Duisburgerschaft gegen Filz

Michael Rubinstein
Michael Rubinstein

Michael Rubinstein, der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburgs, ist Vorsitzender der neu gegründeten Wählergemeinschaft Duisburgerschaft.

Platz drei, 11,58 Prozent – das Ergebnis von Michael Rubinstein beim ersten Wahlgang der OB-Wahl in Duisburg Mitte Juni vergangenen Jahres war für einen Quereinsteiger, der keine Partei hinter sich hatte, mehr als respektabel. „Das Wahlergebnis damals“, sagt Rubinstein, im Hauptberuf Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburgs, „war nicht so, dass den etablierten Parteien viel Vertrauen entgegengebracht wurde.“

Zwar setzte sich in der Stichwahl zwei Wochen später der SPD-Kandidat Sören Link durch, die über 71 Prozent mit denen Link sich gegen seinen CDU-Kontrahenten durchsetzen konnte sahen jedoch schon damals vor allem auf dem Papier gut aus: Nur ein gutes Viertel der Duisburger war überhaupt zu Wahl gegangen.

„Der versprochene Neuanfang ist schon zu Ende“, sagt Rubinstein bei der Vorstellung der Wählergemeinschaft Duisburgerschaft Ende März und er liegt damit nicht falsch:  SPD, Grüne und die Linke, deren stellvertretender Vorsitzender der bekannte Antisemit Hermann Dierkes ist, sind vor allem mit der Verteilung von Posten für politische Freunde und Steuererhöhungen beschäftigt. Von der versprochenen Aufbruchstimmung nach der Zeit unter OB Adolf Sauerland (CDU), der nach der Love Parade mit ihren 21 Toten die Stadt durch Untätigkeit,  Würdelosigkeit und Ignoranz  gegenüber den Opfern lähmte, einer neuen Offenheit und Diskussionen mit den Bürgern der darbenden und von Krise zu Krise taumelnden Stadt, ist nichts zu spüren.

Grund genug für die Duisburgerschaft, sich zu gründen und an der Kommunalwahl im kommenden Jahr teilnehmen zu wollen. Die Wählerinitiative setzt sich auch Mitgliedern verschiedener Initiativen aus dem bürgerlichen Spektrum zusammen und Michael Rubinstein ist ihr Vorsitzender: „Wir wollen das bürgerliche Engagement verstärken und zu Wahl eine starke Mannschaft aufstellen, die in den Stadtteilen vernetzt ist und aus Experten besteht.“

Die Mannschaft gibt es jedoch noch nicht. Zur Vorstellung bestand die Duisburgerschaft aus fünf Männern und einer Frau, gibt es auch noch kein Programm: Das soll mit den erhofften Mitgliedern zusammen erarbeitet werden. Ein Hauptpunkt steht schon fest: Die Bürger sollen dazu gebracht werden, sich für ihre Stadt einzusetzen.

Da es in NRW keine Fünf-Prozent-Hürde mehr gibt, stehen die Chancen der Duisburgerschaft gut, im kommenden Jahr in den Rat einzuziehen. Die Kommunalpolitik in Duisburg ist so verfilzt, das Personal in allen Parteien zum Teil so zweifelhaft, dass viele Duisburger sich über ein neues Politik-Angebot freuen dürften.

Der Artikel erschien bereits in der Jüdischen Allgemeinen.

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Erdgeruch
Erdgeruch
11 Jahre zuvor

Bewundernswert naiv – nicht der Herr Rubinstein, sondern der Artikel. Ich unterstelle ihm weiterhin, nicht unabhängig zu sein. Stattdessen wirkt er weiterhin wie eine Handpuppe zur Mehrheitsbeschaffung enttäuschter konservativer Wähler – den dieses Spektrum bedienen die Freien Wähler auf kommunaler und Landesebene. Das wird man in Duisburg auch bald an „prominenten“ Überläufern“ ablesen können, also an woanders gescheiterten Kommunalpolitikern und anderen Halbexistenzen. Aber mit 10 Prozent kann man auch prima Mehrheitsbeschaffer sein.

Erdgeruch
Erdgeruch
11 Jahre zuvor

Doch, es geht immer schlimmer. Eine große Koalition beispielsweise unter Reintegration des Sauerlandflügels der Duisburger CDU. Oder eine Koalition der Nichtgestaltung Schwarz-Grün-FW-FDP (Gibt es ja schon in Essen und Mülheim).

