Die Auswahl von Künstlern bei Events wie der Documenta folgt einem ideologischen Muster. Die Eingeladenen wissen, was von ihnen erwartet wird und liefern, was bestellt wurde.
Schon immer waren die Beschreibung und Darstellung fremder Länder und Regionen ideal, um die Zustände im eigenen Land zu kritisieren. Die Beschreibungen von Suff und Sittenlosigkeit im Ausland in der mittelalterlichen Reiseliteratur war weniger seriöse Berichte von den Lebensverhältnissen in der Fremde als eine Mahnung an die Leser, keusch und nüchtern zu leben. Wenn römische Autoren die Härte und Bescheidenheit germanische Barbaren lobten, diente das oft dazu das Luxusleben daheim zu kritisieren. Die Wilden selbst lebten ohne jede Alternative jenseits des Limes zumeist schlicht in Armut und Elend.
Genauso verhält es sich mit dem Dialog mit dem Globalen Süden, der zurzeit auf der Documenta 15 in Kassel inszeniert wird.
In ihm geht es nicht darum zu erfahren, was die Menschen in diesen Ländern denken, welche Sorgen und Wünsche sie haben, zumal sie außer der Tatsache, dass sie ärmer sind als die Menschen in den Industrieländern, wenig gemeinsam haben. Es geht vor allem um Kritik an Demokratie, Aufklärung und dem Westen.
Zum Globalen Süden zählt die OECD Albanien, Belarus und den Iran ebenso wie Mexiko und Südafrika. Viele dieser Länder waren einmal Kolonien, aber zum Teil liegt das wie im Fall von Kolumbien oder Brasilien Jahrhunderte zurück. Andere wie die Türkei haben selbst eine imperiale Vergangenheit. Indien und China sind aufstrebende High-Tech-Länder und längst Wettbewerber des Westens auf Augenhöhe. Burkina-Faso und Afghanistan versinken in Armut.
Das Gerede vom Dialog mit dem Globalen Süden ist verlogen. Schaut man sich Umfragen einzelner Staaten an, die zu ihm gezählt werden, sind viele der Menschen dort äußerst konservativ. Ihre größten Probleme sind Arbeitslosigkeit und Hunger. Sie legen Wert auf die Erziehung ihrer Kinder und träumen vom wirtschaftlichen Aufstieg und nicht davon, Teile der Ernte in einem Lumbung, einer Reisscheune, zu lagern. Sie werden, wie wir, einem guten Supermarkt den Vorzug geben. Der schwedische Gesundheitswissenschaftler Hans Rosling hat in seinen Büchern ausführlich beschrieben, dass Wohlstand und Armut weltweit die entscheidenden Faktoren sind, wenn es um den Lebensstil geht. Wer es sich leisten kann, hat ein modern ausgestattetes Bad und eine Einbauküche. Wer arm ist, kocht auf offenem Feuer. Das gilt für Schweden ebenso wie für Sudanesen.
Den Ökokitsch von Ruangrupa, den Kuratoren der Documenta, und des indonesische Kunst-Kollektivs Taring Padi, das auf seinem mittlerweile abgehängten Großbild nicht nur Juden mit Reißzähnen sondern auch glückliche Bauern zeigte, die auf einem Feld mit einer Sense die Ernte einbringen, werden die meisten Menschen aus den Staaten des Globalen Südens als Vision einer leuchtenden Zukunft eher befremdlich finden.
Die achtköpfige Findungskommission, die sich 2019 dazu entschied, Ruangrupa zum Kurator der Documenta zu machen. Die waren zu diesem Zeitpunkt längst keine Underdogs mehr, sondern fester und erfolgreicher Bestandteil der internationalen Kunstszene. Sie wussten sehr genau, was eine postmoderne und dem Westen gegenüber überaus kritisch eingestellte Szene von ihnen erwartete: „Wir wollen eine global ausgerichtete, kooperative und interdisziplinäre Kunst- und Kulturplattform schaffen, die über die 100 Tage der documenta 15 hinaus wirksam bleibt. Unser kuratorischer Ansatz zielt auf ein anders geartetes, gemeinschaftlich ausgerichtetes Modell der Ressourcennutzung – ökonomisch, aber auch im Hinblick auf Ideen, Wissen, Programme und Innovationen.“ Lumbung statt iPhone – da wird jeder von Steuergeldern gepäppelte Kulturfunktionär in Europa, den USA und Australien ganz wuschig, denn die Verachtung gegenüber dem Westen, der durch seine Freiheit und seinen Wohlstand die Existenz dieses Milieus erst ermöglicht, gehört zum guten Ton.
