ECCE, bitte antworten Sie…

Screenshot der ECCE-Seite: Mit dem Rottstr.5 Theater haben die Kreativökonomisten nichts zu tun. Werben tun sie trotzdem mit dem erfolgreichen Off-Theater

Ich sage es nur ungern, aber auch ich bin irgendwie Kreativwirtschaft. Ich verdiene mein Geld als Journalist und arbeite zudem auch noch für das Rottstr5Theater in Bochum. Ich bin also sogar auch noch ein Teil eines sog. Kreativ-Quartiers. Eigentlich bin ich also durchaus interessant für das European Center For Creative Economy, kurz ECCE. Die ECCE hat noch nie mit mir Kontakt aufgenommen. Das würde ich auch niemals verlangen. Deshalb wurde ich jetzt meinerseits aktiv. Von unserem Gastautor Honke Rambow.

Auf der Internetseite der ECCE findet sich unter dem Menu-Punkt „Kreativ.Quartiere Ruhr“ ein Foto des Rottstr5Theaters. Daneben steht folgender Text:

Bochum

Eine Metropole lebt durch urbane Räume nud (das steht da wirklich so, Anm. d. Autors) Quartiere mit dichter Atmosphäre. Bochum hat mehrere Areale, die der Kreativwirtschaft Anknüpfungspunkte bieten und für die eine Entwicklung vorangetrieben wird. In Stadtteilen wie Ehrenfeld findet man private Initiativen, die sich die Förderung des eigenen Stadtteils zur Aufgabe gemacht haben. Musik wurde im Bereich der Zeche Prinz Regent gefördert.

Eine Belebung der Brache des Katholikentagsbahnhofs gelang unter anderem durch eine temporäre Nutzung mit dem Projekt T.A.I.B. („temporäre architektonische Intervention in einer Baulücke“) im Sommer 2010. Zudem fiel im Jahr der Kulturhauptstadt die Entscheidung, dass die Stadt Bochum im Viktoria Quartier ein Musik-Zentrum erhält.“

Zwischen diesem Text und dem Bild des Rottstr5Theaters gibt es also nur eine Verbindung: Bochum. Meine langjährige Arbeit als Journalist lehrte mich, dass eine enge Verzahnung zwischen Bild und Text durchaus sinnvoll ist, weil sonst der Leser/Betrachter auf dumme Gedanken kommt. Also entschied ich mich, die ECCE am 1.7. in einer Mail an info@e-c-c-e.com freundlichst auf diesen Missstand hinzuweisen:

„Sehr geehrte ECCE,

auf ihrer Internetseite zeigen Sie unter dem Menu-Punkt „Kreativ.Quartiere Ruhr“ stellvertretend für Bochum ein Foto von unserem Theater. Das ehrt uns sehr, auch wenn wir mit Ihnen noch nie etwas zu tun hatten (sieht man einmal von dem Bericht auf Lab2010 ab). Leider taucht das Rottstr5Theater weder direkt noch mittelbar im dazugehörigen Text auf, da wir weder Teil von Ehrenfeld oder Zeche Prinz Regent, noch des Viktoriaquartiers oder des Geländes am Katholikentagsbahnhof sind. Um eventuelle Besucher Ihrer Seite nicht zu verwirren, sollten Sie diesen Fehler beheben, entweder durch dezidierte Nennung des Kreativ-Quartiers Rottstraße oder durch das Einsetzen eines passenderen Bildes.

Mit herzlichen Grüßen

Honke Rambow“

Großen Wert legte ich darauf, den Sachverhalt genau zu beschreiben, da ich aus irgend einem Grund annahm, dass die Mitarbeiter der ECCE sich nicht richtig in Bochum auskennen und möglicherweise annehmen könnten, das Rottstr5Theater sei im Katholikentagsbahnhof beheimatet oder das Bild zeige vielleicht das Prinz-Regent-Theater.

Dann wartete ich ab.

Es passierte nichts.

Ich bekam keine Antwort, auf der Seite änderte sich nichts.

Und während ich so wartete – den Montag, den Dienstag, den Mittwoch – dachte ich darüber nach, ob die ECCE wohl viel zu tun hat, was das wohl sein könnte, oder ob ich und die Rottstr5 als Teil der Kreativwirtschaft und der Kreativ-Quartiere vielleicht viel zu unwichtig sind. Aber warum haben sie dann unser Bild auf ihre Seite getan?

Vielleicht ist einfach das Problem, dass das Rottstr5Theater ja schon existiert. Ganz ohne, dass die ECCE dafür ihre visionären Kräfte hätte mobilisieren müssen. Vielleicht sind wir einfach zu konkret mit unserer seit zwei Jahren andauernden erfolgreichen Arbeit. Das wird es sein: Wir sind einfach viel zu wenig Luftschloss und zusammendeliriert, als dass wir für die ECCE, diese in vom göttlichen Funken erleuchteter Extase glühenden Organisation, irgendwie interessant sein könnten.

