Die Transfer-Union

Die EU als Transfer-Union – das ist für die Bundesregierung in etwa das, was dem Teufel das Weihwasser der katholischen Kirche ist: etwas, das man um jeden Preis meiden will. Die Bundeskanzlerin dürfte in diesem Punkt eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen in Deutschland hinter sich haben. Und auch die bundesdeutschen Leit-Medien stützen sie in der öffentlichen Debatte über dieses Thema. Unser Gastautor Jürgen Klute ist Mitglied des Europaparlaments und Mitglied der Linkspartei. 

Die EU als Transfer-Union – das ist für die Bundesregierung in etwa das, was dem Teufel das Weihwasser der katholischen Kirche ist: etwas, das man um jeden Preis meiden will. Die Bundeskanzlerin dürfte in diesem Punkt eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen in Deutschland hinter sich haben. Und auch die bundesdeutschen Leit-Medien stützen sie in der öffentlichen Debatte über dieses Thema.

Auf den ersten Blick sieht es zweifelsohne so aus, als müsse Deutschland enorme Summen für die Rettung der krisengeschüttelten südeuropäischen Euroländer aufbringen. Die Summen, die für die Rettungspakete für Griechenland aufgebracht werden mussten, erscheinen als zweifelsfreier Beleg dafür.

Doch ein zweiter, genauerer Blick, ein Blick hinter die Kulissen, ergibt ein differenzierteres Bild.

Ein zweiter Blick zeigt: Es gibt längst eine Transfer-Union. Aber nicht – wie die Bundesregierung glauben machen will – von den reicheren, hochwettbewerbsfähigen nordeuropäischen Euro-Ländern in die krisengeschüttelten, wettbewerbsschwächeren Euro-Länder Südeuropas. Ganz im Gegenteil. Vor allem Deutschland profitiert in einem erheblichem Umfang von der Krise im Süden der EU.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat das Anfang dieses Jahres mit konkreten Zahlen unterlegt („Vom Glück der billigen Schulden“). Demnach betrugen die Zinsen in den Krisenjahren 2009 bis 2011 für  zweijährige deutsche Staatsanleihen durchschnittlich 1,11 Prozent und für zehnjährige durchschnittlich 2,91 Prozent. In den acht Jahren davor lagen die durchschnittlichen Zinsen dagegen bei 3,42 Prozent bzw. 4,27 Prozent. Laut der Berechnungen des IW Köln hat die Bundesrepublik aufgrund der günstigeren Zinssätze infolge der so genannten Euro-Krise rund 45 Milliarden (!) weniger Zinsen zahlen müssen.

Ein beachtlicher Gewinn, neben dem die rund 400 Millionen Euro Zinsgewinne, die die Bundesrepublik dem griechischen Steuerzahler direkt abgenommen hat, schon fast marginal erscheinen. Auf diesen Zinsgewinn hat letztlich der ehemalige griechische Finanzminister Evangelos Venizelos in der Financial Times Deutschland hingewiesen (FTD vom 06 .04. 2012). Die Erklärung dafür einfach: Die Bundesrepublik stellt der griechischen Regierung einen höheren Zinsbetrag in Rechnung, als sie für ihren Anteil an den griechischen Rettungspaketen auf dem Finanzmarkt zahlen muss.

Im Blick auf Griechenland gibt es noch eine zweite Besonderheit. Marc Chandler, der frühere „chief currency strategist for HSBC Bank USA“ und derzeitige „global head of currency strategy“ schrieb kürzlich in einem Artikel für das us-amerikanische online Business-Magazin „business insider“ über die Rüstungsausgaben Griechenlands („It is Really about Political Economy in Greece„). Chandler verweist in diesem Artikel darauf, dass die griechischen Rüstungsausgaben ca. 4 Prozent des griechischen BIP betragen, während der Durchschnitt der Rüstungsausgaben der Euroländer bei nur 1,7 Prozent liegt. Auf den Zeitraum der letzten zehn Jahre bezogen bedeutet dieser Unterschied Mehrausgaben Griechenlands für Rüstung in Höhe von rund 150 Milliarden Euro gegenüber dem Durchschnitt der Euroländer. Das ist ein halbes BIP Griechenlands und ein paar Euro mehr, als das letzte Rettungspaket für Griechenland beinhaltet hat. Chandler verweist weiterhin darauf, dass Griechenland – auf Druck der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF – zuletzt seine Sozialausgaben um 1,8 Milliarden Euro gekürzt hat. Gleichzeitig hat Griechenland seinen Rüstungsetat um 900 Millionen Euro aufgestockt. Wie Chandler anmerkt, gehörte Griechenland in den letzten Jahren zu den wichtigsten Rüstungskunden der Bundesrepublik und Frankreichs.