Sicherlich wäre aber eine neue größere Ratsfraktion in der Lage die derzeit im Rat sehr eingeschränkten Mehrheitsfindungsmöglichkeiten zu verbessern, denn die CDU sitzt auf der Strafbank und die FDP ist kommunal meistens eher beschämend als belustigend. Ich kann mir auch vorstellen, dass die Abneigung in der SPD in Duisburg gegen einige der Grünen und Linken nicht gerade gering ist, aber es bestehen derzeit sicherlich kaum andere Optionen.

Die Einschätzung über Link teile ich nicht unbedingt – der ist wirklich so, wie er auftritt (was manche sicher irritiert). Da er nicht unbedingt die intellektuelle Speerspitze darstellt, kann man eben auch nicht viel Innovation erwarten, sondern die Fortsetzung der Duisburger Provinzialität. Insofern bleibt ein echter Neuanfang auch aus – und wird es auch, da niemand der Politik vermittelt hat, dass auch sie etwas davon hat (was aber der Fall wäre).

Aber es gibt in Duisburg auch keine solche Figur.

Axel Krause
11 Jahre zuvor

@Erdgeruch: “ Ich unterstelle ihm weiterhin, nicht unabhängig zu sein.“
Treffend formuliert: eine Unterstellung.

Erdgeruch
Erdgeruch
11 Jahre zuvor

Ja, ich kommentiere zwar unabhängig einer Präferenz, aber nicht wertungsfrei. Nach meiner Beobachtung des Duisburger Wahlkampfes machte er eben keinen unabhängigen Eindruck. Ich wünsche ihm aber durchaus sich freizuschwimmen.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

1.
OB Duisburg:
Wir haben seinerzeit hier bei den Ruhrbaronen mehrfach darüber diskutiert, ob es angesichts der besonderen Situation in Duisburg -personell und inhaltlich- notwendig sein könnte, sich anders als bis dahin üblich mit dem Auswahlverfahren, den Auswahlkritierien (Anforoderungsprofil) und dann letztlich mit den potentiellen Bewerbern für das OB-Amt zu befassen. Das hat alles nichts gebracht. Es ist so gelaufen wie immer; und mit einem Ergebnis……?

2.
Ich gehöre bekanntlich zu denen, die -u.a.auch ‚mal beruflich-immer wieder in Theorie und Praxis darüber nachgedacht und dabei (mit-)geholfen haben, überholte Strukturen in der kommunalen Politik und der kommunalen Adminstration aufzubrechen. Dazu zählt ein sehr kritischer Umgang mit der seit „altersher“ praktizierten und etablierten „Herrschaft der Parteien“ in den Kommunen. Insofern kann die neue Wählergemeinschaft in Duisburg dazu beitragen, überholte, etablierte Parteistrukturen aufzubrechen.

3.
Leider stehen all diesen Überlegungen, allen Reformanstrengungen bezogen auf die kommunale Politik “ die Bürgerschaft mehrheitlich im Wege“.
Wenn sich mehr als 5o% der Wahlberechtigten seit Jahren nicht mehr an der Wahl des Rates und noch weniger an der Wahl des OB beteligen und erfahrungsgemäß daran auch Wählergemeinschaften egal welcher Struktur nichts ändern,frage ich mich zunehmend nach dem Sinn aller Reformbemühungen, insofern auch nach dem Sinn der Neugründung weiterer Wählergemeinschaften;denn auch die erreichen die Nichtwähler leider nicht.

Die neue Wählergemeinschaft in Duisburg wird also „unter ansonsten gleichbleibenden Bedingungen“ aus dem „4o% Topf“ der Wähler in Duisburg -bzw.dem 25%Topf bei der OB-Wahl- zu schöpfen haben. Das mag man begrüßen, weil damit die eingangs erwähnte „Parteienherrschaft“ in Duisburg aufgebrochen, zumindest aufgelockert wird;nur für mich ist das letztlich -sh.das weiterhin wachsende Potential der Nichtwähle-unbefriedigend.
-Mich erinnert das alles ein wenig an die Diskussion zum Niedergang des lokalen Jornalismus, der ja ursächlich nicht begründet ist durch Fehlleistungen der Verlage und schon gar nicht durh Fehlleistungen der Lokal-redakteure, sondern durch die wachsende Zahl der “ Nichtleser“;das wiederum läßt mich fragen, ob und inwieweit es eine Identität von Nichtwählern/Nichtlesern in den Kommunen gibt.

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