Vor einem Monat habe ich dem European Center für Creative Economy über 400 Fragen geschickt. Heute kamen die Antworten auf (fast) alle meine Fragen.
Ich hab noch nicht den ganzen, über 80 Seiten langen Text lesen können, finde es aber gut, dass sich ECCE sich mit der Beantwortung offenbar vile Mühe gegeben hat. Aber nach dem ersten Überfliegen ist klar, dass die Liste mit den vielen Ruhmestaten von ECCE, die den Mitgliedern im Dortmunder Kulturausschuss vorgelegt wurde nicht korrekt war – mit vielen der dort beschriebenen Projekte hatte ECCE nichts zu tun. Schön das nun auch schriftlich zu haben.
Offener Brief an Stefan Laurin
Sehr geehrter Herr Laurin,
im folgenden erhalten Sie Antworten auf die 420 Fragen über ecce / RUHR.2010 in den Jahren 2009 bis 2011 – wobei allerdings die Frage 420
„Trifft es zu, dass die meisten Projekte und Kooperationen von ECCE reine PR-Maßnahmen sind und einer Überprüfung nicht standhalten?“
den Verdacht aufdrängt, dass diese Fragen nicht Bestandteil einer ergebnisoffenen Recherche sind. Dennoch beantworten wir Sie gerne.
Da die gewählte, rein quantitative Darstellung und Auflistung von 420 Fragen den inhaltlichen Überblick über die Tätigkeiten nicht erlaubt, haben wir die 420 Fragen in die folgenden fünf Kapitel gegliedert.Kapitel 1: Irrtümliche Fragen
Bei den Fragen 1 bis 3 sowie 45 bis 57 handelt es sich um Überschriften aus den Programmbüchern der RUHR.2010. Dies sind somit keine Projekte.
Die Fragen 347 bis 354 sind doppelt gestellt.Kapitel 2: Fragen zu Projekten im Rahmen der Kulturhauptstadt RUHR.2010
Grundsätzlich ist hierzu zu bemerken, dass die Projekte der RUHR.2010 in öffentlich zugänglichen Programmbüchern der RUHR.2010 sowie auf der Internetseite (http://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/programm-2010/kreativwirtschaft-staerken/neue-existenzen-und-medien/kreativquartiere.html) dokumentiert und für jedermann nachlesbar sind.84 Fragen (4 bis 44, 44 bis 53, 54 bis 70 sowie 71 bis 88) beziehen sich auf solche bereits veröffentlichen Projekte der RUHR.2010.
Die Fragen 4 bis 44 beziehen sich dabei auf 14 Projekte im Kapitel „Neue Existenzen und Medien“; dabei wurden 2 dieser 14 Projekte nicht abgefragt. Hierbei handelt es sich um das European Creativity Project mit Hermann Vaske und das „News for Youth“ Projekt, das in Kooperation u.a. mit den Ruhr Nachrichten und dem Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger e. V. stattgefunden hat.
Die Fragen 44 bis 53 sowie 54 bis 70 beziehen sich ebenfalls auf bereits veröffentlichte Projekte im Kapitel „Music“ – http://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/programm-2010/kreativwirtschaft-staerken/music/ruhr-music-strukturfoerderung.html. Dabei wurde ein Projekt nicht erfragt: Mihály Dresch – SCENE UNGARN IN NRW.
Die Tätigkeiten und Ergebnisse im Kapitel „Music“ sind publiziert. Dennoch seien hier drei exemplarische Antworten aufgeführt.
„Ruhr Music Summer Festivalguide”
Das Ergebnis. http://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/programm-2010/kreativwirtschaft-staerken/music/ruhrmusicsummer-festivalguide.html
Das Projekt wurde von der RUHR.2010 finanziert, getragen und durchgeführt.„Grubenklang reloaded“
Das Ergebnis sowie die Aufgabenverteilung sind hier nachzulesen: http://bit.ly/vHRQst
Hier ein Auszug, der exemplarisch steht für die Projekte während der Kulturhauptstadt:
„grubenklang reloaded ist das Jazzprojekt des Dortmunder domicil zur Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr.2010.“
Projektträger ist das domicil, Dortmund. Projektförderer ist die RUHR.2010 gewesen.
Die Projektpartner sind hier aufgezählt: http://www.grubenklang-reloaded.de/index.php/partner.html„jazzplayseurope“
Das Ergebnis ist hier nachzulesen- http://bit.ly/rGftco
Hier ist der Träger ebenfalls genannt – Auszug: „Mit „jazzplayseurope“ tritt „jazzwerkruhr“ mit Blick auf RUHR.2010 seit 2007 als Initiator auch international in Erscheinung.“
Unter http://www.jazzplayseurope.eu/ sind die Rollen der RUHR.2010 und anderer erklärt und dargelegt: Die RUHR.2010 war Förderer.Die Zusammenarbeit mit dem „jazzwerkruhr“ wurde von ecce / RUHR.2010 bewusst gesucht, um die bisher hervorragende Arbeit des „jazzwerkruhr“ auch über die Kulturhauptstadt hinaus nachhaltig zu festigen und zu stärken.
An diesen Beispielen lässt sich auch erklären, wie das Engagement der RUHR.2010 / ecce in den Jahren 2009 und 2010 dem Prinzip nach strukturiert war. Es gliedert sich in verschiedene Kategorien und war zu Beginn der Kulturhauptstadt Gegenstand von Pressekonferenzen oder auch vertraglichen Vereinbarungen mit den Projektträgern und -partnern:
a.) Eigenprojekte der RUHR.2010 bzw. ecce, die selbst konzipiert, durchgeführt und finanziert wurden
b.) Projekte in fremder Trägerschaft gefördert von der RUHR.2010 und Teil des Jahresprogramms der RUHR.2010
c.) Projekte in fremder Trägerschaft, ohne Förderung von der RUHR.2010, und Teil des Jahresprogrammes der RUHR.2010.
Schließlich gab es auch Projekte zur Kulturhauptstadt in fremder Trägerschaft und ohne Förderung der RUHR.2010, die auch nicht Teil des Jahresprogrammes der RUHR.2010 waren.Die Tätigkeit von ecce bzw. der Stadt der Kreativität der RUHR.2010 hat dabei ihren Schwerpunkt in den Kategorien ( b ) und ( c ) sowie bei exemplarischen Projekten in der Kategorie ( a ). Genau hier liegt nach Meinung von ecce ein Schlüssel zur Nachhaltigkeit: Nicht die Durchführung von einzelnen Veranstaltungen in einem Jahr (Eventisierung), sondern zuerst die Erarbeitung von Prozessen und Strukturen mit den Akteuren vor Ort und dann die Projektdurchführung, damit diese auch nach dem Jahr 2010 weiter agieren können – das ist der Grundansatz von ecce.
ecce hat im Rahmen der Kulturhauptstadt versucht, einen Infrastrukturaufbau anzustoßen – nicht mehr im Sinne der 80er Jahre mit Großinvestitionen in Gebäude- und Flächensanierungen, sondern durch Netzwerke bzw. Anreizstrukturen, die Gruppen von Personen motivieren bzw. Netzwerk in die Lage versetzen, Projekte zu realisieren, die sie vorher nicht realisieren konnten. Dabei geht es ecce um die möglichst große Eigenständigkeit der Projekte. In der europäischen Fördersprache wird diese Herangehensweise „facilitated process“ genannt und wird übrigens in der EU-Förderperiode ab 2014 eine noch wichtigere Rolle als bisher einnehmen.
Diese Grundphilosophie von ecce ist auch durch die jahrzehntelange Arbeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft getragen: Man kann Künstlern und Kreativen kein Projekt vorsetzen und dessen Umsetzung beauftragen. Es gilt dies gemeinsam zu entwickeln und auf ihre speziellen Bedürfnisse abzustellen. Dieser Ansatz zieht sich wie ein roter Faden durch zahlreiche Projektfamilien von ecce:
Die Branchen-Kommissionen
Die Roundtable in den Städten, die sich am Projekt Kreativ.Quartiere beteiligen.
Der Aufbau des European Creative Industries Policy Award ( CIPA )
Der Aufbau des European Creative Business Network ( ECBN )Dieser Ansatz kann auch als das praktische Pendant zur Forderung vieler internationaler Forscher wie Richard Florida oder Charles Landry gesehen werden, die nicht müde werden eine Reform von Politik und Verwaltung einzufordern. Im Ruhrgebiet ist dies nicht neu; Charles Landry hat im Ruhrgebiet und England seine Forschungen betrieben, bevor er 2000 sein wegweisendes Buch „The Creative City – A Toolkit for Urban Innovators“ veröffentlicht. Die Fakultät Raumplanung an der TU Dortmund ist eines der führenden Kompetenzzentren in Europa, zur Zeit „die größte Ausbildungsstätte für Raumplanerinnen und Raumplaner in Europa.“ Prof. Klaus Kunzmann von der TU Dortmund hat seit Jahren an den Kulturwirtschaftsberichten des Landes NRW mitgearbeitet und sie mitgeprägt. Einer der Gründer der Kulturwirtschafts- und Raumforschung in Deutschland stammt somit aus dem Ruhrgebiet.
ecce versucht, diese Ansätze nun in anderen Formen und Bereichen fortzuschreiben und im politischen Raum in mehreren Städten im Ruhrgebiet 2009 und 2010 anzuwenden: Strukturaufbau bzw. Hilfe zur Selbsthilfe lokaler Akteure – seien es freie, wirtschaftliche oder administrative.
Ein lokaler Nachhaltigkeits-Ansatz hat offensichtliche positive Effekte, jedoch gibt hier auch negative Entwicklungen, die es zu benennen gilt, um daraus zu lernen. Hier zwei Beispiele:
1.Die Kapazität und Geschwindigkeit lokaler privater Partner kann ein Projekt beschleunigen, aber auch bis zum Stillstand verlangsamen. Meint man den Ansatz der Nachhaltigkeit durch lokale selbstragende Akteure ernst, sollte es sich verbieten, im Falle der Verlangsamung einfach wieder auf öffentliche finanzierte Strukturen umzuschalten. Dies kann jedoch dazu führen, dass zum geplanten Zeitpunkt, hier das Jahr 2010, ein Projekt nicht fertig wird. In dieser Lage auf Eventisierung umzuschalten und das Projekt selbst zu realisieren, wäre zwar schön für das Programmunterlagen, für die lokalen Akteure und die Entwicklung ihrer eigenen Kräfte jedoch abträglich. Dem entsprechend gab es auch Projekte wie in der Nordstadt Essen oder Oberhausen, Byte FM oder dem European Creativity Project von Hermann Vaske, die aus o.g. Gründen nicht im Zeitplan 2010 realisiert wurden.
Zum Teil haben sie sich in eigener Trägerschaft im Jahr 2011 entwickelt und realisiert – hier sei besonders auf das Konzept des Künstlerhauses Schützenbahn in Essen hingewiesen, das nach einem Beschluss des Rates Essen realisiert wird. (Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/essen/60-000-euro-fuer-die-foerderung-von-kuenstlern-in-essen-id5149941.html. Dies steht in der Tradition der Kreativ.Quartier Aktivitäten 2009 und 2010 in der Nördlichen Innenstadt Essen. ecce ist entsprechend finanzieller Förderer in 2011 sowie Kooperationspartner ab 2012 ff. Ein anderes Beispiel ist die Gründung von „Stadtverwalter“ in Bochum im Anschluss an das von ecce geförderte Projekt t.a.i.b. von Jonathan Haehn http://www.bronnbacher-stipendium.de/home/blog/archives/2128.html )
Solche sich verselbständigenden Entwicklungen zu ermöglichen, ist das Ziel von ecce.2. Hilfe zur Selbsthilfe wird nicht in Backsteinen und Hochhäusern oder großen Besucherzahlen sichtbar. Wie ist dann der Erfolg messbar? Gerade für Außenstehende und die Presse?
Ein kooperativer Nachhaltigkeits-Ansatz besteht am Anfang aus Gesprächen und Strategiefindung; es entsteht eine immaterielle Produktion, die oft 12 bis 18 Monate dauern kann, bevor es zu einer materiellen und sichtbaren Produktion kommt. Es hat sich herausgestellt, dass dies in der Öffentlichkeit schwer vermittelbar ist – nicht nur im Ruhrgebiet. Einerseits wird immer Nachhaltigkeit verlangt, andererseits wird keine Geduld dafür aufgebracht, dass der Aufbau derselben eben nicht den eingeübten Erkennungs-Mustern von Eventisierungen gehorcht.