Entschuldigung, ECCE, dass ich Sie in Ihrer kreativen Meditation gestört habe.

 

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Erich Sass
13 Jahre zuvor

Wie ihr an anderer Stelle ja schon sehr schön geschrieben habt:
„Die Lebenserfahrung sagt einem ja, dass hinter so einem Namen immer aufgeblasener Quark steckt, für den die Steuerzahler blechen müssen, um ein paar Nieten davor zu bewahren, sich auf dem Arbeitsmarkt begeben zu müssen“.
Muss man zu dem Laden noch mehr sagen?

Gruß aus Dortmund
Erich

Jens
13 Jahre zuvor

Wer schon

„Stadtteilen wie Ehrenfeld“

schreibt…

Jens König
13 Jahre zuvor

Viel besser find ich ja:
„Eine Metropole lebt durch urbane Räume …“
Ich versuche mal, das Geschwurbel zu übersetzen.
urban: von (lat) urbs, urbis, die Stadt. urban also städtisch.
Metropole übersetz ich mal mit grosse Stadt.
Räume einer Metropole sind (natürlich keine Zimmer sondern) Stadtteile.
Die schreiben also, dass eine grosse Stadt durch stadtartige Stadtteile lebt

Das ist wirklich gross,ich mein, dieser Erkenntnisgewinn, der raubt mir doch glatt den Atem. Apropos Atem:
Auf so einen Satz kann man eigentlich nur in dichter Atmosphäre kommen. In verdammt dichter Atmosphäre.

Thomas
13 Jahre zuvor

# 2 (Jens) Wer schon “Stadtteilen wie Ehrenfeld” schreibt…

Der schafft wohl in Delmenhorst, bei Getränke Hoffmann. (:

karl arnold kortum
karl arnold kortum
13 Jahre zuvor

…. den artikel schreibt ein geschätzter kulturaktivist, dessen ebenso geschätztes theater energische hilfe in baufragen und finanzen durch die stadt bzw. deren unternehmen erhalten hat. indirekt profitiert das theater von der existenz des schauspielhauses, dessen crew ja wohl zum teil dort spielt. das theater wird vom kulturdezernenten über alle aufführungsstätten der stadt gestellt, was der mehrfach öffentlich verkündet (was ich inhaltlich für ungerecht halte). und dann muss honke sich wegen so einem quatsch wie einem unkommentierten bild aufregen. ok, er hat keine anderen sorgen. das beruhigt. alles ok an der rottstr.

Stefan Laurin
Admin
13 Jahre zuvor

@karl arnold kortum: Es geht nicht um ein unkommentiertes Bild. Es geht darum, dass sich ECCE versucht in einen Kontext zu stellen, mit dem es nichts zu tun hat. Und es geht darum, das eine Insitution wie ECCE – personell nicht schwach aufgestellt, noch nicht einmal nötig hat, auf eine Mail zu reagieren.

Rambow
Rambow
13 Jahre zuvor

Lieber Karl Arnold Kortum, es fällt mir schwer, adäquat auf Ihren Einwurf zu antworten, da ich nicht genau weiß, was die tatsächlichen Hintergründe dafür sind. Das mag auch daran liegen, dass Sie Ihren tatsächlichen Namen hier nicht preisgeben. Dass ich Kulturaktivist bin, wie Sie es nennen, hae ich im Text ja nicht verheimlicht. Dass das Rottstr5Theater durch die Sparkassen-Stiftung dieses Jahr eine Förderung für das Nibelungen-Projekt erhalten hat, ist richtig, tut ja aber in obigem Zusammenhang nichts zur Sache. Ansonsten erhielten wir bisher lediglich kleinere Spenden von privater Seite. Ebenfalls richtig ist, dass einige unserer Schauspieler auch im Ensemble des Schauspielhauses sind. Im ersten Jahr waren das noch recht viele, zur Zeit ist es nur Maja Beckmann. Einige andere sind noch als Gäste gelegentlich dort zu sehen. Dass Michael Townsend das Rottstr5Theater gelegentlich lobt, ist richtig, freut uns sehr und mir will sich nicht erschließen, warum ihm das zum Nachteil gereichen sollte. Immerhin steht er damit ja auch nicht alleine da. Auch die Presse schätzt unsere Arbeit ja sehr, wie auch gerade wieder die Kritikerumfrage in der Theater Pur belegte.
Tatsächlich hat das ja, wie auch Stefan Laurin schon anmerkte, mit meiner kleinen Kolumne nichts zu tun. Darin rege ich mich ja auch eigentlich nicht über ein falsches Bild auf, wie sie auch an dem gelassenen Ton meiner E-Mail sehen können, sondern vielmehr darüber, dass ein Unternehmen, das gerade wieder eine Förderung für das nächste Jahr in einer Höhe zugesprochen bekam, mit dem das Rottstr5Theater 5 Jahre lang arbeiten könnte, es nicht hinbekommt auf einen sachlich vorgetragenen Hinweis zur Verbesserung ihrer Internetseite zu reagieren. Für das Rottstr5Theater mache ich seit zwei Jahren die Pressearbeit – wie Sie vermutlich wissen – ehrenamtlich. Würde ich mit so großer Verzögerung auf Journalistenanfragen reagieren, wir wäre sicher nicht so präsent in den Medien, wie wir es sind.

