Duisburg: Posse um eine Gedenkskulptur zur Loveparade-Katastrophe

In Duisburg nehmen die Peinlichkeiten rund um die Loveparade kein Ende. Gestern hat die Initiative Spendentrauermarsch bekannt gegeben, dass sich eine Jury unter 39 eingereichten Vorschlägen für eine Gedenkskulptur entschieden hat, die ihr in künstlerischer Hinsicht am geeignetsten erschien, an die getöteten und verletzten Opfer der Loveparade-Katastrophe zu erinnern.

Die Duisburger WAZ schreibt unter der Überschrift „Die Gedenkstele: Hände, die um Rettung flehen“: „Die Hände zum Himmel gereckt. Sie scheinen auf den ersten Blick nach oben gerissen. Einer Jubelpose gleich. Wie im Moment größter Freude und Ausgelassenheit. Doch bei genauerem Hinsehen …“ kann man in ein Kunstwerk alles Mögliche hineininterpretieren; klüger ist aber – zumindest in diesem Fall: man lässt es.

Denn so wie es aussieht, ist die Initiative Spendentrauermarsch einem Künstler aufgesessen, der … – sagen wir mal so: „richtig stolz (ist) auf diese Entscheidung. Das ist der größte und wichtigste Eckpunkt meiner Karriere“. So sagt es jedenfalls Jürgen Meister, der Schöpfer des besagten Werkes. Nicht dem Grevenbroicher Tageblatt; denn dort hätte der stellvertretende Chefredakteur Horst Schlämmer gewiss knallhart nachgefragt, sondern der Neuss-Grevenbroicher-Zeitung.

Und da wird nicht ganz so knallhart nachgefragt, sondern freundlich berichtet: „Der 57-Jährige hat die Gedenkskulptur für die 21 Opfer der Loveparade in Duisburg entworfen – ein Kunstwerk mit hohem symbolischen Wert.“ In der Tat, nur: diese neuerliche Provinzposse symbolisiert etwas ganz Anderes dieser Loveparade-Katastrophe, als sich die Grevenbroicher Lokalredakteure haben träumen lassen.

Es sei ihm nicht leicht gefallen, eine ganze Woche „dicht zu halten“, erzählte Künstler Meister, der Meisterkünstler, auch noch der Grevenbroicher Zeitung – wegen seines Stolzes, versteht sich. Nicht ganz so schwer scheint es ihm gefallen zu sein, einen anderen nicht ganz unerheblichen Aspekt seines Entwurfes für sich zu behalten. Wie unangenehm für ihn, dass sogleich die Kollegen von xtranews darauf aufmerksam machen!

So wie es aussieht, handelt es sich nämlich bei „Meisters Entwurf“ um nichts Anderes als eine Eins-zu-eins-Kopie eines Bildes, das über die Fotoplattform “fotolia” jedermann zugänglich ist. Für jeden nunmehr  im direkten Vergleich bei xtranews zu betrachten: der in der WAZ abgebildete Meisterentwurf sowie das Bild aus “fotolia”. Ein Blogger unter dem Bericht in der Westen weist überdies darauf hin, es handele sich „eindeutig (um einen) Ausschnitt aus Pizzamannes Video, vergrößert und abkopiert“.

Sollte dem so sein, wäre es tatsächlich angebracht, von einer „Verhöhnung der Opfer“ bzw. von einer „Veralberung der Hinterbliebenen“ zu reden. Diese Vorwürfe sollten aber nicht gegen die Überbringer der schlechten Nachricht gerichtet werden, sondern gegen den Verursacher. So wie es aussieht, scheint es Jürgen Meister zu sein, der aus durchsichtigen Motiven die nötige Ernsthaftigkeit im Umgang mit dieser Katastrophe vermissen lässt.