Kaum jemand – auch nicht von griechischer Seite – bestreitet ernsthaft, dass es in Griechenland erhebliche Reformbedarfe gibt. Aber ebenso unbestreitbar ist, dass eine Aufstockung des Rüstungsetats schlicht gar nichts zu den nötigen Reformen in Griechenland beiträgt. Wohl aber aber dient diese Aufstockung, die letztlich aus dem Rettungspaket mitfinanziert wird, der Absatzsicherung deutscher und französischer Rüstungsfirmen – und der dortigen Arbeitsplätze. Auch dies ist ein Aspekt der Transfer-Union von Süd- nach Nordeuropa.

Schließlich hat es im Zuge der Euro-Krise enorme Liquiditätsabflüsse aus den südeuropäischen Krisenländern und auch aus Irland vor allem nach Deutschland gegeben. Zum einen haben vermögende Privatleute nach sichereren Anlagemöglichkeiten als in ihren Herkunftsländern gesucht. Zum anderen haben Renten- und Lebensversicherungsgesellschaften auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben infolge der schlechten Ratings ihre Investitionen in Anleihen aus diesen Ländern abstoßen müssen.

Da die Bundesrepublik eine der letzten sicheren Anlagemöglichkeiten im Euroraum bietet, konzentrieren sich die Anlagen privater wie institutioneller Investoren seit geraumer Zeit auf Deutschland. Das ist, wie das IW Köln darlegt, die Ursache für die niedrigen Zinsen, die die Bundesrepublik derzeit für ihre Schulden zahlt.

Eigentlich doch eine gute Sache, wenn die Bundesrepublik derzeit kaum etwas für ihre Schulden zahlen muss. Könnte man denken. Hätte die Bundesrepublik nicht die vom IW Köln errechneten Zinseinsparungen von rund 45 Milliarden Euro und hätte die Bundesrepublik bisher nicht rund 400 Millionen Euro an den griechischen Rettungspaketen verdient, dann hätten wir sicher eine weitaus schärfere Debatte um Kürzungen der öffentlichen Haushalte als wir sie derzeit haben. Und im hochverschuldeten NRW sähe die Lage dann noch dramatischer aus.

Doch längerfristig können die derzeitigen Zinsvorteile der Bundesrepublik auch Problemverursacher werden. Denn den Zinsvorteilen der Regierung stehen Renditeeinbußen der Anleger gegenüber.

Nun kann man sagen, Millionäre und Milliardäre werden es schon verkraften, wenn sie für ein paar Jahre niedrigere Zinssätze für ihre Geldanlagen hinnehmen müssen. Ein gewisses Risiko gehört schließlich zum Geschäft.

Damit trifft man aber nur die eine Seite der Medaille. Denn vermögende Privatpersonen, also die besagten Millionäre und Milliardäre, stellen nur einen Teil der Anleger dar.

Einen anderen Teil bilden vor allem die Renten- und Lebensversicherungen. Das heißt, es geht auch um die Altersvorsorge. Wie immer man es politisch wertet, ein erheblicher Teil der Altersvorsorge ist heute abhängig von den Finanzmärkten: die so genannten Riester-Renten, betriebliche Rentenversicherungen, die Zusatzversicherungen im öffentlichen Dienst und bei den Kirchen, die oft als Lebensversicherungen organisierte Altersvorsorge von Freiberuflern und kleinen Selbständigen. Bei einer kapitalbasierten Altersvorsorge können sich längerfristige Phasen niedriger Zinsen auf Staatsanleihen, die ein wichtiges Anlagesegment für die Versicherungsgesellschaften darstellen, auch auf die Rentenhöhe auswirken. Das sollte man im Auge behalten.

