An vielen Hochschulen gab es bereits Ärger mit islamischen Fundamentalisten. Die Uni-Duisburg Essen hat den muslimischen Gebetsraum geschlossen und durch einen Raum der Stille für alle ersetzt. In Dortmund wurde ein solcher Raum der Stille geschlossen, weil Muslime versucht haben, ihn ihm Geschlechtertrennung durchzusetzen. Und wiederum in Essen kam es zu einem Konflikt über die Ausstellung einer Graphic Novel. Eine muslimische Studentin hatte aus wohl antiisraelischer Motivation ein Plakat gestört.
Nachdem es auch an der Universität Hamburg zu ähnlichen Konflikten kam, hat die Hochschulleitung nun einen“ Verhaltenskodex zur Religionsausübung an der Universität Hamburg“ veröffentlicht. Bemerkenswert ist, dass die Hochschule sich von allen Religionen distanziert und als säkulare Institution beschreibt. Sie setzt die Maßstäbe von Wissenschaft und Aufklärung in ihren Räumlichkeiten über die religiösen Befindlichkeiten:
Die Universität ist eine Einrichtung der Forschung, Lehre und Bildung. Sie ist eine säkulare, auf Pluralität in weltanschaulichen Fragen verpflichtete Institution, die den Methoden und Standards wissenschaftlicher Forschung und Lehre verpflichtet ist. Die Freiheit in Forschung und Lehre beinhaltet auch die Freiheit vonwissenschaftsfremden Einflüssen auf ihre Methoden, sachlichen Standards und Personalentscheidungen. Auch die Präsentation religiöser Inhalte muss daher wissenschaftliche Standards erfüllen. Die Ablehnung wissenschaftlicher Inhalte, Methoden und Personen aus rein religiösen bzw. konfessionellen Gründen genügt diesen Anforderungen nicht und ist im Zweifelsfalle als eine Form religiös motivierter Diskriminierung anzusehen.
Die Uni wendet sich gegen religiöse Indoktrination in ihren Räumen, setzt das Recht nicht religiös zu sein mit dem gleich, einen Glauben zu praktizieren, und macht klar, das Wissenschaft an einer Hochschule im Zweifelsfall über Religion steht:
Der wissenschaftliche Auftrag der Universität ist zu respektieren. Die Ausübung religiöser Freiheit endet dort, wo dieser beeinträchtigt oder gefährdet ist.
Wie soll eine Hochschule reagieren, wenn sie zum Schauplatz religiöser Auseinandersetzungen wird? Die Universität Hamburg hat es vorgemacht: In dem sie Wissenschaft vor Glauben stellt.
Guter Entschluss -sapere aude first! Ich hoffe, das hat auch Konsequenzen für Gender-Sekten, die wissenschaftliche Methoden ablehnen. Das gesparte Geld für die Lehrstühle könnte echte Wissenschaftsarbeit ermöglichen.
Alle Universitäten haben seit Anbeginn Räume der Stille, sie heißen „Bibliotheken“ und das ist gut so. Mehr ist nicht erforderlich.
Fraglich ist, ob es nötig sei, dass Universitäten Theolgie-Fakultäten beherbergen, in denen Priester, Pastoren oder Imame ausgebildet werden. Darüber kann man aus Staatsräson unterschiedlicher Ansicht sein.
Unbestritten ist, dass die Universitäten über Religionswissenschaft forschen lehren sollten, denn das ist ein sozialwissenschaftliches Fach, das die Wirkung von Religion auf die Gesellschaft untersucht.
Ich bin selber sehr gläubig und meine Religion sagt klar:
Die Naturwissenschaften sagen das wie und die Religion das warum. Beides ergänzt sich optimal.
Deshalb ist es für mich unverständlich das es in Universitäten zu religiösen Konflikten kommen kann. Der Schritt der Hamburger Uni ist absolut richtig.
PS: ich bin Christ
Kein gutes Zeichen, dass eine solch begrüßenswerte Erklärung überhaupt nötig ist.
Wenn mir in den 70er/80er erzählt worden wäre, dass Unis in Deutschland sich mit Geschlechtertrennung in Räumen beschäftigen, hätte ich ihn ausgelacht.
Von den Studenten/Fachschaften höre ich eher weniger zu dem Thema.
…wenn man das als selbstbewußtes Statement stehen lassen könnte. Aber Kommentatoren wie #1 zeigen ja, dass so etwas direkt als Mittel gegen andere Meinungen prostituiert wird. Die AfDisierung der Debattenkultur eben.
Die Universität ist genauso säkular wie es der Staat ist. Ein Armutszeugnis für eine akademische Einrichtung, wenn man vorher nicht genau abklopft was man da erzählt.
Es gibt explizit christliche Studentenvereinigungen, die sich auch aktiv in die Arbeit der Universitäten einbringen. Es gibt an vielen Universtitäten Begrüßungsgottesdienste für Erstsemester. Widerspricht das nicht der säkularen Haltung? Die theologischen Seminare mancher Universitäten arbeiten eng mit Bistümern zusammen. Ist das keine Einflußnahme durch religiöse Gruppen?
Halten wir doch mal fest: Die Einrichtung von Gebetsräumen war kein Problem. Und die Gebetsräume wurden nicht geschlossen, weil dort religiöse Handlungen vorgenommen wurden. Die Probleme sind aufgekommen, weil extremistische Kleingruppen diese Einrichtungen mißbraucht haben.
