Die Verfolgung von Verbrechern aus der Nazizeit kommt an ihr Ende

Dieses Foto wurde bei einem toten deutschen Offizier gefunden, der in Russland gefallen war. Es zeigt ein deutsches Erschießungskommando, das sowjetisch-ukrainische Juden in den Rücken schießt, während diese neben ihrem eigenen Massengrab sitzen – aufgenommen 1942 in Babyn Jar, Kiew. Foto: AP Lizenz: Gemeinfrei

80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges nähert sich die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen ihrem Abschluss. Thomas Will, Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen, erklärte im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ): „Wir finden immer noch Verdächtige. Aber richtig ist: Wir fahren auf Sicht, wir sind im Schlussbereich der NS-Verfolgung angekommen.“ Realistisch betrachtet blieben seiner Behörde nur noch wenige Jahre, um mutmaßliche Täter zu ermitteln, da diese inzwischen rund 100 Jahre alt sein müssten. Aktuell führe die Behörde aus Ludwigsburg allerdings keine konkreten Vorermittlungsverfahren durch, so Will.

Dies könne sich aber jederzeit schnell ändern, betonte der Oberstaatsanwalt weiter. „Das Deutsche Reich und die besetzten Länder waren durchzogen von einem Netz an Konzentrationslagern. Überall dort waren mögliche Täter oder Gehilfen im Einsatz, alleine in Auschwitz viele Tausende.“ Zu jedem dieser Lager verfüge die Zentrale Stelle über Datensätze zu Personen, die bislang nicht ausfindig gemacht wurden. „Sollten wir sie noch finden, dann sind wir jedenfalls theoretisch, wenn auch in dieser Höhe unwahrscheinlich, schnell bei dutzenden von weiteren Verfahren“, sagte Will.

Die Zentrale Stelle führt Vorermittlungen durch und übergibt die Ergebnisse anschließend den zuständigen Staatsanwaltschaften in den jeweiligen Bundesländern. Derzeit, so berichtet die NOZ, gibt es deutschlandweit nur eine offene Anklage: Einem hochbetagten Mann wird Beihilfe zum Mord in 3322 Fällen im Konzentrationslager Sachsenhausen vorgeworfen. Nachdem das Landgericht Hanau den Senior aufgrund eines Gutachtens zunächst für nicht verhandlungsfähig erklärt hatte, forderte das Oberlandesgericht Frankfurt eine erneute Überprüfung. Diese Untersuchungen dauern aktuell noch an, eine kurzfristige Entscheidung sei nicht zu erwarten, so ein Sprecher der Justiz gegenüber der NOZ.

In einem anderen Verfahren gegen einen ehemaligen Wachmann eines Strafgefangenenlagers in Berlin wird es definitiv zu keinem Prozess mehr kommen. Der Beschuldigte starb Ende des vergangenen Jahres, wie die Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegenüber der NOZ bestätigte. Dem Mann war Beihilfe zum Mord in 809 Fällen vorgeworfen worden, das Verfahren wurde nach seinem Tod eingestellt.

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