Inzwischen sind vier Tage seit der verpassten Meisterschaft des BVB am Ende der Saison 2022/23 vergangen. Wirklich besser geht es mir bei dem Gedanken an das Geschehen vom vergangenen Samstag aber noch immer nicht.
Nachdem die Borussia es verpasst hatte den FSV Mainz 05 in der heimischen Arena zu besiegen, am Ende nur 2:2 spielte, während der FC Bayern München zeitgleich gegen den 1. FC Köln auswärts mit 2:1 gewann und dadurch seine elfte (!!!) Meisterschaft in direkter Folge einfuhr, ist mir der Spaß am Fußball weitestgehend vergangen. Und ich fürchte, das wird auch erst einmal so bleiben.
BVB-Fan bin ich, wenn ich den Überlieferungen der Verwandtschaft glauben darf, seit 1977. Damals war die Borussia gerade erst wieder in die 1. Liga aufgestiegen. In den ersten Jahren im Gefolge der schwarzgelben Kicker erlebte ich viel sportlichen Durchschnitt und jede Menge Mittelmaß. Man war stets froh, wenn die Borussen nicht abstiegen, ein Heimspiel, das man besucht hatte, nicht mit einer Niederlage endete.
Das erste Highlight meiner Zeit als leidenschaftlicher Anhänger des Klubs war der Sieg im DFB-Pokal 1989. Als Außenseiter bezwang der BVB den SV Werder Bremen mit 4:1. Der erste selbst miterlebte Titelgewinn meines Lieblingsteams zu meinen Lebzeiten war gesichert. Man, was habe ich damals mit meinen Kumpels in Berlin gefeiert. Ich erinnere mich noch heutzutage sehr lebhaft und gerne daran.
Es folgte die große Ära unter Trainer Ottmar Hitzfeld, die mit den Meisterschaften 1995 und 1996, sowie dem Erfolg in der Champions League 1997 gekrönt wurde. Aus der ‚grauen Maus‘ von einst war ein echtes Spitzenteam geworden. Bei den Meisterschaften war ich damals als Dauerkarteninhaber im Westfalenstadion stets vor Ort auf der Südtribüne mit dabei. Auch etliche Auswärtsfahrten habe ich mit meinen Freunden von damals mitgemacht. Doch es gab auf dem Weg auch etliche Misserfolge zu verarbeiten. 1992 zum Beispiel wurde den Dortmundern die mögliche Meisterschaft wenige Minuten vor dem Ende noch durch ein Last-Minute-Tor des VfB Stuttgart in Leverkusen entrissen. Ich war mit den Schwarzgelben im Duisburger Wedau-Stadion und war trotz des 1:0-Sieges nach Spielende unendlich traurig.
Der Meisterschaft von 2002 folgte der finanzielle Niedergang des Klubs, gefolgt von der unglaublichen Erfolgs-Ära unter Trainer Jürgen Klopp. Auch damals lief längst nicht alles rund. Das verlorene Champions League Endspiel von 2013, als die Bayern in London kurz vor Schluss den Siegtreffer zum 2:1 erzielten ist mir zum Beispiel ebenfalls noch gut in Erinnerung. Auch im DFB-Pokal galt es seinerzeit bittere Finalniederlagen zu verarbeiten.
All diese miterlebten Höhen und Tiefen gehören im Rückblick zu meiner persönlichen Geschichte als Fan dieses Klubs, der meine Geburtsstadt so abwechslungsreich und häufig gut vertrat. Ich war in all den Jahren, auch nach Rückschlägen und Pleiten, fast immer stolz auf die Mannschaften und ihre Protagonisten. Der BVB war und ist halt ‚mein Team‘.
Wie ich mit dem Niederschlag vom vergangenen Samstag umgehen soll, das weiß ich hingegen auch Tage danach noch nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich bin mir sicher, dass dieser Tag auf lange Zeit nicht nur ebenfalls fest in meinem Gedächtnis eingebrannt bleiben wird, ich bin davon überzeugt, dass ich ihn, was den Fußball betrifft, wohl niemals wirklich werde vollends überwinden können.
Was den verpassten Titel 2023 so einmalig macht, das ist nicht nur die ellenlange, und für einen Dortmunder meiner Generation nur schwer zu ertragende Erfolgsserie der Bayern in den Jahren zuvor, das ist in erster Linie die Tatsache, dass die Borussia die Bayern diesmal schon gar nicht mehr zu fürchten brauchte, als es in den letzten Spieltag ging.
Die Schwarzgelben hatten alles in der eigenen Hand, brauchten den Ligaprimus von der Isar durch eine glückliche Fügung nicht mehr fürchten. Die Münchener hätten Köln mit 25:0 vom Platz fegen können, und hätten doch aus der Ferne machtlos zusehen müssen, wie Marco Reus und Kollegen in Dortmund feiernd durch die Stadt ziehen. Wenn der BVB denn selber seine Hausaufgaben erledigt hätte.
Es ist bekanntlich anders gekommen. Und das aufgrund eigener Unzulänglichkeiten. Das hatte ich in all den Jahren seit 1977 in dieser Deutlichkeit noch nicht miterleben müssen. Das war gefühlt eine ganz andere Kategorie von Scheitern. Das war schlicht eigene ‚Blödheit‘. Und das auch noch, nachdem die Saison zuvor schon mit so vielen Ausrutschern gepflastert war, die als Warnsignale hätten dienen können, ja müssen.
Auch wenn es sich hier bekanntlich ‚nur‘ um Profisport, sprich Unterhaltung und eine gehörige Portion ‚Geschäft‘, handelt, dieses Erlebnis werde ich wohl Zeit meines Lebens nie wirklich überwinden können. Und ich bin mir sicher, dass es Millionen von BVB-Anhängern ganz ähnlich geht…