Aktuell hat man den Eindruck, dass Themen wie Klimawandel und Konsumverzicht im gesellschaftlichen Diskurs ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Kein Tag vergeht, ohne dass man sich mit diesen Bereichen des Lebens beschäftigen muss. Wer nur einmal ein paar Minuten durch das Internet surft, der wird zwangsläufig damit konfrontiert.
Das war auch in der hinter uns liegenden Woche nicht anders. Erst die massive Berichterstattung rund um die von ‚Fridays for Future‘ organisierten Demos im Lande. Tenor: Wer etwas auf sich hält, der engagiert sich für den Klimaschutz.
Und dann war da ja auch noch der sogenannte ‚Black Friday‘, der inzwischen immer mehr um sich greifende Shoppingwahnsinn am Tag nach ‚Thanksgiving‘, dem Tag, an dem in diesem Jahr für Millionen das Weihnachtsgeld auf dem Konto landete und damit einen kleinen Shoppingrausch ermöglichte. Viele Zeitgenossen lehnen diesen Feiertag für Geschäftsleute aus Überzeugung ab und boykottieren ihn, propagieren stattdessen Konsumverzicht und eine neue Bescheidenheit.
Ein Thema, das vor dem Hintergrund der schon länger laufenden Klimadebatte gar nicht so weit von diesem entfernt ist, belastet der Konsumrausch naturgemäß doch auch die Umwelt.
Jetzt, wo beide Aktionsschwerpunkte vom vergangenen Freitag hinter uns liegen, lässt sich allerdings feststellen, dass beide Themenbereiche in der Realität der Menschen gar nicht eine so große Rolle spielen, wie man aufgrund ihrer Größe in der gesellschaftlichen Debatte meinen könnte.
Sowohl der Protest in Sachen Klimawandel als auch der Aufruf zum Konsumverzicht und zu mehr materieller Bescheidenheit, werden vom Großteil der Gesellschaft nämlich offensichtlich schlicht ignoriert.
Die von der ‚Fridays for Future‘-Bewegung in Deutschland organisierten Proteste fanden im November längst nicht mehr den Widerhall, den der Klimastreik noch vor Wochen gefunden hat. Nicht nur bei der Veranstaltung in Datteln, wo ich zugegen war, war die Teilnehmerzahl an der Demo deutlich geringer als zuvor erwartet worden war.
Hat die medial derzeit alles dominierende Bewegung ihren Höhepunkt also bereits überschritten? Offenbar ist es für Hunderttausende deutlich einfacher sich zwar in Diskussionen im Internet und im Freundeskreis zu dem Thema zu bekennen als die Aktionen in der Praxis auch aktiv zu unterstützen, konkret etwas zu tun.
Ganz ähnlich läuft es derzeit auch in Sachen Ablehnung des Konsumrausches am ‚Black Friday‘. Zwar betonen immer und stetig sehr viele Leute, dass sie diese Maximierung des Konsums in der Vorweihnachtszeit strikt ablehnen, doch wird in der Praxis dann in Summe doch anders gehandelt.
So berichteten mir DHL-Mitarbeiter am Samstag, dass der Kundenansturm am ‚Black Friday‘ den Branchenriesen Amazon offenkundig deutlich über die Grenzen des dort Machbaren befördert hat, dass alleine einem Zusteller hier am Ort rund 50 vorangekündigte Pakete, die eigentlich zur Zustellung am Samstag vorgesehen waren, von Amazon nicht entsprechend frühzeitig angeliefert werden konnten, da die Kapazitäten schlicht nicht mehr vorhanden waren.
Auch Pakete, die am Wochenanfang zugestellt werden sollten, wurden terminlich bereits nach hinten geschoben, wie ich aus dem eigenen Familienkreis weiß. Überlastung!
Offenkundig konnte von einem spürbaren Konsumverzicht an diesem Tag gar nicht die Rede sein, haben die Kunden die Logistik bei Amazon, wo zusätzlich auch noch Streiks der Mitarbeiter zu verzeichnen waren, am konsumstärksten Tag des Jahres einmal mehr bis zur Überlastung getrieben. Von anderen Anbietern hört und liest man ähnliches.
Gute Geschäfte im Onlinehandel und in den Innenstädten, trotz immer zahlreicher werdenden Aufrufe zur Trendumkehr. Deutlich weniger Teilnehmer an den Klimademos als allgemein erwartet. Trotz gegenteiligem Gerede in der Öffentlichkeit.
Man sieht, es ist deutlich schwieriger die Gesellschaft in diesem Lande nachhaltig zu verändern als das von vielen Zeitgenossen in ihrer Naivität gewünscht und auch erwartet wird.
