In Dortmund haben heute Asylsuchende aus verschiedenen Ländern einen Brief an die Stadt übergeben. Die Flüchtlinge sind alle in den Brügmannhallen in der Nordstadt untergebracht. Die Protestnote der Geflüchteten, die von 150 Menschen unterschrieben wurde, nahm Stadtdirektor Jörg Stüdemann entgegen und kündigte für den heutigen Abend ein Gespräch zwischen den Flüchtlingen, der Stadt, und den Johannitern als Betreibern der Notunterkunft an. Der Stadtdirektor machte bei der Übergabe auch deutlich, dass es Ziel der Stadt Dortmund sei Asylsuchende schnellst möglich in Wohnungen unterzubringen und das man die Turnhallen als Notunterkunft bald schließen wolle.
Den Geflüchteten, die teilweise seit mehr als einem Monat in der Halle leben müssen reicht das nicht. Sie bemängeln katastrophale Bedingungen im Sanitärbereich, beklagen mangelnde Privatsphäre, und eine schlechte Versorgung. Einige Klagen in der Nacht aufgrund der Lautstärke und am Tag wegen der Turnhallenbeleuchtung nicht schlafen zu können.
Die Stadt Dortmund möchte sich morgen zu dem Gespräch äußern. Hier der offene Brief der Asylsuchenden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Zörner,
Sehr geehrte Mitglieder des Rats der Stadt Dortmund und der Bezirksvertretung Innenstadt Nord,als Menschen, die derzeit von der Unterbringung in den Sammelunterkünften „Brügmannhallen“ betroffen sind, wenden wir uns mit diesem offenen Brief an die Verantwortlichen der Stadt Dortmund und fordern menschenwürdige Wohn- und Lebensbedingungen für alle!
Außerdem möchten wir die Isolation durchbrechen und die Öffentlichkeit über die Zustände in der Einrichtung informieren.
Derzeit leben etwa 280 Menschen unter katastrophalen Bedingungen in zwei Sporthallen, darunter Familien mit Kindern und Schwangere. Die Hallen sind durch Bretterverschläge, in denen jeweils fünf Menschen auf Feldbetten schlafen, unterteilt. Die Betten sind unbequem und für viele zu klein.
Es gibt keinerlei Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten. Von 7-22 Uhr ist durchgehend die Deckenbeleuchtung an. Von 22-7 Uhr gibt es keine Möglichkeit zu duschen.
Die Verpflegungssituation ist schlecht. Es gibt zu wenig essen und das Essen ist für viele eine Zumutung. Außerhalb der Essenszeiten gibt es keine Getränke, die einzige Möglichkeit zu trinken ist Trinkwasser von den Toiletten zu holen. Es gibt keine Möglichkeit Wäsche zu waschen und die Bettwäsche zu wechseln. Einige von uns sind schon seit zwei Monaten in den Hallen untergebracht, ohne zu wissen wie lange sie diesen Zustand noch ertragen müssen.Würden sie selbst auch nur einen Tag unter diesen Bedingungen leben wollen?
Wir fordern daher:
Die sofortige Schließung der Brügmann-Hallen als Sammelunterkunft!
Wir erwarten eine direkte Antwort bis Mittwoch, den 28.01.2014 und umgehende Gesprächsaufnahme.
Die Menschen, die in den Brügmann-Hallen untergebracht sind.
Nicht die Unterkunft ist das Problem, sondern die ewig lange Bearbeitungsdauer der Asylanträge.
Wenn die Anträge innerhalb von 4 Wochen bearbeitet werden würden, kann man auch mal in einem „unbequemen Bett“ schlafen.
Wenn man sich beschwert, muss man konkret werden. Dann sollten die Fakten nachvollziehbar und verhältnismäßig sein.
Die Halle gehört zu den besten Hallen Dortmunds. Dass katastrophale Zustände im Sanitarbereich herrschen sollen, sollte erläutert werden. Dies gilt auch für viele andere Kritikpunkte wie Kein Wasser, kein Duschen von 22-7 etc.
Natürlich sind Massenunterkünfte nicht toll. Aber für einen kurzen Zeitraum sind sie sicherlich zumutbar.
