Gastronomie- und kulturmäßig war es in Duisburg lange Zeit nicht zum Besten bestellt: Ein gastronomisches Zentrum in Zentrum fehlt. Die Zeiten, in denen man sich um die Börsenstraße herum von einer coolen Location zur nächsten bewegen konnte: Sie sind lange vorbei.
Live-Musik im Epizentrum von Duisburg gibt es noch im INDIE und im Stapeltor, einem soziokulturellem Zentrum in der Nähe des Innenhafens. Ansonsten erinnerte das Zentrum der Ruhrgebietsstadt bisher an die entmilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea.
Aktuell passiert in Duisburg einiges um diesen unschönen Zustand zu verbessern: In Hochfeld gibt es seit einigen Monaten das Zentrum für Kultur, betrieben vom Verein Solidarische Gesellschaft der Vielen (SGDV). Jetzt hat die SGDV ein neues Projekt am Start. Die Ruhrbarone haben sich bei Özkan Ulucan umgesehen und hatten einige Fragen zum neuen Projekt „Hundesalon Amigo“.
Mehr Kultur in Duisburg
Dritter September 2022: Petrus hat es an diesem Tage nochmal gut gemeint, die Septembersonne scheint an diesem Samstag sogar über Duisburg. Gut für die ersten Besucher des Hundesalons Amigo: Hunde werden hier nicht mehr frisiert, der Verein Solidarische Gesellschaft der Vielen (SGDV) arbeitet hier an einer Location für Live-Events und Kultur. Özkan Ulucan und Lena Wiese, Herz und Hände des Vereins, schenken den Gästen Bier aus. Die Stimmung ist gut. Özkan Ulucan führt Interessierte durch die Räumlichkeiten. Der Keller, hohe Wände aus Backsteinmauern, erinnert an einen Lost Place, der auch ein perfekter Drehort für einen Horrorfilm wäre. Hier ist noch viel zu tun, bis es hier die ersten kulturellen Events geben wird.
Wesentlich heimeliger geht es einen kurzen Fußweg weiter zu: In der ehemaligen Eckkneipe „Zum St. Johann“ auf der St-Johann-Straße 18 findet man jetzt das ZK Hochfeld. Seit April 2022 kann man hier am Donnerstag, Freitag und Samstag sein Bier oder andere Getränke genießen: Der große Pluspunkt des Ladens ist, in meinen Augen, die extrem angenehme und fast familiäre Atmosphäre. Bei gutem Wetter stehen Biergarnituren vor dem neuen Kulturzentrum. Richtig laut wird es, auch bei Vollbesetzung nicht. Stress mit den Nachbarn gibt es nicht: Der Vorteil eines Stadtteils wie Hochfeld, in dem es selten leise zugeht.
Zentrum für Kultur in Hochfeld
Die Lichtwerbung am Zentrum für Kultur erinnert noch an die frühere Eckkneipe, die hier ihre Räumlichkeiten hatte. „Das war früher eine Kneipe, eine alteingesessene aus den 80er Jahren. Mit sehr viel Rustikal. Ruhrgebietscharme. Alles vertäfelt in Holz, deutsche Eiche. Riesensystem an Belüftung.“, erzählt Özkan Ulucan über den Ort, an dem er nun täglich mit Bürokram, Sozialberatung und als Gastronom zu tun hat. Özkan Ulucan war bis vor zwei Jahren Betreiber des DJÄZZ, eines Clubs auf der Börsenstraße in Duisburg. In den 80er und 90er Jahren war dieser Ort das gastronomische Zentrum von Duisburg: Der Großteil der Häuser dort musste dieses Jahr weichen: Die Börsenstraße ist aktuell ein Trümmerfeld.
Seit Oktober 2021 ist jetzt die SGDV in den Räumlichkeiten auf der St.-Johann-Straße Ecke Saarbrücker Straße eingezogen. Seit April 2022 ist der Laden am geöffnet. Özkan Ulucan: „Wir hatten eigentlich Ersatz für das DJÄZZ gesucht, als Verein. Ich bin ja Pleite gegangen. Und jetzt haben wir Mitstreiter und den Verein und können das über den Verein betreiben.“ Kulturell bewegt der Verein – neben dem ZK – einiges in Hochfeld: Zum zweiten Mal fand diesen Sommer das Fest der Vielen im Rheinpark statt. Beim „Fest für Alle“ im Böninger Park fanden sich am vorletzten Sonntag 80 Gäste ein: Ein Achtungserfolg im Angesichts der ungünstigen Wetterbedingungen. An diesem 18. September 2022 regnete es wie aus Kübeln.
