Nach Gastautoren von Grünen, SPD und Linkspartei nun ein Text aus der CDU. Christian Hallmann (links) Stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union Dortmund und Fabio Borggreve, Kreisgeschäftsführer der Jungen Union Dortmund über die Zukunft des Sozialstaates.
„Wir müssen den Sozialstaat nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit neu erfinden“. Guido Westerwelle (FDP):
Die von Westerwelle angestoßene Debatte über das Arbeitslosengeld II sog. „Hartz IV“ offenbart vor allem Eines: Deutschland muss neue Lösungen für alte Probleme finden und darf dabei keinen seiner Bürger im Stich lassen. Das gilt sowohl für die Ärmsten der Armen als auch für die Leistungsträger dieser Gesellschaft. In der Debatte haben sich offensichtlich zwei Lager gebildet: Die Einen fordern einen allumfassenden Wohlfahrtsstaat, der die Bürger unabhängig von ihrem eigenen Beitrag finanziell umsorgt und sehen sich durch das Hartz IV Urteil des Bundesverfassungsgericht bestätigt. Die Anderen fordern eine radikale Umkehr zum Prinzip der Leistungsgerechtigkeit und wollen den Missbrauch staatlicher Hilfe mit aller Härte sanktionieren. Vorschläge kommen aus allen Richtungen, doch dringen sie leider selten zum Kern des „sozialstaatlichen Dilemmas“ vor.
An dieser Stelle soll nun einmal versucht werden, einige neue Lösungsansätze zu präsentieren, ohne dabei in die bekannten klischeehaften Muster zu verfallen.
Das oberste Ziel der Vorschläge ist es, das offensichtlich aufgeblähte Sozialsystem zu entlasten. Hierfür bedarf es jedoch einer umfangreichen Betrachtung, weil viele Faktoren mit hineinspielen, die bei einem pauschalen Blick nicht gesehen werden:
Ohne eine Arbeitsmarktreform kann es keine Entlastung der Staatskasse geben.
Die Position der Industrienation Deutschland als reiner Produktionsstandort hat sich seit den 70er-Jahren dramatisch verändert. Die Produktionsstätten der Welt haben sich wegen der vielfach geringeren Lohnkosten zum größten Teil von den westlichen Industrieländern in den asiatischen Raum verlagert. Eine steigende Arbeitslosigkeit im Produktionssektor war die Folge. Hiervon hat sich Deutschland bis heute nicht erholt. Seit dem Jahre 1992 unterschritt die Arbeitslosenquote nicht mehr die 7 Prozent-Marke. Hinzu kommt, dass die Dunkelziffer aufgrund der statistischen Korrekturmöglichkeiten weitaus höher liegt. Letztendlich belasten die Kosten für das soziale Sicherungssystem den Bundeshaushalt überdurchschnittlich stark.
Die staatlichen Ausgaben können nur gesenkt werden, wenn die Arbeitslosigkeit zielgerichtet bekämpft wird. Dazu braucht es ein ausgereiftes Wachstumsmodell der klassischen Wirtschaftslehre. Nur mit einer Bildungsoffensive kann man eine Wachstumssteigerung erreichen. Bereits Abraham Lincoln sagte, dass Investitionen in Bildung den besten Zins geben. Die Investition in Bildung führt zu einem entscheidenden Effekt. Die benötigten Fachkräfte für den Arbeitsmarkt werden qualifizierter ausgebildet und steigern die Produktivität von allen Unternehmen und Dienstleistern. Am Ende steht der Wirtschaftsstandort Deutschland mit einer hohen Produktivität und einem starken Wirtschaftswachstum.
Parallel dazu ist ein Schwerpunkt der Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig, um einen Technologievorsprung zu erzielen. Dies bietet zusätzlichen Raum für die Entstehung neuer Arbeitsplätze und transformiert Deutschland in eine Wissensgesellschaft. Durch seine hohe Innovationskraft bleibt Deutschland als Standort weltweit konkurrenzfähig.
Unter diesen Rahmenbedingungen entsteht eine höhere Arbeitsnachfrage, die vom Arbeitsmarkt gedeckt werden muss. Die Arbeitslosigkeit sinkt und die Einzahlungen in das Sozialsystem steigen.
Die Schlussfolgerung lautet: „Wohlstand und Wirtschaftskraft durch Wachstum und Innovationen“.
Gute Bildung schafft Wohlstand für Alle.
Eine Bildungsoffensive in Deutschland setzt ein Bildungssystem voraus, das dies leisten kann. Die ideologisch motivierte Reformwut hat jedoch zu einem ineffektiven und ungerechten Schul- / Bildungssystem geführt. Das Nebeneinander von Gesamtschulen und dem dreigliedrigen Schulsystem, mit dem eine konsequente Entwertung der jeweiligen Abschlüsse einherging, hat die Hauptschule zu einem Sammelbecken für Perspektivlose gemacht. Indem man sich lange den internationalen Standards im Bereich Bildung verwehrte, provozierte man die alarmierenden Ergebnisse der Pisa-Studie.
Bei den Hauptschulen hat diese Entwicklung zusammen mit einer Verschärfung der sozialen Verhältnisse zu dramatischen Ergebnissen geführt, die allwöchentlich die Boulevardblätter zieren. Kriminalität wird oft von Betroffenen genannt, um der Arbeitslosigkeit und der Bedürftigkeit entfliehen.
Zudem könnten die Verhältnisse in den Bundesländern ungerechter nicht sein. Die südlichen Bundesländer erzielen aufgrund frühzeitig angezogener Leistungsanforderungen bessere Ergebnisse in den Vergleichsstudien.
Ähnlich desaströse Zustände zeigen sich an den deutschen Hochschulen. Eine dilettantisch umgesetzte Reform der einst wertigen und international anerkannten deutschen Abschlüsse hat zu einem Bildungschaos geführt. Die Proteste der Studenten sind berechtigt. Leider werden von den Verantwortlichen der Hochschulen nur zögerlich Konsequenzen gezogen.
Die hinterherhinkenden Bundesländer müssen die Widersprüche in ihren Schulsystemen abbauen. Die Anforderungen müssen erhöht und die Dauer der Schuljahre verkürzt werden, um dem internationalen Bildungswettbewerb stand zu halten. Gleichzeitig müssen mehr und besser ausgebildete Lehrer eingestellt werden. Außerdem muss das Konzept der vorschulischen Ausbildung im Kindergarten weiter und effektiv ausgebaut werden. Schließlich ist eine ganztägige Betreuung in der Schule zu ermöglichen, um vor allem Kindern aus sozialbenachteiligten Familien Zugang zu mehr Bildung im Anfangsstadium zu verschaffen. Kindern, die wegen ihrer Herkunft der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, kann durch interkulturelle Kindergärten (ausgewogener Anteil an deutschen und ausländischen Kindern in einem Kindergarten) und gezielte Sprachförderung im Kindesalter geholfen werden. Hier kann das Kölner-Modell Vorbild sein.
