Alles an der Gruppe, die sich selbst die „Letzte Generation“ nennt, ist widerwärtig. Wie alle autoritären Organisationen will sie den Menschen Angst machen. Das ständige Heraufbeschwören der Apokalypse soll allen das Gefühl geben, sie müssten sich zwischen dem Leben und der Freiheit entscheiden. Dabei ist ein Leben in Unfreiheit nicht wert, gelebt zu werden. Sie wollen die Demokratie abschaffen und Bürgerräte installieren, deren Mitglieder durch ihnen genehme Experten indoktriniert werden sollen. Mit ihren Aktionen gefährden sie Leben. Ihnen ist es vollkommen egal, wenn Arbeiter stundenlang im Stau stehen, Kinder nicht in die Schule oder Kranke nicht in die Klinik kommen. Die meisten von ihnen sind nichts anderes als egozentrische und eitle Bürgerkinder, die bislang gewohnt waren, dass ihnen alle Wünsche erfüllt wurden. Nun wünschen sie sich die Abschaffung der repräsentativen Demokratie und den wirtschaftlichen Ruin von Millionen Menschen und werden umso hysterischer, je mehr sie merken, dass sie damit nicht durchkommen. Natürlich sind ihre Aktionen kriminell. In ihrer Selbstermächtigung stellen sie sich über die von Parlamenten demokratisch beschlossenen Gesetzen. Ob sie eine kriminelle Organisation sind, werden Gerichte zu entscheiden haben.
Die Razzien gegen diese aufgeblasenen Bürgerblagen werden nicht, wie Gero von Randow in der Zeit schrieb, eine ganze Generation von der Politik entfremden. In ihrer eigenen Altersgruppe sind sie nur eine Minderheit. Nach allen Umfragen ist die Jugend von heute nicht großartig anders als die Jugend von gestern. Die Kids haben ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern, wollen später Kinder bekommen und legen Wert auf einen sicheren Job. Dazu kommt, dass beispielsweise in Nordrhein-Westfalen über die Hälfte der Schüler einen Migrationshintergrund haben. Die hysterischen Ökodeutschen werden ihnen schon deshalb fremd sein, weil die meisten von ihnen um ihren Wohlstand werden kämpfen müssen. Bei den Straßenklebern ist das anders: Die können sich auf das Geld ihrer Eltern oder Spendierhosen tragende Milliardäre aus den USA verlassen.
Es kann gut sein, dass sich einige der Letzten Generation in den kommenden Monaten radikalisieren und militant werden. Warum sollte jemand der glaubt, den Weltuntergang verhindern zu müssen, davor zurückschrecken, einige wenige zu töten, um Milliarden zu retten?
Aber damit wird die Polizei fertig werden. Ein paar gehen dann in den Knast, andere werden erschossen und irgendwann geben reuige Aussteiger Interviews. „Same procedure as every year“.
Andere werden, und das ist langfristig die sogar größere Gefahr, aufsteigen. Bürgerkinder machen Karriere, das ist immer so. Aktivisten der Letzten Generation werden gut bezahlte Jobs in den Medien bekommen, bei NGOs, in Parlamente gewählt werden und in den Staatsdienst eintreten. Sie werden überall mit offenen Armen empfangen werden und ihr undemokratisches und apokalyptisches Weltbild auch auf ihren neuen Positionen weiter pflegen, Verzicht und Armut predigen und ihre Möglichkeiten nutzen, um die Atmosphäre in der Gesellschaft dauerhaft zu vergiften. Im Gegensatz zu den 68ern tritt hier eine Gruppe den Marsch durch die Institutionen an, die das zutiefst religiöse Weltbild eine Endzeitsekte hat. Statt Schluffis in Latzhosen, die auf Klassenfahrten nach der dritten Flasche Wein vom Sozialismus schwärmen, werden sie eher Bußprediger in der Tradition Savonarolas sein, der in Florenz gegen jeden Luxus kämpfte, Bücher und Bilder verbrannte und dessen größte Feinde die Lust und das gute Leben waren. Kein Grund, Trübsal zu blasen: Savonarola scheiterte. Sein 1494 begonnenes Terroeregime endete nach vier jahren. Die Menschen lassen sich das Leben nicht verbieten. Nur leider werden bis dahin viele leiden.
Die Bewegung hat ihrer Zenit schon überschritten. Sie hat es nur noch nicht begriffen.
In ziemlich weiten Teilen ihrer Grundhaltung, die z.B. auf Bürgerräte mit gesundem Volksempfinden setzt, sind die Apokalyptiker nach rechts außen anschlussfähig.
Der befürchtete Rechtsruck hat in weiten Teilen der Medien hier und beim latenten Antisemitismus bereits stattgefunden.
Gemerkt hat es von den Betroffenen nur kaum einer – wie üblich.