Dies gilt nicht nur für die Presse, sondern erstaunlicherweise auch für die Kreativwirtschaft selber. Oft wird hier unter Nachhaltigkeit nur die Dauerhaftigkeit einer Förderung gemeint,
nicht eine Strategie, um sich selbst unabhängiger zu finanzieren.Das Beispiel für Hilfe für Selbsthilfe, das schnell in 2009 und 2010 gelungen ist, ist die Games Commission und die Games Factory in Mülheim sowie der Ruhr Music Atlas bzw. die Clubstudie. Hier wurde aus Netzwerken und Konzepten schnell Sichtbarkeiten und ökonomische Faktoren.
Zwei Beispiele, die sich aufgrund der Partnerstrukturen verzögerten, sind die Design Commission und die Kunst Commmission. Deren Aufbau wird nun hoffentlich im Jahr 2012 stärker vorangehen, nachdem sich lokale Träger und Interessen dafür entwickelt haben.
Die Fragen von Nr. 71 bis 88 beziehen sich auf veröffentlichte Projekte im Kapitel Forum Film:
http://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/programm-2010/kreativwirtschaft-staerken/forum-film/europe-in-shorts.html – ebenso wie die Fragen Nr. 89 bis 103 auf Projekte im Kapitel Messen und Märkte – http://www.essen-fuer-das-ruhrgebiet.ruhr2010.de/programm-2010/kreativwirtschaft-staerken/messen-und-maerkte/ecci-summit.html
Kapitel 3: Fragen zu Projekten und Partnern, die über das Jahr 2010 wirken.
Die ca. 300Fragen 111 bis 419 betreffen rund 100 Partner bzw. Projekte, zu denen jeweils die drei immer gleichen Fragen nach Engagement, Kosten und Ergebnis bzw. künftigen Plänen gestellt werden. Es geht also um rund 100 Partner im Laufe von 3 Jahren.
Diese Ansammlung von Partner wirkt natürlich willkürlich, wenn sie außerhalb des Projekt-Zusammenhangs aufgelistet werden. In der Tat sind die aufgezählten rund 100 Partner überwiegend Bestandteil der folgenden drei Projekte:
Projekt 1: Creative Industries Policy Academy und Award (CIPA)Im Folgenden übermitteln wir Ihnen die unter www.e-c-c-e.com öffentlich zugängliche Projektbeschreibung:
Der Europäische Preis für Förderpolitik für die Kultur- und Kreativwirtschaft wird vom european centre for creative economy (ecce) entwickelt. Er soll 2012 erstmals stattfinden und der Förderung der Kreativwirtschaft in der Metropole Ruhr und Europa dienen.
Mit dem Award sollen beispielhafte Initiativen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft oder zur Entwicklung einer europäischen Förderpolitik ausgezeichnet werden. Ziel des Preises ist es, die Agenda für die Kreativwirtschaft der Europäischen Kommission auf allen Regierungsebenen in Europa zu etablieren. Zudem soll eine nachhaltige Fortführung der Zielsetzungen des Europäischen Jahres der Kreativität und Innovation 2009 sichergestellt werden, indem beispielhafte Politikinitiativen vor Ort ausgezeichnet werden. Der Award ist in Zusammenarbeit mit der EU-Generaldirektion Bildung und Kultur sowie der Generaldirektion Unternehmen und Industrie entwickelt worden.
Die Auszeichnung wird in fünf Kategorien verliehen, um den zahlreichen Facetten Rechnung zu tragen, die Teil einer erfolgreichen „Kreativstrategie“ sind. Sie reichen von „Talentförderung“ über „Best Practices“ im Bereich der Gründungszentren für Kreativunternehmen bis hin zu beispielhaften Kreativstrategien auf kommunaler Ebene.
Als Vorbild und Quelle der Inspiration für diesen Preis dient der Europäische Filmpreis (EFA), der jährlich von der Europäischen Filmakademie verliehen wird, um herausragende Leistungen im Bereich des europäischen Films anzuerkennen. Die EFA-Preisverleihung findet im Rahmen einer Fernsehgala statt, die in 40 Länder übertragen wird.
Im Oktober 2010 traf ein 25-köpfiger Gründungsausschuss aus 16 Ländern in der Vertretung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in Brüssel zusammen, um ein Arbeitspapier für die öffentliche Konsultation zum CIPA zu erarbeiten. Die Veranstalter des Projekts rufen 2011 eine europaweite öffentliche Konsultation ins Leben, um die Akzeptanz des CIPA zu sichern. Mit der Konsultation werden Interessensgruppen in ganz Europa, Vertreter der Mitgliedsstaaten und potentiell interessierte unabhängige Organisationen aufgerufen, ihre Meinung zu dem Award zu äußern und das Juryverfahren mit zu gestalten. Der Gründungsausschuss wird auf rund 100 Mitglieder aus allen Ländern und Branchen der Kultur- und Kreativwirtschaft erweitert. Das neue Gremium wird den Namen „Creative Industries Policies Academy“ tragen und rechtswirksam über die zukünftige Struktur des CIPA entscheiden.
Der erste CIPA soll 2012 in Dortmund stattfinden und von da an jährlich vergeben werden. Zum CIPA wird eine Shortliste von preisnominierten Städten aus ganz Europa erstellt, die im Rahmen einer Kongressmesse, der CreativeEurope, die einmalige Möglichkeit bekommen, sich einem breiten Publikum als Kreativstandort auf internationaler Ebene darzustellen und so zu positionieren. Damit zielt die Kongressmesse darauf ab, kreative Standorte in Europa sichtbar und Interessierten zugänglich zu machen – ein Konzept, das andere Messen wie die „ExpoReal“ ebenfalls erfolgreich umgesetzt haben.
Auf der Webseite von ecce haben wir die Teilnehmer des CIPA Gründungsausschusses bisher nicht veröffentlicht, da wir mit diesen Partnern intern kooperieren und zusammenarbeiten. Zudem ist das Projekt noch nicht öffentlich gestartet worden. Gleichwohl fügen wir die Liste der Mitglieder des Gründungsausschusses bei:
- Dr. Gertraud Leimüller, arge creativ wirtschaft Wien, Austria
- Pascal Cools, General Manager of Flanders, District of Creativity, Belgium
- Wilfried Ruetten, Managing Director, European Journalism Centre, Belgium
- Ognjen Svilicic, screenwriter and film director, Croatia
- Ragnar Siil, Head of Development Department, Estonian Ministry of Culture, Estonia
- Suvi Innilä, Turku 2011 Foundation, Finland
- Vincent Puig, Institute for Research and Innovation (IRI), Centre Pompidou, Paris, France
- Prof. Dieter Gorny, ecce, RUHR.2010 GmbH, Dortmund, Germany
- Bernd Fesel, ecce, RUHR.2010 GmbH, Dortmund, Germany
- G. Charalabopoulos, Member of Parliament of Greece, Athens Greece
- Demetrios Fakinos, European Design Ltd, Athens Greece
- Professor Perluigi Sacco, Universitá Siena, Italy
- Dace Ruksame -Scipcinska, Lilit, Riga, Latvia
- Stahl Stenslie, Director of Academy of Arts, Norway
- Joe Woods, The World Institute for New Thinking (founded by de Bono) Malta
- Maciej Trzebeński, Director Art_In, Poland
- Michael DaCosta Babb, Chief Executive at ADDICT – Creative Industries Portugal, Portugal
- Johanna Skantze, Director of Generator Swedish Creative Industries, Sweden
- Zora Jaurova, Director, Košice – European capital of Culture 2013, Slovakia
- Cristina Ortega Nuere, University of Deusto, Bilbao, Spain
- Mercedes Giovinnazzo, President, Interarts, Spain
- Leo van Loon, Creative Factory Rotterdam, The Netherlands
- Vecdi Sayar, Artistic Director, PI Productions, President,
Association for Intercultural Dialogue & Interdisciplinary Art, Istanbul, Turkey- Paul Owens, BOP Consulting, UK
- Anamaria Wills, Creative Industries Development Agency, UK
- Prof. Andy Pratt, London School of Economics, London, UK
- Christina Falcone, Senior Advisor to the Chairman, World Economic Forum Davos
An der Gründungssitzung am 25. und 26. Oktober 2010 in der Landesvertretung NRW in Brüssel haben 22 Mitglieder teilgenommen.
Eröffnungsredner waren u.a.
- Xavier Troussard, Xavier Troussard, Acting Director, Culture and Media, DG Education and Culture (European Commission)
- Reinhard Büscher, Head of Unit, Support for Innovation, DG Enterprise and Industry (European Commission)
Die Gründungssitzung wurde vorbereitet und moderiert von Gertraud Leimüller, Wien, Demetrios Fakinos, Athen, Anamaria Wills, Huddersfield, und Paul Owens, London.
ecce hat diese Sitzung des Gründungskomitees konzipiertsiert und finanziert.
Der weitere Projektablauf nach dem Gründungskomitee ist wie oben beschrieben und veröffentlicht – hier zur Übersicht:
– Öffentliche Konsultation und Debatte über die Akademie- und Preisstatuten
ab Dezember 2011
– Gründung der Akademie in 2012.Zur Gründung der Akademie werden alle o.g. Mitglieder des Gründungskommittee eingeladen mitzuwirken. (Mitgliederversammlung, Juries, Experten-Gutachten etc.) Danach wird sich die weitere Zusammenarbeit richten – also sich ausweiten und intensivieren oder enden. Dies obliegt der Entscheidung der Partner und Personen.
Projekt 2: Das European Creative Business Network ( ECBN )
ECBN ist entstanden aus einem Netzwerk-Treffen, zu dem ecce nach Essen am 15./16. Oktober 2010 eingeladen hat. Auf der Agenda stand die Frage, ob und wie lokale Agenturen für Kreativwirtschaft in Europa zusammenarbeiten könnten, um ihren Klein- und Ein-Mann-Firmen der Kreativwirtschaft Kontakte und ggs. auch Märkte im Ausland zu erschließen. Dieses Netzwerktreffen wurde von ecce konzipiert und finanziert. Zur Vorbereitung und Durchführung wurde Leo van Loon, Creative Factory Rotterdam, als Agentur beauftragt. Ferner hat CIDA Huddersfield, Annemaria Willis und ihrem Team, das Netzwerk-Treffen nach dem Co-Star-Prinzip in mehreren Workshops moderiert. Das Treffen umfasste 29 Teilnehmer, die in den Fragen 111 bis 419 aufgelistet sind. Die Teilnehmerliste:
Mr. Martin Krammer
Creative Industries Styria
Graz, Austria
Ms. Ruth Mata
Media-Deals
Brussels, Belgium
Ms. Claire Newman
Nantes Metropole – City of Nantes
Nantes, France
Mr. Christoph Fahle
Betahaus Berlin
Berlin, Germany
Mr. Bernd Fesel
ECCE – European Centre for Creative Economy
Dortmund, Germany
Mr. Kurt Reinken
STeG
Hamburg, Germany
Mr. János Keresnyei
KIKK
Pecs, Hungary
Ms. Karan Thompson
Karan Thompson Consulting Ltd
Dublin, Ireland
Ms. Catherine Delevoye
Tudor – National Gov. Org.
