Meine einst innige Beziehung zum BVB steckt aktuell in der wohl größten Krise ihrer Geschichte. Seit ich Ende der 1970er-Jahre als Kind zum glühenden Anhänger der Schwarzgelben wurde, bestimmte das Team an vielen Wochenenden mein Leben. Ich hätte die Mannschaft, die damals häufig dem Tabellenende in der Fußball-Bundesliga näher war als dem oberen Drittel, gegen fast alles verteidigt.
Gewann der BVB sein Spiel, war mein Wochenende gerettet; verlor er, war es zumindest empfindlich gestört. Doch derzeit ist das anders. Am Freitag erwischte ich mich dabei, wie ich in der Endphase des Gastspiels bei Eintracht Frankfurt darauf hoffte, dass die Borussia jetzt nicht noch den Ausgleich erzielen möchte. Einfach nur, damit sich das Leiden nicht noch weiter in die Länge zieht, doch bitteschön möglichst kurzfristig ein paar personelle Veränderungen erfolgen mögen.
Ich hatte Glück, denn der BVB kassierte in der Nachspielzeit noch das 0:2 – die dritte Niederlage in Folge im Kalenderjahr 2025. Doch von der Qual, die ich seit einigen Wochen schon unter Cheftrainer Nuri Sahin empfinde, wenn ich an die Profikicker aus Dortmund denke, erlöste mich dieses Resultat immer noch nicht.
Dem BVB nicht alles Glück dieser Welt zu wünschen, ist eine Phase, die ich erst zum zweiten Mal in meiner Zeit als Fan miterlebe. Ende der 2000er-Jahre, kurz bevor Jürgen Klopp das Amt des Cheftrainers in Dortmund übernahm, war das zuletzt der Fall. Damals war der BVB nach erfolgreichen Jahren in der Mitte der 1990er-Jahre in eine riesige finanzielle Krise geraten und stand kurz vor der Pleite. Erst unter Klopp wuchs in Dortmund wieder etwas zusammen, das mein Herz zurückeroberte. Dennoch hielt ich den Borussen auch in dieser schweren Zeit grundsätzlich die Treue, nur eben mit mehr kritischem Abstand.
Jetzt, gut 16 Jahre später, scheint mir die emotionale Distanz zu den Darbietungen der Mannschaft sogar noch größer zu sein. ‚Geschafft‘ haben das aus meiner Sicht die schwer nachvollziehbaren Personalentscheidungen des Vereins in letzter Zeit. Der in den Klopp- und Tuchel-Jahren noch deutlich ambitionierter und zielstrebiger auftretende Klub tat in den letzten Jahren alles, um sich schrittweise selbst zu schwächen.
Die Entwicklung auf der Trainerbank, wo einst Größen wie Jürgen Klopp und Thomas Tuchel die Verantwortung trugen und nun unerfahrene Namen wie Edin Terzic und Nuri Sahin das Sagen haben bzw. hatten, ist da nur eine Ebene, auf der die Borussia sich unter Wert verkauft. Auch die Entscheidungen für Sebastian Kehl als Sportdirektor und den Geschäftsführer Sport Lars Ricken, die außer ihrer sportlichen Vergangenheit kaum Qualifikation für Führungsrollen in einem europäischen Top-Verein vorzuweisen hatten, trugen dazu bei. Dass sich dies inzwischen auch in den Ergebnissen deutlich sichtbar niederschlägt, überrascht nicht.
Jetzt hat dieser Abwärtstrend dazu geführt, dass die Rolle der Dortmunder als Nummer zwei im Lande ernsthaft in Gefahr gerät. Und das nicht nur kurzfristig. Es ist ja nicht nur meine Verbindung zum Verein, die gerade mächtig ins Wanken gerät. Andere Fans fühlen sich ähnlich. Am Samstag habe ich mich mit ein paar Leuten unterhalten, die Einzeltickets für das kommende Bundesliga-Heimspiel gegen Werder Bremen ergattert hatten. Doch sie ärgern sich, am nächsten Samstag ins Stadion zu ‚müssen‘, um sich den ‚Scheiß‘ unter Coach Sahin anzuschauen.
Was für eine traurige Entwicklung! Ich habe mich selbst in den 1980er-Jahren stets auf Heimspiele der Borussia gefreut. Damals waren Siege selten. Ich war mit meinen Kumpels immer schon froh, wenn der BVB nicht als Verlierer vom Platz ging und Spieler wie Günther Kutowski oder Norbert Dickel uns ein Remis erkämpften.
Von den Ergebnissen her sind wir den 1980er-Jahren inzwischen wieder nahe. Und das trotz eines deutlich kostspieligeren und prominenter besetzten Kaders. Kein Wunder, dass sich in diesen Tagen so viele langjährige Fans schwer tun, sich mit ihrem Verein zu identifizieren. Die einst in Dortmund so geschätzten Kämpfer, die wie auch ein Matthias Sammer auf dem Platz immer alles gaben, sie sind rar geworden. Und auch die Besetzung auf der Trainerbank und im Management entspricht nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen.
Höchste Zeit für ein paar Veränderungen in Dortmund!