Die Einheitsschule stellt bei allen interessanten pädagogischen Erwägungen ein weiteres Experiment auf Kosten der Bildungssicherheit junger Menschen dar. An eine Einführung ist jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu denken, wenn nicht zuvor die Widersprüche und Probleme im bestehenden Schulsystem behoben werden.
Was die deutschen Universitäten und sonstigen Hochschulen anbelangt, muss eine weitere Straffung und Vereinheitlichung der Bachelor- und Masterabschlüsse von den jeweiligen Bundesländern eingefordert und unterstützt werden. Die Studiengebühren dürfen nicht abgeschafft werden. Stattdessen müssen finanzielle Nachteile von Studenten durch ein weitreichendes, effektives und gerechtes Stipendiensystem ersetzt werden. Wenn Bildung nicht umsonst ist, wird der Leistungsgedanke in den Mittelpunkt gestellt.
Eine geordnete Zuwanderung entlastet das Sozialsystem und erleichtert Integration.
Das Sozialsystem in Deutschland wird auch durch Zuwanderung beeinflusst. Die ideologisch überlagerte Diskussion um Deutschland als Einwanderungsland hat die Situation am Arbeitsmarkt zusätzlich verschlechtert. Anstatt ehrlich zu bekennen, dass man qualifizierte und arbeitsmarktorientierte Zuwanderung aufgrund der demographischen Entwicklung braucht, hat man nur eine ineffektive Kompromisslösung geschaffen: Das Zuwanderungsgesetz. Die damit verbundene Debatte über die sog. Einbürgerungstests hat einen unwichtigen Nebenkriegsschauplatz eröffnet, an dem sich nach wie vor die Gemüter erhitzen.
Wie eine vor wenigen Monaten veröffentlichte Studie des Bundesarbeitsministeriums zeigt, gibt es nach wie vor eine Einwanderung in das deutsche Sozialsystem. Das Familiennachzugsrecht spielt dabei eine entscheidende, von der Politik immer wieder ignorierte, Rolle. Eine echte juristisch praktikable Begrenzung wurde von der rot-grünen Regierung aus ideologischen Gründen abgelehnt. Das Ergebnis ist, dass die zweckentfremdete Nutzung des Familiennachzugsrechts in keiner Weise reduziert werden konnte. Andere EU-Länder wie Frankreich haben das Problem erkannt und mittlerweile entsprechende Begrenzungen auf den Weg gebracht. Amerika und Kanada haben einen Großteil ihrer ökonomischen Erfolgsgeschichte auf einer gezielt gesteuerten Einwanderungspolitik aufgebaut.
Das gesamte Zuwanderungsrecht muss unter dem Leitbild einer menschlich würdigen und ökonomisch sinnvollen Steuerung der Zuwanderung geregelt werden. Das sinnvolle und unkomplizierte kanadische Punktesystem bei der Einwanderung kann hierbei Vorbild sein. Hierbei werden Punkte in wichtigen Kriterien wie Alter, Bildungsstand, Sprachkenntnis u.v.m vergeben. Die Anzahl der Punkte entscheidet dann über die Zuwanderung.
Man würde damit auch den in Deutschland lebenden Migranten endlich Ruhe verschaffen, weil die von den rechten Parteien polemisierte Überfremdungsangst unbegründet würde. Es muss der Öffentlichkeit deutlich gemacht werden, dass diese Thematik von existenzieller Bedeutung für Deutschland ist.
Familienpolitik in Deutschland muss die Steigerung der Geburtenrate als oberstes Ziel definieren.
Wer Zuwanderung steuert muss auch den Nachwuchs von Arbeitskräften in seinem Land im Auge behalten. Durch die sinkende Geburtenrate und die älter werdende Bevölkerung ergibt sich ein nie zuvor dagewesener demographischer Wandel in Deutschland. Weniger Erwerbspersonen könnten das Arbeitsvolumen zukünftig nicht mehr bewältigen. Wird weniger erwirtschaftet, steht auch dem Sozialsystem weniger Einnahmen zur Verfügung. Bei einer steigenden Anzahl von älteren und bedürftigen Menschen kommt dieser Entwicklung eine hohe soziale Sprengkraft zu.
Die Familienpolitik muss Deutschland deshalb endlich wieder kinderfreundlich machen. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Kind in Deutschland mit Arbeitsplatzverlust und sozialem Abstieg gleichgesetzt wird. Die Betreuungsplätze müssen massiv und öffentlichkeitswirksam ausgebaut werden. Wir müssen wechseln von einer staatlichen Zuschusspolitik hin zu einer steuerlichen Entlastungspolitik. Vor allem berufstätige Familien müssen massiv steuerlich entlastet und dadurch belohnt werden. Für Bedürftige muss es nach wie vor Zuschüsse geben. Nur so kann ein breiter Ansatz für eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland gesetzt werden. Auch wenn eine Mehrausgabe benötigt wird, so ist sie für Deutschlands Zukunft unverzichtbar.
Hartz IV-Missbrauch findet täglich in Deutschland statt und schadet der großen Mehrheit der redlichen Arbeitslosen.
Der nicht zu unterschätzende Missbrauch von Hartz IV-Leistungen schädigt den Staat, die Bedürftigen und die Arbeitsmoral der gesamten Nation. Der Missbrauch kann schon wegen der Überlastung der zuständigen Sachbearbeiter in den Arbeitsämtern nicht ausreichend bekämpft werden. Eine in ihrer Anzahl nicht zu unterschätzende Minderheit nimmt für sich ein Recht auf „bezahltes Nichtstun“ in Anspruch. Außerdem zeigen die Kriminalstatistiken eine erhebliche Anzahl von Straftaten, bei denen zu Unrecht Hartz IV Leistungen erschlichen wurden.
Die bereits verfügbaren Sanktionsmittel müssen endlich strikter angewandt werden. Bei Arbeitsunwilligkeit ist eine drastische Kürzung oder eine Streichung der Bezüge nur konsequent. Zusätzlich sind auch Modelle der Ersatzbeschäftigung in Betracht zu ziehen. Hier muss jedoch im Einzelfall geprüft werden, welche Tätigkeiten sinnvoll sind und die Privatwirtschaft nicht schädigen. Die Priorität hat jedoch auf dem Wiedereinstieg in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu liegen.
Hierbei ist es vor allem notwendig eine Gesamtanalyse der Beschäftigungsperspektiven vorzunehmen, bevor Umschulungsmaßnahmen angeboten werden.
