Die Lage der Liga sieht im Ruhrgebiet ziemlich gemischt aus: Der Feuerzeugwurf auf VfL-Bochum-Torhüter, ein zarter Aufwärtstrend beim FC Schalke 04 und ein BVB, der weit hinter dem eigenen Anspruch liegt. Tommy Junga und Peter Hesse lamentieren dazu noch über den FC Bayern und den FC Elversberg, die gerade in der zweiten Liga für viel Furore sorgen.
Peter Hesse: Der BVB dümpelt gerade von einem Unentschieden zum nächsten und liegt weit hinter dem eigenen Anspruch. Sollte Dortmund die Champions League verpassen, wäre zum Beispiel Torhüter Kobel nur schwer zu halten. Der FC Chelsea zeigt laut der „Bild“ erneut großes Interesse an Dortmunds Torwart Gregor Kobel. Sollte der BVB die Champions-League-Qualifikation verpassen, könne ein Wechsel des 27-jährigen Schweizers im Sommer wahrscheinlicher werden, heißt es. Wie können die Dortmunder wieder erfolgreicher spielen?
Tommy Junga: Ich maße mir jetzt mal nicht an die sportliche Qualifikation von BVB-Trainer Nuri Sahin in Frage zu stellen. Im Grunde ist die Zusammensetzung des Kaders ausschlaggebend für die Spielidee des BVB.. Es reicht eben nicht den Protagonisten des VfB Stuttgart gelbe Trikots überzuziehen und schon hat man einen funktionierenden Kader. Der BVB ist eine Gruppe mit individuell hoher Qualität, aber eben keine Mannschaft von Qualität. Ich sehe kaum kommunikationsstarke Führungskräfte, vielmehr hat man da mit den Wechseln von Füllkrug und Hummels dieses Vakuum noch ausgebaut. Mit Verlaub: mit Beier und Guirassy laufen da jetzt eher zarte Seelen herum. Also, um deine Frage abschließend zu beantworten: ich befürchte mit diesem Kader droht eine Übergangssaison. Zeit, dass sich da an entscheidender Stelle reagiert wird.
Peter Hesse: Seit 1977 gehe ich aktiv zum Fußball und habe in Stadien bei guten Spielen mit gut unterhalten gefühlt – der Fußball hat mir viele schöne Glücksmomente beschert. Begegnungen mit Rudi Völler, Erwin Kostedde oder Walter Eschweiler gehören zu den schönsten Momenten in meinem persönlichen Erinnerungs-Google. Ich bin nie in Schlägereien gekommen (zugegeben: bei einem Spiel von Twente Enschede gegen Bayern München im September 1993 war es verdammt knapp) – und ich hatte noch nie den Impuls, dass ich einen Spieler mit einem Bierbecher oder Regenschirm bewerfen musste. Der Werfer des Feuerzeugs, das Bochum-Keeper Patrick Drewes in der Partie Union Berlin gegen den VfL Bochum am Kopf traf, bekommt ein bundesweites Stadionverbot für drei Jahre – die maximale Dauer für ein solches Verbot. Ist dieses Urteil noch zu milde ausgefallen?
Tommy Junga: Eindeutig ja. Diese Person hat sich in jeder Hinsicht für die Teilnahme an öffentlichen Sportveranstaltungen disqualifiziert. In England wäre er vermutlich härter bestraft worden, da gibt es auch Verbote auf Lebenszeit. Inklusive Näherungsverbote zu Spielstätten. Bedauerlich, dass dieser rechtliche Spielraum bei uns nicht vorgesehen ist. Davon ab würde ich es allerdings noch mehr begrüßen, wenn so jemand die nächsten sechs Monate sozial nützliche Aufgaben bekäme. Gerne jedes Wochenende, wenn der eigene Klub spielt.
