Ein Unabhängiges Zentrum (UZ) in Dortmund scheitert laut Kulturdezernent Jörg Stüdemann an dem Fehlen fester Ansprechpartner in der Initiative für einen kulturellen Freiraum – allerdings sieht die Verwaltung ohnehin keinen Spielraum für eine dauerhafte Zwischennutzung städtischen Leerstands. Die Fronten sind verhärtet. Zwei Jahre nach der Besetzung der Kronen-Brauerei hat sich das Feld der Engagierten in Dortmund ausgedünnt. Dem soll nun das „Netzwerk X“ Abhilfe schaffen. Ein Beitrag von unserem Gastautor Jonas Mueller-Töwe mit Fotos von Jérome Gerull.
Was aus Dortmunder Perspektive zunächst nach Notlösung klingt, könnte vielmehr ein erster Schritt sein, eine freie Künstler-Allianz ruhrgebietsweit zu institutionalisieren. So soll das offene Projekt, das bei seinen Treffen in der Essener Zeche Carl residiert, laut Selbstverständnis „kulturpolitisch (…) die ökonomischen Ressourcen für intensivere und nachhaltigere Kooperationen und die Etablierung von überlokal wahrnehmbaren Räumen“ erstreiten. Also auch als Anlaufstelle für die kommunalen Verwaltungen dienen. Aus Sicht des Dortmunder Kulturdezernenten Jörg Stüdemann war bislang ein zentrales Problem der UZ-Initiative, dass keine Ansprechpartner vorhanden waren, die sich persönlich über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren an das Projekt binden wollten.
„Die politisch symbolische Forderung vor zwei Jahren war nachvollziehbar“, sagt Stüdemann. Politik und Verwaltung seien mit dem „Aktionsfonds Freie Kunst“ einer zentralen Forderung der Initiative nachgekommen. Der Fonds, mittlerweile im Haushalt festgeschrieben, soll „25.000 Euro plus X“ unkompliziert freien Kunst-Initiativen in Beträgen zwischen 500 und 1000 Euro zur Verfügung stellen. Ein Ratsbeschluss zur Rockmusik-Förderung soll bald folgen. Außerdem wolle die Verwaltung den Raumbedarf von freien Künstlern bald in einer öffentlichen Diskussionsrunde klären.
Benötigte Arbeitsräume könnten im „Huckepack-Verfahren“, also über bereits bestehende Projekte, geschaffen werden, sagt Stüdemann. Man befinde sich unter anderem mit Vereinen im Gespräch über drei – überwiegend städtische – Objekte, in denen Räume zur kurzfristigen Miete geschaffen werden könnten. „Dabei geht es allerdings nicht um Präsentationsräume“, räumt er ein. Dafür sehe die Verwaltung aber zunächst auch keinen zwingenden Bedarf. „Wir haben keinen Raummangel im Kulturbereich.“ Zudem habe die Verwaltung eine Veranstaltung der Initiative im Museum am Ostwall ermöglicht – aus Sicht der Initiative ein potentieller Präzedenzfall für zukünftige Kooperationen.
Über Einzelveranstaltungen hinaus seien Zwischennutzungen von städtischem Leerstand abseits des „Huckepack-Verfahrens“ hingegen unwahrscheinlich, sagt Stüdemann. Bereits in einer Stellungnahme vor zwei Jahren hatte er betont, die „Nutzungsüberlassung“ von Immobilien in städtischem Besitz reduziere die „Vermarktungschancen bzw. den erzielbaren Kaufpreis“ und sei deswegen nicht zu empfehlen. Daran hat sich auch zwei Jahre später nichts geändert: Die UZ-Initiative habe stets angekündigt, das Objekt nach einem gewissen Zeitraum zum Ausgangspreis kaufen zu wollen – auch für Privateigentümer sei das keine lohnende Aussicht. Die Kulturpolitik der Stadt hingegen sieht er bestätigt.
„Früher blieben etwa 25 Prozent der Studenten, die ein im weiten Sinne kreatives Studienfach belegt haben, nach ihrem Abschluss hier in Dortmund – heute sind es etwa 45 Prozent“, sagt Stüdemann. Zudem sei die Stadt auch in Krisensituation sehr seriös mit dem Kulturbereich umgegangen. „Wir haben hier keine Hamburger Verhältnisse.“
In den Reihen der UZ-Initiative räumt man zwar ein, dass sich die Reihe der Engagierten etwas gelichtet habe. Das sei allerdings auch als Reaktion auf die fortwährend schwierigen Verhandlungen zu verstehen. Bereits Ende 2010 hatte UZ mitgeteilt, sich nicht erneut städtischen Auflagen unterwerfen zu wollen. „In einer Zwangsjacke lässt sich schlecht etwas bewegen. Mit Kreativität hat das nichts zu tun. Mit Wandel schon gar nicht“, so die damalige Pressemitteilung. Eine Abendveranstaltung im Museum am Ostwall sei verboten, eine Nachmittagsnutzung nur unter Aufsicht städtischen Wachpersonals genehmigt worden.
„Wer behauptet, dass es in Dortmund genügend Präsentationsräume für Kultur gibt, weiß nicht, wovon er spricht“, sagt Stadtsoziologe Tino Buchholz, der die Initiative begleitete. „UZDO steht für Andersartigkeit und Utopie – woran das Unabhängige Zentrum bislang gescheitert ist, sind bürokratischer Übereifer und fehlende Kreativität in der Stadtentwicklung.“ Durch das Netzwerk X sei die Initiative nun unmittelbar handlungsfähig, um gemeinsam mit anderen einen Unterschied im gesamten Ruhrgebiet zu machen.
Wie das funktionieren soll – auch gegen Widerstände – darüber will das Netzwerk in einer ersten Konferenz (Link: http://www-stud.uni-due.de/~sfanfall/du-kultur/) am Wochenende (22. – 24. Juni) sprechen.
Super interessante Geschichte. Bitte auf dem Laufendem halten.