Die Linkspartei ist so langweilig wie ein kalter, zäher Broiler vom Vortag

Sarah Wagenknecht (Die Linke) im Bundestagswahlkampf 2021 (Foto: Roland W. Waniek)


13 Mitglieder des Landesvorstandes der notorisch erfolglosen Linkspartei in Nordrhein-Westfalen wollen am Parteitag am nächsten Wochenende nicht mehr antreten. Spaltet sich die Partei? Wirtschaftlich könnte das für einige Mitglieder Sinn machen. Zumindest für eine gewisse Zeit.

Parteien sorgen für Arbeitsplätze. Nicht immer für die Bürger die sie wählen, aber allemal für einen Teil ihrer Mitglieder. Sie bieten ihnen die Möglichkeit zum Aufstieg, das Erlangen eines lukrativen Mandats im Land- oder Bundestag, Jobs als Mitarbeiter von Abgeordneten, Fraktionsgeschäftsführer oder auch einen kleinen Zuverdienst als Rats- oder Kreistagsmitglied. Die wirtschaftlichen Aussichten sind sicher nicht der Hauptgrund der meisten Menschen, sich in einer Partei zu engagieren. Aber es wäre naiv zu glauben, sowas spielt im Kreis der sehr Engagierten, der Funktionäre und Abgeordneten gar keine Rolle. Alle Parteien sind auch wirtschaftliche Auffangbecken. Die Linkspartei macht da keine Ausnahme und bei den momentanen Spaltungstendenzen spielt auch eine Rolle, dass die wirtschaftlichen Aussichten der Partei sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert haben und etliche Protagonisten nun vor der Wahl stehen, ihr Engagement in der Partei endgültig abzuschreiben und sich einer anderen Tätigkeit zuzuwenden oder es noch einmal anderswo zu versuchen.

Die Linkspartei erhält kaum noch Proteststimmen. Die Protestwähler sind zur AfD gewechselt. Im Gegensatz zu den Grünen ist es der Linken jedoch, vom Osten einmal abgesehen, kaum gelungen sich als kompetente Partei neu zu erfinden, der man seine Stimme gibt, weil man von ihr die Umsetzung von Politik erwartet. Die Grünen haben es in den 90er Jahren in einem Reifungsprozess geschafft, sich von einer Protestpartei zu einer festen politischen Größe zu wandeln, die ernst genommen wird. Der Linkspartei ist das nicht gelungen. Gleichzeitig steht sie auch nicht mehr so in der Kritik wie die AfD. Eine Stimme für sie schockiert kaum jemanden mehr, ja, sie erzielt nicht einmal besonders viel Aufmerksamkeit. Die Linkspartei ist so langweilig wie ein kalter, zäher Broiler vom Vortag.

Das könnte sich ändern, wenn Wagenknecht eine eigene Liste gründet. Zumindest im Europaparlament, es wird 2024 neu gewählt, könnte diese Gruppierung einige Sitze gewinnen. Und der AfD ein paar Proteststimmen abnehmen. Die Hürde, um an dieser Wahl teil zu nehmen, ist niedrig: 4000 Unterschriften reichen. Das schafft fast jeder, weswegen die Wahl zum Europaparlament sich bei Splitterparteien großer Beliebtheit erfreut. Es wäre eine Perspektive auch für Abgeordnete wie Sahra Wagenknecht oder Sevim Dagdelen, deren Aussichten erneut in den Bundestag zu ziehen schlecht sind: Die Linkspartei wird sich nicht dauerhaft durch die Drei-Direktmandate-Regel ins Parlament schummeln können und auch ob sie im Landesverband NRW noch einmal einen aussichtsreichen Listenplatz erhalten werden, ist nicht sicher.

Dazu kommen dann noch ein paar Stellen in Ratsfraktionen und Gruppen in ganz Deutschland, die durch die Spaltung der Partei entstehen. Ein paar hundert Jobs könnte eine Liste-Wagenknecht ihren Mitgliedern bieten: Einige wenige, die im Europaparlament, werden gut bezahlt sein. Die meisten werden eher mies sein, aber es sind immerhin Jobs.

Im Bund oder den Ländern sähe es für eine Liste Wagenknecht es natürlich dauerhaft ebenso schlecht aus wie in den Kommunen: Um bei diesen Wahlen erfolgreich zu sein, braucht man eine solide Parteistruktur in der Fläche. Die aufzubauen wird schwierig. Die Chancen, dass eine Liste-Wagenknecht das schafft, sind gering: Schon ihr Projekt „Aufstehen“ scheiterte und Spalter spalten gerne weiter, weswegen die Linkspartei nicht alle Abgänge bedauern wird.

Wer sich gerne mit kleinen, skurrilen Parteien beschäftigt wird an der Linkspartei und in ihrem Umfeld in der kommenden Zeit vielleicht entsteht, seine Freude haben.