Luxembourg
Mr. Leo van Loon
DCR Network
Rotterdam, Netherlands
Ms. Matilde Carolina Barroso
ADDICT – Citynetwork & Fundação Serralves
Porto, Portugal
Ms. Ivana Avzner
City of Belgrade, Cultural Department
Belgrade, Serbia
Ms. Dragana Broz
Developer Creative Quarters & Matchmaker
Belgrade, Serbia
Mr. Goran Takatch
Opinion Leader & Communication Expert
Serbia
Mr. Michal Hladký
Kosice Cultural Capital 2013
Kosice, Slovakia
Mr. Alberto Letona
Creativity Zentrum & Incubator at the City of Bilbao
Bilbao, Spain
Mr. Emil Breman
Swedish Creative Industries Incubator Programme
Stockholm, Sweden
Mr. Jonas Klevhag
Swedish Creative Industries Incubator Programme
Stockholm, Sweden
Mr. Vecdi Sayar
Istanbul Cult. Cap. 2010
Istanbul, Turkey
Mr. Koray Malhan
Koleksiyon
Istanbul, Turkey
Mr. Patrick Murphy
Barnsley Council
Barnsley, UK
Mr. Andy Pollard
Barnsley Council
Barnsley, UK
Mr. Alexis Bradbury
CIDA
Huddersfield, UK
Mr. Keith Evans
CIDA
Huddersfield, UK
Ms. Anamaria Wills
CIDA
Huddersfield, UK
Mr. Richard Bealing
City of Northumberland
Northumberland, UK
Mr. Richard Cox
Creative Industries Norfolk
Norfolk, UK
Ms. Christine Hamilton
ICE, Coventry University
Coventry, UK
Ms. Caroline Norbury
South West Screen
South West Screen, UK
Ms. Mehjabeen Price
South West Screen
South West Screen, UK
Fotos der Teilnehmer in Essen im Oktober 2010
Das Ergebnis des Netzwerktreffens in Essen im Oktober 2010 war die Durchführung eines Pilotprojektes für Kreativwirtschafts-Unternehmen im März 2011, eine sogenannte „Trade Mission“ in Bristol.Das Pilotprojekt in Bristol, eine erste TradeMission, war als Test angelegt, ob die Essen gewonnenen Ideen der Agenturen zur Förderung der Unternehmen in der Praxis auch gefragt und hilfreich sind. Daher haben sich parallel zum Workshop der Unternehmen auch die Agenturen erneut getroffen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Die TradeMission in Bristol wurde von SouthWestScreen in Bristol finanziert und organisiert – sowie durch Eigenleistungen der zur TradeMission anreisenden Unternehmen.
Zur ersten TradeMission im März 2011 in Bristol fügen wir Ihnen einen Auszug aus der Pressemitteilung bei:
The conference will explore strategies that can be used to drive innovation in the rapidly converging world of creative industries. IPTV (Internet Protocol Television) will be used as a platform to explore how new developments in digital technology bring new opportunities for interaction and co-creation and how audiences are rapidly evolving.
Expert speakers will include Kip Meek, Non-Executive Chairman of YouView and Chairman of South West Screen, John Denton (Managing Editor of TV Platforms, BBC Future Media & Technology), Vibeke Hansen (Creative Director, SlipStream), Dan’l Hewitt (European Director, DemandMedia), Patrick Towell (Chief Executive, Golant Media Ventures) and Colin Donald (Director, Futurescape).
Im Folgenden ein Auszug aus dem Teilnehmerverzeichnis der Firmen der TradeMission in Bristol:
VANESSA BIRD, Client Services Manager, Rubber Republic, UK
VICKY BROPHY, Head of Production, WONKY, UK
AITOR FERRER, Internet Manager, Joserra Producciones, Basque Country
CLARA GONCALVES, Executive Manager, University of Porto Science &Technology Pk, Portugal
VLADIMIR KMET, CEO, OneClick, Slovakia
RICARDO GONZÁLEZ, CTO, Vilau, Spain
TRINE GRÖNLUND, CEO, This Zentury, SwedenROBERT LERCH, Producer, Osutoria Holding GmbH, Austria
Was ist nun ECBN?
Aufgrund des Erfolgs der ersten TradeMission, also des europäischen Workshops für Unternehmer der Kreativwirtschaft, haben in Bristol vom 2. bis 4. März 2011 mehrere Agenturen beschlossen, ein ständiges Netzwerk zu gründen, das zum Oktober 2011 folgende Mitglieder hat:
Diese o.g. Mitglieder finanzieren die Tätigkeiten von ECBN durch Mitgliedsbeiträge. Die TradeMissions vor Ort werden durch die Partner vor Ort ausgerichtet und finanziert.Seit der Gründung im März 2011 hat eine TradeMission in Amsterdam stattgefunden. Am 8. und 9. Dezember 2011 findet eine weitere TradeMission in Kosice statt.
Jeder dieser Unternehmer-Workshops widmet sich einem anderen speziellen Thema und bietet so konkrete Chancen, sich Geschäftsfelder oder –partner im Ausland aufzubauen. Auf der PICNIC im Amsterdam wurden zudem Preisgelder für die beste Produktidee im Bereich „Urbanism 2.0 – Mobile Media Service in und für lebenswerte Städte“ in Höhe von 5.000 EURO verliehen.
Im Folgenden übermitteln wir Ihnen die öffentlich zugängliche Projektbeschreibung:
Das ECBN organisiert ein langfristiges Netzwerk von Kultur- und Kreativwirtschafts-Agenturen in europäischen Städten und Regionen. Das Ziel ist es, Klein- und mittelständischen Unternehmern der Kultur- und Kreativbranche beim Einstieg in Auslandsmärkte mit lokalen Dienstleistungen und konkreten Angeboten zu helfen. ECBN bietet u.a. Online-Informationen über zur Verfügung stehende Arbeits-, Wohn- und Ausstellungsräume in Kreativquartieren, rechtliche Informationen sowie Match-Making, Pitching Events oder Trade Missions für ausländische Unternehmen.
Bei einer „Creative Trade Mission“ handelt es sich um eine zweitägige Veranstaltung, bei der Unternehmer aus ganz Europa einen lokalen Markt kennen lernen, an Workshops teilnehmen und mit potentiellen Kunden und Partnern aus speziellen Branchen, z. B. Design, IP-TV oder der Filmbranche, zusammentreffen. Hierdurch werden konkrete Geschäftsverbindungen und neue Kundenkontakte geknüpft sowie – bestenfalls – neue Vermarktungsmöglichkeiten im Ausland eingeleitet. Solche europaweiten Unternehmerworkshops werden vom ECBN in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern organisiert, um einen europaweiten wirtschaftlichen Austausch zu fördern.
Im März 2011 fand die erste Trade Mission in Bristol (England) statt: Hier hatten 20 Unternehmen der IP-TV Branche aus 10 Staaten die Chance, europäischen Majors und Einkäufern wie BBC und YouView ihre Produkte vorzustellen und zu verkaufen.
Beide hier vorgestellten Projekte CIPA und ECBN wurden gemäß der ecce Philosophie direkt mit den Betroffenen und Partnern entwickelt – auch um später die Finanzierungskosten nachhaltig auf viele Schultern in ganz Europa verteilen zu können. Dies ist im Falle von ECBN perfekt gelungen. Die Umsetzung für CIPA steht nun in 2012 an.Projekt 3: European Culture Creative Industries Summit ( ECCI )
Der ECCI wurde 2008 erstmals in Brüssel durchgeführt und ist ebenfalls veröffentlicht:
Die Jahrestagung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa ist die erste Brüsseler Plattform für den Dialog zwischen Politik und Kreativwirtschaft. Ihr Ziel: die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen für diese innovative Wachstumsbranche verbessern. Einmal jährlich werden hier die aktuellen Branchenentwicklungen der Kultur- und Kreativwirtschaft mit führenden europäischen Vertretern der Kreativwirtschaft und der europäischen Politik diskutiert
Auch diese Tagung folgte dem Prinzip und wurde mit einem europäischen Beirat entwickelt – um dann im Jahr 2010 dann mehrere Tausend EURO Finanzierung von ausländischen Partnern zu erhalten. Im Jahr 2009 gehörten folgende Personen zum Steering Committee:
- 1. Sigrid Dahlerup, Center for Erhvervsudvikling, Kopenhagen, Denmark
- 2. Keith Evans, Creative Industries Development Agency, UK
- 3. Christian Handke, Cultural Economics at Erasmus University Rotterdam, The Netherlands
- 4. Suvi Innilä, Turku 2011 Foundation, Finland
- 5. Robin Knowles, National Creative Industries Conference, UK
- 6. Dr. Gertraud Leimüller, arge creativ wirtschaft Wien, Austria
- 7. Robert Marijnissen, Creative City Area Amsterdam (CCAA), The Netherlands
8. Prof. Andy Pratt, London School of Economics, London, UK
- 9. Professor Perluigi Sacco, Universitá luav di Venezia, Italy
10. Vecdi Sayar, Artistic Director, PIProductions, President, Association for Intercultural Dialogue & Interdisciplinary Art, Istanbul, Turkey
- 11. Anders Sjöstedt, Upplevelseindustrin / Swedish Creative Industries, Sweden
- 12. Professor Bernhard Stiegler, Institute for Research and Innovation (IRI) at Centre Pompidou, Paris, France
14. Prof. Dr. Jörg Mehlhorn, Gesellschaft für Kreativität, Mainz
15. Fruzsina Szép, RegiON – CEE Music Conference, Budapest, Hungary
16. Zora Jaurova, Director, Košice – European capital of Culture 2013,
Zu den ECCI Summit 2009 und 2010 sind Dokumentationen entstanden, die wir beifügen.
Zusammenhang der Projekte ECBN, CIPA und ECCI Summit
Die Fragen nach den rund 100 Kooperationspartnern von ecce stellen sich daher in einem Gesamtzusammenhang dar, der durch die oben genannten drei Projekte eine konsistente Strategie von ecce für das Ruhrgebiet nach 2010 ergibt: Europäische Potentiale für die Region zu erschließen und auf den Erfolgen der RUHR.2010 aufzubauen und diese nicht verfallen zu lassen:Zum einen für Einzel-Unternehmer sowie Klein-Unternehmen der KKW durch das European Creative Business Network ( ECBN ),
Zum anderen für Städte im Ruhrgebiet durch den Creative Industries Policy Award
(CIPA)
sowiefür die Gewinnung von Europäischen Fördermitteln durch Kongresse und Partnerschaften.
Die am 24. November mit Woche in Brüssel von EU-Kommissarin Vassiliou vorgestellten neuen Förderinstrumente der Europäischen Union wie z.B. „Creative Europe“ 1,6 Mrd. EURO – http://ec.europa.eu/culture/creative-europe/index_en.htm – sowie die EFRE-Förderung der DG Regional Policy sind wesentlich erhöht und fokussieren erstmals die Kreativwirtschaft auf eine bisher noch nie noch nicht dagewesene Weise in Europa.
Diesem neuen Förderansatz ab 2012 ging in den letzten Jahren eine intensive Debatte in der EU-Kommission über Kreativwirtschaft voraus – u.a. begleitet durch verschiedene Studien von KEA ( http://www.keanet.eu/en/ecoculturepage.html ) sowie durch das Grünbuch der EU-Kommission „Unlocking the potential of cultural and creative industries“
( http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/doc2577_en.htm ) . ecce hat sich in diese Debatte durch den ECCI Summit in Brüssel seit 2008 eingebracht sowie durch eine Beteiligung an der Open Consultation zum o.g. Grünbuch, die in Kooperation mit der wmr und in Abstimmung mit den interessierten Städten erfolgt ist.Im Folgenden ein Auszug aus dem Vortrag von Claus Schultze, DG Regional Policy, am 8. November 2011 im Europäischen Parlament, an dem ecce auf Einladung von creativ wirtschaft austria teilgenommen hat. (Quelle: http://ipts.jrc.ec.europa.eu/s3platform.html)
4.) Fragen zu Einzelprojekten
Fragen 4 – 7: Kreativ.Quartiere Ruhr
Wie schon in Ziffer 2 ist das Projekt „Kreativ.Quartiere Ruhr“ mit seinen Aktivitäten 2009 bis 2011 in den Programmbüchern der RUHR.2010 sowie auf den Internetseiten www.ruhr2010.de und www.e-c-c-e.com veröffentlicht.Darüber hinaus hat ecce eine rund 100seitige, detaillierte Dokumentation zum Projekt Kreativ.Quartiere Ruhr erstellen lassen, die in Abstimmung mit den zuständigen Stellen in den beteiligten Städten erstellt wurde, die die Fragen 4 – 7 umfassend beantworten:
KREATIV.QUARTIERE RUHR ABSCHLUSSBERICHT
I. EINFÜHRUNG UND AUFBAU DES ABSCHLUSSBERICHTS
„Kreativ.Quartiere – Urbane Entwicklungsareale für Künstler und Kreative“
II. DAS KONZEPT DES PROJEKTS:
DIE INTEGRATIVE STADTENTWICKLUNG
II.1. Meilensteine August 2008 – Mai 2011
II.2. Allgemeine Projektstruktur und Verfahrensweise in den Städten
II.2.1. Ziele des Projekts
II.2.2. Organisationsform des Projekts: Der Roundtable
II.2.3. Aufgaben der städtischen Roundtables: Das 3-Stufen-Modell
II.2.4. Identifizierung und Entdeckung von Kreativ.Quartieren und ihren Gebäuden
II.2.5. Rolle und Geschwindigkeit von kulturellen Impulsprojekten
II.2.6. Aufgaben und Bedingungen von Schlüsselinvestitionen
III. UMSETZUNGSSTAND IN EINZELNEN STÄDTEN DER METROPOLE RUHR – Abschlussbericht
April 2009 – Mai 2011
III.1. Bochum
– ViktoriaQuartierBochum
III.2. Dinslaken
– Lohberg
III.3. Duisburg
Marxloh
Ruhrort
III.4. Essen
Nördliche Innenstadt / Nördliche Innenstadt
Scheidt’sche Hallen
III.5. Dortmund
Dortmunder U
III.6. Mülheim an der Ruhr
Games Factory Ruhr
III.7. Unna
Bildungsquartier Unna-Massen
I. EINFÜHRUNG UND AUFBAU DES ABSCHLUSSBERICHTS
„Kreativ.Quartiere – Urbane Entwicklungsareale für Künstler und Kreative“
Als eines der vier Themenfelder der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 wurde die
Kreativwirtschaft der Metropole RUHR modellhaft weiterentwickelt, nachhaltig gefördert und
europaweit vernetzt. Dabei brachte sich die Kulturhauptstadt durch ihre Projekte und ihre
Organisation in die Zukunftsdebatte um Kreativität und Kreativwirtschaft ein. Um diese Ziele zu
erfüllen, ist es auch weiterhin unverzichtbar, Künstler und Kreative, insbesondere auch
Hochschulabsolventen aus der Metropole RUHR, davon zu überzeugen, in der Region zu bleiben
und nicht in andere Metropolen abzuwandern. Ebenso muss es auch in der Zukunft weiterhin
gelingen, die Metropole RUHR für Kreative außerhalb Nordrhein-Westfalens und Deutschlands
attraktiver zu gestalten und deren Zuzug zu initiieren.
