Die Personalpolitik des BVB erweist sich gerade einmal wieder als ein absolutes Armutszeugnis

Nico Schulz (li.) bei seiner Vorstellung in Dortmund. Archiv-Foto: BVB

Gut zwei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel der neuen Saison beim TSV 1860 München (DFB-Pokal) rumort es beim BVB. Medienberichte über eine angebliche Degradierung von Ex-Nationalspieler Nico Schulz machen gerade die Runde.

Angeblich darf der Spieler, der einst mit großen Hoffnungen aus Hoffenheim ins Ruhgebiet geholt wurde, gar nicht mit ins Trainingslager und soll sich erst einmal bei der zweiten Mannschaft des BVB fit halten. Spekuliert wird vielerorts, ob der Verein seinen einst für viel Geld verpflichteten Angestellten damit ‚vergraulen‘ will. Das sind keine Schlagzeilen, die einem sportlich ambitionierten Klub in der nun beginnenden heißen Phase gelegen kommen können.

Doch lösen wir uns einmal etwas vom konkreten Fall, denn die Debatte erinnert alle die, die es mit dem BVB halten, an ein viel größeres Thema, für das die Borussia scheinbar noch immer keine Lösung gefunden hat.

Im Frühjahr war die Unzufriedenheit mit den Darbietungen der Schwarzgelben im Umfeld groß. Die Leistungsschwankungen des ambitionierten Kaders waren unerklärlich groß. Das kostete am Ende Trainer Marco Rose den Job. Spekuliert wurde damals über einen höchstwahrscheinlich bevorstehenden großen Umbruch des nicht funktionierenden Kaders im Sommer.

Neben dem offenbar bereits damals hinter den Kulissen beschlossenen Abgangs von Axel Witsel wurde im März auch über die angeblich bevorstehenden Trennungen von Emre Can (28; rund 8 Mio. Euro Gehalt), Thorgan Hazard (28) und Julian Brandt (25) öffentlich diskutiert. Zudem wurde die Zukunft von Routiniers wie Mats Hummels (33; 10 Mio. Euro Gehalt) und Marco Reus (32; 12 Mio. Euro Gehalt) in Dortmund von einigen in Frage gestellt. Auch der Name Nico Schulz (28; angeblich 6 Mio. Euro Gehalt) wurde damals in diesem Zusammenhang schon genannt.

Jetzt, wo der Kader für die kommende Spielzeit in die Vorbereitung geht, sind bis auf Witsel, dessen Vertrag auslief, alle ‚Altlasten‘ von Rang noch an Bord. Mit einer Ausnahme: Torwart Roman Bürki, der in der Vorsaison ohnehin meist nicht einmal einen Kaderplatz abbekam, ging in die USA.

Etliche prominente Neuverpflichtungen bereichern auf der anderen Seite den BVB-Kader. Seit Montag sind die Zugänge Sebastien Haller (Amsterdam), Niklas Süle (München), Nico Schlotterbeck (Freiburg), Karim Adeyemi (Salzburg) und Salih Özcan (Köln) zusätzlich im Kader.

Die Seite der Abgänge liest sich mit Steffen Tigges (1. FC Köln), Bürki (St. Louis), Marwin Hitz (FC Basel), Reinier (Real Madrid), Marin Pongracic (VfL Wolfsburg), Dan-Axel Zagadou (vereinslos), Witsel (Atlético Madrid), Marcel Schmelzer (Karriere-Ende) weit weniger prominent. Lediglich Top-Stürmer Erling Haaland, den der BVB gerne gehalten hätte, gehörte auf der Seite der Abgänge wirklich zum viel kritisierten Stammpersonal der so häufig enttäuschenden Mannschaft der Spielzeit 2021/22. Die Spieler, die den Dortmundern relevante Ablösesummen hätten einbringen sollen, sind weitestgehend noch da und blähen den Kader auf eine nur wenig sinnvolle Größe auf.

