Union Berlin und der SC Freiburg führen die Tabelle an, der FC Bayern „nur“ auf Platz 3, der BVB auf Platz 5. Was nach dem sechsten Spieltag ein bisschen nach 1. April klingt ist tatsächlich zur Realität geworden. Außerdem ist Thomas Tuchel bei Chelsea rausgeflogen und Max Kruse bekommt eine deutliche medienwirksame Abmahnung. Ja, ist denn schon die fünfte Jahreszeit angebrochen? Thommy Junga und Peter Hesse probieren ein paar Ereignisse klar zu stellen – und orakeln, wer neuer Trainer in Bochum werden könnte. Bitte nur niemand aus der Bruno Labbadia- oder Jürgen Klinsmann-Schublade…
Hallo Peter! In Wolfsburg wurde medienwirksam das neongrüne Tischtuch zerschnitten. Trainer Niko Kovać hat Max Kruse öffentlich die Papiere in die Hand gedrückt, weil dieser unprofessionell sei. Wenn ich an die Eskapaden von Effenberg und Basler denke, an den sprücheklopfenden Ansgar Brinkmann oder den bockigen Bernd Schuster – da wirkt das Instagramm-Gelaber und das Bäuchlein von Max Kruse schon fast bieder. Bundesliga 2022 und Paradiesvogel verträgt sich nicht mehr so richtig, oder?
Hi Thommy! Vor ein paar Wochen haben wir Max Kruse hier an dieser Stelle noch gelobt, weil er den scharfen Polizeieinsatz bei der Partie Wolfsburg gegen Bremen mit recht klugen Worten kommentiert hatte. Die Aussortierung von Kruse ausgerechnet während eines Fernsehinterviews live zu verkünden und in der Pressekonferenz nach dem 1:0-Sieg bei Eintracht Frankfurt noch einmal zu manifestieren, das sollte wohl auch ein Signal der Stärke sein. Ich finde es eher peinlich – Typen wie Manni Burgsmüller oder Jens Lehmann sind doch so etwas wie das Salz in der Suppe der Bundesliga-Geschichte. Ich möchte zudem mit einem Zitat von dem großen Bochumer Fußballphilosophen und Teilzeit-Pferdezüchter Hermann Gerald antworten: „Die Pferde, die sich anfangs sträuben und wehren – das sind am ende die besten. So ist es auch im Fußball. Die, die eckig und kantig sind, kannst du am besten gebrauchen.“
Kaum zwei Monate ist die Saison alt, da brennt in Bochum schon richtig der Baum. Mit dem Löschen beauftragt wurde Jungbrandmeister Patrick Fabian, der nun plötzlich als neuer Sportvorstand das Sagen hat. Das Timing hätte also nicht viel ungünstiger sein können, weniger Punkte nach sechs Spieltagen geht auch nicht. Jetzt wurde wenig überraschend Heiko Butscher der Helm aufgesetzt. Wer ist denn dein Wunschfeuerwehrmann, nachdem Thomas Reis heute Vormittag entlassen wurde?
Am Samstag bei den Leipzigern habe ich noch gedacht, wie stabil und selbstbewusst die Red Bull-Mannschaft nun unter dem neuen Trainer Rose aufgetreten ist – und Dortmund mal eben gezeigt hat, wie ansehnlicher und erfolgreicher Fußball geht. In Bochum bin ich etwas sprachlos – ich glaube kaum, das ein neuer Trainer das Team zu schnellem Glanz verhelfen kann. Ich habe eher die Sorge, dass sich das Team Bochum zu einer Schießbude à la Tasmania Berlin entwickelt und sang- wie klanglos am Ende wieder in die Zweite Liga runtergereicht wird. Einen Typ aus der abgewrackten Bruno Labbadia oder Jürgen Klinsmann möchte ich in Bochum als neuen Trainer nicht sehen. ich sag mal vorsichtig den Namen Florian Kohlfeldt – aber vermutlich wird es einer, den wir gerade überhaupt nicht auf dem Zettel haben.
Friede, Freude, Eierkuchen dagegen am oberen Ende der Tabelle. Mit Union Berlin thront ein Big-City-Club der anderen Art auf Platz 1, mit dem SC Freiburg steht der gefühlt ewige Dorfklub auf Platz 2 der Bundesliga. Bevor wir uns jetzt den Spaß mit dem Begriff „Momentaufnahme“ wieder kleinknausern, aber ist das jetzt nicht der Zwergenaufstand, den wir uns alle mal gewünscht haben?