Kollektivismus statt Individualismus, das gute, einfache Leben und nicht die Konsumgesellschaft, der Kapitalismus schafft, wie ein Krieg, vor allem Verletzungen. Der Gegenentwurf zum Westen und damit auch zu Aufklärung und zum Fortschritt – das ist in den Kreisen der Subventionsartisten en Vogue und wenn es obendrauf noch eine ordentliche Portion Antisemitismus gibt, nimmt man das eben in Kauf, solange es deswegen keinen Skandal gibt. So kann man den eigenen Antisemitismus selbst auch auf angenehme Weise ausleben. Und wenn doch: Irgendwann gewöhnen sich die Menschen schon daran. Wichtig ist nur die Kernbotschaft: Alles, wirklich alles, was den Westen ausmacht, ist falsch.
Und aus dem Globalen Süden lädt man jene Künstler ein, die durch ihre Werke und Aussagen diese Abscheu stellvertretend formulieren. 200 Biennalen auf der Welt sind ein großer Markt, erfolgreiche Kollektive wie Ruangrupa wissen ihn zu bedienen. Der Antisemitismusskandal auf der Documenta dürfte das Image des indonesischen Kollektivs in anderen Ländern eher gesteigert haben, auch auf die Höhe künftiger Honorare könnte sich das positiv auswirken. Der Markt im Westen für Herabsetzung des Westens ist groß. Teile seiner als Intellektuelle gelesenen Subventionsempfänger führen unter der Flagge postmoderner Ideologien wie Postkolonialismus, Critical Race Theorie (Kritische Rassentheorie) aber auch mit Ideen aus dem grün-braunen Sumpf wie der Postwachstumsökonomie einen Kampf gegen ihn, wie es Douglas Murray in seinem neuen Buch „Krieg gegen den Westen“ auf den Punkt bringt.
Natürlich könnte man einen Dialog mit Künstlern aus dem Globalen Süden führen und selbstverständlich ist es wichtig, zu wissen, was sie denken. Mit Managern, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern ist das zum Teil seit Jahrzehnten üblich. Warum soll das nicht in der Kunst auch funktionieren? Nur warum lädt man bewusst Künstler ein, die diese Gesellschaft verachten und reaktionäre Visionen vom kollektivistischen Landleben haben, das zu Unterdrückung und Elend führen würde? Auch im Globalen Süden wird es viele Menschen geben, für die Israel ein attraktives Entwicklungsmodell und kein Kolonialstaat ist, die Individualismus, Demokratie und Wohlstand schätzen und für ihre Länder anstreben und die in der Aufklärung und den Menschenrechten Durchbrüche in der Geschichte der Menschheit sehen und sie nicht für eine von alten, weißen, Männern zusammengestoppelte Unterdrückungsideologie halten, die man bekämpfen muss.
Dass Problem liegt im Westen. Es ist die Klasse von Kulturfunktionären, die mit dem Geld, das ihnen vom Staat zur Verfügung gestellt und von den Bürgern über Steuerzahlungen aufgebracht wurde, ihre Ablehnung gegen den Westen, gegen Demokratie und Aufklärung, ebenso auslebt wie ihren Antisemitismus, der zum postmodernen Ideologiebündel schlicht dazugehört. Viele von ihnen haben das Plädoyer der Initiative „GG53Weltoffenheit“ unterschrieben, weil nicht auf die Zusammenarbeit mit Künstlern, welche die antisemitische BDS-Kampagne unterstützen, verzichten wollen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das Problem zu lösen: Man tauscht die Kulturfunktionäre aus oder streicht ihnen die Mittel. In den nächsten Jahren, die von Wohlstandsverlusten geprägt sein werden, gibt es viele besser Möglichkeiten, Steuergelder auszugeben als mit ihnen den Krieg gegen den Westen zu finanzieren.
Hier, ich lebe in Kassel, wird die documenta seit Jahrzehnten abgehalten. Die vorherige documenta war den sog. Flüchtlingen gewidmet. Ein Jeder hatte gefälligst mitzuleiden, obwohl diese Personen auf eigene Veranlassung und eigenes Risiko die Schritte in das gelobte Land, Deutschland, eingeleitet hatten.
Niemand hatte sie gerufen.
Jetzt wurde eine Gruppe aus Indonesien als verantwortlich bestimmt.
Dieses Land hat mehr als 80 Prozent Muslime. Wie bekannt, sind sie somit Freunde von Israel! Das Banner fragwürdigen Inhalts wäre von mir mit große Z Aufklebern versehen worden. Z wie Zensur! Stattdessen wurde es entfernt!!!
Keine Zensur!!??
Das ganze ist lächerlich, besonders dann wenn die Kulturstaatsministerin die Führung im Iran mi high five begrüßt.