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Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

Ramelow macht sich Sorgen, daß die Wähler im Osten wegen der miesen Wirtschaftspolitik zur AFD abwandern. Es ist ja historisch gesehen auch erstaunlich, daß sie nicht zur Linken abwandern. Darüber hat Ramelow offenbar noch keine Erkenntnis.
Ich bin ja in keiner Partei, und ich kann mir deshalb von außerhalb Gedanken machen. Meine Analyse:
Die Partei ist nicht in der Opposition, obwohl sie auch nicht Regierungspartei ist. Irgendwo dazwischen. Dazu kommt, daß niemand ihr Programm kennt, weil diejenigen, die die Partei offiziell vertreten, für die ihre Wähler praktisch unsichtbar ist. Nur mit Äußerungen gegen Wagenknecht kommen sie in die Medien. Sonst nicht. Wenn Wagenknecht nichts sagt, ist die Linke wie in der Gruft.
Wagenknecht sagt aber etwas, und solange sie in der Linken bleibt, hat die Parteispitze ein Aufgabenfeld.
Falls Wagenknecht gehen sollte, fällt für die Linke der Sargdeckel zu.
Wagenknecht macht Oppositionspolitik, und zwar ganz knallhart. Das verschafft ihr öffentliche Aufmerksamkeit und Bawunderung bis ins konservative Lager. Sie würde lt. einer Studie sogar der CDU 4% Wählerstimmen abnehmen. Und die Linkspartei würde nach dieser Studie komplett sterben.Der AFD würde viele Wähler verloren gehen.
Heute schreibt die Welt in einem Kommentar: „Überraschung! Wähler wählen, was sie wollen“.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus241752337/Verdorbene-Debatte-Ueberraschung-Waehler-waehlen-was-sie-wollen.html

Zitat daraus „Mit der Demokratie ist es so eine Sache. Wenn Bürger selbst entscheiden dürfen, wen sie wählen, kann es unter Umständen sogar sein, dass nicht alle links oder grün wählen. So geschehen in Schweden, so geschehen in Italien.“
Das ist ein relativ neues Wählerverhalten, war aber seit einiger Zeit schon erkennbar.
Anders als bei ihrem Projekt „Aufstehen“ vor einigen Jahren könnte Wagenknecht in der jetzigen stimmung Erfolg haben. Das geht aber nur mit breiter Unterstützung der Basis. Hat sie die? Ein Freund mit Kontakt zur hiesigen Linken sagt, dass es dort untereinander Zoff wegen wagenknecht gäbe. Also sie hat Unterstützung von Teilen der Basis. Aber sie zögert noch. Wenn sie sich aber abspaltet, wird es im Bundestag laut. Das wäre neu. Ich bin neugierig.

SvG
SvG
2 Jahre zuvor

Die Nachwahl in Berlin wird eventuell das Ende für die Linke einläuten: Fällt das Direkmandat weg, war es das im BT. Einfach nur abwarten und Tee trinken…

Walter Stach
Walter Stach
2 Jahre zuvor

Ich wünsche mir, daß Wagenkencht noch sehr lange politisch aktiv bleibt; führend im politischen Spektrum „links“ von der SPD, der ich bekanntlich angehöre.

Denkbar sind dazu mehrere Szenarien mit sehr unterschiedliche Folgen für,,,,,,,,,,( für alle Parteien, insbesondere für Partei „DIE LINKE“.(

Darüber mag spekulieren wer will. Wieweit entfern das dann jeweils von den Realitäten sein dürfte, hängt auch davon ab, „was man sich dieserhalb wünscht -sh. dazu mein Wunsch-.

PS
Diese meine Auffassung zu Wagenknecht hat nicht nur zu tun mit deren wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Äußerungen angesichts „der Lage“ in Deutschland, in Europa, weltweit, sondern auch mit ihrer sehr kritischen Äußerungen zum Verhalten Deutschlands im Rußland -Ukraine-Krieg -zu seinen Ursachen nebst seinen Folgen -ua. für Deutschland- nebst Überlegungen über Bedingungen/Voraussetzungen für einen alsbaldigen Waffenstillstand -und für einen dauerhaften Frieden in …………… ( In heißt für mich in allen Regionen ,, die an Rußland grenzen . und nicht zuletzt bin ich „ehe“ bei Wagenknecht als z.B. bei Baerbock, weil eine realistischen Außen-, Verteidigungs- und Außenwirtschaftspolitik wahrgenommen und praktiziert werden sollte als Interessenspolitik und nicht als Politik moralischer Prinzipien wegen ( der sog. westlichen Werte wegen).

Zudem , davon gehe ich jedenfalls aus, tut es jedem demokratischen Gemeinwesen gut, wenn es politischen Persönlichkeiten hat , die es schaffen – unter Beachtung seiner Prinzipien und Regeln – intelligent eloquent und „wider die – vorgeblichen ?- Mehrheitsmeinung im „gesellschafspolitischen Laden“ hierzulande für Aufmerksamkeit, für Interesse und sogar für Diskussionen über sich und ihre politische Meinungen zu sorgen. Dazu zählt für mich auch Frau Wagenknecht, nicht trotz, sondern gerade deshalb, weil ich einige ihrer politischen Positionen nicht teile -z.B. zur seinerzeitigen Flüchtlingspolitik .von Frau Merkel oder bezüglich ihrer von mir grundsätihrerllich als unzureichend wahrgenommenen Gewichtung ökologoscher Probleme in ihrem politischen Denken und Reden.

Aus aktuellem Anlass:
Der in Tübingen wiedergewählte OB Palmer paßt m.E. in die Kategorie politischer Akteure wie Wagenknecht, die grundsätzlich „unsrem“ demokratischen Gemeinwesen“ gut tun .

Helmut Junge,
ich bin wie Du neugierig wie es mir Frau Wagenknecht in der Politik weitgehen wird.

discipulussenecae
discipulussenecae
2 Jahre zuvor

Wenn ich noch Broiler vom Vortag habe, schneide ich ihn mir auf eine gebutterte Scheibe Brot und garniere ihn mit Mayonnaise. Dann ist er wieder saftig und wohlschmeckend.
Aber womit man die Sahra & Co. zweckmäßig garnieren könnte, fällt mir beim besten Willen auch nicht ein …

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