Nimmt man sich also die Zeit für einen etwas genaueren Blick auf die Krise, dann muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass es längst eine Transfer-Union gibt – allerdings eine völlig intransparente und in die gegenteilige Richtung laufend, als die Bundesregierung glauben machen will. Eine solche intransparente Transfer-Union entzieht sich einer öffentlichen Debatte und Steuerung, schürt alte, überholt geglaubte Ressentiments.

Diese Art von Transfer-Union verursacht noch ein anderes Problem: sie gefährdet die EU als ganze. Denn auch diesem Wege zerlegt sich die Europäische Union mit ihrem Binnenmarkt selbst wieder in ihre Einzelteile. Auf Betreiben einiger Mitgliedsländer tritt die EU den Finanzmärkten nicht als politische und ökonomische Einheit entgegen, sondern liefert Mitgliedsstaat für Mitgliedsstaat den Finanzmärkten aus. Dabei gibt es kurzfristig Verlierer und Gewinner, langfristig möglicherweise aber nur Verlierer – jedenfalls in der EU. Der Idee eines einheitlichen Wirtschaftsraumes steht diese Entwicklung diametral entgegen.  Und so verspielen die EU-Mitgliedsstaaten eine große Chance, der EU eine neue Legitimität für jüngere Bürgerinnen und Bürgern zu verleihen.  Die Chance und die Legitimität der EU läge gerade darin, der konzentrierten Macht der Finanzmärkten abgestimmt und als Einheit gegenüber zu treten und ihnen die nötigen Grenzen zu ziehen. Denn das können die Mitgliedsstaaten – von wenigen Ausnahmen abgesehen – aus eigener Kraft nicht.

Der konservative aus Frankreich kommende Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier hat Recht wenn er – wie kürzlich im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments – sagt, er glaube nicht an die Selbstregulierungskräfte der Märkte und die Deregulierung habe großen Schaden angerichtet und viel Geld gekostet, wie die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise und der Euro-Krise zeigen. Für Barnier liegt es in der Verantwortung der Politik, den Finanzmärkten Grenzen zu ziehen.

Folgt man dieser Einschätzung des konservativen EU-Binnenmarktkommissars Barnier, dann müssen an die Stelle der intransparenten Selbstregulierungskräfte der Märkte offene politische Aushandlungsprozesse treten. Im Blick auf die derzeit praktizierte und erst bei genauerem Hinschauen wahrnehmbare Transfer-Union von den kriselnden Euro-Ländern hin zu den ökonomisch stabileren und politisch mächtigeren Euro-Ländern hieße das dann, dass sie durch eine offen politisch ausgehandelte Ausgleichs-Union, die die Geburtsfehler des Euroraumes behebt, ersetzt werden sollte. Andernfalls dürfte die EU wohl nicht aus ihrer Krise, die mittlerweile weit mehr als eine Euro-Krise ist, herausfinden. Dann könnte das Projekt der EU als ganzes an den Klippen der Finanzmärkten Schiffbruch erleiden.

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Tortist
Tortist
12 Jahre zuvor

Sehr gute Analyse des europäischen Finanzdilemmas.

Beim lesen fühlte ich mich an meine Studentenzeit an der RUB erinnert.
Morgens auf der Unibrücke gab es von der Marxistischen Hochschulgruppe immer ein engbeschriebenes Flugblatt mit Analysen zur politischen Weltlage.

Denn Analyseteil fand ich eigentlich immer brilliant, was danach kam war …naja.

Auch dem Autor hier, kann man für seine Analyse nur gratulieren.

Die Lösung ist dann der angeblich demokratische Sozialismus….naja.

Nobbi
Nobbi
12 Jahre zuvor

Ich sehe keine Chance für die jetzige Zusammenstellung der EU.

Aber ein starkes Nordeuropa mit eigener Währung – das hätte was!

allemachtdendrähten
allemachtdendrähten
12 Jahre zuvor

Wenn Jesus diesem in die Wolle gefärbten Betonkommunisten begegnet, dann ist die Hölle wenn es sie gibt, sein ewiger Aufenthalt.

Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@Allemnachdenräten: Klute ist alles, aber kein Betonkommunist. Das ist Unsinn.

allemachtdendrähten
allemachtdendrähten
12 Jahre zuvor

Na ja vieleicht ist Betonkommunist noch etwas untertrieben, ich jedenfalls habe ihn als Vertreter der reinen Lehre von Marx und Lenin kennengelernt. Mag ja sein das er da wo es nutzt sich moderat gibt, ich und etliche ehemalige kennen ihn so wie beschrieben.

trackback

[…] Die Transfer-Union Die EU als Transfer-Union – das ist für die Bundesregierung in etwa das, was dem Teufel das Weihwasser der katholischen Kirche ist: etwas, das man um jeden Preis meiden will. Die Bundeskanzlerin dürfte in diesem Punkt eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen in Deutschland hinter sich haben. Und auch die bundesdeutschen Leit-Medien stützen sie in der öffentlichen Debatte über dieses Thema. Ein zweiter Blick zeigt: Es gibt längst eine Transfer-Union. Aber nicht – wie die Bundesregierung glauben machen will – von den reicheren, hochwettbewerbsfähigen nordeuropäischen Euro-Ländern in die krisengeschüttelten, wettbewerbsschwächeren Euro-Länder Südeuropas. Ganz im Gegenteil. Vor allem Deutschland profitiert in einem erheblichem Umfang von der Krise im Süden der EU. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat das Anfang dieses Jahres mit konkreten Zahlen unterlegt (“Vom Glück der billigen Schulden”). Demnach betrugen die Zinsen in den Krisenjahren 2009 bis 2011 für zweijährige deutsche Staatsanleihen durchschnittlich 1,11 Prozent und für zehnjährige durchschnittlich 2,91 Prozent. In den acht Jahren davor lagen die durchschnittlichen Zinsen dagegen bei 3,42 Prozent bzw. 4,27 Prozent. Laut der Berechnungen des IW Köln hat die Bundesrepublik aufgrund der günstigeren Zinssätze infolge der so genannten Euro-Krise rund 45 Milliarden (!) weniger Zinsen zahlen müssen… Schließlich hat es im Zuge der Euro-Krise enorme Liquiditätsabflüsse aus den südeuropäischen Krisenländern und auch aus Irland vor allem nach Deutschland gegeben. Zum einen haben vermögende Privatleute nach sichereren Anlagemöglichkeiten als in ihren Herkunftsländern gesucht. Zum anderen haben Renten- und Lebensversicherungsgesellschaften auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben infolge der schlechten Ratings ihre Investitionen in Anleihen aus diesen Ländern abstoßen müssen. Quelle: Ruhrbarone […]

K.S.
K.S.
12 Jahre zuvor

Ich verstehe nicht, wie man einen Autor, egal ob von links oder rechts, der eine gute Analyse geschrieben hat, ein Betonkommunist sein soll.

Kann es vielleicht eher sein, dass Sie den Kommunismus, der, wie die Welt ihn kennengelernt hat, ein total verquaster und verdrehter Kommunismus war, und die eigentlichen Ideen noch gar nicht realisiert worden sind, Sie gar nicht kennen?

Ist eine gute, faire Verteilung der Vermögen und des Handelns nicht sinnvoller für die Lebensgemeinschaften und Völker, als maßlose Überproduktion, Monokulturen, Ausbeutung der Menschen mit Zerstörung der Umwelt und dem Ziel der Einheitsmenschen, wie der falsche Kommunismus und Sozialismus es anstrebten und auch der Turbokapitalismus und Neoliberalismus sowie Konservativismus es jetzt tun ?

Alles, was jetzt seit Jahren in Europa geschieht, haben doch nicht Kommunisten und Sozialisten getan, sondern angeblich solide christliche Regierungen. Wo sind diese eigentlich politisch zu orten ?

Sobald Menschen und ihre Leistungen von einigen Wenigen – die der kapitalistisch-neoliberalen-neokonservativen politischen Richtung angehören – in allen Bereichen normiert werden wie: Gesundheit, Kinder, Schule, Universität, Abeitsplatz, Gurken, Tomaten etc. ist die politische Richtung genauso faul,verdorben und ausbeuterisch,wie der bisher zustande gekommene Kommunismus, den Sie mit Recht ablehnen.
Ich tue das auch, sehe aber inzwischen keinen großen Unterschied mehr zwischen dem, was sich kommunistisch(nach dem Krieg) oder konservativ-neoliberal-christlich nennt.
Menschenverächter und Ausbeuter auf beiden Seiten.