Wer den Sozialstaat retten will, muss ihn reformieren
Es zeigt sich, dass der Missbrauch von Hartz IV, wie er von Westerwelle und anderen angeprangert wird, bei weitem nicht das größte Problem unseres Sozialstaats ist. Vielmehr wird das einst fortschrittliche Modell unseres Sozialsystems durch die modernen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in seiner Existenz bedroht. Hierbei greifen die oben genannten Missstände vielfach ineinander und verschärfen das Dilemma des Sozialstaats zusätzlich. Wer den Sozialstaat wirklich retten will, sollte die Bevölkerung endlich auf die notwendige Reform des gesamten Systems vorbereiten. Erst wenn die negativen Effekte in den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Zuwanderung, Familienpolitik und Hartz IV-Missbrauch ernsthaft bekämpft werden, kann man auch wieder eine ehrliche Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland aufbauen. Der Weg zu mehr Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wird eben nicht durch Klientelbevorzugung und Steuererhöhungen geebnet. Vielmehr muss der Staat die Voraussetzungen für eine echte Chancengleichheit in allen der oben angesprochenen Bereiche schaffen. Wenn er sich den oben angesprochenen Reformen noch weitere zehn Jahre verweigert, wird der Sozialstaat – im Gegensatz zu heute – nicht mehr zu retten sein.
Christian Hallmann & Fabio Borggreve
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von ruhrbarone, Patrick Bartsch, Patrick Bartsch, JU Wilhelmshaven, JU Wilhelmshaven und anderen erwähnt. JU Wilhelmshaven sagte: Sehr lesenswert RT @ruhrbarone: Gastbeitrag der Jungen Union zum Thema Sozialstaat: https://bit.ly/bfIRym #fb […]
Das ist sicherlich der schlechteste Beitrag den ich je auf „ruhrbarone“ gelesen habe.
Der Satz „Der nicht zu unterschätzende Missbrauch von Hartz IV-Leistungen schädigt den Staat, die Bedürftigen und die Arbeitsmoral der gesamten Nation“ zum Beispiel ist eine völlig schwachsinnige Aussage. Der Missbrach liegt bei 1,9 %.
Die Aussage „Die bereits verfügbaren Sanktionsmittel müssen endlich strikter angewandt werden“ zeugt nicht unbedingt von Sachkenntnis. Von den 2008 eingelegten Widersprüchen gegen Sanktionen waren 41 % ganz oder teilweise erfolgreich, von den eingereichten Klagen 65 %. Solche Werte werden in keinem anderen Bereich von Verwaltung erreicht. In den Jobcentern wird ganz offen davon gesprochen, dass man sanktioniert, um Leistungen zu vermeiden. Missbrauch gibt also bei Hartz IV tatsächlich. Er findet allerdings zumeist auf der anderen Seite des Schreibtisches statt.
Der Satz „Wir müssen wechseln von einer staatlichen Zuschusspolitik hin zu einer steuerlichen Entlastungspolitik. Vor allem berufstätige Familien müssen massiv steuerlich entlastet und dadurch belohnt werden“ ist nicht nur grammatikalisch falsch, sondern eines der wenigen Postulate, das die schwarz-gelbe Bundesregierung schon längst eingelöst hat. Das Kindergeld ist um 20 Euro erhöht worden – von derzeit 164 Euro pro Monat auf 184 Euro für das erste und zweite Kind. Ab dem dritten Kind erhöht sich der Betrag entsprechend auf 190 Euro, ab dem vierten Kind gibt es dann monatlich 215 Euro. Der Kinderfreibetrag, von dem Wohlhabende besonders profitieren, ist auf 7.008 Euro angehoben werden. Kinder von Eltern, die Hartz IV beziehen, sind leer ausgegangen. Umverteilung findet also durchaus statt, allerdings von unten nach oben.
„An dieser Stelle soll nun einmal versucht werden, einige neue Lösungsansätze zu präsentieren, ohne dabei in die bekannten klischeehaften Muster zu verfallen“ schreiben die jungen Autoren. Das ist Ihnen gründlich misslungen.
Minister Laumann wird ihnen wohl die Ohren langziehen, wenn er sieht, wie intensiv seine „Nachwuchstalente“ hier die Phrasendreschmaschine bemüht haben. Kein Allgemeinplatz bleibt unbeackert. Am schönsten finde ich diese Phrase: „Hierbei ist es vor allem notwendig eine Gesamtanalyse der Beschäftigungsperspektiven vorzunehmen, bevor Umschulungsmaßnahmen angeboten werden“.
„Gute Bildung schafft Wohlstand für Alle.“
Quatsch mit Soße! Ich kenne jede Menge hochgebildeter Leute mit Uni-Abschlüssen, die irgendwo auf Hartz-IV-Niveau leben.
Nirgendwo wird so viel geheuchelt wie in der Bildungspolitik.
Bildung soll alles: für soziale Gerechtigkeit sorgen, Migranten integrieren, Wohlstand schaffen, Wettbewerbsfähigkeit erhöhen usf. usw..
Das kann Bildung aber nicht und deswegen stehen wir auch immer kurz vor der Bildungskatastrophe, weil wir sonst zugeben müssten, dass der Einfluss von Bildung beschränkt ist.
Tendenziell könnte man mich wohl beim konservativ angehauchten Bildungsbürgertum zuordnen, also als eigentlich den Autoren nahestehend, das hilft aber nicht dagegen das Lesen dieses Gastbeitrags als verschwendete Zeit zu betrachten.
Eine Sozialstaatsdiskussion ist, erst Recht in einem Land mit Schulpflicht, nur zu einem geringen Anteil sinnvoll als Bildungsdiskussion zu führen. Diese Bildungsdiskussion mit Phrasen und Platitüden bestreiten zu wollen, kann ich wiederum als Beleidigung meiner Intelligenz oder als Ausweis fehlender Selbiger bei den Autoren auffassen.
Darauf hinzuweisen, daß Strukturdebatten keine inhaltliche Debatte ersetzen, braucht man keine eineinhalb Abschnitte, von denen einer noch die falsche Überschrift „Arbeitsmarktreform“ trägt.
In der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und dessen Vorschlag zur (m. E. so indiskutablen) Einheitsschule es bei „interessanten pädagogischen Erwägungen“ zu belassen, deute ich mal als Unkenntnis in der Sache.
Des weiteren verkennen die Autoren die Bedeutung der finanziellen Belastungen für Familien aus Steuer und aus Sozialabgaben. Letztere würden die Inflationsrate in Deutschland ganz anders aussehen lassen, wenn sie in die Betrachtung einfließen würde und hier ist viel dringenderer Handlungsbedarf bei der Masse der Familien.
