Dortmund: Trotz ‚Tiger‘ Effenberg – Paderborn ist eben dann doch kein ‚Mini-FC Bayern‘

Gonzalo Castro tat sich zu Saisonbeginn mit dem Lächeln schwer. Foto: Robin Patzwaldt
Gonzalo Castro tat sich zu Saisonbeginn mit dem Lächeln noch schwer. Foto: Robin Patzwaldt

Es war eines dieser typischen Spiele, wo der Favorit von Anfang an nichts zu gewinnen hatte. Denn wenn ein ambitionierter Erstligist gegen einen Zweitligisten im DFB-Pokal daheim anzutreten hat, dann rechnet eigentlich jeder mit dessen Weiterkommen.

Was den gestrigen Abend in Dortmund dann im Vorfeld doch etwas spannender gemacht hat, als die übliche Ansetzung noch bei der Auslosung es hatte vermuten lassen, das war der kürzlich erfolgte Trainerwechsel beim SC Paderborn, als vor wenigen Wochen ‚Tiger‘ Stefan Effenberg das Amt dort übernahm.

Sein ‚Brüllen‘ vor der Begegnung war ja schon deutlich zu vernehmen, und es hat der Begegnung eben auch ein Stück weit mehr Aufmerksamkeit bei Fans und Medien beschert. So hatte die Partie dann vor dem Anpfiff dann doch plötzlich ein gewisses Überraschungspotential. Zumindest in den Augen vieler.

Dieser zusätzlichen medialen Aufmerksamkeit war es wohl auch zu verdanken, dass letztendlich dann auch rund 75.000 Zuschauer den Weg in die Dortmunder Arena fanden. Wahrlich eine stolze Ausbeute für ein Spiel eines Bundesligisten gegen einen traditionell wenig Glanz versprühenden Zweitligisten. Man könnte es neben der traditionellen großen Begeisterung der BVB-Anhänger in der Region wohl auch den ‚Effenberg-Effekt‘ nennen.

Dass BVB-Coach Thomas Tuchel sich trotzdem traute mit Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang ausgerechnet zwei seiner absoluten Leistungsträger nicht zu berücksichtigen, bzw. nur auf die ‚Bank‘ zu setzen, welche beim letzten Heimspiel gegen den FC Augsburg ausgerechnet die großen Matchwinner waren, das bewies dessen Mut. Denn zuletzt hatte die Borussia mit Rotationen in Saloniki und Hoffenheim ja so gar keine guten Erfahrungen gemacht.

Nachdem der BVB dann auch tatsächlich, durch einen kapitalen Konzentrationsfehler von Roman Bürki, Mitte der ersten Halbzeit, plötzlich mit 0:1 in Rückstand geriet, da fühlte sich manch ein Skeptiker sicher auch schon an die üblen Erlebnisse in der DFB-Pokalgeschichte der Dortmunder erinnert. Dass es dann gestern für den BVB dann aber doch ganz anders kam, das Team bereits bis zur Halbzeitpause das Spiel mit drei eigenen Treffern relativ locker umdrehte, in Halbzeit Zwei sogar noch vier weitere eigene Tore nachlegte, ohne in der Defensive noch einmal so richtig gefordert zu werden, das war dann der aus BVB-Sicht erfreuliche Teil der Veranstaltung. Ein 7:1-Erfolg kommt auch im Pokal dann doch nur recht selten vor.

Die Schwarzgelben haben dem Tiger, obwohl viele Vorzeichen einem hätte etwas anderes suggerieren können, dann letztendlich doch ganz klar die Grenzen aufgewiesen.
Auch ein Trainer Effenberg, der mit seiner Mannschaft beide bisherigen Spiele in Liga 2 gewann, dabei nicht einmal ein Gegentor kassierte, hat eben nur einen so großen Motivationseffekt wie ihn die gegnerische Mannschaft zulässt. Und so war gestern eben letztendlich dann doch ein Klassenunterschied zwischen beiden Teams zu beobachten. Mindestens!