Ausschlaggebende Faktoren einer für Kreative und Künstler attraktiven Metropole sind urbane
Entwicklungsareale mit entsprechenden Freiräumen, z.B. in Form von leer stehenden Gebäuden
und günstigen Mietflächen auf ehemaligen Industriegeländen oder in innerstädtischen Arealen.
Gleichzeitig sind Genehmigungsfreiräume durch städtische und regionale Behörden und
Verwaltungen von großer Bedeutung.
Die Realisierung von kreativen Entwicklungsarealen durch eine spezielle Form der
Stadtentwicklung, der sog. „integrativen Stadtentwicklungspolitik“, war und ist Gegenstand des
von RUHR.2010 und ihrem ausgegründeten Institut ecce beantragten und von der
Bezirksregierung genehmigten langfristig angelegten Projekts:
„Kreativ.Quartiere – Urbane Entwicklungsareale für Künstler und Kreative“
Stadtplanung wird im Rahmen des Projekts Kreativ.Quartiere nicht durch Entwicklung von
Büroparks oder Neubauten betrieben und gefördert. Die in sieben Städten des Ruhrgebiets
ausgewählten neun Areale werden als Freiräume für die kreative Szene geplant. Die Akteure der Szene werden zugleich mit einem Instrumentarium ausgestattet, mit dem sie einen urbanen Möglichkeitsraum für ihre vielfältigen Vorhaben erschließen können.
An die Stelle einer Top-down-Planung, deren Scheitern mehrfach beobachtet werden konnte, traten Vorschläge, die durch Befragung von Kreativen und Künstlern generiert wurden. In einem mehrstufigen Prozess suchte RUHR.2010/ecce zunächst gemeinsam mit den Kreativen bestehende Leerstände in einem räumlich dichten Zusammenhang, die danach im Dialog mit der Stadt sowie den Eigentümern einer temporären Zwischennutzung oder endgültigen Nutzung für die Kreativwirtschaft zugänglich gemacht wurden und noch werden. Als strukturelles Vorbild kann hier die Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg, Berlin, dienen.
Diese integrative Stadtentwicklung im mehrstufigen Prozess ist ein neues Modell für die Förderung von Kreativwirtschaft sowie von städtischer Zukunft und Lebensqualität. RUHR.2010/ecce realisiert europaweit als erste Institution diese Art der Stadtentwicklung auf regionaler Ebene und als Simultankonzept für mehrere Städte.
Der hier vorliegende Abschlussbericht erläutert in einem allgemeinen Teil 1:
• das Konzept und den Prozess der integrativen Stadtentwicklung
• die beteiligten Akteure und ihre Rollen
• die horizontale und vertikale Organisationsform
• die nachgelagerte Projektrealisierung unter Beteiligung der öffentlichen und privaten Finanzierung
• je Unterkapitel Bewertungen der bisherigen 33 Monate Praxis
und in einem detaillierten Teil 2:
• die Umsetzung des Konzepts (Teil 1) je Stadt
• die Vision Kreativ.Quartier
• die Strategie und ihre Maßnahmen für die Kreativ.Quartiere
• die Akteure, ihre Kraftfelder und kulturellen Impulsprojekte je Quartier
sowie:
• die Einzelgebäude bzw. Schlüsselimmobilien und ihre Nutzungen, die zur Realisierung der für jedes Quartier formulierten Vision erforderlich sind.
II. Das Konzept des Projekts: Die integrative Stadtentwicklung
Bei der integrativen Stadtentwicklung handelt es sich um die Etablierung einer neuen integrativen Struktur, die den mehrdimensionalen Prozess der Stadtentwicklung unter Einbeziehung der kreativen und kulturellen Akteure entfaltet, trägt und auch koordiniert. Hierbei werden der innovative Charakter und die Einzigartigkeit dieser Projektstruktur herausgearbeitet und die Weiterentwicklung gegenüber anderen Ansätzen der Stadtentwicklung durch Kreativwirtschaft exemplarisch dargelegt.
Diese integrative Projektstruktur dient als Muster für die Verfahrensweise in jeder Stadt, das den örtlichen Gegebenheiten angepasst wird – ohne dass sich die zentralen Eigenschaften der Verfahren verändern. Dies ist im Hinblick auf deren Modellcharakter für andere Städte und Regionen von besonderer Bedeutung. Es wird deutlich, dass das Projekt „Kreativ.Quartiere RUHR“ eine neuartige Organisationsform der Stadtentwicklung geschaffen hat und bereits in einigen Städten erfolgreich Ergebnisse vorweisen kann.
Im folgenden Kapitel werden die bisherigen Meilensteine des Projekts zwischen August 2008 und Juni 2011 präsentiert, im Anschluss daran wird das Konzept des Projekts vorgestellt.
II.1. Meilensteine August 2008 – Mai 2011
Zu den Meilensteinen gehören auf lokaler Ebene die Organisation eines ersten Roundtables und der Folgeveranstaltungen sowie auf nationaler und internationaler Ebene die öffentliche Präsentation des Konzeptes „Kreativ.Quartiere RUHR“ und dessen erster Ergebnisse. Auch die ersten temporären kulturellen Nutzungen in den zukünftigen Kreativ.Quartieren gelten als Meilensteine.
Tabellarische Übersicht – eine Auswahl
Aug. 08 Einladung zum Projekt Kreativ.Quartiere und Versendung
von Kriterienschreiben an die Städte
Datum Meilenstein
- Aug. 08 1. Roundtable Dortmunder U
- Sep. 08 1. Roundtable Oberhausen
- Nov. 08 1. Roundtable ViktoriaQuartierBochum
- Dez. 08 1. Roundtable Dinslaken
- März 09 1. Roundtable Essen
- Juni 09 Projektpräsentation und Panel auf der 1. Jahrestagung der Kreativwirtschaft Metropole Ruhr
- Sep. 09 Präsenz der Kreativ.Quartiere bei der Kreativen Klasse Ruhr
- Okt. 09 Präsenz der Kreativ.Quartiere auf der EXPO REAL in München
- Okt. 09 1. Roundtable Duisburg
- Nov. 09 Arbeitsbeginn der Artist Contact Points für Essen, Bochum und Duisburg-Marxloh
- Nov. 09 Projektpräsentation auf der Konferenz Kreativ.Unternehmen RUHR, Dortmund
- Nov. 09 Projektpräsentation auf der Jahrestagung der Cultural Working Group der Agenda 21 in Dortmund
- Dez. 10 Einigung über einen Kooperationsvertrag zwischen der RAG und RUHR.2010 GmbH zur Finanzierung zweier Kreativ.Quartier Lohberg-Manager
- Nov. 09 „Master Class“ Ruhr der European Film Academy in Unna-Massen
- Seit 2009 Strategieentwicklung für Pop-Akademie in und mit der Stadt Bochum
- Jan. 10 Offizielle Eröffnung des Kreativ.Quartiers Dinslaken-Lohberg im Rahmen
der Local-Hero-Woche
- Jan. 10 1. Sitzung des Arbeitskreises Kreativ.Quartiere Ruhr in Dinslaken-Lohberg
- März 10 1. Roundtable Mülheim an der Ruhr
- März 10 Flohmarkt im U-Bahnhof Bochum-Ehrenfeld
- April 10 Eröffnung des Projekts GastGastgeber in Oberhausen und Dortmund
- Mai-Okt. 10 Austauschprojekt „Einen Monat Marxloh“ in Duisburg-Marxloh
- Mai 10 Eröffnung des Kreativ.Quartiers Dortmunder U
- Mai/Juni 10: News for Youth – Treffen für europäische Jungredakteure in Unna-Massen
- Juli 10 Fotoausstellung „.nl.de.tr/turkishconnections“ in Duisburg-Marxloh
- Juli 10 Eröffnung Rosenpavillion in Duisburg-Marxloh
- Aug. 10 Ausstellung „Blau-Bleu-Blue“ als RUHR.2010-Projekt in Dinslaken-Lohberg
- Aug. 10 ISEA Künstlerresidenz in Unna-Massen
- Herbst 10 Konzerte „Henze-Projekt“ und „Celloherbst“ in Unna-Massen
- Okt. 10 Deutsche Geschmackstage in Essen-Nördliche Innenstadt
- Juli-Aug. 2010 t.a.i.b. (Temporäre architektonische Intervention auf einer Brachfläche) in Bochum
- Dez. 2010 Arbeitsbeginn der Kreativ.Quartier Lohberg Manager, Förderung: Land NRW
- 2009 bis März 11 Begleitung und Vermittlung Planung Musikzentrum Bochum
- April 11 Eröffnung ecce-Büro im Kreativ.Quartier Dortmunder U
- April 11 Anerkennung der Kreativwirtschaft als vierte Säule der lokalen Ökonomie durch die Stadt Dortmund
- Mai 11 Eröffnung Coworking-Haus „Ständige Vertretung“ in Dortmund
II.2. Allgemeine Projektstruktur und Verfahrensweise in den Städten
II.2.1. Die Ziele des Projekts
Um seinen Beitrag zum Hauptziel von RUHR.2010 zu leisten, musste das Projekt Kreativ.Quartiere zunächst folgendes Unterziel auf verschiedenen Ebenen verfolgen:
Zuzug und/oder Verbleib von Kreativen in der Metropole RUHR
Die Förderung der Stadtentwicklung durch Kreativwirtschaft ist kein Selbstzweck[1], sondern vor allem ein Mittel, um Zukunftsfähigkeit[2] und Einkommenskraft der Region[3] konkret zu stärken: Die Wirtschaft der Metropole RUHR zählt in den Branchen Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe 2.200.00 Arbeitsplätze, die Kultur- und Kreativwirtschaft stellt mit zusätzlichen knapp 86.000 Arbeitsplätzen einen Anteil am Arbeitsmarkt von vier Prozent – und liegt damit über dem Bundesdurchschnitt[4]. An diesen Trend knüpft das Projekt „Kreativ.Quartiere RUHR“ an.