Die richtige Erkenntnis, daß Dauerreformen der Exekutive die Mittel aus der Hand schlagen kompetent zu handeln, gilt auch für Jobcenter. Wie hoch der Mißbrauch der Leistungen ist, weiß niemand zu sagen, aber die hohe Erfolgsquote bei Klagen gegen H-IV-Sanktionen sprechen jedenfalls nicht für eine kompetente Mittelverwaltung.
Wenn dies die kommenden Köpfe der CDU sind, dann wird sie wohl bald kopflos sein.
@Börje Wichert: Wenn die Statistik ausweist, dass die missbräuchliche Beanspruchung von Hartz-IV-Leistungen bei 1,9% liegt, dann heißt das nicht, dass tatsächlich nur 1,9% der Empfänger betrügen, sondern es heißt, dass 1,9% entdeckt werden. Die tatsächliche Quote könnte erheblich höher liegen.
Dass der Missbrauch von Hartz-IV-Leistungen (egal in welchem Umfang) die „ehrlichen“ Arbeitslosen diskreditiert und die Arbeitsmoral der Arbeitenden untergräbt, ist ein Satz, den ich so unterschreiben würde. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie diese Aussage als „schwachsinnig“ abtun.
Weiterhin ist für mich nicht erkennbar, warum die Erhöhung des Kindergeldes eine Umverteilung von unten nach oben sein soll. Hartz-IV-Empfänger haben kein eigenes Einkommen und zahlen dementsprechend keine Steuern. Wo nichts ist, kann man auch nichts wegnehmen. Eine Umverteilung von unten nach oben findet in diesem Staat zweifelsohne statt, z.B. über die Zahlung von Zinsen für die Schulden des Bundes, der Länder und der Kommunen, die einen erheblichen Anteil der staatlichen Steuereinnahmen verschlingt, aber eben nicht über die Elternförderung durch das Kindergeld.
Ich finde den Artikel erfrischend und sehr interessant. Natürlich haben sich die Verfasser eine schwere Aufgabe vorgenommen, weil sie versucht haben, komplexe Probleme in Zusammenhang zu bringen, ohne gleich ein Buch zu schreiben.
Großen Respekt, dass sich mal Leute an eine Gesamtbetrachtung wagen!
Ich erkläre mich mit allen Grundaussagen dieses Textes einverstanden. Die Zwischenüberschriften sind zwar provokant aber sehr treffend. Zugegeben ist der Ansatz der Verfasser eher als konservativ einzustufen. Dabei ist er sehr konsequent. Die Schlussfolgerungen im Bereich Bildung finde ich richtig und sie entsprechen m.E. der Grundkonsens in allen großen Parteien. Es sind keine Platitüden sondern ernsthaft Probleme, die leider bis heute nicht konsequent angegangen werden (nicht ausreichende Sprachförderung, überlastete Lehrer, Perspektivlosigkeit der Hauptschule etc.).
Die Kommentare zu #2 und #3 sind aus parteipolitisch motiviert und zeigen eine andere Herangehensweise. Ihre Kritik ist jedoch billig und sehr unsachlich. Es ist schon erstaunlich, dass der Sprecher der Ruhr Grünen so schlecht über die hohe Dunkelziffer der nicht erkannten Fälle von Hartz IV Missbrauch informiert ist. Seine Argumentation ist daher daneben und außerdem scheint er die Überschrift der Verfasser nicht gelesen zu haben!
„Eine Sozialstaatsdiskussion ist, erst Recht in einem Land mit Schulpflicht, nur zu einem geringen Anteil sinnvoll als Bildungsdiskussion zu führen. Diese Bildungsdiskussion mit Phrasen und Platitüden bestreiten zu wollen, kann ich wiederum als Beleidigung meiner Intelligenz oder als Ausweis fehlender Selbiger bei den Autoren auffassen.“
@ Wolfram Obermanns: Ich bezweilfle doch sehr, dass sie dem konservativen Bildungsbürgertum angehören. Ihre Kommentare sind – trotz ihrer behaupteten Intelligenz – ziemlich unqualifiziert. Wegen der Schulpflicht soll es also nur zu einem geringen Teil sinnvoll sein eine Bildungsdiskussion zu führen.
Das die Schulpflicht allein Kindern aus sog. „bildungsfernen Schichten“ wenig bringt, scheinen sie noch nie erwogen zu haben. Vielleicht ist es für einen „konservativ angehauchten Bildungsbürger“ nicht vorstellbar, dass es Familien gibt, in denen noch nie ein Buch gelesen wurde. Dass solche Kinder später schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, scheint Wolfram Obermanns bei all seiner Intelligenz nicht betrachtet zu haben.
Es darüber hinaus ziemlich ungeschickt, bei einer solchen Oberflächlichkeit, die Verfassser des Artikels als „kopflos“ zu beschreiben. Ein bißchen mehr Sachlichkeit stände gerade einem „Bildungsbürger“ gut zu Gesicht.
Vielleicht täten die Kommentatoren zu #2, #3 und #4 gut daran, mal ihre eigene Sachkompetenz zu überprüfen…!
Vielen Dank an die beiden Autoren. Ein sehr gelungener Beitrag.
Es ist wichtig, dass die wahren Probleme ohne lästige Klischees aber auch ohne Beschönigungen ausgesprochen werden. Bildung (und besonders die Verbesserung des Bildungssystems) spielt eine große Rolle in der Diskussion um die Zukunft des Sozialstaates.
Die Meinung der Autoren zum Thema „Missbrauch von Hartz-IV-Leistungen“ halte ich keinesfalls für „schwachsinnig“, Herr Wichert. Bei den 1,9% handelt es sich, wie „Eva“ bereits richtiggestellt hat, selbstverständlich nur um die aufgedeckten Missbrauchsfälle. Losgelöst vom Missbrauch der Leistungen ist festzustellen, dass es in unserem Land zahlreiche Menschen gibt, die von Hartz IV leben und garnicht planen, diesen Zustand zu verändern. Bei diesen Menschen, die sich im zitierten „bezahlten Nichtstun“ eingerichtet haben, muss der Staat selbstverständlich mit Sanktionen härter durchgreifen.
Diejenigen hier, die so betonen, dass es sich „nur“ um „aufgedeckte“ Missbrauchsfälle von HartzIV handelt, die Dunkelziffer aber viel höher liege, mögen doch bitte die Fakten dazu liefern:
– Wie hoch wird die Dunkelziffer geschätzt? Nehmen wir an, die Dunkelziffer betrage 2 Prozent, dann wäre der Missbrauch nicht höher als 3,9 Prozent. Die Aufmerksamkeit, die konservative Politiker trotzdem dem Missbrauch von Hartz-IV widmen, anstatt sich über viel größere Schäden der Volkswirtschaft durch Steuerhinterziehung aufzuregen, ist dann immer noch lächerlich.