Aus Dortmunder-Sicht hatte der Abend aber noch weitere positive Erkenntnisse. Erstmals gelang das Experiment mit der freiwilligen Rotation. Wenn diese auch längst nicht so umfassend praktiziert wurde wie zuletzt. Auch die Abhängigkeit im Sturm war gestern dann, zumindest eben in diesem einen Spiel, dann doch längst nicht so groß, wie ich es am Montag noch an dieser Stelle grundsätzlich befürchtet hatte.
Sechs Torschützen bei stolzen sieben Treffern, das hatte schon was.
OK, Paderborn ist letztendlich dann eben doch auch nur Paderborn, doch auch das muss man als Top-Mannschaft erst einmal so hinbekommen.

Positiv natürlich zudem, dass Sommerneuzugang Gonzalo Castro, der in den ersten Wochen der Saison in seiner neuen Heimat nur relativ wenig zu lachen hatte, der häufig nicht in der Startelf stand, oder, wenn er es tat, enttäuschte, seinen Aufwärtstrend der letzten Wochen fortsetzen konnte, diesmal mit zwei eigenen Toren und zwei Vorlagen sogar der ‚Matchwinner‘ im Team des BVB war.

Wie gut ihm persönlich das tat, das konnte man unmittelbar an seinem Gesichtsausdruck ablesen. Der traditionell eher missmutig blickende Ex-Nationalspieler wirkte für seine Verhältnisse anschließend total relaxt und fröhlich. Es sei ihm gegönnt.

Und auch wenn sich heute Morgen viele Schwarzgelbe ob der eindeutigen Demonstration der Stärke freuen werden, die Breite im Kader gestern erfreulich zu beobachten war, die Moral der Mannschaft einmal mehr zu überzeugen vermochte, sollte man das Gesehene auch nicht überinterpretieren. Paderborn ist eben letztendlich doch auch nur Paderborn, auch wenn dort in letzter Zeit durch die Verpflichtung von Stefan Effenberg teilweise ein Weindruck erweckt worden ist, als handele sich um eine Art Mini-FC Bayern. Dass dem eben nicht so ist hat auch Stefan Effenberg gestern spätestens erkennen müssen. All seinen Sprüchen im Vorfeld der Begegnung, von welchen auch der BVB durch erhöhtes Zuschauerinteresse profitiert haben dürfte, zum Trotz.

Für den BVB heißt es nun, mundabwischen, weitermachen. In der Liga geht es schon am Samstag an die Weser zum SV Werder. Das nächste Spiel in dem man nicht viel gewinnen, aber einiges verlieren kann…

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

Ich hab mich gestern auch sehr über Castros Superleistung gefreut – ebenso über die von Kagawa in den letzten Spielen (übrigens sehe ich das genauso bei Kampl, der jetzt bei den Bayer-Pillen aufdreht). Alle kamen zum BvB (zurück), als die gesamte Mannschaft die Köpfe kurz über den Kniescheiben baumeln ließen, als es keinen Mut, keinen Plan und elendig viel Unsicherheit gab.

Nun hat Tuchel nach extrem kurzer Zeit daraus eine fast bayern-starke Mentaltruppe geformt, bei der das Gefühl der Stärke, aber auch der großen Geduld überwiegt und auch im "zweiten Anzug" durchgängig funktioniert. Großen Respekt!

Und zu Bürki: er soll sich im Training von Weidenfeller fernhalten, sonst färbt da zuviel ab;-)))

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

Robin, evt. ist das zu esoterisch gedacht:), aber grad bei Verletzungen hatte ich die letzten Spiele immer Angstschweiß auf der Stirn, wenn Spieler wie Ginter, Bender oder Schmelle sich nach üblen Fouls minutenlang am Boden wälzten – aber dann gottseidank problemlos weiterspielen konnten, während das letzte Saison (auch schon davor) mind. 8 Wochen Pause bedeutete.

Glück? Zaubertrank? Gutes Karma von Tuchel? Man weiß es nicht…

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