Teure Enttäuschungen wie eben Schulz, Manuel Akanji, Brandt, Can und Hazard werden es vermutlich allesamt sehr schwer haben in Zukunft noch zum Zuge zu kommen. Doch ‚los‘ wird der Verein sie eben auch nicht, zumindest nicht zu für alle Seiten akzeptable Bedingungen, wie die Geschichte rund um Schulz jetzt öffentlich noch einmal jedermann zeigt.

Über die Einzelfälle kann man sicherlich immer diskutieren, ja sogar streiten, doch eines machen solche Beobachtungen in dieser Menge noch einmal ganz deutlich: Die Transferpolitik des BVB in den vergangenen Jahre war längst nicht so gut, wie es mancher in Dortmund gerne glauben möchte. Kaderplaner Michael Zorc hat seinem Nachfolger Sebastian Kehl einen ziemlichen Berg an Problemfällen hinterlassen und dabei bei einigen Transfers auch massiv Geld fehlinvestiert. Hoffentlich rächt sich das in der kommenden Saison nicht noch einmal, wenn Streit und Missgunst im aktuell (noch) völlig aufgeblähten Profi-Kader um sich greifen….

 

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Werntreu Golmeran
Werntreu Golmeran
2 Jahre zuvor

Hallo Herr Patzwaldt,

sonst regen Sie sich doch immer darüber auf, dass Spieler wie Lewandowski, Aubameyang oder Dembélé Druck auf den Verein ausüben, um sich aus einem bestehenden Vertrag herauszupressen. Schulz hat noch einen Vertrag bis 2024. Wenn er derzeit nicht auf dem Stand sein sollte, dass er in der nächsten Saison sicher in der ersten Mannschaft spielt, wäre er docch eigentlich der erste, der ein Trainingslager auf höchstem Niveau nötig hätte. Aber hier geht es darum, einen Spieler, der in der Planung der Oberen derzeit keinen Platz hat, trotz Vertrages aus diesem zu drängen. Das ist wirtschafltich gedacht, völlig nachvollziehbar, aber ich habe keine Lust mehr – weder von Spieler noch von Vereinsseite – die alte Leier zu hören, wie unfair, treue- oder rücksichtslos, auf sich bezogen oder geldfixiert die eine oder andere Seite ist. Fußball ist zur allerhöchsten Gewinnmaximierung aufgepimpte Lokalfolklore mit internationalem Casting, ein Widerspruch in sich, bei der es ab einer gewissen Spielklasse zu 90 Prozent auf beiden Seite einzig allein um „Kohle“ geht.

Das ist zwar gerade hart für Nico Schulz, aber in den vergangenen Jahren hat er auch ziemlich gut verdient und kann in der zweiten Mannschaft auch beim BVB noch bis 2024 jährlich mit einen geschätzten Jahresgehalt von 8 Millionen Euro rechnen. Herr Watzke, der doch immer so ein ehrlicher Geschäftsmann ist, der auf Verträge pocht, wird das sicherlich gut finden und ohne mit der Wimper zu zucken die Schecks unterschreiben. (Oder doch nicht?)

Das sind Probleme, die eine alleinerziehende Mutter, die teilzeit bei Aldi arbeitet und daneben noch aufstocken muß, sicherlich gut nachvollziehen kann.

By the way, Julian Brandt ist derzeit Nationalspieler. Auch wenn er von vielen in Dortmund nicht gemocht wird, gehörte er in der letzten Saison spielerisch zu den besten im Team, trotz einiger eklatanter Ballverluste. Ihn als Fehlkauf zu bezeichnen, finde ich aber recht überheblich.

rwetroja
rwetroja
2 Jahre zuvor

Tja und wenn es denn nach Leistung und Alter ginge, dann müsste man Hummels und Reus auch loswerden. Reus Vertrag wird im Sommer 2023 fällig, genau wie der von Mats Hummels. Das wären 22 Millionen Gehalt gespart .

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