kalu maier
9 Jahre zuvor

jürgen klute hat was wichtiges vergessen: brd spart zwar menge zinsen, aber sparer werden so langsam enteignet(auch menge riester-rentner,lebensversicherer.schon vergessen: in spanien und griechenland war lange superkonjunktur-auf pump(menge neue autos ,spanien landschaft mit neuen häusern vollgepackt-iimmobilienblase-von den geld wurde aber keine leistungsfähige wirtschaft aufgebaut,im gegenteil:vor euro-einführung sagten eine reihe professoren kömmende euro-übel voraus,z.B. das industrie in schwachen ländern abbaut,instarken l.ändern zulegt.zunächst war aber erst mal lange zeit superkonjunktur,und so schien es erstmal,als ob die warnungen der professoren falsch waren. außerdem: weil da so viel brd geld gen süden floß,wurde sehr wenig in brd investiert jetzt oprofitieren exprtfirmen,süden zahlt oft mit schulden,die später uneinbringlich werden

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Kommunist ist genauso wenig ein Argument, wie Christ, Liberaler, Konservativer usw. Die Analyse von Jürgen Klute erscheint mir richtig und die Frage ist, wieso man eine solche nur hier lesen kann? Wieso im Fernsehen solche Argumente systematisch unter den Tisch fallen? Wieso die meisten Deutschen immer noch nicht wissen, dass bislang kein einziger deutscher Euro nach Griechenland geflossen ist, da die Griechen nachwievor ihre Zinsen bezahlen? Ja, dass die sogenannten Hilfsprogramme für Griechenland Kredite sind, und keine Schenkungen?

Ich habe hier schon zu Anfang der Griechenlandkrise geschrieben, dass man ohne einen Schuldenschnitt entweder die privaten Banken oder Griechenland retten kann, aber nicht beide. Die EU-Kommission hat sich, angeleitet von der deutschen Regierung, entschieden, Erstes zu tun. Die Kredite an Griechenland dienten bislang deswegen hauptsächlich dazu, die privaten Gläubiger Griechenlands aus den Folgen eines Grexit zu entlassen.

Seit dem dies erreicht ist, sprich fast nur noch die europäischen Steuerzahler die Folgen eines Grexit oder einen Schuldenschnitt zu bezahlen haben, werden an weitere Kredite für Griechenland weitaus schärfere Bedingungen gestellt und zugleich härter auf ihre Einhaltung gepocht. Die neue linke Regierung, die das natürlich nicht akzeptieren kann, wird dafür – mit wenigen Ausnahmen – umso mehr von den deutschen Medien diffamiert und von einem der Korruption überführten deutschen Finanzminister als unsolide und unprofessionell klassifiziert.

Helmut Junge
Helmut Junge
9 Jahre zuvor

Arnold (9), sehe ich ähnlich. Das was Klute schreibt, ist deshalb schon deshalb nicht so einfach zu widerlegen, weil niemand aus den Nachrichten, die Griechenland betreffen, schlau werden kann. Es geht in den Medien eigentlich nur darum, wer wen nicht mag. Komplizierte finanzwirtschaftliche Zusammenhänge werden feuilletonistisch auf persönliche Animositäten reduziert.
Ob die Analylse von Klute gut ist, also ausreicht, die situation zu erklären, weiß ich nicht, denn um einen vergleichbaren Text zu finden, müßte ich lange suchen. Die mehrmals täglich über den Bildschirm flatternden "Nachrichten" zu Griechenlands Schuldenfrage dagegen, sind das Hinhören nicht wert.
@allemachtdendrähten, sind Alle die nicht mit Ihnen zusammen aus der Linkspartei rausgegangen sind, gleich Betonkommunisten?
Der Artikel ist es doch, um den es hier geht. Ich kenne Jürgen Klute nicht persönlich, aber würde ich ihn kennen und ihn ebenso wie Sie, für einen Betonkommunisten halten, wäre es doch immer noch sein Text, der hier wichtig ist. Klute ist also ein Mitglied der Linkspartei, der Texte verfaßt, die mir etwas sagen.
Daß es das gibt, freut mich. Das kommt ja hier in NRW nicht häufig vor.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Ich denke, daß alle Detaillösungen, die angedachten, die praktizierten, die sich auf die Finanzprobleme im Euro-Raum im allgemeinen und auf Griechenland im besonderen beziehen, deshalb fragwürdig sind und fragwürdig bleiben, vor allem aus Sicht derjenigen, die nicht den konservatie-liberalen Parteien nahestehen,, die ich überspitzt und verallgemeinernd neo-liberalistich, neo kapitalisch nenne, solange es der EU und dem Weltwährungsfond primär darum zu gehen scheint, bei allem, was finanzpolitisch auf den Weg gebracht oder ebern nciht auf den Weg gebracht wird, den Bankrott großer Banken und gravierende Geldverluste der weltweit agierenden Hedge-Fonds zu vermeiden.

