter Besuch, fast auf den Tag genau 5 Jahre nach meinem letzten Besuch dort, realisieren lassen sollte, und ich somit nun noch einmal die Gelegenheit bekam mit der gewünschten Ruhe und Muße in die Ligageschichte einzutauchen.
Seit 1993 befindet sich die ‚Hockey Hall of Fame‘ (kurz ‚HHOF‘) nun in einem ehemaligen Bankgebäude mitten in der Downtown von Toronto. Für 35 Millionen Can$ wurde die Einrichtung damals dort errichtet. Bereits im ersten Jahr strömten über 500.000 zahlende Besucher in den Tempel des Hockeys. Gegründet wurde sie eigentlich schon in den 40er-Jahren des 20.Jahrhunderts, doch konnte zunächst kein geeigneter Raum errichtet werden. Erst im Jahre 1961 bezog man ein damals dafür errichtetes Gelände, mit der Unterstützung der Toronto Maple Leafs, auf dem Messegelände im Westen Torontos. Doch das Areal war relativ schlecht zugänglich und für Touristen daher wenig attraktiv. So kam der Umzug in das neue Anwesen im Jahre 1993 gerade recht. Seither präsentiert sich einem die Trophäensammlung stilvoll im ehemaligen Gebäude der ‚Bank of Montreal‘ direkt am ‚BCE Place‘, integriert in eine Shoppingmall, mit direkt anschließenden Restaurants und weiteren Kunstausstellungen.
In Erwartung eines großen Highlights nahm ich mir für den Besuch den ganzen Nachmittag frei. Ich wollte nicht durch Zeitdruck auf eine Sehenswürdigkeit verzichten müssen, und mich so wieder in den nächsten Jahren ärgern müssen, nicht alles gesehen und entsprechend gewürdigt zu haben, so wie es mir damals erging.
Direkt am Eingang empfängt den Betrachter eine riesige Pucksammlung. Die mit tausenden Pucks gefüllten Schaukästen lassen das Herz eines jeden Pucksammlers höher schlagen. In den ersten Räumen präsentieren sich einem überwiegend ‚Game Worn Jerseys‘, also von den Spielern auf dem Eis getragene Trikots, aus den letzten Jahren. Egal ob Mario Lemieux`s Trikot, das von Patrick Roy, von Mike Commodore beim Cuptriumph 2006, oder eine überwältigende Auswahl von Vintage-Trikots, Trikots deren Design heute so nicht mehr getragen wird.
Für mich als NHL-Trikotsammler ging hier das Herz so richtig auf. Mehr als eine Stunde stand ich vor den Trikotvitrinen. Die Highlights hier einzeln zu benennen würde den Rahmen sprengen. Trikots die man seit Jahren nur von alten Fotos her kennt können hie in aller Ruhe bestaunt und fotografiert werden. Anschließend kann man in einem separaten Raum Trikots ‚aus aller Welt bestaunen‘. Nationaltrikots, Vereinstrikots aus ‚fernen europäischen‘ Ländern und die dazugehörigen Utensilien wie Torhüter-Masken, Helme und Schläger werden in großer Auswahl ausgestellt.
Sicher ebenso schön und zahlreich wie der Bereich mit dem Schwerpunkt NHL, doch für Leute wie mich, die sich schwerpunktmäßig für die NHL interessieren, nicht ganz so attraktiv. Es schließt sich der Bereich mit dem wohl größten Besucherandrang an: Die Trophäensammlung der NHL, natürlich mit Stanley Cup.
In der großen Halle mit phantastischem Mosaikdach, kann man direkt Kontakt zum Heiligen Gral des Hockeys aufnehmen. Und wer gedacht hätte man besichtigt das Gute Stück nur hinter Glas, der sieht sich hier getäuscht. Nahezu jeder Besucher lässt sich mit dem vielleicht attraktivsten Pokal des Weltsports ablichten. Man kann ihn sogar zärtlich berühren. Nur hochheben darf man das gute Stück natürlich nicht. Da sorgt ein Angestellter der HHOF für den gebührenden Umgang mit dem Pott. Aber das ‚Stemmen‘ bleibt ja ohnehin wirklich besser auch den wahren Champions vorbehalten.