Die Schließung von religiösen Angeboten an Universitäten ist KEIN Zeichen von Selbstbewußtsein und Säkularität. Sie ist die Kapitulation vor einigen religiösen Hooligans.
Gut wäre es gewesen, die Elemente, welche die Probleme verursacht haben, zu entfernen. Und wenn es strafrechtlich relevante Vorfälle gegeben hat, diese Elemente auch zu exmatrikulieren. Dann hätte man auch 'ne Menge neue Namen für die Islamisten-Registratur. 😉
Eine grundsätzliche Entscheidung der Uni Hamburg, von der ich früher nicht gedacht hätte, daß sie erforderlich werden könnte.
@wäre ja schön: Mein Kommentar gründet auf dem Ergebnis der Disputation Alice Schwarzer versus Judith Butler/ Sabine Hark auf Zeit online diesen Sommers. Ich hab zum ersten Mal seit Jahren wieder die "Emma" am Kiosk gekauft. Die Entmythologisierung der Gender-Studies ist aufklärerische Pflicht.
Die Einstufung als Sekte nahmen die Soziologen Brigitte Berger und Peter Berger vor und wiesen bereits Mitte der 80er auf die unwissenschaftlichen Grundaxiome dieser Glaubensgemeinschaft hin. Brigitte Bergers Familie hatte im Widerstand gegen deutsche Nazis viele Opfer gebracht. Wurde dann von der Sowjetischen Besatzungsmacht deportiert. Deshalb ihre Skepsis gegen jede totalitäre Bewegung, ähnlich wie bei Hannah Arendt, die auch Distanz zum US-amerikanischen Feminismus wahrte. Denkverbote, Vorurteile und Tabuisierung (Weinstein-Skandal) sind es, die erheblich zum Spielraum für den rechten Narrensaum beitragen. Nach meiner Beobachtung.
Deutschland ist kein säkularer Staat. Gut das wenigstens einige Hochschulen sich als säkular verstehen wollen.
Universitäten waren und sind kulturelle Räume weit über allein wissenschaftliche Betrachtungen hinaus. Die religiösen Konflikte der letzten Jahrhunderte wurden dort in ihren Zuspitzungen von den Diesseitsreligionen Nationalismus, Sozialismus und Rassismus geprägt. Mit dem Islam tritt wieder ein Akteur klassischer religiöser Prägung auf die Bühne, eine Präsenz die wir in Deutschland in dieser Form im Gefolge des 30 jährigen Krieges hinter uns gelassen haben.
Die Betonung der Säkularität speist sich aus einem Missverständnis der eigenen Kulturgeschichte. Eine Herausstellung der weltanschaulichen Neutralität und der Verpflichtung zu ergebnisoffenem Gedankenaustausch auf Basis der allgemeinen Menschenrechte wäre zeitgemäßer gewesen.
Der Glaube eines jeden einzelnen Individuum setzt zuerst den Respekt dem Anderen gegenüber voraus.
Doch Glaube und Religion (gleich welche) haben immer unterschiedliche Ansätze. Der Glaube ist etwas höchst persönliches! Die Religion ist sehr oft nur die Vervielfachung einzelner
Glaubens- und Denkansätze, sie soll Gemeinschaft, Mitleid (Mitgefühl ?) bieten, und doch spielt die Machtfrage dabei eine große Rolle. Den Anderen zu etwas bekehren bzw. missionieren ist eine weit verbreite Praxis von Religion und Macht, zumindest in den letzten zweitausend Jahren. Die Kehrseite von Macht ist allerdings immer die Unterdrückung des Anderen und somit respektlos.
Die Grundlage einer humanistischen Universität sollte Respekt, Toleranz für friedliches Miteinander sein. Doch ist die Lehre heute nicht schon zu einem Wirtschaftsfaktor degradiert worden und hat sich seit der Gründung der ersten europäischen Universitäten Parma, Salerno, Bologna und Paris die Ethik und der Humanismus weiter entwickeln können, um sich aus der Macht der Religion zu lösen.
Das ist also das Ergebnis von 300 Jahren Aufklärung: Nicht die genialen Entwürfe individuellen Intellekts bestimmen die Diskussion über die Zukunft unserer Gesellschaft, sondern die mit Religion durchsetzte kollektive Primitivität patriarchalisch-repressiver und misogyner Vorstellungen aus dem Mittelalter.
@Ines C., seh ich auch so. Aber man muß unterscheiden zwischen denen, die diktieren, was in den Seminaren diktiert werden und denen, die auf dem "Pausenhof" diktieren wollen.
Beides ist schlimm, und ich habe den Verdacht, daß es einen Zusammenhang zwischen diesen scheinbar unterschiedlichen diktatorischen Religionsformen gibt. Die Uni Hamburg müßte jetzt noch einen weiteren Schritt gehen, nämlich dem wissenschaftlichen Denken in den Seminarräumen zur Hilfe eilen und die Butleristen rausschmeißen.
@Helmut Junge. Ja, die Zusammenhangsthese ist interessant.
Ich bin zuversichtlich, dass das wird gerade in Hamburg. Das Licht der Aufklärung gewann ja immer phasenweise an Helligkeit, wenn ich das richtig erinnere.