Nur wenige Tag nach dem Angriff auf eine Synagoge und einem Doppelmord in Halle durch einen Rechtsradikalen zogen die Dortmunder Nazis wieder durch die Straßen der Ruhrgebietsstadt.
Nein, sie zogen diesmal nicht wie ursprünglich geplant durch die Nordstadt. Nachdem der vorbestrafte Neonazi Matthias Drewer wegen Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen in Untersuchungshaft saß, demonstrierten die 70 Nazis im Gerichtsviertel unweit der Synagoge der Stadt. Versammlungsleiter der Demonstration war Christian Worch. Mit Sven Skoda und Dieter Riefling als Redner hatten sich bei den Rechtsradikalen etliche Jahre Knast zusammengefunden.
In den vergangenen Wochen konnten die Nazis weitgehend ungestört von Protesten durch Dortmund ziehen. Die Polizei tolerierte auch antisemitische Parolen. Am ersten Montag nach Halle war das anders. 2000 Demonstranten protestierten in der Nordstadt und später auch nahe der Route der Neonazis. Auch das offizielle Dortmund ließ sich, wohl auch um Sorge um den Ruf der Stadt, sehen, nachdem in letzter Zeit eigentlich nur noch kleinere Antifa-Gruppen gegen die Nazis auf die Straße gegangen waren.
Auch die Polizei wirkte nervös. Nachdem einmal die Parole „Nie wieder Israel“ gerufen wurde, untersagten die Beamten den Nazis das Rufen jedweder Parole mit Bezug zu Israel. Worch kündigte noch auf der Demonstration an, dagegen zu klagen. Das konsequente Handeln der Polizei war wohl auch eine Reaktion auf das im Verhältnis zu den letzten Wochen nach Halle deutlich gestiegenem Medieninteresse. Zahlreiche TV-Teams und Fotografen begleiteten die Rechtsradikalen bei ihrem Marsch. Wurde vor wenigen Tagen und Wochen offener Antisemitismus noch geduldet, war es damit gestern vorbei.
War das alles eine Show? Was das Vorgehen der Polizei und stadtnaher Gruppen wie den „Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus“ betrifft, kann man davon ausgehen. Ihr Verhalten in den vergangenen Wochen lässt kaum einen anderen Schluss zu. Viele Demonstranten hingegen werden aus Überzeugung nach Halle auf die Straße gegangen sein. Letztendlich werden sie, die Bürger, darüber entscheiden, ob ihre Stadt weiterhin das Zentrum der Nazis in Westdeutschland bleibt, das Dortmund ohne Zweifel zurzeit ist.
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