Die Dortmunder Polizei hat sich verändert. Statt wie eine Besatzungsmacht trat sie im Umfeld der gestrigen Proteste gegen die Nazi-Demo als Teil der Stadtgesellschaft auf.
Ja, die Nazi-Demo in Dortmund fand gestern statt. Und ebenfalls ja, die Polizei unterband kleinere Versuche, sie durch Blockaden aufzuhalten. Und doch war am Samstag in Dortmund vieles anders. Schon im Vorfeld hatte die Polizei ihr Bedauern darüber geäussert, dass die Demo nicht verboten werden konnte. Sie hatte sich in einer Pressemitteilung auf die Seite des Protestes gestellt und das durch allerlei Maßnahmen im Vorfeld der Nazi-Demo auch deutlich gemacht: Razzien im braunen Milieu, ein paar Festsetzungen örtlicher Nazi-Promis und das Verbot einer Spontandemo der Nazis in der vergangenen Woche machten klar, auf wessen Seite die Beamten stehen.
In Dortmund hat sich vieles geändert, seitdem Norbert Wesseler Polizeipräsident ist. Ihn und Oberbürgermeister Ullrich Sierau verhöhnten die Nazis gestern auf ihren Transparenten. Darauf können beide stolz sein, es zeigt den Erfolg ihrer Arbeit. Unter Wesselers Vorgänger Schulze schwärmten die Nazis noch von der guten Zusammenarbeit mit der Dortmunder Polizei. Das ist vorbei. Die Polizei wurde für die Nazis innerhalb weniger Monate vom Partner zum Feind. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein, war es in Dortmund jedoch lange nicht.
Polizisten plauderten im Westpark mit Autonomen, die Bürger an den Sperren wurden freundlich behandelt, Familien auch ohne Kontrollen der Ausweise durchgelassen. Es herrschte gestern keine aggressive Atmosphäre in der Stadt. Es hat sich eine Menge geändert in Dortmund.
Das merkte man auch an den Orten der Auftakt- und Abschlusskundgebung der Nazis. Es gab gestern wohl kaum eine windigere und kältere Ecke als die Mulde zwischen Harenberg-Center und Bahndamm, wo der Naziaufmarsch begann. Polizeiwagen bildeten eine Wand zwischen Kundgebungsort und Wall. Der Verehr floss fast den ganzen Nachmittag ohne Störungen, die Nazis blieben fast unsichtbar. Die Demo selbst geriet zum Spießrutenlauf, vorbei an Gegendemonstranten, die die Nazis beschimpften und verhöhnten. Früher unterband die Polizei in Dortmund jeden Protest in Nähe der Nazis – gestern ließ sie ihn zu – zum ersten Mal bei einer Demo seit 2005 – und schützte die Demonstranten vor den Nazis, als die sich auf einen Mann stützen wollten, der zwei halbvolle Luftballons mit Wasser auf sie warf.
Sicher, Dortmund ist noch immer eine Nazihochburg. Und es ist nicht nur die Aufgabe der Polizei, das zu beenden. Aber mit der Einrichtung der Task Force gegen die Nazis in Dorstfeld, der Taktik der Nadelstiche gegen die Braunen, der Drohenden Räumung des Nazi-Zentrums an der Rheinischen Straße und der Offenheit gegenüber Protesten sind Stadt und Polizei dabei, ihren Teil zur Lösung des Problems beizutragen. Den Rest, den Großteil der Arbeit, müssen alle Bürger gemeinsam leisten.
[…] Von Stefan Laurin, Ruhrbarone […]
Also ich seh den Tag gestern nicht so positiv 🙁
Die Nazis durften ungestört(!) durch Dortmund aufmarschieren !!!
Bedenkt doch bitte was in Dresden möglich war, da wurde die Demo blockiert, denn anders darf es nicht sein !
@Red Eyes: Dann hätten die Demonstranten entschlossener vorgehen und zum Beispiel schon morgens die Rheinische blockieren müssen. Genau so, wie es im September an der Schützenstrasse gemacht wurde. Das ist aber nicht gemacht worden. Ich glaube nicht, das Wesseler um jeden Preis geräumt hätte. Er hat sich ja auch anders zu Blockaden geäussert als Schulze. Das wäre die Frage des Tages gewesen – sie wurde aber nicht ernsthaft gestellt. Ich denk mal, im September wissen wir mehr. Aber klar ist: Die Nazis sind in Dortmund unter Druck – und das waren sie im letzten Jahr noch nicht. Schulze hat als Polizeipräsident einen verdammt miesen Job gemacht, dass er ihn so lange ausüben durfte, ist ein Skandal. Wesseler macht es anders…
Es ist richtig das sich ganz offensichtlich eine neue Polizeitaktik in Dortmund etabliert. Das agieren der Polizei, gestern, in den letzten Wochen, unterscheidet sich signifikant von den Zuständen die man noch aus dem letzten Jahr kennt. Dies sollten Antifaschisten aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Es wird sich noch erweisen wie dieser „neue Kurs“ (der anderswo schon lange existiert) sich wirklich auswirkt.
Fest steht auch, das nur der Widerstand aller dem Nazitreiben in Dortmund ein Ende bereiten kann. Sei es nun die „Bratwurst braten gegen Nazis“ – Fraktion oder die aktiven Blockierer. Man sollte sich ergänzen in den Aktionen und nicht gegeneinander arbeiten, was man ebenfalls aus den vergangenen Jahren aus Dortmund kennt.
Ich finde, dass die Polizei in Dorstfeld bei der Antifa-Demonstration etwas übertrieben hat. Immer wieder haben sie die Demonstration angehalten, weil sich angeblich ein paar vermummt haben. Des weiteren haben sie die ganze Zeit gefilmt, obwohl alle Friedlich demonstriert haben.
@Mona: Alles war sicher nicht gut und einiges müsste sich sicher auch noch verbessern. Aber es ging gestern in die richtige Richtung.
[…] WAZ RN Ruhrbarone […]
Kein Zweifel: Schon nach wenigen Wochen setzt PP Norbert Wesseler einen neuen Kurs durch. Bisher erfolgreich! Die Dortmunder Polizei ist den Nazis jetzt auf der Spur. Endlich! Vielleicht bedarf es aber noch der einen oder anderen Nachschulung bei einigen Polizisten. Die bekannten Frechheiten oder auch das aggressive Auftreten der Rechtsaußen werden weder geduldet noch akzeptiert. Eine erfolgreiche Auseinandersetzung gegen Rechtspopulisten bis Rechtsextremisten entscheidet sich nicht nur bei deren Aufmärschen. Es bleibt das anspruchsvolle Ziel, die Nazis, in welchem Gewand auch immer, aus unserer Alltagskultur fern zu halten. Und hier sind wir als Bürger in besonderer Weise gefordert.
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