Die Lage der Liga: beim VfL Bochum hat sich etwas getan

Brot und Spiele im Windschatten vom VfL Bochum | Foto: Peter Hesse

Die Wolfsburger Spieler fahren ohne Covid-Maske mit der deutschen Bahn zum Auswärtsspiel, beim FC Schalke 04 herrscht weiter Land unter und der VfL Bochum sendet neue Lebenszeichen von der Castroper Straße. Unsere Autoren Tommy Junga und Peter Hesse haben kürzlich den neuen Bayer Leverkusen Xabi Alsonso zu hoch gelobt, in dieser Woche geben sie sich daher gemäßigter. Nur die Auftritte von Jerome Boateng vor dem Landgericht München finden beide unerträglich.

Peter Hesse: Die Wolfsburger Fußballprofis fahren mit der Bahn zum Spiel nach Leverkusen, das ist für den Club aus der Autostadt unter CO2-Gesichtspunkten löblich. Aber sie pfeifen dabei aber auf die Maskenpflicht. Sollten Fußballprofis nicht gerade wegen ihrer hohen gesellschaftlichen Stellung so etwas wie Vorbilder sein?

Tommy Junga: Das ist ja fraglos bei jeder Person so, die derartig in der öffentlichen Wahrnehmung steht. Auch das hat etwas mit Professionalität zu tun. Daran, dass sich mittlerweile kaum noch jemand konsequent an das Tragen einer Maske hält, hat man sich ja schon trauriger Weise fast gewöhnt. Was mir an dieser Geschichte so extrem aufstößt ist hingegen der Umgang der Herren Profis mit den Bahn-Mitarbeitern, die um das Einhalten der Maskenpflicht gebeten hatten. Diese auszulachen und die Aufforderung zu ignorieren zeugt schon von einer ordentlichen Portion Respektlosigkeit. Da drängt sich dann schon das Bild verzogener Bengel auf.

Löblich, wenn Fußballprofis mit dem Zug anreisen | Foto: Deutsche Bahn/PR

Peter Hesse: Der VfL Bochum ist wieder da. Nicht nur, dass er im DFB-Pokal in der nächsten Runde auf den BVB trifft, nein, sie haben sogar den Tabellenführer von Union Berlin mit einem 2:1 wieder in die Hauptstadt geschickt. War das der Startschuss für die Kehrtwende?

Tommy Junga In Bochum hat sich was getan. Neutrainer Thomas Letsch geht mit Ruhe, Überzeugung und Konsequenz beispielhaft voran. Das färbt jetzt auch auf die Truppe ab, die gewachsene defensive Stabilität und das aggressive Forechecking – zumindest in den Heimspielen – finden in der fußballerischen Umsetzung dazu ihre Entsprechung. Und mit einem der schönsten Angriffe der Saison das 2:0 gegen den Tabellenführer erzielt zu haben, das lässt auch das Kreative betreffend wieder hoffen. Die Bochumer sind wieder dran – endlich die rote Laterne mal wieder los zu sein ist natürlich Balsam auf die treuen geschundenen Seelen an der Castroper Straße. Ist wieder alles drin.

Auf Schalke hängt der Haussegen schief | Foto: Stefan Laurin

Peter Hesse: Schauen wir mal wenige Kilometer weiter westlich: In Gelsenkirchen wartet man noch immer auf Glück, eine geschlossene Mannschaftsleistung und einen neuen Trainer. Doch die Gelsenkirchener bekamen im ersten Spiel unter Interimstrainer Matthias Kreutzer bei Hertha BSC Berlin den Umbruch nicht hin – und besonders in der Defensive hat Schalke viele Ausfälle zu beklagen. Was muss jetzt passieren, damit die Königsblauen das Schlusslicht wieder abgeben können?

Tommy Junga: der große Peter Neururer hat den Satz geprägt, dass man am zehnten Spieltag einer Saison ungefähr ablesen kann, wohin die Reise geht. Vom Papier her wäre Schalke schon deutlich mehr zuzutrauen gewesen als der Komplettabsturz auf Platz 18, aber diese ständige Großbaustelle in der Hintermannschaft ist schon bitter für Königsblau. Der neue Trainer ist nicht zu beneiden, weil er sein Amt direkt unter öffentlichem Hochdruck antreten wird. Schalke ist ja quasi, ähnlich wie Bremen, schon ohne Welpenschutz aufgestiegen. Ob es am Ende wirklich Thomas Reis wird, finde ich persönlich extrem spannend, denn die Nebengeräusche bei seinem Abgang in Bochum sind noch sehr präsent.

Peter Hesse: Auch die Eintracht aus Frankfurt lässt aufhorchen. Durch den 3:1-Sieg in Mönchengladbach gewann das Team neuen Optimismus. Nun kommt in der Champions League Olympique Marseille am kommenden Mittwoch nach Frankfurt. Können die Hessen das Achtelfinale des Wettbewerbs erreichen und ihr ganz eigenes Fußballmärchen weiter fortsetzen?

Tommy Junga: Frankfurt ist auf jeden Fall in der Lage Marseille zu schlagen und sich so die Chance auf das Weiterkommen wahren. Trainer Oliver Glasner hat ein fußballerisches Kollektiv geformt, das nahezu jeder Mannschaft das Leben schwer machen kann. Mit einem Erfolg im vermutlich hitzigen Heimspiel hätte die Eintracht es dann wieder in der eigenen Hand – in einer Champions-League-Gruppe, die qualitativ ungewöhnlich homogen daherkommt. Zu begrüßen wäre natürlich, wenn das Ganze ohne nicht wieder zu einer Hooligan-Werkschau ausartet. Ob der Verband nochmal so großzügig beide Augen zudrückt ist wohl eher unwahrscheinlich und Geisterspiele könnten Frankfurt dann doch das Fussballmärchen verhageln.

Jerome Boateng muss sich gerade vor dem Münchener Landgericht verantworten | Foto: Martin Kraft / wikipedia / CC BY-SA 3.0

Peter Hesse: Am Freitag hat vor dem Landgericht München der Berufungsprozess gegen den ehemaligen Nationalspieler Jérôme Boateng begonnen. Boateng wird vorgeworfen, seine Ex-Freundin während eines Karibik-Urlaubs ins Gesicht geschlagen zu haben und weitere schmutzige Details sind öffentlich bekannt geworden. Ehemalige Berater sprechen im Hintergrund davon, von Klubmanagern Druck bekommen zu haben, Spieler und deren Freundinnen „auf Linie zu bringen“. In einem Fall ging es darum, das Bild des Spielers in der Öffentlichkeit sauber zu halten. In einem anderen darum, die Freundin davon abzubringen, den angeblich gewalttätigen Spieler anzuzeigen – das klingt nach Methoden aus dem Mittelalter…

Tommy Junga: Da wird in nächster Zeit wohl noch einige dreckige Wäsche auf die Steine an der Isar geschlagen. Den angebotenen Deal hat der Ex-Bayernspieler ausgeschlagen, jetzt droht ein langwieriges und sehr – Zitat des Richters – „ungutes“ Verfahren. Boateng Anwälte und ihr Klient werden ihre Gründe haben. Etwas befremdlich wirkte allerdings die Boatengsche Security-Entourage, die zwischenzeitlich mit privaten Filmaufnahmen von Zeugen die Aufmerksamkeit des Wachdienstes auf sich gezogen haben soll. Wenn es am Ende für Boateng denn nur ein „blaues Auge“ wird, mit dem er davon kommt, dann wird es zumindest sicher durch eine sehr modische Brille blicken…

 

 

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