In den letzten Wochen ist der Duisburg-Hamborner Stadtteil Neumühl in negative Schlagzeilen geraten, weil ein paar Neumühler Anwohner eine Veranstaltung der rechtspopulistischen Pro NRW beigewohnt, und zum Teil sogar deren menschenverachtenden Parolen Beifall gezollt haben. Von unserem Gastautor Helmut Junge.
Das ist ein neues Element in Westdeutschland und kam selbst für Kenner der Neumühler Szene unerwartet, wenn auch nicht völlig überraschend, weil es im Vorfeld zu dieser Pro NRW- Veranstaltung schon öffentliche Auseinandersetzungen darüber gab, ob das Gebäude des unbenutzten Barbarakrankenhauses für die Aufnahme von Flüchtlingen in Frage käme oder nicht.
Es gab darüber etliche Berichte in den Medien und Neumühl wurde in einem Atemzug mit Rheinhausen genannt, einem Duisburger Stadtteil mit einer komplett anderen politischen Entwicklung. Es läßt sich nicht klein reden oder beschönigen, dass die negativen Diskussionen und natürlich erst Recht die nachgebrüllten Parolen von Pro NRW eine häßliche Facette aufdeckt, die in Neumühl bisher nicht öffentlich zu sehen war. Nun sollte dem Beobachter aber auch klar sein, dass ein paar Schreihälse, die gezielt eine Versammlung besuchen, nicht repräsentativ für einen Stadtteil mit 17000 Einwohnern sind.
In einem Stadtteil mit einer einigermaßen intakten Infrastruktur sollte es auch Initiativen der Mehrheitsbevölkerung geben, die diesem Auswuchs einer immerhin noch winzigen Minderheit ein lautstarkes „Nein“ entgegen ruft.
Genau dies beginnt jetzt mit einem Aufruf, der sich „Neumühler Erklärung“ nennt, und der vom Presbyterium der Ev. Kirchengemeinde Duisburg-Neumühl initIiert wurde, und dem sich bereits die Aktionsgemeinschaft Neumühler Kaufleute und Vereine e.V. und lt. Hörensagen einige andere Organisationen angeschlossen haben.
Der Aufruf erinnert daran, dass Neumühl bereits in der Vergangenheit zum Zufluchtsort vieler Menschen geworden ist, die Kriegs-und Krisengebieten der Welt entfliehen konnten, und dass das auch jetzt und in der Zukunft so sein soll und muß.
Dazu ist Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Dazu gehört die Diskussion mit all den Bürgern, die bereit sind sich dieser Aufgabe zu stellen möchten, aber auch die Diskussion mit denjenigen, die aus Angst vor der eigenen Zukunft den falschen Parolen nachlaufen möchten.
Am Donnerstag den 31. Oktober, 17.00 Uhr, werden wir uns in der Neumühler Gnadenkirche
Hohenzollernplatz 4 47167 Duisburg zur „öffentlichen Unterzeichnung“ treffen.
Dort werden dann weitere Vorschläge über gemeinsame Aktionen diskutiert und beschlossen.
Neumühler Erklärung
Wir Unterzeichnerinnen und Unterzeichner stehen fürein friedliches, tolerantes Miteinander aller Menschen in Duisburg-Neumühl.
Deshalb betonen wir:
Die Würde des Menschen ist unantastbar!
– erinnern wir: Bereits in der Vergangenheit wurde Neumühl
zur Heimat für viele Menschen am Ende der Flucht.
– unterstützen wir:
Menschen, die aus den Kriegs- und Krisengebieten
dieser Welt bei uns Schutz suchen.
Asyl ist ein Menschen- und Grundrecht– auch in Neumühl!
Wir hören: Viel zu viele Bürgerinnen und Bürgern unterscheiden nicht zwischen Asylsuchenden und rechtmäßigen Zuwanderern aus Südosteuropa. Sie erleben, wie ein kleiner Teil südosteuropäischer Zuwanderer an anderer Stelle Duisburgs die Gesetze missachtet. Deshalb befürchten sie die Zunahme von Kriminalität und Verelendung auch hier in Neumühl. Gleichzeitig übertragen sie aber dieses verurteilenswerte Verhalten Weniger pauschal auf alle Menschen ausländischer Herkunft.
Dem gegenüber wollen wir genau hinschauen und unterscheiden.
Wer bei uns Schutz sucht, der soll ihn auch erhalten.
Rechtsverletzungen müssen aber mit allen dem Rechtsstaat zu Gebote stehenden Mitteln unterbunden und geahndet werden.
So stehen wir für ein Miteinander auf dem Boden des Gesetzes ein.
Entsprechend wollen wir uns an Anstrengungen beteiligen, die einer Ghettoisierung und Zunahme von Rechtsverletzungen entgegenwirken. Es ist uns bewusst, dass es dabei keine einfachen Lösungen geben wird.
Wer dies behauptet, handelt unverantwortlich.
Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und die pauschale Diskriminierungen von Menschengruppen sind keine akzeptablen Möglichkeiten für unser Handeln. Gerade in Neumühl wurde in vielen Jahrzehnten bewiesen, dass es Wege zu einem friedlichen Miteinander gab und gibt.
Gemeinsam wollen wir so für die Wahrung der Menschenrechte in Neumühl eintreten und uns für ein gutes Zusammenleben aller Neumühler engagieren!
Die WAZ berichtet über das Treffen zur Unterzeichnung der Neumühler Erklärung, im Lokalteil Duisburg leider nur kurz.
Dafür aber im Lokalteil Duisburg-Nord sehr ausführlich:
https://www.derwesten.de/staedte/duisburg/nord/schulterschluss-gegen-rechtspopulismus-in-neumuehl-id8625465.html