Ein Toter, zahlreiche Verletzte und ein terroristischer Hintergrund. Die Menschen in Duisburg hätten gute Gründe, auf die Straße zu gehen, den Opfern ihre Solidarität zu zeigen und gegen den Terror zu protestieren. Warum tun sie es nicht?
Der Generalbundesanwalt Peter Frank hat die Ermittlungen nach der mutmaßlich vom in U-Haft sitzenden Syrer Maan Dahtal (26) begangenen Messerattacken, bei denen ein Mann ermordet und mehrere Menschen verletzt wurden, übernommen. Dem Spiegel teilte die Behörde mit, es gäbe „Anhaltspunkte für eine islamistische Tatmotivation“.
Es gäbe gute Gründe für die Duisburger, jetzt auf die Straße zu gehen. Einer ihrer Mitbürger, Irfan D. (35), war in der Nacht zu Ostersonntag brutal ermordet worden. In einem Fitnessstudio wurden weitere Menschen dem zum Teil schwer verletzt. Die Stadt und ihre Bürger könnten ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen setzen. Sie könnten dagegen demonstrieren, dass ein Islamist Menschen aus ihren Reihen umbringt und verletzt. Doch sie tun es nicht. Auf Nachfrage teilt die Polizei mit, es gäbe keine Anmeldungen für Proteste im Zusammenhang mit den islamistischen Anschlägen. Nur eine Demonstration würde heute stattfinden und deren Thema sei die Wahl in der Türkei.
Würde es sich bei Maan Dahtal nicht mutmaßlich um einen Islamisten handeln, sondern um einen Rechtsradikalen, wäre das anders: Aus guten Gründen gäbe es Demonstrationen und Mahnwachen, Politiker würden sich öffentlich gegen die Nazis stellen und einen Aufstand der Anständigen fordern. Nichts daran wäre falsch und alles richtig.
Falsch ist nur, dass all das nicht geschieht, wenn der Täter offenbar Islamist ist. Dass der Islamismus in vielen Bereichen Parallelen zum Rechtsradikalismus aufweist, scheint nicht zu interessieren: Islamisten sind Antisemiten, lehnen Demokratie und Aufklärung ab, wollen eine Diktatur errichten und ihre Gegner umbringen. Die Mitte der Gesellschaft versagt beim Protest gegen den Islamismus. Dahtal, Muslim und Flüchtling, ist offenbar der falsche Täter. Er passt nicht ins Schema. Doch alle Opfer von Terrorismus haben Solidarität verdient. Die ideologischen Hintergründe der Tat dürfen dabei keine Rolle spielen.