– Welches seriöse Institut hat Abschätzungen zur Dunkelziffern abgegeben? Bitte keine subjektiven Einzelmeinungen zitieren, etwa den Arge-Sachbearbeiter, der irgendwas von 30 Prozent daher redet.
Sollten die Kommentatoren, die hier die Feststellung von hohem Missbrauch der Hartz-IV- Beziehern treffen, auf diese beiden Fragen keine Antwort haben, würde ich mich an ihrer Stelle mit Unterstellungen gegenüber einer überdurchschnittlich ehrbaren gesellschaftlichen Gruppe in unserer Gesellschaft, die nur mehr Probleme als andere hat, zurückhalten.
Es hat sich wieder einmal gezeigt, wie manche Leute (Nr. 2+3) einfach nur den Text zitieren und auf einzelne Sätze eingehen. Das ist völlig sinnlos, denn damit wird nicht der Gesamtzusammenhang des Artikels berücksichtigt.
Vielmehr soll dem politischen Gegner geschadet und dieser als inkompetent abgestempelt werden. Ich gebe deshalb insbesondere Börje Wichert den Rat, seine Arbeit als parlamentarischen Assistenten weiterzumachen anstatt seine Zeit hier mit dem Schreiben von sinnlosen Kommentaren zu verbringen.
Bezogen auf den Artikel lässt sich sagen, dass dieser Artikel die wichtigen Probleme des Sozialstaats erfasst. Aus dem Zitat von Guido Westerwelle, der darin nur einen Teilaspekt anspricht, wird eine Gesamtanalyse entwickelt.
Die konservativ geprägten Aussagen sprechen mich deshalb an, weil Sie nicht nur stumpf ausgesprochen werden, sondern im jeweiligen Abschnitt auch zutreffend erklärt sind.
Ich würde mir gerne mehr solcher Aufsätze wünschen. Denn fest steht, dass Erbsenzählerei wie hoch die Missbrauchsquote sei,nicht helfen. Es müssen handfeste Vorschläge und Konzepte her, damit unser Land ernsthaft vorankommt und nicht in Stillstand verfällt.
Das Problem der Arbeitslosigkeit wird uns in Zukunft immer stärker treffen. Spätestens in der nächsten Krise werden wieder Arbeitsplätze wegfallen die nicht wieder aufgebaut werden können.
Das Problem wird nicht durch Änderungen in der Geldverteilung und Erhöhung des Drucks auf Arbeitslose gelöst. Auch ist die massive Ausweitung des Billiglohnsektors nicht der richtige Weg. Uns brechen die Einnahmen weg.
Also verschuldet uns die Regierung immer weiter. Die nächste große Krise wird folgen.
Doch die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller. Leider glauben die meisten Menschen das, dass so sein müsste. Da ist aber ein Trugschluss.
Uns müsste es eigentlich immer besser gehen, da wir mit so wenig Aufwand wie noch nie immer mehr produzieren können.
Uns geht es aber immer schlechter, statt immer besser.
Eigentlich sollten wir immer weniger arbeiten müssen. Jede Produktivitätssteigerung sollte uns eine bessere Lebensqualität bringen.
Gehen wir endlich die Ursachen der Arbeitslosigkeit mit dem Arbeitsguthaben System an.
https://www.arbeitslosigkeit-besiegen.de
Die ganze H4- und Arbeitslosendiskussion geht am Thema vorbei und betrifft allenfalls einen ganz geringen Teil an Deppen, die nicht arbeiten wollen.
Das zentrale Problem sind die fehlenden Arbeitsplätze für diejenigen, die Arbeit wollen, und wie sagte Frau vdL kürzlich, es seien in Bayern und B-W gerade hochqualifizierte Facharbeiter, die als Folge der Krise ihre Arbeit verlieren. Da machen auch keine staatlich subventionierten Dumpinglöhne Sinn, die nur die Arbeitgeber aus dem Markt drängen, die ihre Leute ordentlich bezahlen. Es fehlt schlichtweg an Konzepten und machbaren Lösungen, wie Arbeitsplätze geschaffen werden. Und das ist in einer exportgetriebenen Wirtschaft nicht eben einfach.
Schauen wir zurück bis zu Kanzler Schmidt und dann auf die nachfolgenden. Wer hat denn Arbeitslosigkeit wirksam und nachhaltig bekämpft? Keiner, zumindest nicht mit sichtbarem Erfolg. Und es ist in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft schwer für eine exportgetriebene Wirtschaft gegen den Trend zu gehen oder auch nur diesen abzudämpfen.
Die Erkenntnis, dass Bildung wichtig ist, ist nicht wirklich neu. Warum ist dann aber unsere Bildungssystem in allen Bereichen seit vielen Jahren – egal ob unter CDU als auch SPD geführten Regierungen – so schlecht qualifiziert und/oder strukturell unterfinanziert?
Die Erkenntnis, dass es tendenziell und strukturell immer weniger Arbeitsplätze gibt, egal welche Wachstumsraten im einzelnen erzielt werden, ist ebenfalls eher älterer Natur. Warum wird also immer noch nach Lösungen gesucht, die partout mehr Jobs schaffen sollen als ökonomisch sinnvoll respektive bezahlbar sind?
Die hier geführte Debatte um den Missbrauch staatlicher Transferleistungen an Menschen die keiner Erwerbsarbeit nachgehen ist uralt und läuft immer auf die gleichen nicht genau nachweisbaren Verdächtgungen hinaus. Warum wird aber nie im gleichen Atemzuge immer auch über alle anderen Transfer- und Subventionsleistungen gesprochen deren Kürzung/Reformierung ebenfalls Geld in die staatlichen Kassen spülen würde?
Wer ehrlich und nicht nur propagandistisch nach Lösungen sucht, sollte zuerst diese Fragen beantworten.
@ Arnold: Hier bei den Ruhrbaronen haben wir uns doch lang und breit über die unsinnige Erhöhung des Kindergeldes ausgetauscht, Geld, das besser direkt in die staatlichen Einrichtungen für Kinder geflossen wäre. Insofern wurden an dieser Stelle bereits andere staatliche Subventionen als das Arbeitslosengeld hinterfragt.
In diesem Beitrag werden wirre Thesen in den Raum gestellt.
Beispiele:
– „Das oberste Ziel der Vorschläge ist es, das offensichtlich aufgeblähte Sozialsystem zu entlasten“ – Das Hauptproblem unserer Sozialsysteme ist dass durch Massenarbeitslosigkeit (Anzahl der Einzahler) und durch Mindestlohnsektor und Nettolohnverluste der Input drastisch nach unten ging! Wer mit Sozialsystemen per se nicht anfangen kann, für den ist jedes Sozialsystem aufgebläht…..
