Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte Ende vergangenen Jahres beschlossen, dass der Rat der Stadt Dortmund eine Wiederholung der Kommunalwahl 2009 beschliessen durfte. Drei SPD-Ratsmitglieder klagen nun gegen den Beschluss des OVG-Münsters, gegen sein Urteil keine Revision zuzulassen.
Die Sache ist eigentlich klar: Während der Kommunalwahl 2009 hatte die SPD in Dortmund damit geworben, dass sie die Finanzen im Griff hat. Dann die Überraschung: Keine 24 Stunden nach der Wahl verkündete der damalige Oberbürgermeister der Stadt ein Haushaltsdefizit von 100 Millionen Euro. Das Wort vom Wahlbetrug machte die Runde. Der frischgebackene OB Ullrich Sierau stellte sich ohne rechtliche Not einer Wahlwiederholung und gewann souverän, der Rat beschloss ebenfalls die Kommunalwahl wiederholen zu lassen – und setzte sich damit Ende 2011 vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen 11 SPD-Ratsmitglieder durch, die eine Wahlwiederholung verhindern wollten. Gegen den Beschluss des OVG gibt es keine Revisionsmöglichkeit -allerdings kann gegen diese fehlende Revisionsmöglichkeit vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig geklagt werden. Drei SPD-Ratsmitglieder haben gestern verkündet, genau das zu tun. Die Begründung:
SPD-Ratsherr Olaf Radtke:
„Nach eingehender Beratung und ausführlicher Diskussion und Abwägung verschiedener rechtlicher und politischer Aspekte habe ich mich entschieden, die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OVG Münster einzulegen. Ausschlaggebende Gründe waren u.a., dass nach Auffassung des OVG Münster jede objektive Unrichtigkeit einer Verwaltungsinformation ohne eine subjektive, persönliche Zurechenbarkeit zu einem Wahlfehler führt. Diese in meinen Augen zu weit gehende Auslegung ist nicht hinnehmbar, denn sie stellt nahezu alle Wahlergebnisse grundsätzlich in Frage. Es wäre zu befürchten, dass zukünftig jede zweite Kommunalwahl angefochten wird, wenn einer Ratsmehrheit das Wahlergebnis nicht gefällt. Zudem verkennt das Gericht, dass der Bestandsschutz eines gewählten Parlamentes höher zu bewerten ist, als die Wahl eines Bürgermeisters, der durch einen Vertreter ersetzbar wäre. Das Bundesverwaltungs gericht schätzt in seiner bisherigen Rechtsprechung den Bestand einer gewählten Volksvertretung ausgesprochen hoch ein. Die heutige Entscheidung ist mir wegen der damit verbundenen politischen Bedeutung nicht leicht gefallen und stellt eine Gewissensentscheidung dar.“
Mag sein, dass eine Konsequenz aus dem Urteil des OVG wäre, dass es öfter zu Wahlwiederholungen kommt – jedoch nur wenn Verwaltung und Oberbürgermeister die Bürger belügen und hinters Licht führen, wie sie es in Dortmund 2009 getan haben. Die Möglichkeit der Wahlwiederholung hätte so einen disziplinierenden Effekt und könnte zu mehr Ehrlichkeit führen – was ja nicht schlecht wäre.
Sollten sich die drei Ratsmitglieder am Ende durchsetzen, hätten sie vor allem der Demokratie geschadet. Sie hätten durchgesetzt, das Lügen ein rechtlich legitimes Mittel der Politik sind – mehr kann man der Demokratie nicht schaden.
Schuld an der Entwicklung ist aber auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Prüsse. Hatten sich OB Ullrich Sierau und SPD-Chef Franz-Josef Drabig für eine Wahlwiederholung ausgesprochen, gab es von Prüsse nur ein windelweiches Statement und keinen Beschluss der Fraktion für eine Wahlwiederholung. Prüsse, ein großer Spezialdemokrat der alten Schule, hat sich einmal mehr als Trickser und Strippenzieher erwiesen. Ob und wie sehr er seiner Partei damit geschadet hat, wird man sehen. Bei Kommunalwahlen im Mai hätte die SPD gute Chancen gehabt – wie es in einem oder zwei Jahren aussehen wird, vermag heute niemand zu sagen.
Weltklasse auch der Alternativvorschlag des SPD-Klägers Peter Balzer. Unbedingt reinhören in den Audiostream:
https://www.ruhrnachrichten.de/lokales/dortmund/SPD-beraet-im-Westerwald-auch-ueber-die-Wahlwiederholung;art930,1525257
„Wir starten Aktion dickes Kind und haben keine Möglichkeit, die Kinder von der Straße zu kommen…..“
Aber macht ruhig weiter so, liebe Dortmunder SPD-Wähler. Ihr habts nicht anders verdient.
[…] DerWesten – Theo Schumacher: Städte wollen öffentliche Trinkgelage verhindern L o k a l: Ruhrbarone – Stefan Laurin: Dortmund – Drei gegen Demokratie Zeit – Fabian Soethof: Startups […]
Danke Dortmunder, der Audio-Link war überfällig und sollte – vielleicht als mediales Gegengewicht zur Wulff-Krise – eigentlich ab morgen überall in Deutschland laufen.
„Von den 1,2 Mios Kosten für ’ne Wahl baue ich doch lieber Kunstrasenplätze für meine Sportvereine“ – wenn es noch mehr Beweise für eine SPD-verwurzelte Selbstbedienungsmentalität zum Zwecke der reinen Machterhaltung bedarf, dann soll man mich morgen bitte ausbürgern.