Die 232 Wohnungen große und 1972 erbaute Wohnanlage Hannibal 1 in der Dortmunder Nordstadt wurde von der LEG zum 1.August in einem Paket mit insgesamt 2700 Wohnungen an die Merlion Wohnen veräußert. Dies teilte die LEG Immobilien AG dem Mieterverein Dortmund auf Anfrage mit.
Nach Auskunft der Stadt Dortmund befinden sich von den 232 Wohnungen der Wohnanlage Hannibal 1 noch 198 bis zum 31 Dezember 2027 in der Mietpreisbindung. Immerhin diese Mieterinnen und Mieter dieser Wohnungen sind vor teuren Mieterhöhungen geschützt.
Käuferin des Hannibal 1 ist die die Merlion Wohnen bzw. deren Berliner Tochtergesellschaften. Diese gehört der Hedgefond-Invesmentgesellschaft Cheyne Capital mit Sitz auf Tortola, einer der britischen Jungferninseln. Vertreten wird Merlion-Wohnen durch die Berlin der Firma Velero Partner GmbH mit Sitz in Berlin. Die Hausverwaltung und Ansprechpartnerin für die Mieter soll die Tochterfirma Velereo Wohnen GmbH übernehmen. Der Mieterverein hatte nach Bekanntwerden des Verkaufes umgehend Kontakt zu Velero aufgenommen. Für Mitte August ist ein Termin mit der Geschäftsführung vereinbart.
„Die Gesprächsbereitschaft des Eigentümervertreters begrüßen wir. Sie ist für anonyme Fonds nicht selbstverständlich. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich im Vergleich zu klassischen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften um ein kurzfristiges Investment in Wohnungen handelt. Auslaufende Mietpreisbindungen und damit verbundene Wert- und Mietpreissteigerungen lassen den Hannibal 1 als Spekulationsobjekt anscheinend interessant sein. Wir machen uns Sorgen um die langfristige Entwicklung der Wohnanlage auch mit seiner besonderen Bedeutung für die Nordstadt.“, sagte Dr. Tobias Scholz.
Der Schwesterbau des Nordstadt-Hannibals in Dorstfeld sorgte vor zwei Jahren für Schlagzeilen, nachdem die Mieter wegen Brandschutzmängeln die Gebäude innerhalb einer Stunde verlassen mussten. Das Gebäude ist immer noch nicht bewohnbar.
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Solche Verkäufe schaffen keinen neuen Wohnraum sondern nur mehr Möglichkeiten, aus dem Bestand noch mehr an Rendite herauszuholen.
Ich schaue zurzeit ein Reportage über die "Neue Heimat". Das passt ja.
Aktuell zeigen sie viele Hochhäuser und Groß-Siedlungen, mit gewerkschaftlichem Geist.
Mir hat diese Art der Bebauung wie beim hannibal bisher gefallen. Auch im Rahmen der Klimaprobleme etc. halte ich diese Art der Bebauung für sinnvoll.
Wir werden sehen, wie sich das Gebäude weiter entwickeln wird.
Die beiden Hannibal-Komplexe in Dortmund sind eine wahre Fundgrube für Stadtplaner und Sozialwissenschaftler, die wissen wollen, was so alles in den 70ern schiefgelaufen ist im sozialen Wohnungsbau. Beide Komplexe wurden von der städtischen DOGEWO bestellt und in den ersten 30 Jahren verwaltet, von denselben Architekten geplant und innerhalb weniger Jahre fertiggestellt (der obige 3 Jahre früher als der in Dorstfeld), aber unterschiedlicher können sich zwei fast gleiche Objekte gar nicht entwickeln. Hannibal I wird wohl auch unter "Heuschrecken" weiterleben, während Hannibal II seit Jahren leersteht und langsam verschimmelt und dessen Ex-Mieter immer noch nicht wissen, wie es für sie weitergehen soll.
Beide Komplexe entstanden infolge des städtebaulichen Brutalo-Kahlschlags der frühen Siebziger in Dortmund, aber während der erste Hannibal passgenau in die vorhandene Block-Bebauung der Nordstadt eingefügt wurde, entstand für den Dorstfelder Hannibal II eine eigene, vom Rest des Vororts völlig isolierte Siedlung – wobei der gesamte Vorort Dorstfeld sowieso schon Spielball planerischen Irrsinns und politischer Arroganz war, was dann eine sehr lebhafte Hausbesetzerszene erzeugte, die später zum Auszug der Studenten und danach zum Einzug der Neonazis in die ehemals besetzten Häuser führte.
Während Hannibal I eine eher "normale" Abnutzung erfuhr und von schweren Baupannen verschont blieb, war der Hannibal II in Dortmund zum Schluss – kurz vor der Stilllegung durch die Stadt – ein einziger Reparatur- und Sanierungsstau. Und trotzdem sind auch dessen (Ex-)Mieter von den Zuschnitten der Wohnungen derart angetan, dass sich kaum Jemand einen freiwilligen Auszug aus den Hannibals vorstellen konnte – was sich an der Bornstraße, nachdem dort seit einigen Tagen feststeht, dass das direkt gegenüber dem Hannibal I befindliche, komplett leerstehende "Horrorhaus" an der Kielstraße endlich abgerissen wird (https://www.ruhr24.de/dortmund/abriss-2019-das-horrorhaus-an-der-kielstrasse-soll-weg-152360/), auch noch verfestigen wird.
Trotz allem hat sich mit den beiden Projekten und deren großräumiger Kahlschlag-Planung keine damals erhoffte Verbesserung der sozialen Situation in den jeweiligen Strukturen ergeben; sowohl die Nordstadt als auch Dorstfeld leiden heute mehr denn je unter sozialen Nöten, einem "Absteiger"-Image im Vergleich zu anderen Stadtteilen (Dorstfeld halt auch mit seinen Nazis) und der stark gesunkenen Kaufkraft der Bewohner.
Bevor Jemand auf die naheliegende Frage kommt, warum die Stadt Dortmund bei der jetzigen Wohnungsnot ein 18-stöckiges Hochhaus mit über hundert Wohnungen einfach plattmacht: Für den Kauf der alle in Einzel-Privatbesitz befundenen Wohnungen hat die Stadt 2,5 Mio. aus einem Stadterneuerungstopf des Landes bekommen, der nur die öffentliche Nutzung für Neu- oder sanierte Altbauten zulässt. Da kommt also eine große Kindertagesstätte hin.