Die Fußballwelt hier im Ruhrgebiet scheint derzeit schon emotional zu sein, doch die ‚wahren Dramen‘ in der Bundesliga spielen sich aktuell wohl unbestritten im Tabellenkeller ab. Ungeachtet davon, ob man es mit einem der aktuell noch immer sechs Teams hält, welche aktuell um den Ligaverbleib kämpfen, dieser Faszination kann man sich als Fußballfreund wirklich nur sehr schwer entziehen.
Und das Drama entscheidet sich nun tatsächlich auch erst nachte Woche, am letzten Saisonspieltag. Nicht nur, dass die Entscheidung gestern noch nicht viel, im Gegenteil, der 33. Spieltag tat noch einmal viel dafür, dass sich die Spannung im Abstiegskampf noch einmal deutlich vergrößert hat. Nach drei knappen 2:1-Siegen von Stuttgart (gegen Hamburg), Hannover (in Augsburg) und auch Freiburg (gegen den FC Bayern), hat sich die Lage im Abstiegskampf am Samstag noch einmal kräftig verschärft, plötzlich den zuletzt bereits fast schon als gerettet gefeierten HSV wieder in größte Not gestürzt. Dieser kann nun selbst bei einem eigenen Heimsieg gegen den FC Schalke mal vorausgesetzt in der nächsten Woche, ohne ‚Schützenhilfe‘ der anderen Clubs die Liga nicht mehr halten. Dem ‚Dino‘ droht plötzlich doch wieder die Vertreibung aus dem (Fußball-)Paradies. Aber der Reihe nach. Dass der bisherige Tabellenletzte aus Stuttgart nämlich den HSV gestern mit 2:1 schlug, war nämlich nur ein Teilaspekt eines zumindest im Abstiegskampf äußerst dramatischen Saisonendspurts im Fußballoberhaus.
Schon ungewöhnlich, dass ausgerechnet die zuvor über Wochen so völlig glücklos erscheinenden Freiburger dann ausgerechnet die übermächtig erscheinenden Bayern, durch ein spätes Tor von ‚Joker‘ Petersen (in der 88. Minute), knapp und glücklich mit 2:1 schlagen, die großen Münchener damit, obwohl in einer Top-Besetzung angetreten, ihr drittes Ligaspiel in Folge verlieren. Nach Niederlagen in Leverkusen und gegen Augsburg zuletzt, kann der frisch gebackene Meister auch seiner Favoritenrolle beim Gastspiel im Breisgau nicht gerecht werden und lässt der Truppe von Christian Streich am Ende drei vermutlich recht unerwartete Punkte als Gastgeschenk im Schwarzwaldstadion. Der SCF hat nun sein angestrebtes Endspiel in Hannover.
Auch die Hannoveraner ihrerseits konnten gestern dreifach Punkte, endlich ihren ersten Rückrundensieg einfahren, indem sie in Augsburg überaus glücklich siegten. Dabei waren sie allerdings eben offenkundig doch sehr mit dem Glück im Bunde. Mehrere kritische Schiedsrichterentscheidungen gingen allesamt zu ihren Gunsten aus, beeinflussten so auch unmittelbar den Spielausgang. Letztendlich wird es der 96ern egal sein, war der erste Dreier der Rückrunde für den Club doch womöglich überlebenswichtig. Ein weiterer Beleg dafür, wie sehr auch Glück und Pech am Ende über das Schicksal ganzer Proficlubs entscheiden können.
Denn während Freiburg und Hannover nach eigenem Bekunden an diesem Nachmittag mit dem Glück durchaus im Bunde waren, bildet der SC Paderborn am Samstag das krasse Gegenbeispiel: Gut gespielt, etliche Torchancen erarbeitet, und am Ende dann ausgerechnet durch ein spätes Eigentor auf Schalke verloren. Viel bitterer kann es im Abstiegskampf ja gar nichtlaufen, als das was die Ostwestfalen gestern miterleben mussten. Mit der deutlich schlechtesten Tordifferenz ausgestattet, und nun kurz vor dem Saisonende auch noch auf Rang 18 zurückgefallen, wird nur noch ein kleines Fußballwunder den Paderbornern zum Klassenerhalt verhelfen können. Mehr als der Relegationsplatz erscheint für die Breitenreiter-Elf dabei auch rechnerisch schon nicht mehr möglich.
Durch ein müdes, torloses Unentschieden gegen die Frankfurter Eintracht bleibt auch die Berliner Hertha noch mit in der Verlosung ‚3 aus 6‘. Doch es müsste schon einiges passieren am nächsten Samstag, damit es die Berliner noch ‚erwischt‘.