Die nachgeordneten Ziele des Projekts dienen der Stärkung der wirtschaftlichen Kraft der Region als Hauptziel – unter folgenden vier Voraussetzungen:
1. Vermeidung von Fehlern der früheren Stadtentwicklung, z. B. von Fehlinvestitionen in
Neubauten oder Neubau ohne Mieterperspektiven
2. Vermeidung von Konflikten zwischen Kreativen und Stadt; wie etwa in Hamburg beobachtbar
3. Schaffung von Strukturen, die sich nach einer öffentlichen Anschubfinanzierung wirtschaftlich selbst tragen
4. Berücksichtigung der geringen bzw. fehlenden finanziellen Bauinvestitions- oder/und
Kulturfördermöglichkeiten der Städte in der Metropole RUHR
Aus diesen Anforderungen ergaben sich für die Erreichung des o. g. Hauptziels notwendige Schritte, die als nachgeordnete Ziele festgelegt wurden:
- Ermittlung der konkreten Bedarfe der Kreativen und Künstler in jedem Quartier und deren Akzeptanz durch die städtische Verwaltung bzw. Stadtpolitik
- Fokussierung auf Leerstände und Motivierung der Eigentümer, sich am Prozess der
Stadtentwicklung auf eigene Kosten zu beteiligen
- Identifizierung von Kreativ.Quartieren in einer Stadt als milieugetriebene, bedarfsbezogene und damit räumlich flexible Areale[5]
- Formulierung einer Vision für die Kreativ.Quartiere in einer Stadt.
- Erarbeitung einer Umsetzungsstrategie
Diese nachgeordneten Ziele wurden und werden in jedem Quartier Schritt für Schritt im Zeitablauf mit den Akteuren erarbeitet. Dabei ergaben sich aufgrund der Heterogenität der Ausgangslagen, kulturellen Traditionen und verschiedenen Akteure in jedem Quartier andere notwendige Aktionen und Maßnahmen, vor allem im Hinblick auf eine profunde Nachhaltigkeit. Die Besonderheit hier: Die Prozesse mussten alle Akteure integrieren und gleichzeitig ihrer Heterogenität Rechnung tragen.
Dadurch ergaben sich verschiedene Umsetzungsgeschwindigkeiten in jedem Quartier. Die kulturelle Vielfalt der Quartiere spiegelte sich demnach in der Diversifizierung der Strategien der Kreativwirtschaft.
Die Stärken dieses Bottom-up-Ansatzes sind die Passgenauigkeit und Direktheit auf lokaler Ebene, während als Schwächen des Prozesses die komplexe Koordination sowie die wirksame Gesamtdarstellung identifiziert werden können.
II.2.2. Die Organisationsform des Projekts: Der Roundtable
Zur Projektrealisierung musste daher eine neue institutionelle Form gefunden werden, die die Stärken der Bottom-up-Verfahren erhält, jedoch ihre Schwächen vermeidet. Dazu wurde auf die Erfahrungen anderer Stadtentwicklungen zurückgegriffen und der aktuellste Best-Practice-Ansatz des 3. Hessischen Kultur- und Kreativwirtschaftsberichts weiterentwickelt:
„Erfahrungen zeigen, dass Mut zu ungewöhnlichen Lösungen und ressortübergreifendes Handeln der kommunalen Verwaltung zentrale Erfolgsfaktoren zur Verknüpfung von Stadtentwicklung und Kulturwirtschaft sind. Dies gelingt jedoch nur, wenn die beteiligten Ämter, in erster Linie die Stadtplanung, die Wirtschaftsförderung, das Liegenschafts- und das Kulturamt, koordiniert vorgehen. Die Koordination der städtischen Ämter kann auf verschiedene Weise gestaltet werden. Sie kann horizontal, etwa mit der
Einrichtung von Runden Tischen oder durch die ämterübergreifende Zusammenarbeit in Projekten erfolgen. Alternativ ist auch eine vertikale Steuerung denkbar, z. B. durch die Einrichtung einer Stabsstelle für Stadtentwicklung[6]“ (Quelle: Hess. Kulturwirtschaftsbericht, Seite 138).
Institutionelle Form der städtischen Roundtables
Das Projekt Kreativ.Quartiere RUHR hat zur Institutionalisierung der Ziele und Aufgaben die Form eines städtischen Roundtables geschaffen. Dessen Abstimmungsstrukturen wie auch seine Zusammensetzung wurden aufbauend auf dem 3. Hessischen Kulturwirtschaftsbericht nach den Erkenntnissen der Neuen Institutionenökonomik angelegt, um sog. „Verhinderungskoalitionen“ oder „Trittbrettfahrerphänomene“ lokaler ökonomischer und kultureller Entwicklungen zu vermeiden. In der wissenschaftlichen Literatur der öffentlicher Güter[7], zu denen die Kultur- und Kreativgüter zählen, spricht man von dominanten und anreizverträglichen Strategiemodellen[8]. So tritt zu den bestehenden politischen, städtischen und regionalen Strukturen ein bisher nicht bestehender Prozess der Abstimmung, der zu einer effektiven Koordination und Entscheidung, wie auch zur Realisierung führt. Oft entsteht unausgesprochen eine ergänzende lokale Institution, deren Nutzung und Einsatz
für jeden Beteiligten jedoch völlig freiwillig ist. Der Erfolg der Roundtables mag sich damit erklären, dass die bestehenden Institutionen ihren Koordinationsaufgaben nicht oder nicht mehr effizient nachkommen können und daher neue strukturelle Angebote als Ergänzung schnell aufgegriffen werden.
Zusammensetzung der örtlichen städtischen Roundtables
An den Roundtables nehmen lokale Vertreter der Kreativwirtschaft, die örtlichen „Majors“,
Eigentümer und Investoren sowie Vertreter aus der städtischen Kultur-, Wirtschafts- und
Planungsverwaltung sowie eine Stabsstelle des Oberbürgermeisters teil.
Das Organisationsmodell der Ruhr-Roundtables ist vergleichbar mit dem sog. Gießener Modell[9], dasauf einer horizontalen Organisationsform aufbaut. Diese wirkt ämterübergreifend innerhalb der Verwaltung und schließlich verwaltungsübergreifend in die Kreativwirtschaft hinein.
Ergänzend dazu zeichnet sich das Organisationsmodell des Ruhrgebiets dadurch aus, dass der Moderator bzw. Leiter der städtischen Roundtables und Organisationsstruktur kein
interessensgebundener Akteur vor Ort ist. Er kann als der unparteiische Vermittler und, wenn
erforderlich, als Schiedsrichter fungieren[10].
Darüber hinaus wirkt der Roundtable auch vertikal, d. h. in die Verwertungsstufen der Förderung der Kreativwirtschaft hinein. Daher ist zum einen das Stadtmarketing, zum anderen die Immobilienwirtschaft vor Ort einbezogen.
Die Ruhr-Roundtables verstehen sich als regionale Fortentwicklung des städtischen Giessener Modells, das drei Elemente verbindet: horizontale und vertikale Teilnehmerstrukturen auf städtischer Ebene sowie eine unabhängige Moderationsstruktur
auf regionaler Ebene.
Entscheidungsprozesse der örtlichen städtischen Roundtables
Die Moderation und Leitung sowie die Themensetzung in den Roundtables wird von den lokalen Akteuren, deren Eigeninteressen von der Entwicklung betroffen sind, losgelöst und deshalb von RUHR.2010 bzw. ecce übernommen.
Das Konzept des unbeteiligten Dritten als Treiber und Schlichter gilt heute in der einschlägigen Wissenschaft als die zentrale institutionelle Konstruktion für individuelle und soziale Verhandlungs- und Koalitionssituationen. Gegenüber vergleichbaren Ansätzen (z. B. Hessischer Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht) kann dies als entscheidende strategische Weiterentwicklung angesehen werden.
Alle Entscheidungen werden einvernehmlich unter allen Beteiligten getroffen. Damit verlässt die Kreativwirtschaft die Rolle des außen stehenden Kritikers und wird zum aktiven und
partnerschaftlichen Politikakteur. Eine Voraussetzung hierfür ist die verbesserte Organisation der Kreativwirtschaft vor Ort[11]. Zugleich bedeutet dies jedoch für städtische Administrationen, dass sie einen Teil ihrer Planungshoheit zugunsten von Beteiligungen der künftigen Nutzer aufgeben. Die Vorlage fertiger Planungen lediglich zur Kommentierung durch die Bürger oder Wirtschaft ist auf diesem Feld nun überholt. Dies ist mit einem erheblichen Umdenken in den lokalen Verwaltungen verbunden, das Zeit benötigt – manchmal länger als ein Jahr. Allerdings begreifen die städtischen Verwaltungen diese offenen Abstimmungsprozesse allmählich als frühzeitigen Know-how-Transfer und damit als Zeit- und Kostenersparnis für ihre eigene Arbeit. Im besten Fall realisiert sich der Bottom-up-Ansatz so als eine Effizienzsteigerung in der städtischen Verwaltung. Doch oft müssen auch Vorbehalte von der Seite der Kreativwirtschaft ausgeräumt werden: Ihre Vertreter sehen im Roundtable gelegentlich ein neues Modell zur Instrumentalisierung durch die Stadt. Das Misstrauen der informell organisierten Akteure aus der Kreativwirtschaft lässt allerdings nach, wenn sie erleben, dass ihre Bedarfe gehört und berücksichtigt werden – hierbei ist eine exemplarische Berücksichtigung wichtiger als Masseneffekte. Ebenso wie die städtische Verwaltung
durchläuft auch die Kreativwirtschaft einen Lernprozess – mit dem Ergebnis, dass beide sich auf Basis eines gemeinsamen Nutzens einander annähern.
Roundtable als Kommunikations- und Vertrauensform
Der örtliche Roundtable ist daher auch ein Vermittler zwischen den formellen und informellen
Kulturen der amtlichen und nicht-amtlichen Welt; der Stadtverwaltung, der Kreativwirtschaft sowie der Eigentümer – ohne deren Funktionen oder Identitäten aufzuheben. Erst wenn diese Leistung des Roundtables in einer Stadt bekannt und glaubhaft wird, beginnt er im Sinne der Stadtentwicklung aktiv zu werden. Dieses Phänomen folgt einem klassischen Beispiel aus der Organisationstheorie und ihren Begriffen der Effizienz der Institution und Effektivität der Institution. Dieser Annäherungsprozess dauert in der Regel sechs bis 18 Monate und ist abhängig vom Grad der vorherigen Entfremdung zwischen Stadt und Kreativwirtschaft.
Roundtable als horizontale und vertikale Organisationsform
In der Stadtentwicklung wird regelmäßig die Form der Einbeziehung der Akteure und – damit
verbunden – die Rolle der Stadt diskutiert. Der Ansatz der Kreativ.Quartiere RUHR ist im
Unterschied zu vielen anderen Modellen kein einseitiger, sondern ein dualer Ansatz, der sowohl horizontale wie auch vertikale Organisation integriert. Der RUHR-Ansatz erweitert somit die wissenschaftliche Literatur, die in der Regel lediglich die Alternativen aus horizontaler und vertikaler Organisationsform nennt[12], um einen innovativen empirischen Beitrag.
Bereits in der horizontalen Organisation geht der RUHR-Roundtable über das bekannte Giessener Modell hinaus: Im Gießener Modell wird eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe in der Verwaltung geschaffen, die die Kreativszene themenbezogen einlädt – doch hierbei starke Inkonsequenzen erkennen lässt. Unbestritten haben auch diese Ansätze Erfolge aufzuweisen, im RUHR-Modell treten sich jedoch städtische Ämter und Kreativwirtschaft gleichberechtigt in einem Arbeitskreis gegenüber, der von allen Akteuren gleichermaßen getragen wird[13].
Über die Zusammensetzung des Roundtables können die Akteure nicht bestimmen und müssen sich deshalb strukturell über eine längere Zeit auf den gemeinsamen Entwicklungsprozess einlassen – statt themen- oder branchenbezogen spezifische Interessen zu realisieren und sich danach auszuklinken.
In der vertikalen Organisation hat sich in vielen Städten die Einrichtung einer Stabsstelle in der Verwaltung, oft auch im Umfeld des Bürgermeisteramts, die für ein Projekt alle Ämter schnell koordiniert, als erfolgreiche Strategie erwiesen. In dem Roundtable-Konzept-RUHR können jedoch auch andere, nicht-öffentliche Akteure Stabsfunktionen übernehmen: Der Roundtable kann für ein Projekt z. B. eine Interessengemeinschaft[14] oder einen Großinvestor[15] mit Stabsfunktionen beauftragen. Die konzentrierte Projektdurchführung wird damit nicht in der städtischen Verwaltung zentralisiert und ist so sehr zeitgemäß im Sinne von Public Private Partnerships aufgestellt.
