Dortmund: Fünf Neonazis wegen Volksverhetzung verurteilt

Nazis in Dortmund bei einer Demonstration 2018

Zehn Neonazis wurde in einem Prozess vor dem Landgericht Dortmund Volksverhetzung vorgeworfen, da sie auf einer rechtsextremen Demonstration in Dortmund im Jahr 2018 die Parole „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ skandiert haben sollen. Fünf der Angeklagten wurden nun zu hohen Geldstrafen verurteilt. Die Freisprüche für weitere fünf Angeklagte ergaben sich laut Urteil daraus, dass die jeweiligen Personen im vorliegenden Videomaterial nicht mit Sicherheit identifiziert werden konnten.

„Die Parole ist aus unserer Sicht eindeutig als antisemitisch zu bewerten, zumal die Neonazis hier ein positives Selbstbild als „Antisemiten“ entwerfen. Es ist daher ein wichtiges Zeichen, dass das Landgericht hier Volksverhetzung erkennen konnte. Damit wird deutlich, dass die Neonazis ihre antisemitische Propaganda nicht ohne Konsequenzen verbreiten können“, sagt Micha Neumann, Leiter der Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit ADIRA in
Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Dortmund. Gerade vor dem Hintergrund, dass Dortmunder Neonazis regelmäßig ihr antisemitisches Weltbild zur Schau stellen und dabei die Grenzen zur Strafbarkeit ausloten, ist dies von Bedeutung. Auch das Gericht thematisierte die bedrohliche Gesamtsituation des Tatabends und dass die Angeklagten sich der Wirkung ihres Auftretens wie ihrer Worte ohne Zweifel bewusst gewesen sein müssen und damit vorsätzlich handelten.
Antisemitismus ist ein wesentliches Element des Rechtsextremismus, es ist daher nicht verwunderlich, dass sich Neonazis selbst als Antisemiten ausweisen – das allein ist aber noch nicht strafbar. „Wenn es allerdings um die öffentliche Verbreitung antisemitischer Parolen geht, muss dies entsprechend strafrechtlich verfolgt werden. Wir sind zufrieden damit, dass das Landgericht explizit auf den antisemitischen Gehalt der Parole eingegangen ist. Zentral war die deutliche Benennung dessen, dass die Aussage geeignet ist, zum Hass gegen Jüdinnen und Juden aufzurufen, sowie die Erwähnung der ideologischen Nähe zum Nationalsozialismus, der untrennbar mit der Vernichtung von jüdischen Menschen verknüpft ist, erklärt Johanna Lauke, Beraterin bei ADIRA.

Auch für Betroffene können die Verurteilungen ein positives Signal senden: „Betroffene von antisemitischen Straftaten sehen bisher leider oft davon ab, eine Anzeige zu stellen, weil sie befürchten, dass die Täter am Ende keine rechtlichen Konsequenzen erfahren. Dass dies nun hier anders ist, kann das Vertrauen in das Rechtssystem stärken“, stellt Johanna Lauke fest. Es ist ermutigend, zu sehen, dass der Rechtstaat antisemitische Parolen auch eindeutig als solche bewertet und entsprechend verurteilt. „Wir werden weiterhin Betroffene dabei unterstützen, sich gegen Antisemitismus zu Wehr zu setzen und die Entscheidung des Gerichts ist ein Schritt in die richtige Richtung in der rechtlichen Bekämpfung von Antisemitismus“, sagen Johanna Lauke und Micha Neumann.

Trotzdem geben die beiden zu bedenken, dass es bei der betreffenden Demonstration im Jahr 2018 seinerzeit keinen zivilgesellschaftlichen Protest gegen den antisemitischen Auftritt der Neonazis gab. „Daher sind wir weiterhin alle in Dortmund gefragt, wenn es darum geht Antisemitismus wirksam entgegen zu treten. Denn Antisemitismus kann nicht nur in Gerichtssälen verhandelt werden, sondern muss in allen Bereichen unserer Gesellschaft bekämpft werden. Dies erfordert couragiertes Handeln“, so die Forderung der Mitarbeiter von ADIRA.

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