Wahrscheinlicher erscheint es aktuell doch, dass die Entscheidung im Abstieg vor allem in den direkten Duellen der Abstiegskandidaten Hannover (15.) vs. Freiburg (14.) und Paderborn(18.) vs. Stuttgart (16.) fällt. Zudem hat der HSV (17.) gegen Schalke auch noch den schon erwähnten Pflichtsieg im heimischen Stadion im Volkspark vor der Brust.
Wen es dann am Ende erwischen wird, das klärt sich vermutlich erst in den letzten Minuten der am kommenden Wochenende zu Ende gehenden Bundesligasaison.
Und auch wenn viele Fans zuletzt eine Nachlassende Spannung in der Bundesliga beklagten (ich selber ja übrigens auch), und das wohl natürlich auch völlig zu Recht, der spektakuläre Abstiegskampf entschädigt aktuell doch irgendwie auch ein Stück weit für so einigen Spannungsverlust zuletzt an der Tabellenspitze.
Ein Dank dafür gebührt indirekt auch den Machern des Spielplans. Wer hätte schon im letzten Sommer geahnt welch hohe Bedeutung den nun anstehenden direkten Duellen am nächsten Samstag einmal zukommen würde?
Wer dann am Ende tief durchpustet und welches der Fanlager dann in tiefer Trauer versinken wird, das lässt sich aktuell noch immer nur erraten. Fundierte Prognosen erscheinen unmöglich. Schön so! Zumindest aus neutraler Sicht…
So ein Abstiegskampf ist doch eh in der Regel spannender als das Gegenstück in den Gipfelregionen, wo doch meistens nur zwei um den Titel kämpfen. Dem Kampf um die CL-und ELplätze fehlt doch die existenzielle Würze, dieses Sein oder Nichtsein Drama. Interessant aber ist, dass viele jetzt vom spannendsten Abstiegskampf aller Zeiten sprechen. Der wirklich spannendste bis heute war ja wohl 99,als der Club in der Schlussminute der Saison abstieg, von Platz 12 ab in die 2. Liga. Die Radiokonferenz auf CD ist ein Klassiker!! Spannender sicherlich auch die 69er Aufführung, in der nach dem 32. Spieltag erst Schalke als Siebter mit 33-31 Punkten in Sicherheit war, 18. war der BVB mit 27-37, 17. OFC 28-36. Wie in Dortmund noch bekannt sein dürfte, entschied sich der Abstiegskampf am letzten Spieltag in zwei direkten Duellen. BVB-OFC 3:0 und Köln-Club 3:0. Der Club verschwand als TV und damaliger Rekordmeister weit vor den Bayern in dieser Wertung für neun Jahre in der Zweitklassigkeit.
@Thomas: Unvergessen für mich ganz persönlich auch die Relegation des BVB im Jahre 1986 gegen Fortuna Köln. Jürgen Wegmann mit seinem späten Tor in Dortmund, welches überhaupt erst ein drittes und entscheidendes Spiel in Düsseldorf erzwang, was der BVB dann leicht und locker mit 8:0 gewann. Man, was hatte ich für einen Blutdruck damals beim Heimspiel im Westfalenstadion…. 🙂
Ja @Robin, diese Spiele sind es, die die Hersteller von Blutdrucksenkern und Betablockern in gehobene Stimmung versetzen.
@Robin, apropos Relegation: Ich stand damals unten direkt am Spielfeldzaun der Süd und hab "Kobra" Jürgen Wegmann in der 87. nach einer misslungenen Aktion im linken Strafraumbereich angeschrien, dass er sich gefälligst nochmal den Ar… aufreißen soll, worauf er, ziemlich am körperlichen Ende, nur noch mit den Schultern zuckte. Was danach passierte, wissen wir. Und der zwangsläufig folgende, unglaublich unwetterartige "Roarr" der Süd direkt in meinem Rücken hat sich wohl in meine DNA eintätowiert;-)
Wenn wir hier schon von 'alten Zeiten' schwärmen, dann möchte ich noch kurz ergänzen, dass die meiner Meinung nach beste Stimmung, die ich beim BVB je erlebt habe, beim UEFA-Cup-Finale 1993 gegen Juventus Turin herrschte. Damals, auch noch im 'kleinen' Westfalenstadion, war die Stimmung auf der 'Süd' genial. Die Tribüne hat beim gemeinsamen Hüpfen der Fans so sehr ‚gewippt‘, wie ich es danach nie wieder erlebt habe. Zumindest solange der BVB in dem spiel noch nicht in Rückstand lag. 😉 Durch den Ausbau des Stadions hat die Stimmung danach dann, meiner Meinung nach, nie wieder diese geniale Intensität gehabt… Ach ja, offenkundig inzwischen allesamt ‚alt‘ gewordene Leute kommen hier gerade offensichtlich gemeinsam ins Schwärmen 😉 😀