Für Dortmunder Urgesteine ist die Kritik sicherlich kaum nachvollziehbar. Sie kennen noch die Hungerwinter nach dem Weltkrieg, duschten in Kauen, hatten Kantinenessen…
Berechtigte Kritik ist ok, aber hier ist für mich einiges nicht nachvollziehbar. Oder ist man überrascht, dass Dortmund meistens nur Einfach- / Mittelklassenstandard bietet?
Bessere öffentliche Einrichtungen wären toll, aber so leben wir hier.
@ keineEigenverantwortung: „so leben wir hier“ ist ja wohl ein schlechter Scherz. Niemand außer den Flüchtlingen lebt so. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass es in Deutschland auch schon mal (vor sehr langer Zeit) so schlecht ging und dass sie vor noch schlechteren Bedingungen in der Heimat geflohen sind, aber dass die Unterbringung scheußliche Bedingungen bietet, die so auch die Stadt Dortmund für 2 Monate nicht möchte, dürfte klar sein.
Das „so leben wir“ bezog sich auf die Kritik an den Standards der öffentlichen Einrichtungen.
Ich nutze auch Dortmunder Hallen. Die Duschen und sanitären Einrichtungen sind meistens nicht toll, aber für mich nutzbar. Dass es Probleme mit 270 Flüchtlingen in einer so großen Halle in diesem Bereich gibt, kann ich nicht nachvollziehen. Die Hallen haben doch sanitäre Einrichtungen für Zuschauer und Mannschaften etc.
Ich habe auch schon Wasser aus der Wasserleitungen der Waschräume getrunken.
Alternativ kann man ja auch Essen und Getränke kaufen.
Wir haben hier eine Notlage und die Städte etc. bemühen sich, Einrichtungen zu schaffen. Vereine verlassen bspw die Hallen …
Natürlich ist eine Unterbringung in Massenunterkünften nicht optimal. Die hier genannten Kritikpunkte kann ich in vielen Punkten nicht nachvollziehen.
@keineEigenverantwortung:
Für ein bisschen Sport in der Freizeit oder in der Schule sind die Hallen total okay. Da störts dann auch nicht so wenn auf einem Klo das
Licht kaputt ist oder eine Klotür fehlt.
Die Zustände in den Brügmanhallen sind besser als bei jedem Zeltlager für Jugendliche. Trotzdem ist eine Katastrophe, denn die Menschen müssen dort leben. Nach einer langen Flucht ist eine Turnhalle dann der Traum von Europa.
@#4: Ich empfehle mal die Bilderserie der RN zur Errichtung der Unterkünfte: http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-City~bilder/cme166711,4951700
und insbesondere das Bild Nr. 7, um ein wenig die prekäre Situation zu verstehen, in der sich die Flüchtlinge über Monate aufhalten müssen. Und dann würde ich auch noch mal den Text des offenen Briefes auf die konkreten Beschwerden abklopfen.
Dass Ihnen das Duschen zwischen 22 und 7 Uhr nicht notwendig erscheint, wenn Sie zweimal im Monat dort für 2 Stunden als Hallenbesucher oder Sportler auftauchen, ist einleuchtend. Aber probieren Sie mal selbst, unter diesem „Flüchtlingslager“-Flutlicht über Wochen zu leben, ohne die eigene Wäsche waschen zu können. Das ist ärmlicher als in manchen Flüchtlingscamps im Iran oder Afrika.
Die Zustände in den Hallen sind derart, daß ein Aufenthalt von wenigen Tagen als Schutz vor Obdachlosigkeit rechtfertigbar wäre. Und dafür war die Einrichtung zu allererst auch gedacht. Scheinbar hat sich die Verwendung der Halle in einen Ort für die dauerhafte Unterbringung verselbstständigt. Und es ist auch zu befürchten, daß das über Ende März hinausgehen wird. Die Menschen dort wollen Ruhe und die Halle ist aus architektonischen Gründen für den momentanen Gebrauch ungeeignet. Oberlicht von 7-22 Uhr und keine Privatsphäre sind die Dinge, die auch durch Reformen in der Halle nicht änderbar sind sind.
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