Doğan Akhanlı: Türkei lässt deutschen Schriftsteller in Spanien verhaften

Dogan Akhanli Foto: Raimond Spekking Lizenz: CC BY-SA 4.0

Die spanische Polizei hat heute Morgen in Granada auf Verlangen der Türkei den Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli festgenommen. Bei einer Ausweiskontrolle stellten Polizeibeamte der örtlichen Dienststelle angeblich fest, dass eine sogenannte Red Notice, ein Dringlichkeitsvermerk von Interpol gegen ihn vorläge. Der 60-jährige, der seit 1992 in Köln lebt, muss nun damit rechnen, in Spanien festgehalten zu werden. Die Türkei wirft dem Erdogan-Gegner vor, einen Raubmord begangen zu haben. 2011 war er in einem Prozess wegen Mangels an Beweisen freigesprochen worden. Die Türkei hat das Verfahren 2013 jedoch neu eröffnet. Das Verfahren gegen Akhanli  galt als politisch motiviert. Akhanli hatte in seinen Büchern sowohl den Holocaust als auch den Genozid an den Armeniern thematisiert. Die deutsche Botschaft in Madrid wurde durch seinen deutschen Rechtsanwalt, Ilias Uyar, umgehend über die Festnahme informiert.

„Die jetzigen Festnahme zeigt den Versuch Erdogans, seine Macht über die Grenzen seines Landes hinaus auszudehnen und weltweit gegen unliebsame und kritische Stimmen vorzugehen.“, so Akhanlıs deutscher Rechtsanwalt Ilias Uyar. „Der Haftbefehl ist eindeutig rechtsmissbräuchlich. Ich fordere die sofortige Freilassung meines Mandanten“
In der Türkei selbst werden seit Monaten zahlreiche Journalisten inhaftiert und mundtot gemacht. In dem prominentesten Fall, dem des Journalisten Deniz Yücel, bemüht sich die Bundesregierung seit mittlerweile einem halben Jahr um dessen Freilassung, bislang ohne Erfolg.

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[…] Doğan Akhanlı: Türkei lässt deutschen Schriftsteller in Spanien verhaften. Von Stefan Laurin | Ruhrbarone vom 19.08.2017 […]

Uri D.
Uri D.
7 Jahre zuvor

Vor einer Woche: "Red Notice" bei Interpol
Türkei lässt Reporter in Spanien festnehmen

Kritische Journalisten sind auch im Ausland nicht mehr sicher vor der türkischen Justiz. Das zeigt der Fall Hamza Yalcin. Der im Exil lebende Redakteur wurde auf einem Flughafen in Barcelona festgenommen.http://www.n-tv.de/politik/Tuerkei-laesst-Reporter-in-Spanien-festnehmen-article19979031.html

Freund
Freund
7 Jahre zuvor

^^Die Türkei wirft dem Erdogan-Gegner vor, einen Raubmord begangen zu haben. 2011 war er in einem Prozess wegen Mangels an Beweisen freigesprochen worden.^^
Da würde ich gerne eine Information weitergeben.
Die Söhne von dem ermordeten Juwelier haben Dogan Akhanli als eindeutig nicht Täter identifiziert. Deswegen musste das Gericht Ihn freilassen. Natürlich hat es politische Hintergründe. Und es ist für Uns nicht mehr ertragbar dass Erdogan seine Hände bis nach Europa strecken kann. Und das die deutsche Regierung es durchgehen lässt ist noch unterträglicher. Er hat damals in Deutschland um Asly gebeten und jetzt wird er in Spanien verhaftet. Man könnte noch vieles schreiben aber ein Satz muss reichen.
WIR FORDERN DIE SOFORTIGE ENTLASSUNG!!!!!!!

Karlito
Karlito
7 Jahre zuvor

"Der Haftbefehl ist eindeutig rechtsmissbräuchlich."

