Die ökologisch-soziale Rikscha

Rikscha

An diesem Wochenende feiert die GLS Bank ihr 40jähriges Jubiläum. Die anthroposophisch ausgerichtete Bank  gilt als besonders sozial und ökologisch. Und zu dem, was in diesen Kreisen so als sozial und ökologisch gilt, passt, dass die Besucher der Waldorf-Banker-Party kleine Rikscha-Touren in Bochum unternehmen konnten. Während ein paar Wohlhabende  es sich im Fonds des Strampeltaxis mit ihrem guten Gewissen gemütlich machen, müssen andere schwitzen – es ist wie bei der Energiewende, dem größten und asozialsten Umverteilungsprojekt in der Geschichte der Bundesregierung: Mieter zahlen immer höhere Stromrechnungen, Bauern und Immobilienbesitzer verdienen mit Windrädern und Solaranlagen Geld.

Ein schöner Artikel über die „Sauberbänker“ der GLS findet sich hier.

 

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Wolfgang Wendland
10 Jahre zuvor

aber immerhin sind durch die Ökosteuer die Renten sicher, so wie es 1999 versprochen wurde. 😉

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

Zum Thema „ökologisch-soziale Rikscha“ passt auch gut die Meldung, dass der Europa-Grüne Michael Cramer die Güterversorgung von Großstädten jetzt auf Lasträder umstellen will. Der EU-Abgeordnete glaubt tatsächlich, gestützt von einer Verkehrsstudie, jeden zweiten Berliner Lieferwagen durch Lastkrafträder ersetzen zu können:

https://www.bz-berlin.de/berlin/gruene-lastkraftraeder-statt-lieferwagen

Dieselben Leute, die die Belastung von im Kreis laufenden Ponys für unmenschlich und nicht artgerecht halten, haben keine Probleme damit, gewerbliche Radfahrer einer unnötigen und erniedrigenden Tätigkeit auszusetzen.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
10 Jahre zuvor

Eins der positivsten unternehmen, das ich kenne.
Ich wüsste allerdings nicht, wo man heute noch die antroposophischen wurzeln der bank erkennen kann. Ähnlich dem DM Markt. Wären beide noch antroposophisch, müsste man sonst zum schluss kommen, antroposophie wäre positiv. Damit täte man dieser wohl unrecht.. ich verbinde eher sowas wie Weleda damit.

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

Stefan, auch die Stromkonzerne verdienen mit Energie Geld. Warum dürfen das die Erzeuger alternativer Energien nicht? Niemand produziert etwas auf Dauer umsonst. Die einzige Frage ist, wieviel er daran verdient und auf wessen Kosten.

Die Umverteilung im Energiebereich gab es auf Grund der Monpolpreise der großen Energiekonzerne schon vor der Energiewende. Energie wurde immer schon auf Kosten derer produziert, die ihre Energieaufwände nicht weiter abwälzen können. Dass sich allerdings die Erzeuger alternativer Energien nicht an der Umlage beteiligen müssen, geht natürlich nicht. Aber das soll ja jetzt geändert werden.

Und was den Rikscha-Strampler betrifft: Es kommt auch da ausschließlich auf seine Bezahlung an. Grundsätzlich hat dieser Art der Fortbewegung nämlich nichts mit Ausbeutung zu tun und ohne sie wären viel asiatische Städte schon komplett im Abgas erstickt.

Ich bin übrigens Kunde der GLS-Bank, obwohl ich von der Waldorf Pädagogik und Rudolf Steiner rein gar nichts halte. Ich will nicht das mit meinem Geld an den Finanzmärkten spekuliert wird und die GLS Bank ist die einzige in Deutschland, die nicht Teil dieses Systems ist. Nenne mir eine Alternative ohne Steiner und Konsorten und ich steige da wieder aus.

Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ Nansy # 2

„Dieselben Leute, die die Belastung von im Kreis laufenden Ponys für unmenschlich und nicht artgerecht halten, haben keine Probleme damit, gewerbliche Radfahrer einer unnötigen und erniedrigenden Tätigkeit auszusetzen.“

Ich kenne eine Menge unnötiger und erniedrigender Tätigkeiten. Radfahren gehört für mich auch als Berufstätigkeit nicht dazu. Der Mensch ist genetisch für diese körperliche Bewegung gemacht und deswegen ist sie grundsätzlich eine der gesündesten, die es überhaupt gibt.

Selbst die Sportstudios sind mittlerweile weltweit voll von solchen Tretgeräten mit flexibel verstellbaren Belastung die ohne weiteres die eines Rickschahfahrers erreichen kann. Dabei werden, Training vorausgesetzt, laut gängiger ärztlicher Meinung die Gelenke – im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten -auch bei Höchstbelastung nicht maltretiert.

Klar, wenn man das zwölf Stunden und mehr ohne Pause macht und hat hinten 2 Fettsäcke sitzen, geht auch das auf die Knochen. Da wäre gesundheitsmäßig eigentlich nur tauschen angesagt. Aber mit geregelten Pausen, Gangsschaltung und Elektrounterstützung und vor allem angemessener Bezahlung ist diese Job besser als viele andere sogenannte „Knochenjobs“.

