Die Taschenspieler aus Ostwestfalen

screenshot: youtube/rodeostartv
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Ostersonntag lief im WDR „Ehrlich – die größte Zaubershow des Jahres“. Die zwei Brüder Andreas und Chris Ehrlich, die aus dem westfälischen Bünde stammen, werden vom WDR als „die neuen Copperfields aus Deutschland“ vorgestellt. Doch was sie ablieferten, reicht nicht mal für den Kneipentisch.

Sie sind die „Magier des Jahres 2004“. Es sind große Fußstapfen in die die Ehrlich Brüder damit treten: Neben dem erwähnten David Copperfield wurde die Auszeichnung schon an Szene-Größen wie Siegfried und Roy vergeben. Meine Eindrücke der „größten Zaubershow des Jahres“ sollen im Folgenden dargelegt werde – ich versuche, nett zu bleiben.

Bei ausufernden Materialschlachten lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Sie sind in der Regel ein Indikator für mangelnde Substanz einer Darbietung. Oder anders: Je mehr Drumherum ein Künstler braucht, um das Publikum bei Laune zu halten, desto dürftiger fällt seine Eigenleistung aus.

Sagen wir es mal so: Die Ehrlich-Brüder, die sich stets gegenseitig anhimmeln wie ein Liebespaar, haben ganz schön viel „Drumherum“. Ständig explodiert irgendwas, tonnenweise Pyrotechnik wird verbrannt, sinnlose Dampfmaschinen rattern im Hintergrund. Urplötzlich stehen Stripperinnen im Lederdress auf der Bühne, einer der Brüder rauscht an einem brennenden Seil über die Köpfe der Zuschauer hinweg. Einfach so.

Ein paar Pflichtbewusste klatschen

Die eigentlichen Zaubertricks sind allenfalls Taschenspielerei für Einsteiger. Ein 50-Euroschein wird in einen Fünfer verwandelt; Eine falsche Hand steckt im Ärmel: Wow (Gähn). Und auch bei den aufwendigeren Sachen, da wird heißes Wasser in einen Eisblock verwandelt, stellt sich so etwas wie Staunen nicht wirklich ein. Kein Wunder, wenn die Kamera im entscheidenden Moment weg vom Geschehen, rauf auf die Brüste der Tänzerinnen fährt. Jede Möglichkeit des Nachprüfens wird hier unmöglich gemacht.

Auch die Publikumsreaktion spricht Bände. Kaum einer lacht, nicht mal nach Aufforderung will echter Applaus aufkommen. Das wirkt umso peinlicher, wenn die Dramaturgie auf einen Höhepunkt zusteuert, dramatische Musik ertönt, die Ehrlich-Brüder „Tadaa!“ rufen wollen, die Kamera in die Totale geht und – bis auf ein paar Pflichtbewusste, einfach kein Mensch klatscht.

Uri Geller und Metropolis

Eingebettet sind die Darbietungen in dümmliche Dialoge. Das ist überhaupt mit das Schlimmste an der Show: die ständigen Kalauer. Frauen haben kalte Füße, haha, deinen Fünfziger behalt‘ ich jetzt, hoho, und so weiter und sofort. Dazu kommt eine unfreiwillig komische Bühnen-Performance. Die beschwörerischen Dialoge haben sich Andreas und Chris Ehrlich offenbar bei Uri Geller abgeguckt. Und wenn etwa eine Schiene verbogen werden soll, wirkt die gespielte Anstrengung derart überzeichnet, dass man sich an den Film „Metropolis“ erinnert fühlt. Ok, der Film ist gut – aber eben auch schon fast 100 Jahre alt. Ganz ehrlich: Mich haben Leute mit Tricks am Kneipentisch mehr fasziniert.

An sich ist nichts gegen ein paar mäßig talentierte Taschenspieler aus Ostwestfalen, die noch zu Hause wohnen, einzuwenden. Doch wenn in der Presse Parallelen zu David Copperfield gezogen werden, und ein „Magischer Zirkel von Deutschland e.V. „ sie „Magier des Jahres“ nennt, dann muss die Frage erlaubt sein, ob da etwas dran ist. Nachdem man zu dem Ergebnis „klares Nein“ gekommen ist, muss man des weiteren in Richtung WDR fragen, wieviel Gebührengeld sie in die äußerlich bombastische Show gesteckt haben.

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