Das ist doch Unsinn, Interpol wird das schon vernünftig geprüft haben oder gibt es dazu belastbare Infos, dass Interpol hier nicht sorgfältig arbeitet ?

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[…] Doğan Akhanlı: Türkei lässt deutschen Schriftsteller in Spanien verhaften […]

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@#4: Ein kurzer Blick in die Wiki hätte genügt, um festzustellen, dass Interpol nur eine internationale Kommunikations- und Datenvermittlung zwischen nationalstaatlichen Polizeibehörden ist und mit Ermittlungen und deren Prüfung selbst nix, aber auch garnix am Hut hat. Es gibt zwar eine kleine unabhängige Kommission, die Beschwerden gegen internationale Fahndungen überprüft, aber die ist eher eine lahme Krücke.

Rein praktisch durchsucht Interpol hauptsächlich eigene und nationale Datenbanken der jeweiligen Polizeibehörden nach Hinweisen auf den momentanen Aufenthaltsort einer in einem Staat als "gesucht" (in mehreren Dringlichkeitsabstufungen) ausgeschriebenen Person und leitet den jeweiligen Haftbefehl einfach an die Behörde durch, in deren Verantwortungsbereich der Gesuchte sich grad – vermutlich – befindet.

Im vorliegenden Fall ist Interpol jetzt raus, die Geschichte läuft nun über ordentliche spanische Gerichte und über ein Auslieferungsverfahren, wobei die Tatsache, dass Akhanli nur deutscher Staatsangehöriger ist, dabei noch verkomplizierend hinzukommt.

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

Der internationale Haftbefehl muss doch auch deutschen Behörden vorgelegen haben. Ist es dann nicht deren Aufgabe, einen in Deutschland unbescholtenen Staatsbürger auf diesen Haftbefehl und dessen möglichen Vollzug hinzuweisen?

Oskar Sellschopp
Oskar Sellschopp
7 Jahre zuvor

Sind deutsche Urlauber in Spanien vor Erdogans Zugriff nicht mehr sicher?
Die Verhaftung des deutschen Schriftstellers Doğan Akhanlı am 19.Aug. in Spanien auf Ersuchen der türkischen Regierung ist erschreckend. Zwar ist Akhanlı inzwischen wieder frei, darf aber Spanien nicht verlassen. Wenn deutsche Behörden schlafen und spanische Behörden nicht aufpassen, droht ihm die Auslieferung in die Türkei und das gleiche Schicksal wie anderen Deutschen Bürgern in türkischen Gefängnissen, denen der deutsche Staat zu Hilfe verpflichtet ist aber nicht mehr leisten kann oder will.
Was ist los in Deutschland und in Europa?
Wer und welches Land sind die Nächsten auf der Liste?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@#7 thomas weigle: Dieser "internationale Haftbefehl" ist sooo international nicht, denn er gilt eigentlich nur fürs Ausstellerland und für das Land, in dem die/der Gesuchte halt vermutet bzw. erwischt wird. Dazu liegt dem Fahndungsersuchen an Interpol eben auch ein Antrag auf Auslieferung bei. Die deutschen Behörden spielen trotz der Staatszugehörigkeit zunächst keine bilaterale Rolle, werden also standardmäßig nicht informiert, könnten sich aber selber schlau machen, falls man etwas befürchtet – was im Fall Akhanli anscheinend nicht so dringend war.

Man kann natürlich darüber spekulieren, ob der Erdo-GröTaZ evt. ganz bewusst gewartet hat, bis Akhanli sich in Spanien aufgehalten hatte, weil er sich von der spanischen Polizei mehr "Durchsetzungkraft" seines Haftbefehls versprochen hat – Akhanli rätselt ja selbst, warum es ausgerechnet in Spanien passierte.

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

@ Klaus Lohmann Danke für die Info. Gerade lese ich, dass zumindest NRW eine mögliche Warnung an Betroffene prüfen lassen will, deren Fälle ähnlich dem vom Dogan Akhanli gelagert sind.

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