Ich frage mich, ob man hier nicht noch mal zwischen medialer und gesellschaftlicher Debatte unterscheiden muss. In meinem persönlichen Umfeld – das wahrlich nicht besonders konservativ ist -, spricht niemand von "Flugscham", Konsumverzicht oder Elektromobilität. Stattdessen fährt man SUV und schimpft über Diesel-Fahrverbote. Und natürlich wird auf den Black Friday hin gefiebert. Jedes Jahr intensiver. Er ist bei mir auf der Arbeit wie im privaten Umfeld fast in aller Munde. Jeder hat dann zu erzählen, was gerade bestellt wurde. Ich bin da keine Ausnahme.
Ganz anders die mediale Wirklichkeit. Unser aller Haussender, der kirschgrüne WDR, überbietet sich selber dabei, eine Revolution herbeizuphantasieren. Man scheint "Schutzsuchende" als letzten "Gutfetisch" schon wieder wie die heiße Kartoffel fallen gelassen zu haben, nun ist Greta toll.
Auf WDR 2 werden derzeit Familien, die eine Woche klimafreundlich leben müssen (und zum Beispiel nur 5 Minuten duschen, kein Fleisch essen und aufs Auto verzichten), auf Nordseeinseln zum autofreien Klimaurlaub geschickt. Und als ich vor einiger Zeit die Lokalzeit aus Dortmund einschaltete, war ich mir nicht sicher, ob ich nicht doch den YouTube-Kanal der Grünen erwischt hatte: Dort sprach dann Greta als heilige, mit Hall-Effekt und dramatisch-trauriger Musik untermalt und die sichtlich euphorisierte Reporterin im FFF-Camp wünschte den dortigen Aktivisten… …Padon, Aktivist*innen "viiiiel Erfolg". Man gibt sich noch nicht mal die Mühe, neutrale Distanz wenigstens vorzutäuschen (geschweige denn zu versuchen).
Die Differenz zwischen medialer Darstellung und gesellschaftlicher Praxis scheint doch recht groß zu sein.
Immer schwierig, wenn jemand für sich in Anspruch nimmt, über "die Realität" zu schreiben. Tatsächlich ist es wohl so, dass die gesellschaftliche Verdrängung wunderbar funktioniert (man nehme nur den Begriff "Klimahysterie", der zwar dem ein oder anderen aus der Seele sprechen mag, aber durch wissenschaftliche Fakten dummerweise nicht gedeckt ist).
Wenn es dem Autor drum ging, darauf hinzuweisen, dass die Klimaproteste sehr vielen Menschn in unserem Land am Ar… vorbeigehen, dann hat er damit sicher recht. Eine Diskrepanz zwischen medialer Abbildung und gesellschaftlicher Wirkung zu attestieren, ist sicherlich ebenfalls korrekt. Aber was folgt daraus? Dass die Menschen, die trotdem auf die Straße gehen "hysterisch" sind? Das ist doch wohl Blödsinn. Und das es im Kern um "Hippness" geht? Naja, da fallen mir doch andere Dinge ein, als auf der Straße frierend rumzustehen.
Fazit: Die Überschrift soll wohl systemkritische Distanz zum "medialen Mainstream" belegen, sozusagen das mediale Widerstandskämpfer-Profil schärfen. Inhaltlich ist es trotzdem Blödsinn.
Der Artikel selbst bietet demgegenüber eine (leider) recht treffende Beschreibung der Situation.
Ich habe den Artikel als Kritik an der Klimahysterie der Medien verstanden. Ranga Yogeshwar hat in dem Zusammenhang auch schon von "Erregungsbewirtschaftung" gesprochen. Auch der Klimabericht des BMU liefert feuchte Wärme für diesen um sich selbst drehenden Wirbelsturm veröffentlichter Meinung in der Filterblase.
Wir stehen vor großen Herausforderungen und als Problemlöser dient sich eine im Kreis hüpfende Kindergartengruppe an. Das macht mir echte Sorgen. Nicht nur weil so keine Umweltprobleme geregelt werden können, sondern weil die Schmuddelkinder am anderen Ende des Spektrums wegen dieser Selbstverzwergung zunehmend auf Augenhöhe ihr Ringelreihn tanzen.
Ich kann auch nicht erkennen, dass das wichtigste politische Thema "Klima" in der Lebensrealität ankommt. Dafür verhalten sich alle zu klimafeindlich.
Wenn mal wieder offensichtlich finanziell gut ausgestattete Menschen im Urlaub über Konsumverzicht und Ungerechtigkeit klagen, verweise ich gerne darauf, warum sie denn so viel Geld für den Urlaub zahlen, eine extrem teure Kamera besitzen und auch die Handys aktuell sind.
Wie oft gehen Klimafreunde an den Kneipen vorbei, die mal wieder Außenluft erhitzen und fragen die Nutzer aus den In-Vierteln warum sie so handeln, während sie doch immer vom ökologisch korrekten Leben erzählen.
…
Klimadiskussionen sind für viele Gruppen ein Weg, sich in den Vordergrund zu spielen. Es kommt zu Aktionen, die im Regelfall nicht dem Klima helfen.
Schade. Es ist deshalb wichtig, dass solche Aktionen entlarvt werden.
Ökostrom ist da für mich auch so ein Thema.