– „Familienpolitik in Deutschland muss die Steigerung der Geburtenrate als oberstes Ziel definieren“
Die Geburtenrate ist im Moment recht konstant. Ob es im Jahr 2050 7 Millionen Deutsche mehr oder weniger gibt lässt sich erstens nicht vorhersagen und ist zweitens auch relativ uninteressant für das System als solches. Kurzfristiges Ansteigen der Geburtenrate wird als triumphaler Erfolg der CDU-Politik gefeiert, bei einem Abfall um ein Paar Zehntel wird der Untergang des Abendlandes verkündet. Gunnar Heinsohn zB. präzisiert indem er fordert speziell die Geburtenrate der Unterschicht müsse gesenkt, die der Oberschicht nagehoben werden. Hört sich dann schon stark nach Brave New World und drittem Reich an.
– „Gute Bildung schafft Wohlstand für Alle.“
In diesem Punkt wird meines Erachtens einigermassen vernünftig argumentiert. Die Reform des Hochschulwesens war definitiv ein Desaster. Das ändert aber nichts daran dass auch ein gebildeter Arbeitsloser immer noch ein Arbeitsloser ist.
Und solange nur verbal gegen die Massenarbeitslosigkeit vorgegangen wird schauts eben schlecht aus mit dem Wohlstand.
Usw. Man könnte ewig weiter machen. Deutschland ein Einwanderungsland! Schwachsinn! Deutschland ist zu einem Auswanderungsland geworden, speziell Akademiker und Handwerker wandern in Scharen aus. Mittlerweise verdient man in Österreich, der Schweiz Frankreich usw deutlich besser als in der BRD – Produkt von jahrzentelanger Lohndrückerei.
Keiner, der hier von den Mitforumisten gemachten Einwände, kann mich von der Qualität des Gastbeitrags überzeugen.
Wer eine Sozialstaatsdiskussion im wesentlichen als Fragen der Bildungs- und Sanktionspolitik auffaßt, schreibt an der Realität vorbei.
An der Realität, daß für einen Großteil der H-IV-Empfänger die Schulzeit schon länger vorbei ist und für diese Gruppe in der Republik schlicht und einfach keine Arbeitsplätze vorhanden sind.
Wer Bildungspolitik als Teilmenge der Sozialpolitik auffaßt, muß sich fragen lassen, warum er gleiches bei Fragen zu den öffentlichen Haushalten, Wirtschaft, Infrastruktur, Rechtsprechung etc. unterläßt. Die Subsumierung von Bildung unter Sozialfragen zeugt von Indifferenz, die bekanntlich in Ineffizienz mündet. Im Deutschunterricht heißt so etwas „Thema verfehlt“.
Es gibt Leistungsmißbrauch, dies steht außer Frage. Das Wesen von Dunkelziffern ist es aber nun mal, daß ihr tatsächlicher Wert im Dunklen liegt. Das Arbeiten mit Vermutungen heißt Spekulation und ist nachgerade das Gegenteil von Argumentation.
Der Beitrag der Gastautoren hält sich im Großen und Ganzen in Form und Inhalt an den in Deutschland verbreiteten Wahlkampfstil, er ist also für den allgemein politisch Interessierten und Informierten irrelevant, weil er sich lediglich an den Befindlichkeiten der vermuteten Zielgruppe abarbeitet.
Da hier mittlerweile wohl doch so etwas wie ein Statthalterwahlkampf stattfindet, möchte ich doch noch ein paar Worte zu den im Artikel angesprochenen Themen verlieren.
Wer Interesse an den bildungspolitischen Zielen der Parteien hat, kann Stellungnahmen der jeweiligen Sprecher hier nachlesen: https://www.le-gymnasien-nrw.de/
Schule steht seit einiger Zeit unter Beobachtung, als Ergebnis dieser Beobachtungen wissen wir, daß erstens zwischen einem Viertel oder Fünftel der Schulabgänger strukturelle Analphabeten sind und zweitens daß Kinder in der Schule in etwa das lernen, was die Eltern auch schon können.
Schule scheint also sui generis keinen Bildungsmehrwert zu schaffen, der eine öffentliche Schule überhaupt rechtfertigen würde. Es stellt sich also zwingend die Frage ob unsere Lehrer als Verantwortliche tatsächlich „faule Säcke“ sind, oder ob sie überhaupt die richtige Ausbildung, Rahmenbedingungen, Methoden und Mittel haben, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Der Blick auf die Lehrerschaft offenbarte einen hohen zweistelligen Prozentsatz an ungeeignetem Personal. Den auftretenden Defiziten begegnet man bisher durch Versetzung und Verschleierung. Ein anderes Vorgehen würde tiefgreifende Änderungen im Dienstrecht erforderlich machen, die alle Parteien scheuen. Man setzt weiter auf ein Konzept des behüteten Versagens.
Den Lehrern, die einen guten Job machen könnten und dies mit viel Engagement ja auch tun, wird das Leben schwer gemacht. Das fängt bei den lachhaften Arbeitsplätzen im Lehrerzimmer, die im Zuge der Ganztagsschule an Bedeutung gewonnen haben, an und endet beim politischen Wunsch nach allesintegrierenden Klassen von an die 30 Kindern bei individueller Förderung. Manche Bildungspolitiker und -forscher scheinen Lehrer für wahre Magier mit übermenschlichen Fähigkeiten zu halten.
Wer Lehrern helfen will sollte Ihren Sprechern zuhören. Um Mißverständnisse zu vermeiden möchte ich klar darauf hinweisen, daß dies nicht die GEW ist, oder sein kann. Wer annimmt eine Gewerkschaft sei die Interessensvertretung von Beamten, wie es Lehrer nun mal sind, hat entweder ein Problem mit der Realität oder einfach keine Sachkenntnis. (Der Umstand, daß ich mit letzterem der GEW wahlweise in ausreichendem Maße Realitätssinn oder Sachkenntnis abspreche, ist mir bewußt.)
Niemand in Deutschland kann auch nur annähernd sagen, wie groß der Mißbrauch bei H-IV-Leistungen ist. Anstatt sich darum zu bemühen hier für Klarheit zu sorgen, wird populistisch schon mal die Sanktionskeule geschwungen. Die Nach- und Ausforschung von Mißbrauch ist ein heikles Unterfangen. Davor erklären zu müssen, wie dies aussehen soll, haben sich die Gastautoren gedrückt. Davor drückt sich Sozialpolitik in Deutschland aber insgesamt.