So entsteht ein Modell, das weitere nützliche Effekte generiert: Zum einen motiviert es die
Privatinvestoren zu verstärktem Engagement. Und zum anderen entlastet es die städtischen
Verwaltungen, die oft für Aufgaben in der Kreativwirtschaft ohnehin kein neues Personal zur
Verfügung gestellt bekommen.
33 Monate Praxis am Roundtable: Erstes Fazit der integrativen Organisationsform
Wie auch im 3. Hessischen Kulturwirtschaftsbericht vorausgesagt[16] kann als eine erste Folge der Stadtentwicklungspolitik durch Kreativwirtschaft ein Umdenken seitens der Stadtverwaltungen festgestellt werden. Im Hessischen Bericht versteht man den Roundtable jedoch noch als ämterinternes Modell; im RUHR-Projekt wird der Roundtable zu einer autonomen, ämterextern statt ämtergesteuerten Institution erweitert:
Fazit 1.) Das Projekt Kreativ.Quartiere RUHR hat zur Erreichung der Haupt- und Unterziele eine neue institutionelle politische Infrastruktur auf städtischer Ebene geschaffen – mit folgenden Effekten, die auch schon im Jahr 2010 nach nur 18 Monaten Projektdauer eintraten:
a.) Zunehmende Investitionstätigkeiten privater Akteure
b.) Neuvermietung an Kreative und Künstler und zusätzliche Inbetriebnahmen von Flächen ohne öffentliche Investitionen
c.) Steigende kulturelle Impulse durch Akteure vor Ort und aus dem Ausland
Fazit 2.) Zur Koordinierung des Außenauftritts der städtischen Roundtables über das Ruhrgebiet hinaus wurde schon im Jahr 2009 die Veranstaltung eines Regionalforums erforderlich. Recht schnell folgten Einladungen zu Expo Shanghai 2010, der EXPO REAL in München sowie dem London Architecture Festival, um das Projekt Kreativ.Quartiere zu präsentieren. Darüber hinaus sind Anfang des Jahres 2010 Kooperationsangebote aus Rotterdam, Kosice, Siena und Sheffield zum Austausch von Kreativunternehmen eingegangen, die ebenfalls eine Regionalstrategie in Kommunikation und Branding erfordern. Die Rezeption des Projekts im Ausland ist so stark geworden, dass sich die RUHR. 2010 entschlossen hat, ein eigenes Dachmarkenlogo für die Kreativ.Quartiere RUHR zu entwickeln.
Fazit 3.) Das Projekt Kreativ.Quartiere wurde bereits 2009 auf mehreren europäischen Konferenzen vorgestellt – u. a. auf der schwedischen Regierungskonferenz in Stockholm zum Europäischen Jahr der Innovation und Kreativität 2009 sowie auf der britischen nationalen Konferenz der Kreativwirtschaft in London. Die oben genannten Innovationen der integrativen Organisationsform wurden in allen Fällen mit großer Zustimmung aufgenommen und haben zu weiteren Einladungen geführt.
Der Höhepunkt dieser politischen Anerkennung ist die Absicht der EU-Kommission, DG Education and Culture, mit ecce gemeinsam einen Europäischen Preis für Kreativwirtschaftspolitik zu vergeben. Das Konzept ist 2009 gemeinsam über einen Zeitraum von einem halben Jahr erarbeitet und verabschiedet worden.
Anfang 2010 hat nun die DG Regional Policy der EU-Kommission vorgeschlagen, das Projekt Kreativ.Quartiere RUHR wegen seiner innovativen Organisationsform als Best Practice in das URBACT-Programm aufzunehmen.
FAZIT: Das Organisationsmodell der integrativen Stadtentwicklungspolitik der RUHR.2010 ist zurzeit internationale Benchmark.
II.2.3. Aufgaben der städtischen Roundtables: Das 3-Stufen-Modell
Die Aufgabe eines städtischen Roundtables besteht am Anfang unmittelbar nach seiner Gründung Stufe 1 in der Aktivierung möglichst vieler Branchen und Teilnehmer aus Politik und Immobilienwirtschaft und einer qualitativen wie quantitativen Bestandsaufnahme kultureller Aktivitäten – von Hochkultur bis Subkultur – sowie vorhandener Einzelmaßnahmen. Danach schließen sich an:
Stufe 2: die Entwicklung einer Vision für die Stadt und der kulturellen Identität ihrer
Quartiere.
Stufe 3: die Erarbeitung einer Strategie mit Maßnahmen- und Zeitplänen sowie deren
Verabschiedung im Roundtable im Einvernehmen mit der Stadt.
Dazu zählen u. a.:
3.1. die Auswahl des oder ggf. der Quartiere und deren Priorisierung in der Stadtpolitik.
3.2. Die Identifizierung von für die Vision geeigneten Gebäuden und deren Aufnahme in ein Leerstandssowie
Vermietungskataster. Oft geschieht die Vermietung auch schon per Mund-zu-Mund-
Empfehlung. In der Regel ergeben sich dann auch sog. Schlüsselgebäude, die im Falle einer
Nutzung einen Spin-off-Effekt und Belebungseffekt für das ganze Quartier erwarten lassen.
3.3. Die Umsetzung und/oder Unterstützung kultureller Impulse in den Kreativ.Quartieren, auch temporär, um eine langfristige Nutzung einzuleiten. Dazu kann z. B. auch Hilfe zur Erlangung einer Schankgenehmigung gehören – durch moderierende Gespräche zwischen Behörde und Interessent.
Dieses stufenweise Vorgehen ist in der Regel nicht linear, sondern iterativ aufgebaut. Wenn zum Beispiel eine Schlüsselimmobilie identifiziert und für eine Nutzung zugänglich gemacht wurde (oft nicht materiell durch Baumaßnahmen, sondern lediglich durch die Bereitschaft des Vermieters zu vermieten), entscheiden sich neue Akteure zur Beteiligung am Entwicklungsprozess. Unversehens schreitet man von Stufe 3 zu Stufe 1 „voran“ – auf einem qualitativ höheren Level.
Der Arbeitsfortschritt eines Roundtables ist daher nicht immer ohne Weiteres ablesbar und zeitlich schwer kalkulierbar. Die oben beschriebenen iterativen Schleifen können zu Beginn zeitraubend wirken, den Prozess mit zunehmender Dauer aber beschleunigen. Sind alle wichtigen Akteure einmal eingebunden, bleiben die oft üblichen „Letzte-Minute-Widerstände“ aus, da es keine Ausgeschlossenen mehr gibt – dies gilt insbesondere auch für das alteingesessene Umfeld des Kreativ.Quartiers. Doch die Iteration kann auch entgegengesetzt wirken: Durch die Erschließung neuer Akteure werden neue Quartiere entdeckt – zum Teil erst nach Monaten der Recherche in der Stadt (eine ausführliche Definition der Eigenschaften von Kreativ.Quartieren wird im nächsten Kapitel vorgenommen). In der Praxis hat sich folgende Regel bewährt: Kein Umweg ist zu lang, um Akteure einzubeziehen.
Die Aufgabe der Roundtables besteht zum Teil auch in der Umsetzung der erarbeiteten Strategien. In der Regel ist der Roundtable durch seine informelle Struktur allerdings nicht für die konkrete Organisation geeignet; er besitzt zudem keine Verwaltungs- oder Bürostrukturen, um hier zielführend agieren zu können. Die Projektumsetzung soll und wird von anderen Akteuren fortgeführt – ganz im Sinne der Aktivierungseffekte, die der Roundtable erreichen will[17]. Diese Dynamik wird in Kapitel II.2.4. und II.2.5. ausführlicher beschrieben.
33 Monate Praxis Roundtable: Bewertung der Aufgaben
Die Arbeit der Roundtables ist durch vier Entwicklungsphasen gekennzeichnet:
Die Ausgangslage vor der Zusammensetzung der Roundtables war durch eine in den
Entscheidungen der Stadtentwicklung kaum berücksichtigte Kreativwirtschaft geprägt. Die
Hauptaufgabe in den ersten zwei bis drei Sitzungen galt deshalb der Generierung einer
Zusammensetzung, die die realen Verhältnisse vor Ort zukunftsorientiert abbildete – und nicht nur den strukturellen und politischen Machtverhältnissen Rechnung trug. Diese nun realistisch und hochkarätig besetzten städtischen Roundtables arbeiteten in der Folge an der Identifikation, Auswahl und Priorisierung der Kreativ.Quartiere.
In einem dritten Schritt wurden für die jeweiligen Quartiere und deren Strategien einzelne
Entwicklungsworkshops organisiert. Die vierte Phase bestand aus der Zusammenführung der Ergebnisse aus den Entwicklungsworkshops im städtischen Roundtable – dessen Zusammensetzung und Charakter sich durch die geleistete Arbeit und die neu identifizierten Akteure verändert hatte.
Aus einem informellen Filter für mehr oder weniger konkrete Ideen war der Roundtable zu einem echten politischen Entscheidungsgremium geworden.
Die neue Relevanz des Roundtables zeigte sich in der fünften Stufe: Hier schalteten sich die
Oberbürgermeister der Städte ein, um die bereits konkret laufenden Entscheidungsprozesse
politisch in die gewünschte Richtung zu lenken. Die sechste Phase beinhaltete demnach eine Absprache mit politischen Akteuren und Verwaltung hinsichtlich der Umsetzung. Im Prozess der Etablierung der Kreativ.Quartiere RUHR haben die Akteure und ecce in den Städten Essen, Bochum, Duisburg, Dinslaken und Mülheim an der Ruhr diese Phase bereits erfolgreich absolviert.
Strukturell betrachtet hat sich durch die intensive Arbeit aus dem eher zufälligen, informellen
Raster des Roundtables ein organisch gewachsener Ablauf und eine interne Reorganisation
entwickelt. Vor allem durch die Beobachtung der nicht linearen Dynamik der Iterationsschleifen konnten wichtige Erfahrungswerte generiert werden.
Außerdem wurde die Wichtigkeit einer unabhängigen, weder städtischen noch kreativwirtschaftlichen Treiberstruktur wie ecce erkannt, die die Agenda setzt, Impulse gibt und das politische Tagesgeschäft transzendiert.
II.2.4. Die Identifizierung und Entdeckung von Kreativ.Quartieren und ihren Gebäuden
Die Entwicklung von urbanen Freiräumen beginnt in vielen Städten mit der Auswahl von Flächen und Gebäuden als natürlichem Anfang einer Stadtentwicklung. Insbesonders große Brachflächen und nicht mehr genutzte Industrie- und Hafengelände werden schnell für Entwicklungs- und Neubaumaßnahmen ausgewählt – vor allem wenn hierfür europäische Fördergelder zur Verfügung stehen. Diese Strategie hat sich in Städten wie Mannheim und Berlin durchaus bewährt: Mit großen imposanten Bauten können – aufgrund der öffentlichen Förderung – zu günstigen Konditionen Großmieter und Majors für einen Standortwechsel gewonnen werden. Ein Beispiel dafür ist in Berlin die in der Bürgerschaft allerdings extrem umstrittene Entwicklungsfläche „Mediaspree“.
In der Metropole RUHR wird auf einen Mix von Entwicklungsmaßnahmen und damit auch von Flächentypen gesetzt: vom Neubau auf ehemaligen Brachflächen (Dinslaken, Bochum) über die Entwicklung von ehemaligen Gewerbeflächen (Dortmunder U, Essen-Scheidt’sche Hallen, Unna-Massen) bis hin zu gemischten Nutzungen in strukturschwachen Stadtteilen im Umbruch (Essen, Dortmund, Duisburg). Im Hessischen Kulturbericht sind zur Systematisierung folgende Kategorien eingeführt worden:
A Großflächen
B Industrie-, Gewerbe- und Infrastrukturliegenschaften
C Stadtquartiere im Umbruch
D Einzelgebäude
Einzigartig für die Entwicklung im Ruhrgebiet ist der Charakter des Roundtables: Sie betreiben Stadtentwicklung aus der Sicht kultureller Identitäten und Visionen – die sich in Kreativ.Quartieren vergegenständlichen.
