Ab Januar steht die Punkband Die Kassierer in dem Stück „Häuptling Abendwind“ im Schauspiel Dortmund auf der Bühne. Mit Wolfgang Wendland, dem Sänger der Band, sprachen wir über die Arbeit in Dortmund, lang zurückliegende Theatererfahrungen und die Zukunftspläne der Kassierer.
Viele Punk-Bands aus Eurer Generation machen schon lange Theaterprojekte. Die Toten Hosen, die Einstürzenden Neubauten, die Goldenen Zitronen – wieso die Kassierer erst jetzt?
Wolfgang Wendland: Die Einstürzenden Neubauten waren ja immer Teil eines sich künstlerisch gebenden Umfelds. Das verwundert so etwas nicht. Ich hatte übrigens schon 1996 ein Theaterprojekt: Wir hatten die Stadthalle Wattenscheid für ein Stück mit dem Titel „Vino, Vino, Vino“ vertraglich zugesichert bekommen. Auf den Plakaten stand, das Stück sei die Bühnenfassung der Chaostage. Als die Bochumer Stadtverwaltung das gesehen hat, bekamen sie es mit der Angst zu tun. Erst kam die Stadt dann mit immer ausgefalleneren Auflagen an, dann wurde alles abgesagt und uns wurde die Halle abgenommen. Vielleicht wäre das der Beginn einer großen Theaterkarriere gewesen.
Wie kamt ihr jetzt ans Schauspiel Dortmund?
Wendland: Wenn ich in den vergangenen Jahren in meinem persönlichen Umfeld etwas über Theater gehört habe, ging es um Dortmund. Viele haben mir gesagt „Geh mal nach Dortmund, schau Dir das an, das ist großartig was Voges macht.“ Irgendwann bekam ich mit, das Tommy Finke, der dort unter anderem für Das goldene Zeitalter Musik macht, schrieb, dass Kay Voges nach uns gefragt hat. Ich hab dann Tommy angeschrieben und so kam es zu dem Kontakt zu Voges und dem Schauspiel Dortmund.
Bei was für einem Stück seit ihr dabei?
Wendland:
Das Stück heißt Häuptling Abendwind und ist eine Burleske von Nestroy. Ich denke aber mal, dass Stück wird überarbeitet. Und wir machen auf jeden Fall Musik.
Tretet ihr auf?
Wendland: Ja, bei jeder Aufführung werden wir live dabei sein.
Werdet ihr neue Stücke schreiben?
Wendland: Verrate ich jetzt zu viel? Wir sind ja sehr faul. Ich denke, wir werden auch Stücke aus unserem Repertoire spielen. Es gibt ja auch eine gewisse Erwartungshaltung. Es ist tragisch, aber die Besucher von Punkbands sind sehr wertkonservativ. Die wollen die Band mit den Lieder die sie kennen. Wir laufen, sicher nicht Gefahr, mit dem Theaterstück ins populistische abzugleiten, aber wir werden die Leute auch nicht vor den Kopf stoßen.
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Theater? Habt ihr schon angefangen zu proben?
Wendland: Wir haben noch nicht angefangen zu proben, aber wir haben uns ein paar Mal mit Andreas Beck, dem Regisseur getroffen. Es gab auch schon eine Bauprobe, wo es um die Aufteilung der Bühne ging und es gibt Ideen für das Bühnenbild, aber darüber möchte ich auch noch nichts verraten. Die Proben werden aber jetzt bald beginnen,
Was glaubst Du – werdet ihr in Dortmund vor allem vor eurem eigenen Publikum spielen oder wird es vor allem das klassische Theaterpublikum sein?
Wendland: Ich gehe davon aus, dass es eine bunte Mischung wird. Aber das ist ja nicht verwunderlich. Auch auf unsere Konzerten kommt ja kein reines Punk-Publikum. Auch das ist ja ein Abbild der Gesellschaft. Es wird kein reines Theaterpublikum sein, dass sich das Stück anschaut, sondern es wird etwas breiter angelegt sein.
Wann geht es los?
Wendland: Die Premiere ist am 24. Januar.
Bist Du nervös?
Wendland: Nein. Ich sollte ja schon in Schulzeiten den Missionar Rose in den Physikern von Dürrematt spielen. Klar, ich hab so etwas noch nie gemacht, aber wahrscheinlich werde ich während der Proben oder vor der Premiere Lampenfieber haben, das soll einen ja besser machen.
Hast Du vor Kassierer-Auftritten Lampenfieber?
Wendland: Nein, aber ich finde auch für mich alles sehr spannend, was aus dem Rahmen des üblichen Konzertbetriebes fällt wie unplugged Auftritte. Wenn so etwas ansteht, kann ich auch ein Lampenfieber entwickeln, wie wir es bei unseren ersten Auftritten 1985 hatten.
Macht ihr im Zusammenhang mit der Theaterarbeit ein neues Album oder steht so etwas gar nicht an?
Wendland: Das diskutieren wir noch: Wie und wann. Eigentlich müsste was kommen – 2015 feiern wir ja auch unser 30jähriges Band-Jubiläum. Allerdings refinanzieren sich CDs nicht mehr. Dazu kommt ein zeitliches Problem: Neben der Arbeit am Theater spiele wir noch Konzerte – wir denken noch nach.
Habt ihr weitere Ideen für Projekte jenseits der klassischen Kassierer-Auftritte?
Wendland: Erst einmal nicht. Wir schauen jetzt erst einmal, wie die Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Dortmund läuft. Wenn es etwas klappt, ist es ja meistens sehr inspirierend für weitere Ideen.
Erfindet ihr Euch neu mit Häuptling Abendwind?
Im Moment machen wir ja noch nichts Neues. Wir machen nur neue Lieder für das Stück. Das Neue kommt ja noch – die Arbeit Schauspieler und Regisseur. Wir werden sehen, was passiert.
Interview: Stefan Laurin Foto: Sabine Michalak