Bei genauerem Hinsehen wird dem Besucher jetzt jedoch klar, dass der von den Spielern in (fast) jeden Frühsommer hochgestemmte Silberling gar nicht das wirkliche ‚Original‘ ist. Denn das präsentiert sich einem, ganz ohne den in den letzten Jahren so gigantisch angewachsenen Fuß, im Panzerschrank der ehemaligen Bank. Und das Original ist wirklich hinter Glas gesichert worden.
Hier verbleibt er auch, denn überreicht wird seit Jahren nur noch die extra für die Siegeszeremonie angefertigte Kopie.
Vorbei führt der Besuch an einem Kino, in dem einem wechselnde Filme vorgeführt werden. Mal handelt es sich um Material über die ‚Legends of Hockey‘, mal wird ein Film vorgeführt der sich damit beschäftigt was die Champions an ihrem Tag, den sie mit dem Cup im Sommer nach ihrem Triumph verbringen dürfen, anstellen. Wer mag, der kann hier alleine einige interessante Stunden verbringen.
Doch mich drängt schon wieder die Zeit. Weiter zieht es mich vorbei an der Sammlung von Nordamerikanischen Minor-League-Trikots, an einem nachgebildeten Umkleideraum der Montreal Canadiens, hin zum interaktiven Treffpunkt für die jüngere Generation. Wer mag kann sich hier mit virtuellen Torhütern messen, oder sein Glück als Kommentator von Original Spielszenen versuchen.
Meine Welt ist das hier nicht, aber beim interaktiven ‚Trivia‘ bzw. Sportquiz kann ich mein inzwischen gesammeltes ‚Fachwissen‘ noch einmal kurz beim Wettstreit mit dem Kollegen Stefan Herget messen. Das ist technisch ganz witzig gemacht, aber aufgrund der Fülle des angebotenen Materials ist meine Zeit für diesen Besuch bereits fast abgelaufen. Und es ertönt bereits die Lautsprecherdurchsage das die Öffnungszeit für diesen Tag in Kürze abläuft. Ich werde wohl noch einmal wiederkommen müssen. Vielleicht dauert es ja diesmal nicht wieder volle fünf Jahre.
Robin, wenn du hier schonmal schreibst: Hast du in Toronto auch Spiele besucht? Und falls du was dazu beisteuern kannst: Lohnt sich ein Besuch bei den Toronto Marlies? Hört sich für mich ja eher nach einem seelenlosen Farmteam-Franchise ohne viel Tradition und Zuschauerzuspruch an. Aber die Maple Leafs sind während unseres Aufenthalts gerade auf einem Road Trip, und kanadische Eishockey-Luft… Naja, jedenfalls werde ich die Maple Leafs dieses Jahr noch zu Gast bei den New Jersey Devils live sehen können, wobei meine Sympathien da eindeutig bei den Devils liegen.
@R.: Ja, ich habe in Toronto spiele gesehen. Allerdings nicht die Marlies, sondern die Leafs. Soweit ich gehört habe, soll sich aber auch der Besuch bei den Marlies durchaus lohnen. Toronto ist halt insgesamt eine hockeyverrückte Stadt.
Als wir zuletzt in Toronto waren haben wir an den NHL-freien Abenden auch mal die Oshawa Generals gesehen. Bis dorthin fährt man mit dem Auto auch nur gut eine Stunde.
Das kann ich euch auch empfehlen, wenn ihr in Toronto seid. Die Halle und die Stimmung in Oshawa kann auch gut und gerne mit den meisten DEL-Spielen mithalten. Und das ist ja ’nur‘ ein Nachwuchsteam dort in Oshawa….