Nach einem noch relativ „normal“ verlaufenen ersten Halbjahr 2022 sind die Konjunktur-Prognosen der Ruhr-Industrie für das zweite Halbjahr branchenübergreifend stark eingebrochen. Das ist das Kernergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen in Bochum unter 425 Mitgliedern mit fast 100.000 Beschäftigten.
„Für das erste Halbjahr erreichen uns bei den meisten Konjunkturparametern noch Positivmeldungen zwischen 60 und 76 Prozent, das heißt wir lagen am unteren Rand einer ‚Normalkonjunktur‘“, stellt Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände, in der Rückschau fest.
„Bei den Konjunkturprognosen für das zweiter Halbjahr 2022 sehen wir indes im Vorjahresvergleich einen regelrechten Absturz zwischen relativ ‚milden‘ 6 Prozentpunkten bei den Investitionsplanungen Inland und über 30 Prozentpunkten bei Auftragsprognosen und Geschäftserwartungen. Bei Umsatz- und Ertragsprognosen liegt der Rückgang bei jeweils über 26 Prozentpunkten“, so Erlhöfer weiter. Gründe seien unter anderem die andauernden bzw. sich sogar verschärfenden Lieferketten- und Logistikprobleme, die aktuell stark gestiegenen Kosten für Energie- und Rohstoffe und die zunehmenden Befürchtungen in Bezug auf mögliche Einschränkungen bei der Gasversorgung.
„Eine Reihe von Unternehmen versuchen zur Zeit, auf andere Energieträger umzustellen oder möglichst schon jetzt Energie einzusparen“, erklärt Erlhöfer. „Das gelingt naturgemäß nicht auf breiter Front und auch nicht sofort und kann überdies die Probleme allenfalls mildern helfen“, ist sich Erlhöfer sicher.
Kritisch sieht der Hauptgeschäftsführer die bisher geltende gesetzliche Verteilungsrangfolge im Falle eines echten Gasnotstands im Herbst/Winter dieses Jahres. „Es ist volkswirtschaftlich nicht logisch, wenn etwa zuerst die Industrie einem Versorgungsengpass durch fehlende Zuteilungen ausgesetzt wäre. Angesichts der engen Vernetzung von Vorprodukte-Lieferanten und Weiterverarbeitern würde dadurch die gesamte Wertschöpfungskette zum Erliegen kommen – mit unabsehbaren wirtschaftlichen und sozialen Folgen“, prophezeit Erlhöfer. Es sei deshalb zu begrüßen, dass der Bundeswirtschaftsminister diese Rangfolge bereits infrage stelle.