karl arnold kortum
karl arnold kortum
13 Jahre zuvor

das ist echt nett, Ihre ausführliche Antwort. Sorry für das Pseudonym, aber es macht mir grade Spaß. Das Theater rottstraße ist nun mal erfreulicher Bestandteil der Bochumer Szene und nur durch Wechselwirkungen entstanden. Wenn das mal nicht korrekt verortet wird – what shall’s? Ich habe mich doch nur ein wenig darüber erbost, dass eine solche Lapalie, wie eine von irgendeinem öffentlichen Mitarbeiter verschluderte Antwort so einen gnadenlos breiten Raum bei Ihnen und hier einnimmt. Ach je, wenn das alle so täten …. würde die Schludrigkeit nicht enden, aber in der Presse nur noch solches stehen. Humor haben sie ja, lassen Sie ihn überhand gewinnen. Zumal: Herzliche Glückwünsche zur Puren Umfrage. Da haben Viele unmittelbar geantwortet.

Achim
13 Jahre zuvor

Ergänzung zu #3:
„Eine Stadt hat Stadtteile, eine Metropole hat Areale.“
Einer der schönsten Sätze von Ruhr.2010. Man spricht von der Metropole, um das blöde „Gebiet“ im Namen loszuwerden, und führt dann Areale ein. Die Sprache in den Büchern eins bis drei war ziemlich gruselig.

trackback

[…] ECCE, bitte antworten Sie… (Ruhrbarone) – Das Bochumer Rottstr5-Theater wird seitens ECCE bildlich "erwähnt", reagiert aber nicht auf deren Anfragen. […]

Dirk Haas
Dirk Haas
13 Jahre zuvor

Man muss einfach (und ohne Häme) konstatieren: Das Institut ist mit seinen Aufgaben überfordert, und angesichts des in Aussicht gestellten Budgets wird das auch in den nächsten Jahren nicht anders werden. In punkto Kreativquartiere hat ecce bspw. nie die erforderliche Professionalität entwickeln können; die ganze Hilflosigkeit, die aus diesen Texten spricht, ist da nur ein Indiz.

Dem Institut kann man daher nur wünschen, dass es sich künftig mit Aufgaben beschäftigen darf, bei denen die notwendige Expertise tatsächlich vorhanden ist.

Rambow
Rambow
13 Jahre zuvor

Um mal ganz ehrlich zu sein: Natürlich ging es mir in meinem kleinen Mailversuch nur am Rande um den tatsächlichen Umstand der mangelhaften Text-Bild-Kopplung, sondern viel mehr darum, mal auszuprobieren, wie die ECCE so arbeitet. Und der Test brachte das erwartete Ergebnis. Bis jetzt, habe ich immer noch keine Antwort von der ECCE erhalten. Stattdessen haben sie nach dieser Kolumne heute (Donnerstag) Morgen das Bild klammheimlich ausgetauscht. Statt des Rottstr5Theaters ist dort nun die „Treffpunkt-Bochum“-Leuchtreklame am KAP zu sehen. Hat zwar auch nicht unbedingt etwas mit den erwähnten Kreativ-Quartieren zu tun, ist aber wenigstens topografisch etwas näher an Ehrenfeld und dem Katholikentagsbahnhof.
Mehr schlechten Stil kann man in so einem winzigen Vorgang nicht an den Tag legen. Danke ECCE, dass du mir gezeigt hast, dass du wirklich so unfähig bist, wie ich immer schon annahm.

Rambow
Rambow
13 Jahre zuvor

Nachtrag: Gerade (Donnerstag, 13.45 Uhr) erhielt ich dann doch noch eine knappe Mail von der ECCE, in der mir für meinen Hinweis gedankt wird.

trackback

[…] ECCE, bitte antworten Sie… […]

Himynameis
Himynameis
11 Jahre zuvor

Bin gerade mehr oder minder zufällig auf diesen alten Beitrag gestoßen. Auch, wenn das womöglich fast niemand mehr lesen sollte nach all den Monaten: auf https://www.e-c-c-e.de/aktivitaeten/aktuell/kreativquartiere-ruhr/ ist das Bild vom Rottstr5-Theater wieder drin (wenn man mit der Maus über das Bochumer „X“ fährt). War wohl noch irgendwo auf einer Festplatte bei ECCE. 🙂

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