Die Jahreshauptversammlungen des FC Schalke 04 sorgten in den vergangenen Jahren häufig für hitzige Debatten. Die Zukunft des Klubs wurde dort immer wieder emotional diskutiert. In diesem Jahr sorgte die Veranstaltung jedoch lediglich noch für ein paar verwunderte Augen und ein paar verlegene Schmunzler. Was ist nur aus den Gelsenkirchenern geworden?
Nach dem direkten Wiederabstieg der Schalker aus der 1. Fußball-Bundesliga war die Trauer weit über Gelsenkirchen hinaus groß. Leidenschaftliche und reisefreudige Fans hatten in den letzten Wochen der Spielzeit eine Stimmung rund um die Profimannschaft der Königsblauen produziert, wie sie einem der ‚großen‘ Klubs in diesem Lande gerecht wurde.
Vielfach war die Stimmung sogar besser als die sportliche Lage. Das lag auch an der Mannschaft, die unter Trainer Thomas Reis zu einer verschworenen Einheit wurde, die nicht hätte absteigen müssen. So landeten die Gelsenkirchener in der Rückrundentabelle sogar auf Rang acht, was in Anbetracht des extrem schwachen Saisonstarts jedoch nicht reichte. Am Ende ging Schalke gemeinsam mit Hertha BSC den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit.
Für den Ruhrgebietsverein stellt der zweite Abstieg nach 2021 eine wirtschaftliche Katastrophe dar. Die aktuellen Personalmeldungen rund um den Kader machen deutlich, dass die erste Mannschaft in Zukunft weiter an Klasse verlieren dürfte, der Wiederaufstieg in 2024 eine noch unwahrscheinlichere Herausforderung sein dürfte als der von 2022, wo es auf den letzten Metern unter Coach Mike Büskens so gerade noch zur angestrebten Rückkehr ins Fußballoberhaus langte.
Vieles deutet darauf hin, dass der sportliche und wirtschaftliche Abstand zur nationalen Spitze, wo die Schalker noch vor fünf Jahren zweifelsohne waren, als sie unter Trainer Domenico Tedesco Vizemeister wurden, stetig wächst.
Vor diesem Hintergrund verwundern Worte, wie sie auf der Jahreshauptversammlung an diesem Wochenende gefallen sind. Denn auch nach dem erneuten Abstieg aus der Bundesliga hält der Verein offenbar an sehr ambitionierten Zielen fest. Die „Top Sechs der Bundesliga“ und einen „Kaderwert von 200 Millionen Euro“ wurden hier von Sportvorstand Peter Knäbel öffentlich genannt. Illusorisch anmutende Ansprüche, die durch die aktuelle Situation nicht mehr ansatzweise unterfüttert werden können.
So sehr ein gesunder Optimismus für die Macher in einer solchen Situation grundsätzlich mit dazugehört, so sehr scheint eine solche Zielvorgabe dann doch überzogen, fast schon lächerlich zu sein. Zumindest eben in Anbetracht der aktuellen in vielen Bereichen traurigen Realität. Erst einmal muss es für den Ruhrgebietsverein doch darum gehen sich zu stabilisieren.
Wenn ein Verein innerhalb von nur fünf Jahren einen solchen Niedergang miterlebt, dann sollte er sich vielleicht etwas demütiger präsentieren, auch um das zukünftige Blamage-Potenzial erst einmal deutlich zu verringern, und um zugleich die immense Erwartungshaltung der Anhängerschaft der vergleichsweise traurigen Realität anzupassen.
Denn wie außergewöhnlich und teilweise überzogen emotional die Fans der Knappen sind, das bewies eine weitere Aktion bei dieser Hauptversammlung. So wurde von einem Anhänger berichtet, der den Gelsenkirchenern auf der Versammlung ein privates, zinsloses Darlehen zu Verfügung stellen will, damit diese einen schlagkräftigen Kader für den Wiederaufstieg zusammenstellen können.
Mitglied Norbert Hauka bot dem Bundesliga-Absteiger dem Vernehmen nach an dem Klub 50.000 Euro für 15 Monate zu leihen. Und das zinslos. Und er versuchte bei der Gelegenheit offenbar, andere Anhänger zu einem ähnlichen Schritt zu bewegen.
Daran erkennt man als Beobachter nicht nur, wie leidenschaftlich Fans auf Schalke trotz des jüngsten Niedergangs noch immer sein können und es in Extremfällen offenkundig auch sind. Andererseits zeigen solche Auswüchse einem aber eben auch sehr deutlich, wie unrealistisch, man könnte wohl auch ‚naiv‘ sagen, einige Leute auf Schalke scheinbar noch immer sind.
Für einen Privatmann mag das ja ein durchaus großzügiges Angebot sein. Für einen mit zig Millionen Euro verschuldeten Klub, sind das allerdings wohl eher ‚Peanuts‘, wie man so schön sagt. Vor dem Hintergrund der aktuell gezahlten Spielergehälter und Transfersummen, wirkt ein solches, sicherlich gut gemeintes Angebot einfach nur lächerlich und ziemlich weltfremd.
Ob dieser Fan einmal über die Monatsgehälter eines Fußball-Profis nachgedacht hat? Wie viele seiner Sorte bräuchte es demnach, bis auch nur ein einziger zusätzlicher Spieler mit Klasse den Weg nach Gelsenkirchen finden könnte? Und was passiert dann nach den 15 Monaten mit den Darlehen und dem Spieler? Irgendwann will ja auch er sein Geld wieder zurück haben… Und was wird passieren, wenn der Wiederaufstieg entgegen seiner Vorstellung nicht gelingt? Fragen über Fragen, die bei näherer Überlegung wohl nicht im Sinne dieses großzügigen Anhängers beantwortet werden können dürften. Dementsprechend bestimmt ausgerechnet diese kuriose Aktion heute dann auch landesweit die Schlagzeilen rund um den FC Schalke 04.
So gesehen hatte die Jahreshauptversammlung der Königsblauen in Gelsenkirchen dann doch auch wieder den üblichen Nachrichten- und Unterhaltungswert. Nur eben leider auf einer eher peinlichen Ebene….