Aus der Fankurve erklangen am gestrigen Sonntag die ›Spitzenreiter, Spitzenreiter‹-Rufe, am Mittelkreis gratulierte Köln-Trainer Steffen Baumgart nach der Niederlage seinem Trainerkollegen Urs Fischer mit einem feuchten Händedruck. Union Berlin ist nach dem misslungenen Europa-League-Debüt in der Bundesliga weiter erfolgreich – das ist doch toll. Die Eisernen gewannen das Duell der bis dahin ungeschlagenen überraschend gut gestarteten Teams beim 1. FC Köln verdient mit 1:0 – und auch Christian Streich macht mit den Freiburgern derzeit alles richtig. Ich finde das erfrischend. Es ist schön, dass die Bayern mal in sechs Spielen sechs Punkte liegen lassen. Und der BVB kränkelt an den alten Problemen: Bei hoher Verletzten-Misere passt der zweite Anzug nicht, die Abwehr agiert zu ängstlich und der Sturm ist mit Modeste und Moukoko kein adäquater Haaland-Ersatz. Nichtsdestotrotz dürfen wir uns über Freiburg und Union Berlin freuen – das vermeintliche Underdogs so gut da oben mitmischen, das gab es schon länger nicht in Liga 1.
FIFA-Welttrainer und Klubweltmeister 2021 Thomas Tuchel ist nicht mehr Trainer des FC Chelsea. Der neue Klubbesitzer aus den USA hatte ja – so wurde vermeldet – Tuchel ein 4-4-3 mit 12 Spielern als neue Taktik vorgeschlagen und daraufhin dessen Mangel Flexibilität beklagt. Einer der Dutzend Blues sollte wohl Christiano Ronaldo sein, den Tuchel aber partout nicht wollte. Das ist doch alles nicht mehr normal!?
Wenn Chelsea mit 12 Spielern antreten darf, dann sollten die schwächeren Vereine in der Bundesliga das vielleicht auch tun. Ähm, lassen wir das lieber – und schieben den Juxfaktor mal beiseite. Nach dem überraschenden Aus als Trainer beim FC Chelsea hat sich Thomas Tuchel gestern Abend selbst mit einem Posting in den sozialen Medien geäußert. „Ich bin am Boden zerstört, dass meine Zeit bei Chelsea zu Ende gegangen ist“, schrieb der 49 Jahre alte deutsche Coach in englischer Sprache auf Twitter. Die gehandelten 17 Millionen britische Pfund Abfindung werden ihn sehr weich fallen lassen und wer weiß, wie es für ihn weiter geht. Sollte Nagelsmann weiter so straucheln wie derzeit, könnte an seinem Stuhl auch gesägt werden – und am Weißwurstäquator könnte ich mir einen wie Tuchel schon als Trainer vorstellen. Sicher, er ist nicht der einfachste Typ und hat in Mainz, Dortmund und Paris ein gut sichtbares Häufchen verbrannte Erde hinterlassen. Aber als Fußballfachmann hat er Klasse – und die könnte er in Bayern sicher auch einbringen. „Schaut‘ mer mal“, sagte Kaiser Franz prophetisch – und der ist ja (By the way) gestern 77 Jahre alt geworden.
Am verganenen Wochenende zeigte sich der VAR mal wieder von seiner wildesten Seite. Zupferchen wurden zu tätlichen Angriffen mit Todesfolge umgedeutet, Tore nach offensichtlichen Freistoß-Fehlentscheidungen wortwörtlich durchgewunken. Ich finde es wäre mal Zeit für Transparenz im Kölner Keller und ich hätte da gern mal die Möglichkeit im Nachhinein Mäuschen zu spielen. Das hätte vermutlich Comedypotential. Was würdest du dir als neuen Impuls wünschen?
Das die eigene Wahrnehmung nicht immer den Regeln oder der Schiedsrichter-Sicht entsprechen muss, hat der Account ›Collinas Erben‹ jahrelang auf Twitter erklärt. Dahinter verbirgt sich das Duo Alexander Feuerherdt und Klaas Reese, die sich deutschlandweit einen Ruf als Schiedsrichter-Experten erarbeitet haben – und die stets um Aufklärung bemüht sind. Doch dass die Stimmung hinsichtlich des VAR aktuell extrem gereizt ist, haben die beiden am vergangenen Spieltag erfahren müssen. Es gab offenbar viele Anfeindungen, dass sie ihren Twitter Account gestern schließen mussten. Mittlerweile ist das Twitter-Konto offline: „Wenn man dann zum 220. Mal liest, dass man inkompetent ist, ein Hurensohn, keine Ahnung hat gelöscht gehört oder dem DFB in den Arsch kriecht, dann wird es auch irgendwann mal zu viel“ – so erklärten die beiden das Ende von ihrer digitalen Zweckgemeinschaft. Ich finde das eine sehr traurige Entwicklung – und möchte die beiden von dieser Stelle herzlich grüßen.
Christian streich ist der Beste!