Auch wenn viele Einrichtungsgegenstände an das alte DJÄZZ erinnern und Özkan Ulucan für „personelle Kontinuität“ zum alten Laden steht, sehen die Betreiber das ZK nicht als Fortsetzung des alten Projektes: „Das DJäzz ist Geschichte. Das DJäzz hat in den Keller gehört. Dort in die Stadt. Es hat seine Tradition gehabt. Sein Vermächtnis werden wir bewahren, aber so wie es früher war, das wird nicht mehr funktionieren.“
Profit wird mit dem Projekt nicht: Die Arbeit des Vereins trägt sich aus Spenden und den Einnahmen an der Theke.
Geöffnet ist das ZK von Donnerstag bis Samstag, ab 19:00 Uhr bis „Open End“. Sozialberatung findet an jedem Dienstag und Mittwoch ab 12:00 Uhr statt. Die Kinderbücher am Tresen sind ein Zeichen, dass hier nicht nur Bier und sonstige Drinks serviert werden. Die Solidarische Gesellschaft der Vielen (SGDV) bietet hier Hilfestellung in einem der sozialen Brennpunkte von Duisburg: „Wir machen hier Bürokratiearbeit, besonders für die rumänischen und bulgarischen Leute. Wenn wieder Häuserräumungen waren, müssen alle Anträge neu gemacht werden.“
Hundesalon Amigo – die neue Außenstelle des ZK
Man arbeitet immer zu zweit, insgesamt schaffen sieben Leute fest für den Verein.
Neben der Arbeit im Zentrum für Kultur, wird aktuell auch auf der Musfeldstraße 110 geschafft. Dort ist die neue Außenstelle des Vereins: Der ehemalige „Hundesalon Amigo“, eine (teilweise) renovierungsbedürftige Location in direkter Nachbarschaft zur Innenstadt von Duisburg.
„Wir haben eine neue Location gefunden, die hier ist einfach zu klein, um Live-Musik zu machen. Wir haben gesucht und haben erstmal ein Auge auf den Bunker, der ganz in der Nähe ist, geworfen. Dann ist die Stadt Duisburg dazwischen gegangen, die GEBAG hat das dann gekauft.“ erzählt Özkan Ulucan, dem die Begeisterung über diesen Ort deutlich anzumerken ist. Er ist optimistisch, dass hier schnell etwas passieren kann: Der obere Bereich kann, wenn die Notausgänge geschaffen sind, genutzt werden. Die Planung des Vereines ist, zeitnah die oberen Etagen zu eröffnen, um kleine Live Acts durchzuführen und eine Kneipe zu starten. Der Keller soll Stück für Stück renoviert werden: Zeitdruck hat man nicht um ein zweites soziokulturelles Zentrum, neben dem Stapeltor, zu starten: Näher an der Innenstadt und mit einer etwas älteren Zielgruppe, jenseits der 40.
Das Ziel des Vereins kein geringeres, als die quasi tote Innenstadt von Duisburg wieder gastronomisch und kulturell wiederzubeleben:
„Wir denken, wenn wir nur den oberen Raum machen würden, wären wir Anfang des nächsten Jahres fertig. Wenn beide Projekte, Keller und Oben, zeitgleich angepeilt werden, dann wäre September 2023 realistisch. Der Keller ist sehr, sehr, revonierungsbedürftig und es ist auch eine Geldfrage.“
Einen Unsicherheitsfaktor sieht Özkan Ulucan auch wegen der Coronalage – und eventuell neuen Restriktionen im Herbst: „Wir hier im Verein glauben schon, dass es zu Restriktionen kommen wird. Alle Auflagen sind ja gefallen. Wir glauben schon, dass da noch was kommt.“
Trotzdem ist man optimistisch, dass im ehemaligen Hundesalon Amigo – vor langer Zeit wurden in diesen Räumlichkeiten Därme gereinigt – demnächst der Grundstein für mehr Kultur und ein besseres Nachtleben in Duisburg gelegt wird.
Gut für die Stadt wäre es.
Möglichkeiten die SGDV zu unterstützen
Wer das Projekt mit Spenden oder die Solidarische Gesellschaft der Vielen (SGDV) als Fördermitglied unterstützen möchte:
[…] im Bereich der Vulkanstraße, fahren an einem ehemaligen Schlachthof – in dem bisher der Hundesalon Amigo seine Heimat hatte und in dem demnächst ein Kulturzentrum eröffnet – vorbei und kommen auf dem früheren Gelände der Theisen-Kabelwerke an. Auch hier ist […]