Beim heutigen Stau-Stadtverkehr muss man also kein verbiesterter Hard-Core-Ökologe sein um auf Lastenfahrräder als Transportmittel zu kommen. Sie sind für entsprechend kleine/leichte Liefereinheiten nicht nur schneller als Liefer- und Lastwagen, sie schonen auch die städtische Umwelt.

Einfach mal nach Holland fahren, nansy. Da gabs die Dinger schon bevor in Deutschland einer das Wort Stadtökologie aussprechen konnte. Überhaupt sind bei diesem Thema weniger ideologische Scheuklappen hilfreich. Der zukünftige Stadtverkehr wird nicht der alte sein und Niemand wird diesen Trend mehr aufhalten.

Und was die Notarztwagen betrifft bin ich natürlich dafür, dass die weiterhin mit Sirene und schnellem Motor fahren und nicht per Pedale angetrieben werden sollten. 🙂

Wolfgang Wendland
10 Jahre zuvor

#6
Der Mensch ist genetisch für diese körperliche Bewegung gemacht und deswegen ist sie grundsätzlich eine der gesündesten, die es überhaupt gibt.
Wirklich nur körperlich 😉

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

Um die eigene Überlegenheit gegenüber Mitmenschen zu demonstrieren, zumindest aber selbst wohltuend zu empfinden, ist die Rikscha gut, aber eine Sänfte wäre besser. Darum haben sich antike Besserverdiener auch häufig in der Sänfte tragen lassen, obwohl das Rad schon lange erfunden war. Von Ökologie hat man damals noch gar nicht gesprochen. Es ging darum, den sozialen Abstand zu den Trägern zu demonstrieren. Auch wenn wir sagen können, daß das Laufen als Fortbewegungsmethode noch viel natürlicher ist als das Radfahren, hat der Getragene darauf verzichtet. Und die Träger haben gesund gelebt.
Wenn wir es also schaffen, den sozialen Abstand zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten noch etwas weiter auszubauen, so etwa, daß es Leute gibt, die so arm sind, daß sie bereit sind, die Reicherern zu tragen, werden wir bald viel mehr Rikschas und auch Sänften auf unseren Straßen sehen. Und das Arbeitsamt kann eine neue Jobart im Servicebereich vermitteln. Damit wären einige soziale, aber auch ökologische Probleme gelöst. Ökologie pur und neue Jobs.

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

@Arnold Voss #6:

Sprechen wir mal von der ‚gewerblichen‘ Ausnutzung menschlicher Arbeitskraft und nicht von Sportstudios, in denen sich Leute freiwillig und der Gesundheit zuliebe auf Treträdern abstrampeln – die Auffassungen davon, was Ausbeutung und was Fortschritt ist, gehen zwischen Deutschland und Südostasien weit auseinander. In Asien sind handgezogene Rikschas fast alle aus dem Straßenbild verschwunden – Fahrradrikschas werden wohl auch bald nicht mehr zu sehen sein. Die Arbeit der Rikscha-Wallahs ist nach Ansicht vieler Asiaten unmenschlich und nicht mehr zeitgemäß. Ich hätte auch schon vor zwanzig Jahren keinem Europäer geraten, zum Beispiel am Flughafen Hongkong nach einem ‚Kuli‘ zu rufen. Daran läßt sich erkennen, dass Ausbeutung, Selbstausbeutung und Verlust an Menschenwürde dort anders gesehen wird, als in einer gesundheitsfixierten Wohlstandsgesellschaft.

Die Verwendung von klassischen Trikes (wie die superstabilen holländischen „Bakfiets“) als Ersatzlieferwagen ist allein schon deshalb problematisch, weil diese gemessen an der zu transportierenden Last ein Vielfaches an Verkehrsfläche verbrauchen (ein „Bakfiets“ nimmt im fließenden Verkehr kaum weniger Platz ein, als ein motorisierter Lieferwagen – ist dafür aber langsamer). Jedes zusätzliche Lastkraftrad würde den restlichen Lieferverkehrs mit Gepäck über Matratzengröße oder zur Belieferung des Einzelhandels genauso wie den normalen Verkehr mehr behindern – bis zum kompletten Stillstand. Von dem Zeitverlust bei entfernten Lieferungen und dem Sicherheitsrisiko für Fahrer und Gepäck ganz zu schweigen. Wenn ein Kleintransporter (LKW) 200 Pakete mit einer Fahrt in einzelne Haushalte transportiert, fällt dann mit Lasträdern für wenige Paket ein eigener Fahrweg an. In einer Gesellschaft der Online-Bestellungen ist das einfach absurd (DHL transportiert Millionen Pakete einzeln mit Fahrrädern?).