Die große Stärke dieser Einrichtungen sind die kreativen Akteure, die wirtschaftliche Nutzungsideen für das Raumangebot einbringen.
Am Anfang des Prozesses steht deshalb nicht ein Kataster von Flächen, sondern ein Kataster von kulturellen Nutzungsideen und Akteuren. Für deren Bedarfe werden dann räumliche Entfaltungsmöglichkeiten, die sich nicht auf ein Einzelgebäude verengen, gesucht. Diese Entfaltungsräume sind in der Regel in Kategorie C zu finden:
„Bei dieser Kategorie handelt es sich nicht um reine Wohngebiete,sondern um ,ganz normale, gemischte‘ vernachlässigte oder im Umbruch befindliche Stadtteile. Sie sind meist in zentralen innerstädtischen Lagen zu finden und werden häufig von einer Bebauung aus der Jahrhundertwende geprägt. Oft sind es Bahnhofs- oder Rotlichtviertel. Kennzeichnend ist meist ein hoher Anteil von Migranten.“
Quelle: Hess. Kulturwirtschaftsbericht, Seite 44
Der Begriff Kreativ.Quartier
Der Begriff Kreativ.Quartier wird im Rahmen des Projekts Kreativ.Quartiere RUHR daher bewusst nicht durch starre Gebäudetypologien oder formelle Kriterien definiert, sondern durch die Bedürfnisse und Bedarfe der Zielgruppe ausgefüllt. Eine Kreativ.Quartier-Brachfläche unterliegt anderen Kriterien als ein innerstädtisches Viertel im Umbruch, selbst innerhalb einer Stadt können verschiedene Kreativ.Quartiere mit verschiedenen Eigenschaften existieren. Dies demonstriert das Beispiel Essen eindrucksvoll: Auf Zollverein gelten aufgrund der vorgegebenen Baustrukturen und Verkehrslage ganz andere Bedingungen für ein erfolgreiches Kreativ.Quartier als z. B. in der City Nord (Nördliche Innenstadt Essen) oder den Scheidt’schen Hallen. Ein Kreativ.Quartier kann nicht verordnet oder durch ein Amt geplant werden. Deshalb wäre eine formelle Definition wenig zielführend; die Gefahr, am Bedarf der künftigen Nutzer vorbei aufgestellt zu sein, wäre zu groß. Ein Kreativ.Quartier ist eher ein Ermöglichungs- als ein Planungsraum, der implizit einen Steuerungsverlust der Politik einschließt und damit Entfaltungsraum für Kreativität
schafft. Diese Vielgestaltigkeit des Phänomens ist mittlerweile auch in die Standarderkenntnis der Forschung eingegangen. Dennoch haben sich Kriterien für die Gestaltung eines optimalen Prozesses zur Entwicklung eines urbanen Kreativ.Quartiers herausgestellt, vor allem unter dem Aspekt der eigenständigen Gestaltung durch die Kreativwirtschaft[18].
Die städtischen Roundtables der Kreativ.Quartiere RUHR – in ihrer dualen horizontalen und
vertikalen Integration der vielfältigen Akteure – setzen genau hier an und entwickeln, anknüpfend an die Erkenntnisse und die Best Practice des Hessischen Kulturwirtschaftsberichts, ein eigenes Modell der Etablierung von Kreativ.Quartieren.
Findung in der Praxis
Der praktische Findungsprozess beginnt mit intensiven Begehungen vor Ort durch Delegationen aus Stadt, Kulturwirtschaft und Eigentümern sowie der Auswertung von Standortkarten, um eine räumliche Verdichtung von Kreativen zu ermitteln. Diese Arbeit erweist sich oft auch als Keimzelle für eine extensivere Arealsbildung unter Einbezug mehrerer umliegender Straßenzüge. Diese Arealsbildung funktioniert als ein iterativer dynamischer Prozess – genau wie die Auswahl von Schlüsselimmobilien oder die Beteiligung von Akteuren. Die Beschreibung eines Kreativ.Quartiers kann daher nicht in einen herkömmlichen Stadtentwicklungsplan münden, der mit seinen strikten Grenzen auf der einen Straßenseite erlaubt, was gegenüber verboten bleibt: Die Grenzen der
Quartiere sind unscharf und durchlässig. Die konkrete Identifizierung von Potenzialen im urbanen Raum kann an Hand der folgenden Prüfmatrix nachvollzogen werden. Hier werden Raumtypologien mit den Anforderungen der Nutzer sowie Projektzielen kombiniert. Diese Matrix Kreativ.Quartiere RUHR zeigt, dass die besondere Organisationsform der Roundtables keine Oberflächen-Semantik darstellt, sondern das Projekt integrativ strukturiert. Sichtbar wird diese Leistung in der Auswahl von Flächen und Gebäuden: Die traditionell einseitigen Vorgaben der Stadtverwaltung zur Vergabe von Objekten an Kreative wurde als realitätsfremd identifiziert. Ebenso wie die gängige politische Praxis, eine kreative Entwicklung von politisch nicht genehmen Stadtteilen bzw. Wahlkreisen zu unterlassen oder zu blockieren. Obwohl auch zu Beginn der Roundtables Versuche auftraten, die Stadtentwicklung dergestalt zu betreiben, verloren diese Absichten im Laufe des längeren Prozesses an Bedeutung.
Identifizierungs-Matrix: Kreativ.Quartiere RUHR
Vom Leerstand zur Nutzung: Die Quartier.Manager und die Glaubwürdigkeit des Konzepts der Kreativ.Quartiere RUHR
Diese Identifizierung und Auswahl der Quartiere und ihrer Leerstände stellt die erste Hälfte des in der Matrix angelegten Gesamtprozesses dar. Der zweite Teil besteht aus der Nutzung bzw. Vermietung an Akteure aus der Kreativwirtschaft. Hier unterstützt ecce Künstler und Kreative in der Findung der zu ihren Bedürfnissen passenden Flächen und vermittelt im noch neuen Dialog zwischen Eigentümern und dieser neuen Mietergruppe. Gegenüber den Eigentümern treten die Künstler und Kreativen als Mieter selbstständig auf.
In drei Artist Contact Points werden Ansprechpartner für Künstler, Kreative und Absolventen
benannt. Sie unterstützen die freien Akteure bei der Suche nach Leerständen und umgehen das nicht mehr zeitgemäße und vor allem für ausländische Akteure komplizierte Durchlaufen der relevanten Ämter. Für zehn Städte mit rund 30 Flächenangeboten sind im November 2009 drei freiberufliche Ansprechpartner eingestellt worden:
Christian Finzel, Oberhausen – zuständig für westliches Ruhrgebiet
Siegfried Schneider, Essen – zuständig für mittleres Ruhrgebiet
Thomas Zehnter, Bochum – zuständig für östliches Ruhrgebiet
Besonderer Wert wurde bei der personellen Auswahl auf die strukturelle Funktion der Personen für den Roundtable gelegt: Als Vermittler zwischen informellen und formellen Milieus müssen sie freiberuflich in ihren vorhandenen kulturellen Netzwerken tätig bleiben. Nur so können sie als glaubwürdige Vermittler gegenüber einer Kulturszene auftreten, die öffentlichen Partnerschaften oft skeptisch gegenübersteht. Diese Organisationsform der Personalbesetzung folgt dem Konzept der integrativen Stadtentwicklung und ist ein zentrales Detail, um dem Konzept im realen alltäglichen Projektprozess Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Die Leistungen dieser Betreuer für Künstler, Absolventen und Interessenten sind immer auch ein Beitrag zur Projektumsetzung, z. B. durch:
• Unterstützung in der Organisation zur Nutzung von Flächen
• Netzwerkarbeit zu Künstlern und Institutionen in der Metropole RUHR, um auswärtige kulturelle
Impulse in die Ruhrregion zu fördern
• Unterstützung bei Zugängen zu städtischen Ämtern und/oder Genehmigungen bzw. Förderungen
• Schaffung von Kreativresidenzen für ausländische Städte bzw. Unternehmen
• Organisation von Stammtischen für ausländische Künstler/Absolventen, die in diesen
Kreativresidenzen zu Gast sind, bzw. Unterstützung des Projekts „GastGastgeber“ der Niederlande
In Dinslaken wurden am 1.12.2010 zwei Kreativ.Quartier Lohberg Manager eingestellt. Sie arbeiten als Ansprechpartner für vorhandene Unternehmer und Interessenten sowie als Promotoren für die Außendarstellung des Kreativ.Quartiers. ecce beteiligt sich hier als Förderer und Kooperationspartner im Antrag der Stadt Dinslaken auf Förderung von Personalkapazitäten durch das Land NRW.
Aufgrund der durch die aktuelle Landesregierung nicht verlängerten Förderperiode mußte die Arbeit der Artist Contact Points zum 31.12.2010 eingestellt werden.
Projektumsetzung: Leerstand, Vermietung und kulturelle Impulse
Im Rahmen der Stadtentwicklung durch Kreativwirtschaft besteht die Endphase der Strategie aus zwei Aktivitäten:
• Die Vermietung an Künstler und Kreative, die zur Identität des Quartiers passen – dies allein genügt jedoch noch nicht zur Belebung eines Quartiers
• Die Unterstützung von kulturellen Impulsprojekten – idealerweise durch jene Künstler und Kreative realisiert, die auch in das Quartier einziehen oder dort arbeiten
Kulturelle Impulsprojekte sind Projekte – öffentliche Veranstaltungen oder private Produktionen –, die eine erhebliche Anziehungskraft auf Auswärtige entfalten. Sie müssen von einer überdurchschnittlichen Qualität sein und sich weit über die Stadtgrenzen hinaus durch Mund-zu- Mund-Empfehlungen und mediale Berichte gleichermaßen kommunizieren lassen. Die Anziehungskraft von Impulsprojekten erkennt man unter anderem an deren Bekanntheit in den einschlägigen Fachkreisen – ohne das hierfür ein Marketingetat aufgewendet wurde oder wird.
Beispiele für kulturelle Impulsprojekte der letzten 18 Monate in den Kreativ.Quartieren RUHR sind (Details siehe Teil 2):
Bochum: Sportartistikshow „Urbanatix“ in der leer stehenden Marienkirche im Viktoria.Quartier.
Bochum: „t.a.i.b.“, die temporäre architektonische Intervention auf der Brachfläche
Katholikentagsbahnhof.
Dortmund: „GastGastgeber“ in der temporären Hotelanlage Möllerstraße und die
DORTMUND.KREATIV-Veranstaltungen.
Duisburg-Marxloh: Ausstellung des Fotografen Otto Snoek „.nl.de.tr/turkishconnections“ auf der Brachfläche Elisenhof an der Merkez-Moschee und das Künstleraustauschprojekt „Einen Monat Marxloh“.
Duisburg-Ruhrort: Die Duisburger Akzente 2010 (Theaterfestival), ISEA (internationales Symposium für elektronische Kunst), die Creative Stage Ruhr, „MAXI-Musik und HOFkultur“ (Kulturfestivals) und Kunst in Zwischenzeit (Kunst in Leerstandsobjekten).
Dinslaken: Die Projekte „Open House“ (Tage der offenen Tür), Extraschicht („Nacht der
Industriekultur“), Local-Hero-Woche der RUHR.2010, „Blau-Bleu-Blue“ (internationales
Kunstprojekt) und weitere Veranstaltungen in 2011.
Essen-Nördliche Innenstadt: Die Deutschen Geschmackstage, das unprojekte-Festival und Essen Original.
Essen-Scheidt’sche Hallen: Die RUHR.2010-Programmpunkte „Starke Orte“ (Ausstellungen
ruhrgebietsweiter Künstlerbünde) und „Stadt.Land.Ruhr“ (Local-Hero-Projekt von Essen-Kettwig).
Unna-Massen: „News for Youth“ (Treffen für europäische Jungredakteure), „Master Class“ Ruhr der European Film Academy, Konzerte der Reihen „Henze-Projekt“ und „Celloherbst“ und eine Künstlerresidenz für Teilnehmer der ISEA 2010.
