Entgleisungen von Diether Dehm kennt man zur Genüge. Vor der Wahl zum Bundespräsidenten 2010 verglich er die Entscheidung zwischen Wulff und Gauck mit jener zwischen Hitler und Stalin; die Zeit-Journalistin Elisabeth Niejahr fragte er im Vier-Augen-Gespräch, was der Unterschied zwischen Onanie und Geschlechtsverkehr sei. Richtig: Er ist ein Querfrontler, ein vulgärer, eitler, in sich selbst verliebter Mensch – und einer, der gerne dick aufträgt.
Außenminister Heiko Maas nannte er Anfang April 2018 einen „gut gestylten NATO-Strichjungen“ und den Tagesspiegel-Redakteur Matthias Meisner, der seit 1999 über die PDS und Die Linke berichtete, titulierte er als „Schreibagenten“ von der „BND-Tankstelle“. Neben dieser Fettnäpfchen-Treterei hat Dehm noch ein paar Fußnoten in der Entertainment-Branche breit getreten.
Denn als Songschreiber dichtete der gebürtige Frankfurter für Künstler wie Heinz Rudolf Kunze, Zupfgeigenhansel oder Ute Lemper. Sein größter Hit war die für Klaus Lage geschriebene Taxifahrer-Hymne ››1000 und 1 Nacht‹‹, wo es nach Tausend und einer Nacht ganz plötzlich ››Zoom‹‹ macht. Diese wortgewaltige Geschwurbel-Litanei hat nun einen neuen Tiefpunkt gefunden. Und zwar mit diesem Lied, welches Dehm zusammen mit dem aus Niedersachsen stammenden Politiker Lars Leopold (Die Linke) zur Corona-Krise aufgenommen hat.
Achtung: es wird fürchterlich!
Hat der Typ nicht auch mal für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert? Ach ne, das war ja der Frank Rennicke, der andere Liedermacher.
Es bräuchte eine Bundesprüfstelle, die darüber entscheidet, ab wann man Kulturjournalisten wie Dir, Peter, eine Erschwerniszulage schuldet. 5:22 Dehm = 1 Jahresmiete, das wäre so die Relation.
Musikgeschmack: nun ja, der eine mag es so, der andere so. Ich so. – Jedweder Diskreditierung von Herrn Dehm gilt es jedoch energisch entgegen zu treten ! Diether Dehm weist eine außerordentlich interessante Vita auf, die von mancherlei Krisen, Sinnbrüchen, aber offenkundig auch enormen Lernfortschritten geprägt ist. So möge man bitte einmal bedenken, dass Dehm in jüngeren Jahren aktiv – und offenkundig auch effektiv – für das MfS gearbeitet hat. Die Versuche seiner eigenen Auseinandersetzung mit diesem Teil seiner Biographie offenbaren komplexe Denkvorgänge und Rechtfertigungsstrategien. Was mir mithin an Dehm positiv auffällt, ist seine Fähigkeit, hinsichtlich solcher „Krisen“ wie in Libyen und Syrien nicht dem Mainstream auf den Leim zu gehen, sondern eigenständig zu forschen und zu interessanten Schlussfolgerungen zu gelangen. Gleiches gilt für die „friedliche Revolution“ in der Ukraine – hier weicht Dehm auf erfrischende und originelle Art und Weise von Erklärungsmustern ab, wie sie beispielsweise in letztlich recht homogen und platt „argumentierenden“ Leitmedien hierzulande vertreten wurden. Seine kürzlich im Zusammenhang mit der Tötung des iranischen Generals Soleimani durch US-Streitkräfte (per Drohnenangriff) gestellte Strafanzeige gegen Angela M. wegen Beihilfe zum Mord durch Unterstützung verrät Bereitschaft zur radikalen Analyse und Mut. Die auch im vorliegenden ruhrbarone-Beitrag genannte Kategorisierung des Maas als NATO-Stricher – gemeint war hier offenkundig noch eine NATO in einer frühen Phase (Anfang 2018) der denkwürdigen und gewiss in Kürze zu beendenden Trumpära – mag als garstig empfunden werden. Doch hat Maas Respekt verdient? Ohne persönlich mit Dieter Dehm gesprochen zu haben, gehe ich davon aus, dass er die Verleihung eines Friedensnobelpreises an Obama als groteske Farce auffassen würde. Ich wünsche einen guten Tag – jenen, die verkrustete Denkmuster zu hinterfragen oder gar aufzubrechen bereit sind, aber ebenso der großen Herde. Letztlich gilt: des Menschen Blase ist sein Himmelreich und jeder kann nach seiner eigenen Facon selig werden. Und noch etwas: Peter, der Kampf geht weiter ! Petermann lebt !