Wer eine Wohnung mietet, muss sich um Strom kümmern, um Telefon und Internet. Um die Wasserversorgung kümmert sich in der Regel der Vermieter. Aber was, wenn nicht? In Dortmund wurde Mietern in den letzten Monaten mehrmals beinahe das Wasser abgedreht, weil die Betriebskosten, die sie mit ihrer Miete zahlten, nicht an den Wasserversorger weitergeleitet wurden. Die Vermieterin: CFE Portfolio, eine Immobilienfirma aus der Schweiz.
„Ich war wirklich überrascht“, sagt José Luis Algaba Domene. Seine Eltern, beide über 70 Jahre alt, wohnen seit 30 Jahren in einem Haus in der Lambachstraße. Im Haus und in der Wohnung gibt es schon länger Mängel, doch was letzten Sommer begann, verschlug ihm die Sprache: „Als ich aus dem Urlaub kam und die Post der Eltern öffnete, fand ich einen Brief, in dem stand, dass das Wasser gesperrt werde, weil die Betriebskosten nicht bezahlt wurden.“ Weil der angekündigte Zeitpunkt schon verstrichen war, ohne dass etwas passiert war, kümmerte sich der 50-Jährige nicht weiter darum. Vor einigen Monaten der nächste Brief: Wieder wurde die Sperrung angekündigt, wieder, weil nicht gezahlt worden war. Er habe sich sofort mit dem örtlichen Wasserversorger DEW21 und dem Mieterverein Dortmund in Verbindung gesetzt und erlebte die nächste Überraschung: Der Name des Vermieters, CFE Portfolio, sei dort kein unbekannter.
Laut Mieterverein Dortmund wurden in mindestens 17 Dortmunder Häusern des Immobilienunternehmens in den letzten sechs Monaten Wassersperrungen angedroht, weil Zahlungen nicht ankamen. Der Dortmunder Algaba Domene ist nicht allein. Die Aktiengesellschaft CFE hat Immobilien im gesamten Bundesgebiet, auch in Essen oder Wuppertal berichteten Medien über Mängel. In der Wohnung von Algaba Domenes Eltern ist fast jedes Zimmer betroffen: „Die Haustür bleibt offen stehen, im Hausflur, in der Küche und im Bad gibt es seit Jahren Feuchtigkeitsschäden, die einfach nicht repariert werden.“ Eine Flurreinigung habe es nie gegeben, berechnet worden sei sie trotzdem.
Solche Mängel sind unangenehm, lassen sich aber eine gewisse Zeit lang aushalten. Wasser hingegen ist für jeden Menschen unverzichtbar – und die Mietparteien von der CFE AG abhängig, denn etwas mitzureden haben sie dabei nicht: Vertragspartner des Wasserversorgers sind aus haftungsrechtlichen Gründen nicht die Bewohner, sondern die Eigentümer, ihnen gehört auch die im Haus installierte Versorgungsanlage. „Generell sind Sperrungen die letzte Möglichkeit und haben immer eine lange Vorgeschichte“, sagt Gabi Dobovisek, Pressesprecherin des Dortmunder Energieversorgers DEW21. Zum Fall CFE kann sie sich aus vertragsrechtlichen Gründen nicht äußern, teilt aber mit: Bevor DEW21 Wohnungen nicht mehr mit Wasser beliefert, müssten sich Zahlungsrückstände über Monate anhäufen. Auch wird nicht einfach die Zufuhr gekappt – erst nach zwei schriftlichen Mahnungen wird die Sperrung, vier Wochen im Voraus, angekündigt.
CFE schiebt Verantwortung ab
Unvollständige Akten vom Vorverwalter, Preiserhöhungen, die noch dazu nicht an die Mieter weitergeleitet worden seien – darin sieht das Unternehmen die Gründe für Probleme mit „diversen notleidenden Immobilien“. Die Häuser befänden sich außerdem in „sozialen Brennpunkten“, die die Stadt Dortmund nicht in den Griff bekomme. Das will Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund nicht stehen lassen: „Wer wie CFE ein nach eigener Aussage ‚notleidendes Immobilienportfolio‘ kauft, muss sich möglicher Risiken bewusst sein. Hier wird auf dem Rücken der Mieter mit Wohnungen spekuliert.“ Auch der Einwand zu sozialen Brennpunkten hinkt laut Scholz: „CFE Portfolio vernachlässigt nicht nur Häuser in der stigmatisierten Nordstadt, sondern auch im aufstrebenden Union- oder im Saarlandstraßenviertel.“
DEW21 will „nachhaltige Lösungspakete für Rückstände bieten“, betont Gabi Dobovisek. Wenn eine Wassersperrung droht, werden darum nicht nur die betroffenen Mietparteien und Vermieter kontaktiert, sondern auch der Mieterverein und Behörden wie das Amt für Wohnungswesen oder das Sozialamt, um gemeinsam Lösungen wie Ratenzahlungen zu vereinbaren. Das rät auch Tobias Scholz: „Wir empfehlen betroffenen Mitgliedern dringend, sich umgehend bei unserer Rechtsberatung zu melden und sich mit der Nachbarschaft abzusprechen.“
Gemeinsam haben so alle Beteiligten einen Weg gefunden: Sollte wieder eine Sperrung drohen, wollen sie die Betriebskosten nicht mehr an die CFE AG zahlen, sondern direkt an DEW21 umleiten. Im Moment ist dieser Schritt nicht nötig, „angeblich hat CFE bis zum Jahresende im Voraus gezahlt“, hat José Algaba Domene gehört. Vor Kurzem hat DEW21 wieder eine Wassersperrung in einem CFE-Haus angekündigt, diesmal in der Alsenstraße. Dort geht der Stress jetzt von vorn los.
Dieser Text erschien zuerst im aktuellen Mieterforum des Mieterverein Dortmund.
Wer ist CFE?
CFE Portfolio ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, eine deutsche Niederlassung gibt es in Berlin. Schon ein Blick ins schweizerische Handelsregister wirft Fragen auf: 1985 startete das Unternehmen unter dem Namen „Jet Sport AG“ als Vertrieb für Sportbekleidung und Schuhe. 2011 folgte die Umbenennung in „Alpena Real Estate“, schon 2012 die Umbenennung in „CFE Portfolio AG“. Zahlreiche Dortmunder Wohnhäuser wurden 2012 von der mittlerweile insolventen Kölner Vivacon AG übernommen.
Während im Internet kaum Informationen über CFE Portfolio zu finden sind, existiert unter der selben Züricher Adresse ein Unternehmen mit dem Namen „CFE AG“. Diese stellt ihre Leistungen online ausführlich vor – und macht ihre Linie unmissverständlich klar: „Überprüfung von Mieterhöhungsmöglichkeiten und Geltendmachung vertraglich vereinbarter Mieterhöhungen sowie der gesetzlichen Mieterhöhungsverlangen“ ist der erste Punkt, erst danach folgt die „Betreuung der Mieter in allen Belangen“. An anderer Stelle heißt es, an Eigentümer gerichtet: „Wir sorgen dafür, daß [sic] Sie maximal entlastet sind und kümmern uns um die Steigerung der uns anvertrauten Werte; damit Sie den Ertrag Ihres Zinshauses in Ruhe genießen können.“