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Christian
Christian
13 Jahre zuvor

Allein auf der Seite von Bilderking und Fotolia wird das Motiv für zig Partyflyer verwendet. 🙁

https://de.bilderking.com/fotomotiv/halloween-party-plakat-vollmond,9652150.aspx

https://de.fotolia.com/id/14269854?by=similia

mimi müller
mimi müller
13 Jahre zuvor

Hammer:

Die Idee aus dem Internet, das Ding von anderen machen lassen – tolle „Vision“.
Und obendrauf dann gratis noch der 2598igste Bezug zum Ruhrgebiet: rostender Stahl. Fehlt nur noch ein Stückchen Kupfer, das mit der Zeit Grünspan ansetzt: ein Zeichen stetig sich wandelnder Struktur.

Noch Frage, Herr Voss?

Der Ekelbaron
13 Jahre zuvor

Ein billiges Abziehbild, dass man schon tausendmal auf Flyern für schlechte Parties gesehen hat passt doch viel besser zur Loveparade als irgendwas „authentisch künstlerisches“. Allein die Tatsache, dass die Rechte am Bild für unter einem Euro kommerziell verhökert werden schafft schon wieder eine ganz neue Bedeutungsebene.

mimi müller
mimi müller
13 Jahre zuvor

Selbst die Art der Ausführung ist nicht „orginär“. Ein Blick nach Oberhausen:
https://www.klausjost.de/Figuren/figuren.html / und Reliefs….

Axel
Axel
13 Jahre zuvor

Ja MüllersMimi

da findet man in Baumärkten und sogar auf Weihnachtsmärkten Eigenständigeres. Und obige Äußerung, das befände sich in einer höheren Bedeutungsebene erschließt sich mir nicht. Es passt natürlich, wie fürchterlich.

trackback

[…] (Loveparade 2010): Posse um eine Gedenkskulptur zur Loveparade-Katastrophe (Ruhrbarone) […]

Katharina
Katharina
13 Jahre zuvor

Eine Peinlichkeiten nach der anderen.

Warum dieser Zeitdruck, diese Eile?

Selbst oder gerade Künstler brauchen Zeit, um etwas wachsen zu lassen.

Eile und Hektik bringen keinen Menschen zurück.

Die Stadt will das Thema schnell erledigt wissen, zur Normalität zurück.

Das klappt schon wieder nicht. Wird auch nie klappen.

Denn Duisburger Bürger sind geprägt, verletzt, beschämt seit dem 24.07.2010.

Zeit nehmen, Zeit lassen + nur Betroffene entscheiden lassen.

Katharina
Katharina
13 Jahre zuvor

Sorry,
was ist mit Duisburg los ?
Ich weiß manchmal nicht, ob ich weinen oder lachen soll!

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

Der „David“ vor dem Lembruck-Museum ist doch auch eine Kopie!
Da hat sich niemand drüber aufgeregt, also versuchen es jetzt etliche andere unkreative „Künstler“ der Stadt ihren kopierten Schund aufzuschwätzen. Die würden das anderswo vermutlich nicht tun.
Dummerweise kann ich das nicht Sauerland anlasten, sondern seinem Vorvorgänger.
Der saß schließlich tonangebend in der Jury.
Offensichtlich vertraut man in gewissen Kreisen zu sehr darauf, daß das Alter die Menschen Weise macht. Allerdings ist in der Kunst Gespür nötig.
Weisheit, was ja von Wissen kommt, bringt da nicht viel, weil Kunst doch überraschen soll.
Woanders läßt man jüngere Leute entscheiden, was Kunst ist, und was Kitsch.
Soll man den alten Herrn doch anders einsetzen, wenn der unbedingt will, daß er nicht vor Langeweile umkommt.

Jana Johns
13 Jahre zuvor

Ja MüllersMimi da findet man in Baumärkten und sogar auf Weihnachtsmärkten Eigenständigeres. Und obige Äußerung, das befände sich in einer höheren Bedeutungsebene erschließt sich mir nicht. Es passt natürlich, wie fürchterlich.

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