Ein wichtiger Aspekt wären auch die Arbeitskräfte für solche Fahrradtransporte: führt das nicht zwangsläufig dazu, noch mehr billige Arbeitskräfte zum Senken der Lohnkosten nach Deutschland zu importieren? Welche Bezahlung wird sich da entwickeln und welche Arbeitsbedingungen (wie lange? ohne Pausen?)?
Ausbeutung und Selbstausbeutung zu welchen Bedingungen? Die sowieso schon schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer von Paketdiensten multipliziert mit zig tausenden, neuen Rikscha-Wallahs?

Ich hoffen, dass dieser Trend aufgehalten werden kann – ganz unabhängig davon, welche grünen ideologischen Schnapsideen gerade mal wieder im Gespräch sind.

Frank
Frank
10 Jahre zuvor

@ #2 Nansy:

Hoffentlich setzt sich der Cramer durch. Ich wäre sehr dafür, wenn die Lieferwagen auf den Radweg verschwänden und man sie auf Landstraßen und Autobahnen überhaupt nicht mehr sehen würde. Auf dem Radweg wären dann die Mentalitäten unterwegs, die einander schon sehr lange verdienen: Aggro, Ego, Turbo.
Das gilt zumindest für Berlin.

Der Cramer war doch vor 20 Jahren mal ein ganz vernünftiger Verkehrspolitiker, oder?

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

@Frank:

Du möchtest also die Lieferwagen auf den Radwegen durch parkende Lastenräder (Länge ca. 2,20 Meter, Breite ca 90 cm bis 1 m) ersetzen? Damit wären dann die „Mentalitäten“, die einander schon sehr lange verdienen (Aggro, Ego, Turbo) auch nicht mobiler als jetzt. Überzeugendes Konzept! 😉

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

letzt sah ich irgendwo Bilder mit Menschen vor Sulkys. Das hatte aber wohl weniger mit Bewegung als mit Unter- und Überordnung zu tun. Dennoch sehe ich da einen gewissen Zusammenhang zu o.e. Rikschas. Nein, das braucht nicht wirklich wer. Fahrrad fahren tu ich auch, hauptsächlich im Wohnzimmer und lesend, weils gesund ist, wie es @ Arnold Voss richtig festgestellt hat. Aber andere gewerblich oder unterordnungsmäßig bewegend, nee. Scheiß auf die Ökologie in diesem Zusammenhang.

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ Nansy + Helmut

Tut mir Leid, aber Arbeit für andere hat immer eine Dimension von Unterordnung und, sofern zu niedrig bezahlt, auch von Ausbeutung. Da unterscheided sich der Chauffeur einer Luxuslimousine nur wenig vom Rickscha-Fahrer, denn den städtischen Abgasen ist man auch in einem Auto ausgeliefert. Die Luft dort kommt nämlich nicht von irgendwo her sondern aus dessen unmittelbarer Umgebung.

Was die Stadtlogistik betrifft, so geht es um das Ende der Lieferkette und um die Größe und Schwere des am Ende dieser Lieferkette zu transportierenden Gutes. Warum fahren fast alle Briefträger mit dem Fahrrad und nicht mit einem Lieferwagen der viel mehr Post transprotieren könnte? Weil es die stadtlogistisch effektivste Lösung ist.

Genausowenig wie es sinnvoll ist, alles bis zum Endkunden mit dem Lastwagen zu liefern, gilt das auch für Kleinlieferwagen. Das beste wäre sowieso, wenn die Bahn den meisten Lieferverkehr bis zu den jeweiligen Zielstädten übernähme und dann auf die entsprechenden Fahrzeuge umgepackt würde. Hatten wir übrigens alles schon mal, bevor in den 70gern die Grundstzentscheidung gegen die Bahn und für den lastwagenorientierten Autobahnausbau gefällt wurde.

Der Einsatz von Lastenrädern ist also eine praktische Frage und nicht einer der Ideologie. Dabei werden unter ähnlichen gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen Last- und Lieferwagenfahrer genauso ausgebeutet wie Fahrradlasttransporteure. Auf Grund des körperlichen Trainings könnte es dabei den Letzteren sogar noch relativ besser gehen.

Löst euch also bitte von den Bildern mittelalterlichen Sänftenträger und ausgelaugten asiatischen Lastenkulis jeder Art. Kuckt euch stattdessen mal eine neues high-tech Lastenrad an und probiert es aus. Ihr werdet staunen und euer Urteil revidieren. Natürlich geht damit nicht alles, aber vieles mehr als sich die meisten vorstellen können.

Was die Verkehrsdichte betrifft, sind kleine Fahreinheiten immer flexibler als große und haben bei kleinerer Beladung im Durchschnitt auch wesentliche geringere Parkzeiten. Das ist für den Gesamtverkehr am Ende ein Nullsummenspiel, wenn jeweils das optimale Verhältnis von Größe, Menge, Gewicht und Fahrzeug gefunden wird. Ist der Gesamtverkehr aber als solcher zu groß, ändert auch das nichts am Dauerstau und Parkplatznot auf und an allen Verkehrswegen.

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