Diskussionen über das Ende der Corona Einschränkungen – Ein Gebot unserer Verfassung

Geschlossenes Schauspielhaus Bochum Foto: Stefan LaurinDiskussionen über ein Ende der aktuellen Einschränkungen sind seit dem ersten Tag ein Gebot unserer Verfassung und Ausdruck einer demokratischen Grundhaltung. Wer das verkennt, verkennt den freiheitlichen Anspruch unseres Staates sowie seiner Bürgerinnen und Bürger.

Viel wird dieser Tage über ein schrittweises Ende des aktuellen Lockdowns diskutiert und ebenso darüber, in welchen Etappen dieses umgesetzt werden kann. Und genauso, wie sich einige zu Beginn der Krise in ihren Forderungen nach Verboten überschlugen, so überschlagen sie sich nun darin zu behaupten, eine solche Diskussion käme viel zu früh. Hierbei offenbart sich erschreckend wenig subtil, dass mitnichten nur der Schutz der Bevölkerung, sondern auch der Hass auf unser System und die Demokratie die Triebfeder des Handelns ist.

Stellvertretend sei hierfür die Aussage des Journalisten Tim Herden genannt, der zunächst ein Volontariat beim Staatsfernsehen der DDR absolvierte und später den einzigen Journalismus-Studiengang des sozialistischen Unrechtsstaates, der bezeichnenderweise der Abteilung „Agitation und Propaganda“ des Ministeriums für Staatssicherheit unterstellt war, abschloss.

90% der Deutschen bezeichneten die aktuellen Ausgangsbeschränkungen im ZDF-Politbarometer der vergangenen Woche als „angemessen“. Herden leitet hieraus ab, dass die Lockerungsdebatte zu beenden sei, sprich die Bevölkerung offenbar weiterhin mit diesen Einschränkungen leben wolle.

Der Ansatz erscheint bei genauerer Betrachtung eindimensional, durchschaubar und billig. Er suggeriert, dass die Bevölkerung der aktuellen Situation positiv gegenüberstünde und den Verzicht auf Freiheit gerne durchlebe. Ich habe in meinem Beitrag vergangene Woche ausgeführt, dass „wir [in der aktuellen Krise] nicht nur beweisen [müssen], wer wir sind, sondern vielmehr definieren, wer wir zukünftig sein wollen.“

Auf die Frage, ob die Beschränkungen angemessen sind, muss jeder vernunftbegabte Mensch aktuell mit ja antworten. Aber nicht, weil uns die Einschränkungen gefallen, sondern weil sie notwendig sind, um unsere Freiheit und die in Art. 2 GG festgehaltenen Rechte zu erhalten. Die aktuelle Situation ist daher wie eine Erkrankung zu verstehen, in der Antibiotika verordnet werden. Diese werden über einige Wochen, im schlimmsten Fall über Monate eingenommen. Das Ziel jedoch ist und bleibt die Gesundung, der Normalzustand soll nicht die Krankheit werden.

Von immanenter Wichtigkeit ist daher, dass die Diskussionen über Lockerungen sowie mögliche Szenarien nicht als verfrühte Spinnerei, sondern als Ausdruck des gesellschaftlichen Freiheitswunsches verstanden werden. Das Ziel aller Maßnahmen ist die Rückkehr zur Freiheit, nicht der Erhalt der Unfreiheit.

Darüber hinaus zeigen die Diskussionen auch, dass politisch Verantwortliche die ersten, richtigen Lehren aus der Krise gezogen haben. Die in der Frühphase erlassenen Verordnungen und Einschränkungen wirkten häufig unvorbereitet und planlos. Dass Deutschland bisher vergleichsweise wenige schwere COVID-19 Verläufe und hieraus folgende Todesfälle zu verzeichnen hat, ist, das hat die Frau Bundeskanzlerin richtig herausgearbeitet, der Disziplin eines Großteils der Bevölkerung zu verdanken. Auch sorgt dies dafür, dass Deutschland derzeit Kapazitäten frei hat, um unsere europäischen Partner bei der Versorgung Schwerstkranker zu unterstützen. Die aktuelle Krise ist auch der Härtetest, ob die Idee der europäischen Einigung ernst gemeint ist. Für überzeugte Europäer muss der Verlust jedes Menschenleben schmerzhaft sein, ungeachtet dessen, ob die Person einen deutschen, französischen, italienischen oder polnischen Pass besaß.

Es gibt erste Anzeichen, dass sich Europa im Kampf gegen SARS-CoV-2 langsam Luft verschafft. Umso sträflicher wäre es, die aktuellen Einschränkungen ohne Planung, ohne Rückfallszenarien und ohne Indikatorstrategie zurückzufahren. Hierbei geht es jedoch nicht nur um rein politische Entscheidungen, sondern auch darum, das gesellschaftliche und kulturelle Leben in unserem Staat wieder zu fördern.

Deshalb ist und war es von Anfang an richtig, über Exitstrategien zu sprechen. Nicht, um diese sofort umzusetzen, sondern um einen Plan zu haben, alsbald diese umsetzbar werden und zeitgleich den freiheitlichen Geist Europas in den Köpfen seiner Bürgerinnen und Bürger zu bewahren.

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Nina
Nina
4 Jahre zuvor

Gegen Transparenz und Kommunikation spricht auch nichts, sondern alles dafür. Aber die Entscheidungen zu treffen, da vertraue ich auf die Bundesregierung.

ke
ke
4 Jahre zuvor

Einschränkungen auf dem Niveau ohne Exit-Strategie sind absolut nicht zu akzeptieren. Ebenso muss klar definiert sein, was jede einzelne Massnahme bezwecken soll und wie dies nachgewiesen werden kann.
Wir sprechen von erheblichen Eingriffen in die Grundrechte.

"Auf die Frage, ob die Beschränkungen angemessen sind, muss jeder vernunftbegabte Mensch aktuell mit ja antworten. "
Die Regelungen sind an vielen Stellen willkürlich und nicht nachvollziehbar. Das mag in einem kurzen Zeitraum notwendig sein, spätestens jetzt muss jede einzelne Massnahme auf dem Prüfstand. Dafür war auch Zeit.
– Kirchen sind überwiegend leer. Warum sollten Gläubige mit Abstand und in geringer Zahl keine Messe feiern dürfen?
– Warum sind Zoos / Parks in den Städten geschlossen? Es kann Zugangsbeschränkungen/Maskenpflicht etc. geben. Es geht darum Ansteckungen zu vermeiden.
– Was ist mit vielen Sportarten, die keinen direkten Kontakt haben?
– Warum sind Gartenmärkte auf, andere Geschäfte nicht? Auch hier kann es Hygieneregeln geben.
– Warum sind Märkte auf und werden kaum kontrolliert?
….
Im Bereich Schule habe ich den Eindruck, dass die Verantwortlichen die letzten 4 Wochen nie darüber nachgedacht haben, wie es weitergeht. Es war doch Zeit da, Lösungen zu entwickeln, die auch unkonventionell sein können.

Lutz
Lutz
4 Jahre zuvor

Es ist halt nicht nur eine Entscheidung, die ein Individuum selbst (be)trifft, sondern potenziell eine Entscheidung, die sehr viele Unbeteiligte sehr hart treffen kann. Könnte etwa per Mehrheitsbeschluss entschieden werden, ob man a). Gegenmaßnahmen trifft oder b). ob man es ruhig "laufen lassen sollte"? Könnte man natürlich machen. Wäre doch demokratisch, oder?

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