Peter Hesse: Der FC Bayern peilt nach dem Rückschlag in Mainz einen versöhnlichen Abschluss gegen Leipzig an. Trainer Vincent Kompany ist zuversichtlich: „Die Motivation wird nur größer, wenn du einmal verlierst“, versichert der FCB-Trainer und ergänzt: „Mir ist grundsätzlich völlig egal, wie die Situation ist, ich möchte einfach immer gewinnen. Wenn das ein schöner Abschluss ist, dann ist das so.“ Stand jetzt dürfte der FC Bayern am Ende der Saison Meister werden, siehst du das auch so?
Tommy Junga: Es spricht vieles dafür. Trotz des feinen Punkteschnittes begründet sich die Bayern-Dominanz aber wohl auch mal wieder durch die Inkonstanz der Konkurrenz. Das Spiel gegen Mainz war aufschlussreich – sowohl für die kommenden Gegner, als auch für Kompany. Mit Leipzig kommt eine ziemliche Wundertüte auf die Bayern zu. Am verwundbarsten scheinen sie für tiefes Konterspiel, durchaus ein Qualitätsmerkmal der Brausekicker. Zudem scheinen nach langer Saison und Turnier-Sommer einige im Bayern-Kader etwas auf dem Zahnfleisch zu dribbeln. Noch mach ich auf den Bayern-Titel keinen Stempel.
Peter Hesse: Die SV Elversberg begeistert als aufstrebender Fußballverein aus dem Saarland. In der Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde kämpft das Team derzeit in der zweiten Bundesliga. Die Stadt hat zwar keinen eigenen Bahnhof, aber der SV steht zur Zeit auf Platz eins in der zweiten Bundesliga. Hätten die Saarländer tatsächlich das Zeug um aufzusteigen?
Tommy Junga: Da muss vieles sehr günstig laufen – Verletzungen, Sperren usw. – aber ja, warum nicht? Zumal es ja nicht Platz eins sein muss im Mai. Die üblichen finanzstarken Verdächtigen verzetteln sich zusehends und mit Paderborn steht ebenfalls eine Blaupause der Elversberger oben. Die Leistunhsficjte in der zweiten Liga ist enorm. Da geht es jetzt in jedem Spiel für Elversberg um die Ausgangslage eine Woche später. Dass das alles ohne Druck und Zwänge abläuft ist sicher ein Vorteil gegenüber der zahlungskräftigen Tradionskonkurrenz. Denn im Grunde sind acht Vereine zum Aufstieg verdammt.
Peter Hesse: Beim FC Schalke 04 war jüngst ein Aufwärtstrend zu erkennen, das Unentschieden gegen Fortuna Düsseldorf lässt hoffen. In den jüngsten sechs Partien setzte es aber nur noch eine Niederlage und besonders die starken Auftritte gegen die Topteams SC Paderborn (4:2) und Fortuna Düsseldorf (1:1) ließen einen klaren Aufwärtstrend erkennen. „Die Leistungen der letzten Wochen sind die Grundlagen für unsere Ergebnisse“, sagt der neue Trainer Kees van Wonderen. Kann man in Ueckendorf jetzt schon eine Flasche Kellergeister extra kalt stellen, oder ist das zu kurz gedacht?
Tommy Junga: Wenn man mit Schalkern spricht, dann wird quasi jede Äußerung mit Augenrollen und Abwinken untermalt. In diesem Klub schwelt seit Jahren ein nach und nach jegliches Ansehen und Zuversicht verschlingender Brand. Wäre der Saisonverlauf auch nur ansatzweise zufriedenstellend, würden jetzt nicht schon wieder zwei bis drei Wintertransfers angekündigt. Zwei Millionen hier, 1,2 Millionen dort – die knappen Knappen haben sich einiges gegönnt in den letzten Transferperioden – allein die Ergebnisse bleiben aus. Van Wonderen arbeitet also mit einem fixteufelswild zusammengebröselten Kader gegen die Angst in 60.000 Heimspielköpfen und aus Unentschieden werden Erfolge. Ich will gar nicht wissen, was passiert, wenn demnächst wieder mal Niederlagen hinzukommen. Dann brennt ganz schnell die königsblaue Hütte.