40 Jahre nach der islamischen Revolution ist der Iran noch immer der Terrorstaat Nummer 1 auf der Welt. Ein Gespräch mit Arye Shalicar.
Ruhrbarone: Vor 40 Jahren fand die islamische Revolution im Iran statt. Welche Auswirkungen hat bis in die Gegenwart?
Arye Shalicar: Mit ihr begann der eigentliche, heutige Nahostkonflikt zu eskalieren und das ist der Krieg zwischen Sunniten und Schiiten. Auch die Radikalisierung der islamischen Welt wurde durch sie beschleunigt. Die islamische Revolution ist der Grund für die Instabilität der gesamten Region. Heute stehen sich Sunniten und Schiiten auf Augenhöhe gegenüber – das hat es in der Geschichte des Islams noch nie gegeben. Beide Seiten haben zahlreiche Terrorgruppen hervorgebracht, die sie unterstützen. Bei den Schiiten sind es zum Beispiel die Al-Quds-Brigaden und die Hisbollah. Auf Seiten der Sunniten kämpfen Al-Qaida und der Islamische Staat.
Ruhrbarone: Und nach wie vor ist das Ziel des Irans die Vernichtung Israels.
Shalicar: Noch gestern hat Brigadegeneral Hossein Salam noch einmal betont, das Ziel des Irans sei die Vernichtung Israels. Aber nicht nur Israel ist im Visier des Irans. Die Revolutionsgarden heißen nicht aus Zufall islamische und nicht iranische Revolutionsgarden. Der Terror des Irans beschränkt sich nicht auf Israel, Ziel ist die Vorherrschaft in der gesamten islamischen Welt und auch Europa ist nicht sicher. Im vergangenen Jahr konnten mehrere Anschläge der Iraner in Europa verhindert werden. Wie viele geplant waren, weiß niemand. Die Revolutionsgarden sind heute die mächtigste Terrororganisation der Welt. Hinter ihnen steht mit dem Iran ein ganzer Staat mit all seinem Geld und seinem Einfluss.
Ruhrbarone: Aber Israel steht im Fokus des iranischen Militärs.
Shalicar: Israel ist das Hauptziel und der Iran arbeitet daran, uns von vier Fronten aus anzugreifen: Die Hisbollah steht im Libanon bereit und besitzt über 100.000 Raketen. Erst vor kurzem gelang es der israelischen Armee, sechs Tunnel zu zerstören, über die Terroristen nach Israel eingeschleust werden sollten. In Syrien sind es vor allem die Al-Quds-Brigaden, die aus Legionären aus Ländern wie Afghanistan, Pakistan und dem Irak, die jeden Befehl aus Teheran ausführen, die uns bedrohen. Auch im Irak haben mit dem Iran verbündete Milizen an Bedeutung gewonnen. Israel liegt in der Reichweite ihrer Raketen. Und in Gaza stehen mit Hamas und dem islamischer Dschihad in Palästina, der eng mit dem Iran und dem Assad-Regime verbunden ist, zwei Terrororganisationen mehr oder weniger Gewehr bei Fuß.
Ruhrbarone: Israel droht also eine Vier-Fronten-Krieg.
Shalicar: Wir tun alles, um ihn zu verhindern. In den vergangenen Jahren haben wir erfolgreich den Aufbau von iranischen Militärstrukturen in Syrien bekämpft. Die Hamas hat zur Zeit kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem ihr weit überlegenen israelischen Militär und die Hisbollah hat trotz der Unterstützung durch den Iran Probleme: Immer mehr arabische Staaten sehen sie als Terrorgruppe, die Finanzierung ist schwieriger geworden. Der Hisbollah fehlt es an Geld.
Ruhrbarone: Deutschland setzt im Umgang mit dem Iran nach wie vor auf eine Politik des Verständnisses und der Verständigung.
Shalicar: Ich halte die Politik der Bundesregierung für sehr problematisch und das nicht nur wegen der Vergangenheit Deutschlands, sondern auch wegen seiner Zukunft: Deutschland sollte nicht gemeinsame Sache mit einem Terrorstaat machen und nicht mit Politikern kuscheln, die Homosexuelle aufhängen, Frauen ins Gefängnis werfen, weil sie ihre Haare nicht vollkommen bedecken und jede Opposition brutal unterdrücken. Die Bundesregierung glaubt, man kann den Iran durch eine ausgestreckte Hand besänftigen – und das, obwohl das Regime ja in den vergangenen 40 Jahren ganz offen gezeigt hat, was seine Ziele sind: Die Ausbreitung eines fundamentalistischen Islams, die Vernichtung Israels und der Kampf gegen den Westen. Man hat doch am Beispiel Nordkorea gesehen was geschieht, wenn man ein solches Regime einfach machen lässt: Nordkorea ist heute eine Atommacht.
Ruhrbarone: Konnte das Atomabkommen denn die Atombombenpläne des Irans stoppen?
Shalicar: Alle Anlagen, die der Iran zum Bau der Atombombe braucht, sind noch da. Er hat das ganze System auf „Hold“ gestellt. Wird es streng kotrolliert, hält das Regime sich zurück. Lässt der Druck nach, wird weiter an der Bombe gearbeitet. Wer glaubt, das Thema sei beendet, irrt sich. Der Iran ist nach wie vor eine große Gefahr: Für Israel, den Nahen Osten, Europa und somit auch für Deutschland.
Arye Shalicar ist ein deutsch-iranisch-israelischer Politologe, ehemaliger Sprecher der IDF, Abteilungsleiter im Büro des israelischen Premierministers und Autor von “Der neu-deutsche Antisemit. Gehören Juden heute zu Deutschland?”