Es ist nicht das primäre Ziel der EU-Politik , z.B. über die vom Gastautor mit für mich überzeugenden Arguementen begründete "optimierte" Transfer-Union, in allen Mitgliedstaaten Lebensverhältnisse zu ermöglich, die gewährleisen, so zu einem tatsächlichen Mitainder der Europäern zu kommen (in den Vereinigten Staaten von Europa?), vergleichbar mit dem tatsächlichen Mitenander der Menschen in Deutschland, die in Bremen und Bayern, die in Mecklembürg-Vorpommern und Baden-W. zu Hause sind und die keineswegs wegen der "deutschen Tranferunion" "gleichgemadht" wurden, die weiterhin mit ihren Unterschiedlcihkeiten leben, leben wollen und dabei partielle materielle Ungleichheiten hnnnehmen, aber eben nicht eine gewollte, systemimmante Diskriminierung der Menschen in großen Teilen der Gemeinschaft der Deutschen.

Meine Kritik am Gastautor lautet folglich zusammengefaßt:

Er läßt die dominierenden, die welt- und europaweit das politsche Wollen bestimmenden Interessen der großen Banken, der großen Hedge-Fonds außer acht bzw. er scheint diese zu unterschätzen.

(Und mit dieser Feststellung wären wir hier bei den Ruhrbarone wieder einmal bei der schon mehrfach aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit in Demokratien der Wille des Volkes immer dann an seine Grenzen stößt, wenn er deutschland-, europa-,weltweit nicht den Finanzinteressen einiger weniger Großbanken, einiger weniger Hedge-Fonds entspricht.)

Wenn diese ihre Interessen in einer vom Gastautor skizzierten Transfernunion bzw. auf dem Wege dahin nciht gefährdet sehen würden, könnte es gelingen, die vom Gastautor gewünschte, skizzierte "opimierte" Tranfer-Union hnzubekomen. Solange das nicht der Fall ist, wird die europäische Finanzpolitik im Euro-Raum weiterhin aus "Flickschustereien" bestehen, auf ad hoc Entscheidungen bauen, die z.B. in Deuschland von der Politik und den Medien verkauft werden als "alternativlos" im deutschen (!) Interesse.

fpgrehler
fpgrehler
9 Jahre zuvor

Die Ausführungen dürften kaum als ernsthafte Basis für eine Diskussion dienen.

Nicht nur, weil der Autor in gehabter Weise die negativen Konsequenzen der Euro- bzw. Griechenlandkrise ausblendet, nämlich eine fast völlige Enteignung der deutschen Sparer und Anleger – deren Verluste dürften die Zinsgewinne von Bund, Ländern und Kommunen um ein vielfaches überschreiten.

Nein, er "vergisst" – oder verschweigt vielmehr bewusst – dass Deutschland als größter Kapitalexporteur der Welt Kapital ins Ausland, v.a. eben auch die Krisenstaaten transferiert, und das seit Jahrzehnten. So belaufen sich alleine die Transfers via EU-Haushalt für Deutschland auf ca. 200 Milliarden € für den Zeitraum zwischen 1990 und 2010. Eine Summe, mit der man – das Beispiel ist bewusst skurril gewählt – 2 mal das Apollo-Mondlandeprogramm der NASA auflegen, mithin also 12 mal deutsche Astronauten auf dem Mond landen lassen könnte. Stattdessen heißt es aber hierzulande immer nur "kein Geld da".

Es gibt also einen massiven Wohlstandstransfer aus Deutschland heraus in andere Länder. Der Vorschlag, diese Transfers um eine zusätzliche "Transferunion" zu ergänzen, wäre für dieses Land fatal.
Aber vielleicht ist es ja genau das Ziel des Urhebers: dieses Land zu ruinieren. Es wäre ja nicht der erste Versuch von linksaußen…

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