Nehmen wir das Schreiben von Hr. Wichert. Er unterstellt auf Sachbearteierebene ein wahlloses verhängen von Sanktionen. Er scheint also einen nicht unwesentlichen Teil der Angestellten dort für kriminell oder unfähig zu halten (als Pedant zu den „faulen Säcken“?). Negiert er dies, stellt sich die Frage, wie denn dieses Verhalten flächendeckend auftreten konnte, wer also die anordnenden Vorgesetzten sind und warum dies angeordnet wird. Erhalten wir darauf eine Antwort?
Sowohl Borggreve und Hallmann als auch Wichert beglücken uns mit eher inhaltsfreien Wahlkampfphrasen und darum verdienen beide Beiträge das Prädikat „sicherlich der schlechteste Beitrag den ich je auf “ruhrbarone” gelesen habe“.
Um auf Schule zurückzukommen: Gerade im Wahlkampf erleben wir Parteivertreter, die substanzlose Beiträge absondern und entgegen ihrem verfassungsmäßigem Auftrag zur politischen Willensbildung nichts beitragen, weil sie sich in billiger Propaganda üben. Dies nennt man in der Schule Leistungsverweigerung. In diesem Sinne: „Borggreve, Hallmann, Wichert, setzen, sechs!“
@ ruhrgebietler
Ihre Kommentare sind – trotz ihrer behaupteten Intelligenz…
Intelligenz hat definitionsgemäß jeder. Ein Wesenszug bildungsbürgerlichen Verhaltens ist der Gebrauch von Fremdwörtern, die man selber versteht und sicher zu handhaben weiß.
Ein Bürger scheut es auch nicht, individuell seine politischen Ansichten offen zu vertreten, anstatt sich als einer von Millionen „Ruhrgebietlern“ zu anonymisieren.
Wolfram Obermanns
Der Autor des Kommentars Wolfram Obermanns offenbart durch diese These, in welchem denklogischen Dilemma er sich befindet. Er ist in einem zentralen Punkt mit den Gastautoren anderer Meinung und meint deshalb, deren Beitrag disqualifizieren zu können.
Anhand seiner Ausführungen wird deutlich, dass es sich bei Obermanns wohl um einen egozentrischen und frustrierten Lehrer handelt. Ich möchte betonen, dass ich einen großen Respekt vor dem Berufsstand der Lehrer habe, weil sie einen wichtigen Dienst für unsere Gesellschaft leisten. Leider gibt es aber auch unter ihnen eine paar schwarze Schaafe. Wolfram Obermanns scheint so ein schwarzes Schaaf zu sein!
Es ist sehr schade, dass er in seinem zweiten Beitrag immer noch nicht zu einem sachlichen Stil gefunden hat.
Ich darf hinzufügen, dass die Kommentare die Obermanns hier zum Besten gibt, zu den schlechtesten gehören, die ich je auf Ruhrbarone.de gelesen habe.
Doch wollte ich mich eigentlich nicht auf das Niveau Obermanns hinabbegeben, des wegen zurück zu seiner These:
Obermanns scheint nicht verstanden zu haben, dass die Autoren berechtigterweise argumentieren, das Bildungssystem leide unter enormen Defiziten, die es verhindern, dass qualifiziert ausgebildete Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt kommen. Sicherlich gibt es Unternehmen, die auch hochqualifizierte Arbeitskräfte im Moment nicht einstellen, weil sie sich einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden.
Hört man jedoch die Klagen der meisten Unternehmer, dass ihre Auszublidenden und Hochschulabgänger schlechter qualifiziert als noch vor 10 Jahren bei ihnen auftauchen, muss man den Autoren Hallmann und Borggreve in ihrer Problemanalyse Recht geben.
Hier wird auch deutlich, warum Arbeitsmarktdebatte und Bildungsdebatte unmittelbar verknüpft sind. Wird der Arbeitsmarkt nicht mit ausreichend qualifizierten Arbeitskräften in allen Bereichen gefüttert, werden Unternehmer noch zurückhaltender einstellen. Um es nochmal deutlich zu machen: Das bedeutet nicht, dass auch hochqualifizierte in Krisenzeiten nicht eingestellt werden. Ich habe die Autoren Hallmann und Borggreve jedenfalls so verstanden, dass eine Bildungsoffensive besser und höher qualifiziertere Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt schafft, die Unternehmer bevorzugt einstellen. Dies würde dann für alle Bereiche gelten und würde den Unternehmern die Entscheidung über die Neueinstellung erleichtern. Ein Unternehmer wird es sich nämlich zehnmal überlegen, ob er jemand neues einstellt, wenn er diesen ewig einlernen muss. Desto besser die Arbeitskraft qualifiziert ist umso eher kann er aus ihr wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Daher liegen die Vorteile einer Bildungsoffensive auf der Hand. Dies ist Ökonomie 1. Semester.
Diesen Zusammenhang scheint Obermanns vielleicht auch deshalb nicht zu verstehen, weil ihm die unternehmerische Perspektive fernliegt. Jedoch gerade die sind es, die die Stellen in Deutschland schaffen.
Herr Obermanns kann sich somit vielleicht als „eher konservativ“ aber nicht als arbeitnehmer- oder arbeitgeberfreundlich bezeichnen. Denn beiden Seiten helfen seine Ausführungen nicht weiter.
Ich gebe zu, dass die komplizierten Verbindungen von den Autoren als bekannt vorausgesetzt und nicht ausführlich erläutert werden. Dies ist vielleicht der einzige Vorwurf, den man ihnen machen kann. Dem verständigen Leser erscheinen ihre Ausführungen allerdings als logisch und überzeugend.
Die Kritik aus Wicherts Perspektive ist aus parteipolitischem Kalkühl nachvollziebar. Leder verfällt er dadurch in die altbekannten Klischees.
Die Kritik von Obermanns hingegen geht an der Sache vorbei und wird den Ausführungen in diesem sehr lesenswerten Beitrag nicht gerecht. Es ist schade, dass durch dieses kleinkarrierte Denken von Menschen wie Obermann, echte und umfassende Reformen in unserem Land immer wieder verhindert werden. Die Autoren haben recht: Viel Zeit bleibt uns nicht!
Ich würde mir wünschen, dass Obermanns – wenn er hierauf antwortet – erklärt, warum ein besser organisiertes Bildungssystem den Wirtschaftsstandort Deutschland und seinen Arbeitsmarkt nicht verbessert. Es wäre schön, wenn er hierbei sachlich bliebe.
Ich entschuldige mich für die Anführungszeichen, ich habe mich mit dem Tag vertan.
Nach dem Studium des Beitrags und der diversen Kommentare komme ich zu dem Schluss dass es auf jedem Fall spannend ist führendem „Personal“ aus der Jungen Union beim Schwadronieren über Sozialsysteme (bzw. deren Umgestaltung) zuzusehen. Wer sich je mal in der sogenannten Realität mit dem Rentensystem oder der gesetzlichen KV beschäftigt hat weiss dass das lustige Reformieren der letzten 2 Jahrzehnte (vor der Reform ist nach der Reform) verheerende Konsequenzen nach sich zieht. Es geht hier in hohem Maße um Verlässlichkeit und um Planungssicherheit auf lange Sicht. Ständiges Rumgebastel an den Basics führt zu genereller Verunsicherung und zu einem extremen Mehraufwand in der Verwaltung.
So musste beispielsweise in die letzten Jahre bei den Krankenversicherungen die entsprechenden Softwarepakete im Jahresrhythmus umgestrickt werden und die Mitarbeiter ständig umgeschult werden. Super!
Die Tatsache dass Hallmann und Borggreve zumindest punktuell die soziale Realität wohl am Beispiel der aktuellen Hochschulreformen am eigenen Leib erfahren haben und diese auch vernünftig reflektieren bedeutet noch lang nicht dass die beiden kompetent wären über die Sozialsysteme in Überfliegermanier zu räsonieren.
Im grossen und ganzen haben die Beiden von den Auswirkungen von Hartz 4 und ähnlichen diversen bundesrepublikanischen Reformprojekten soviel Ahnung wie dei Kuh vom Eierlegen. Schön ist aber beobachten wie sie trotzdem glauben schlüssige Lösungen anbieten zu können.
Im Grunde geht es darum was für eine Art von Gesellschaft man eigentlich haben will. Wenn konservative Kräfte (auch Angela Merkel) von sozialer Marktwirtschaft faseln geht es in Wirklichkeit eher um spätfeudale Modelle die mit extremen sozialen Unterschieden arbeiten. Ziel ist ein bis aufs Knochengerüst abgespeckter Staat und möglichst üppige („befreite“) Privatwirtschaft die systematisch auf die Resourcen der Steuerzahler zugreift.
Wobei Steuer zu zahlen nicht als ein Gegenwert zur Benutzung öffentlicher ressourcen gesehen wird sondern als zu umgehende Nötigung.
Unsere Eliten sind ganz einfach grössenwahnsinnig geworden! Sie glauben wirklich sie wären was besseres und wissen auch genau wo es lang geht.
Und das kann man im Beitrag wunderbar studieren.
Wer aus der elenden und hoch spekulativen Missbrauchsdebatte raus will und zugleich zu akzeptieren bereit ist, dass die Arbeitsplätze insgesamt weniger und nicht mehr werden, der wird um die Idee des bedingungslosen, allerdings sehr niedrigen, Grundeinkommens nicht herum kommen.
Dieses lässt sich politisch aber nicht durchsetzen, wenn der Abstand zwischen diesem Grundtransfer und dem niedrigsten durch Arbeit verdienten Lohn/Gehalt nicht groß genug ist. Damit kommt automatisch das Mindesteinkommen als Forderung hinzu.
Um diese für die Unternehmen erträglich zu machen muss es wiederum leichter möglich werden, in Zeiten niedriger Umsätze/Gewinne die Mitarbeiter zu entlassen bzw. sie bei besserer Konjunktur auch schneller wieder einzustellen.
Diese neue Flexibilisierung des Arbeitsmarktes würde beim Vorhandensein einer Grundsicherung möglich ohne das die Menschen dadurch in permanente Unsicherheit gestürzt würden, und sie würde vor allem zu mehr sozial versicherten Arbeitsplätzen führen.
Da Arbeitsplätze vor allem im niedrig qualifizierten Bereich wegfallen, müssen unsere Kindergärten/Schulen/Hochschulen usw. einen besseren „Output“ erzeugen.Das geht nur mit hoch motiviertem und bestens qualifiziertem Personal. Das gibt es nur bei Abschaffung des Beamtenstatusses kombiniert mit einem höherem und leistungsabhängigen Gehalt.
Das Geld dafür bekommt man in dem man die unsinnigen staatlichen Subventionen die es haufenweise gibt auf den Bildungsektor umlenkt.
Nur das alles zusammen würde die Arbeitslosigkeit trotz tendenziell abnehmender Arbeitsplätze insgesamt senken und damit auch das bedingungslose Grundeinkommen finanzierbar machen. Die Partei bzw. die Parteien die diesen beispiellosen politischen Kraftakt durchzuführen bereit wären, sehe ich allerdings nicht.
[…] mit unserem Sozialstaat? Nach der Jungen Union vertritt nun die Chefin der Jusos, Franziska Drohsel, bei den Ruhrbaronen ihre Ansicht von einem […]
Es ist interessant, wie hier viele hier die Thesen der Autoren im ersten Abschnitt zur Arbeitslosigkeitsbekämpfung abtun.
Jedenfalls die aktuellen Zahlen
https://www.welt.de/wirtschaft/article7101576/Schulen-und-Eltern-versagen-bei-der-Ausbildung.html
scheinen Ihnen recht zu geben. Die mangelnde Qualifikation der Schulabgänger ist für die Wirtschaft ein zentrales Thema und hat großen Einfluss auf die Jungendarbeitslosigkeit. Wer das negiert ist ewig gestrig und tut in jungen Menschen in diesem Land keinen Gefallen, sondern verschlimmert ihre Situation!
@ ruhrgebietler
Gegenfragen:
Dient ein besser organisiertes Verkehrswegenetz dem Wirtschaftsstandort Deutschland und seinem Arbeitsmarkt?
Ja? Dann ist Verkehrsplanung für Sie also Sozialpolitik. Und dann vermisse ich aber die dahingehenden „sozialpolitischen“ Ausführungen der Gastautoren.
Dient ein besser organisiertes Rechtswesen dem Wirtschaftsstandort Deutschland und seinem Arbeitsmarkt?
Ja? Dann ist Justizpolitik für Sie also Sozialpolitik. Und dann vermisse ich aber die dahingehenden „sozialpolitischen“ Ausführungen der Gastautoren.
Dient ein besser organisiertes Steuer- und Finanzwesen dem Wirtschaftsstandort Deutschland und seinem Arbeitsmarkt?
Ja? …
Sie können an dieser Stelle, wenn Sie das wünschen, gerne auch noch die anderen Poltikfelder, die ich in meinem Beitrag #15 nannte, selbst einsetzen.
Bevor Sie glauben weiter oben in Ihrem Beitrag #16 stände noch etwas Richtiges möchte ich Sie darauf hinweisen, daß schon ihre erste Hypothese eines bei mir bestehenden denklogischen (im Gegensatz zu trieblogisch?) Dilemmas fehl geht, Bildungspolitik war und ist ein guter Grund nicht Grüne oder SPD zu wählen.
Im Übrigen wäre ich Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie weitere unsinnige und irreführende Spekulationen über meine Person in Zukunft unterlassen könnten.