Diese kulturellen Impulse sind der oft unterschätzte Treiber für die Entwicklung von
Kreativ.Quartieren. Auch wenn in der wissenschaftlichen Literatur noch günstige Mietpreise im Vordergrund stehen – für das Ruhrgebiet trifft dieses Kriterium nicht zu: Seit Jahren sind
Leerstände und günstige Mieten vorhanden, ein Berliner „Prenzlauer-Berg-Effekt“ blieb bisher trotzdem aus. Deshalb setzt das Projekt Kreativ.Quartiere in erster Linie auf qualitative Entwicklung in Form von kulturellen Impulsen, die Kreative und Künstler aus eigener Kraft anziehen – ohne dass Reisestipendien oder Prämien ausgelobt werden müssen.
33 Monate Praxis Roundtable: Identifizierung und Entwicklung von Kreativ.Quartieren
Im detaillierten Teil des Abschlussberichts werden die Kreativ.Quartiere für die Städte Bochum, Dinslaken, Duisburg, Essen, Dortmund, Mülheim an der Ruhr und Unna in ihren einzelnen Aspekten dargelegt. Im Gesamtüberblick ist bereits zu erkennen, dass die Städte das Angebot des Roundtables und des damit verbundenen prozesshaften Entdeckens und Entwickelns von Kreativ.Quartieren in vorbildhafter Art und Weise angenommen haben. Das Projekt war zunächst für die Beteiligung von drei bis fünf Städten ausgelegt, nun sind folgende sieben Städte und neun Quartiere aktiviert, Stand April 2011:
1. Bochum ViktoriaQuartierBochum, optional Zeche Prinz Regent
2. Dinslaken Zeche Lohberg
3. Dortmund Dortmunder U mit Umgebung Rheinische Straße
4. Duisburg Ruhrort und Marxloh, optional Innenstadt
5. Essen Nördliche Innenstadt und Scheidt‘sche Hallen
6. Mülheim an der Ruhr Games Factory Ruhr, weitere Potenziale
7. Unna Bildungsquartier Unna-Massen
Es wurden durch nur eine Fragebogen-Aktion in den o. g. Städten rund 30 Gebäude mit 90.000 qm potenziellen Kreativwirtschafts-Flächen identifiziert. Die Artist Contact Points und Kreativ.Quartier- Manager haben sich in verschiedenen Aktivitäten institutionell wie personell bewährt: In Duisburg leisteten sie durch die Integration der türkischen Eigentümer einen wichtigen Beitrag. In Bochum erreichten sie die Street-Art-Szene und arbeiteten an der Vermittlung von Kirchen und früheren Jugendhäusern der katholischen Kirche. Und in Dinslaken sorgen sie derzeit für die Vermittlung von Leerständen an Kreative.
Alle drei Entwicklungen belegen, dass das niederschwellig aufgebaute Projektdesign zum
Erfolgskonzept geworden ist: Es motiviert zur Beteiligung an einem neuen Prozess (obwohl es dafür keine absehbare materielle Bezahlung gibt) und wird von Kreativwirtschaft, Stadt sowie Eigentümern angenommen. Doch es gibt immer noch Optimierungsbedarf: Dringend benötigt wird eine regere Beteiligung der Eigentümer aus den Kreativ.Quartieren. Dies kann aufgrund von Personalengpässen bei ecce nicht ohne Weiteres organisiert werden, obwohl die Eigentümer größtenteils bekannt sind und an den Roundtables teilnehmen. Dies betrifft Großbesitzer wie Immeo Wohnen, die RAG, Haniel und die Stiftung Mercator ebenso wie mittelständische Firmen wie die Verwaltung der Scheidt‘schen Hallen.
In der Frühphase der Entwicklung der Kreativ.Quartiere RUHR verdeutlichte sich, dass
der Heterogenität der Städte Rechnung getragen werden muss. Während z. B. in Bochum und Essen noch keine übergeordneten „Masterpläne“ vorhanden sind, lebt die Szene bereits von dezentralen Aktivitäten wie den Initiativen von Urbanatix, Leo Bauer und Goldkante (Bochum) sowie den Bemühungen um ein Kunsthaus Schützenbahn[19] und einen Kreativ.Quartier-Manager (Essen).
In Dortmund wird dagegen das östlich an das U grenzende Gebiet Dortmund-West bzw. Rheinische Straße aus öffentlichen Mitteln des Stadtumbau West mitgestaltet. Eine Integration auch des umgebenden Stadtteils zeigt sich auch in Dinslaken, wo sich Vereine und Bürgerinitiativen in der Entwicklung des Kreativ.Quartiers Lohberg engagieren. Zusätzlich profitiert Dinslaken vom Förderantrag, den die Stadt als einzige Kreativ.Quartiers-Stadt erfolgreich an das Land NRW richtete.
II.2.5. Rolle und Geschwindigkeit von kulturellen Impulsprojekten
Die Praxis zeigt eindrucksvoll, dass außergewöhnliche Quartiersentwicklungen in aller Regel
identische Ausgangsszenarien aufweisen: freie Künstler, die autonome Projekte verfolgen – ohne,dabei eine Quartiersentwicklung oder Belebung des Stadtteils explizit zu intendieren. Diese Wahrnehmung wird zusätzlich durch Studien und Medienresonanz über Stadtentwicklung durch Kreativwirtschaft und sog. „Kreative Städte“ gestützt: Ob Galerien im Innenhafen Kölns, Künstlerateliers in Düsseldorf oder Wuppertal, Musikfestivals in Hamburg, freie Theater in Berlin, Galeriencluster in New York oder Shanghai oder Medienkünstler im Dortmunder U – fast immer beginnen die Erfolgsgeschichten mit freien Künstlern und ihren Projekten.
Die Forschung geht üblicherweise von einer sog. kritischen Dichte an Künstlern aus, die zunächst zusammenkommen muss, damit Projektaktivitäten dieser Art beginnen können. Eine neue Studie von FORA, die im Auftrag der EU-Kommission Anfang Februar 2010 erschienen ist, legt nahe, dass die Anforderungen an die Entwicklung einer nennenswerten Eigendynamik sogar noch niedriger sind: Der Spin-off-Effekt einzelner Künstleraktionen werde regelmäßig unterschätzt – schlicht weil auch das statistische Instrumentarium zur Messung fehle.
Das Projekt „Kreativ.Quartiere RUHR“ versteht kulturelle Impulsprojekte als die Treiber für die Entwicklung von urbanen Räumen. Sie nehmen daher in dem 3-Phasen-Modell einen festen Platz in der Strategieentwicklung ein. In der Praxis zeigt sich zudem ein Überangebot an Künstlerprojekten – messbar z. B. durch die Resonanz auf die Annonce eines für Künstler zu nutzenden Raums. Es besteht also nicht das Problem der Aktivierung, sondern der Auswahl der Projekte, die einen Impuls für die weitere Entwicklung geben.
Kulturelle Impulsprojekte erscheinen in ganz verschiedenen Formen und Inhalten: von
Theateraufführungen oder Autorenlesungen bis hin zu Aktionen aus der Sub- und Medienkultur. Dabei muss der sich rasant wandelnde Kunst- und Kulturbegriff berücksichtigt – und auch die Bedeutung der neuen Medien und ihrer Artefakte begriffen werden. Ebenso wie Kreativ.Quartiere nicht durchgeplant werden können, sondern ihren Raum (auch ideell) für Entdeckung und Entwicklung benötigen, so wenig können kulturelle Impulsprojekte bestellt oder entworfen werden. Die kulturellen Impulsprojekte stehen oft auf der Schnittstelle von informeller und formeller Welt, die am Roundtable zusammengeführt wird.
Es galt zu Beginn des Projekts – mithilfe der Artist Contact Points, Quartier.Manager und des
Roundtables – den Dialog mit der kulturellen Welt und ihren Projekten aufzunehmen und ihnen sonst verschlossene Möglichkeiten in urbanen Räumen zu eröffnen. Dieser Prozess muss nun verstetigt werden. Die Eröffnung eines Möglichkeitsraumes meint hier jedoch nur selten die physische Öffnung von Gebäuden, sondern viel öfter die behördliche Genehmigung oder Überwindung von Ängsten der Eigentümer. Herausragende Beispiele dafür sind die Nutzung der Marienkirche im Bochumer Viktoria.Quartier durch Street-Art-Künstler („Urbanatix“) oder die Nutzung einer ehemaligen Schraubenhandlung in der Harmoniestraße in Duisburg durch freie Theatergruppen („Lokal Harmonie“).
II.2.6. Aufgaben und Bedingungen von Schlüsselinvestitionen
Im hier beschriebenen 3-Stufen-Prozess der Stadtentwicklung treten im Verlauf der Entdeckung von Kreativ.Quartieren sowie der Ermöglichung von kulturellen Impulsprojekten immer wieder Immobilien in den Fokus, deren Wiederbelebung durch Investitionen sich offensichtlich auf das ganze Quartier positiv auswirken könnte.
Diese Gebäude und darin stattfindende kulturelle Impulsprojekte entfalten – in der Sprache der Kulturökonomie – positive externe Effekte, d. h. sie erzeugen Mehrwerte für ihre Anlieger, ohne dass diese dafür bezahlen müssen. Eine Sogwirkung, die auch von Landmarken-Gebäuden, Gebäuden berühmter Architekten oder Hafen-Ensembles bekannt ist. Doch nicht immer müssen Schlüsselgebäude zu den markanten Immobilien einer Stadt gehören – sie können es im Laufe einer kulturellen Revitalisierung allerdings inhaltlich werden. Doch auch das Gegenteil ist zu beobachten:
Manche prominenten Schlüsselinvestitionen verfehlen ihr oben genanntes Ziel, indem sie durch zu hohe Ambitionen die freien Szenen (immer noch Hauptmotoren einer nachhaltigen und qualitativen Quartiersentwicklung) von vornherein ausschließen – z. B. durch den ursprünglich zu hohen Mietspiegel im Dortmunder U.
Begründung einer Schlüsselinvestition
Aufgrund der Multiplikatoren- bzw. Sogeffekte dieser Immobilien für das Quartier hat sich im
Projektverlauf des 2. Halbjahres 2009 herausgestellt, dass eine finanzielle Unterstützung sog. Nicht mietbezogener Kosten dieser Gebäude-Inbetriebnahmen effizient wäre. Die Inbetriebnahme eines Gebäudes umfasst einerseits Renovierungs- oder Restaurierungskosten, für die der Eigentümer unverändert selbst aufkommen muss. Dazu entstehen Kosten durch die Einrichtung von Bau- und Feuersicherheit – oft wird so die Nachrüstung von Feuertüren, Feuerleitern, neuen Fenstern oder anderen Materialien erforderlich. Nicht selten können diese Sicherheitskosten den Restwert der Gebäudesubstanz erreichen und daher nicht durch Mieterträge refinanziert werden. Dies ist umso weniger möglich, wenn der Eigentümer bereit ist, zu günstigen Konditionen an die Kreativwirtschaft zu vermieten. Die Gebäude-Inbetriebnahme ist marktwirtschaftlich in dieser Lage unmöglich; daher gilt es, durch eine Anfangsförderung die Marktfähigkeit des Gebäudes herzustellen – mit der Zweckbindung an ein kulturelles Impulsprojekt aus der Kreativwirtschaft und damit gerichtet auf Multiplikatoreneffekte für das umliegende Viertel. Die Investition in eine Schlüsselimmobilie muss also als eine punktbezogene Investition in das ganze Viertel funktionieren. Da nach dem hier vorgestellten Modell sowohl der Eigentümer wie auch die öffentliche Hand in das Schlüsselgebäude/Quartier investiert, entsteht erneut ein Aktivierungseffekt und das integrative Prinzip des Roundtables erfährt in Form einer Public Private Partnership seine reale Umsetzung.
Dieser Ansatz hat bereits nach 12 Monaten Projektdauer einen ersten Erfolg zu verzeichnen: Die im April 2010 realisierte Kooperation zwischen RAG Immobilien und der Stadt Dinslaken sowie ecce zur Entwicklung des Kreativ.Quartiers Zeche Lohberg (Projektvolumen ca. 300.000 Euro; 20 % Finanzierungsanteil privat).
Weitere PPP-Modelle für Schlüsselinvestitionen sind in Duisburg, Essen und Bochum in
Vorbereitung.
Formen von Schlüsselinvestitionen
Die bisherige Praxis zeigt, dass zur Inbetriebnahme von Gebäuden mit Sogwirkungen folgende Kostentypen auftreten – die sog. „harten Kosten“:
1. Zuschuss zu temporären Mietminderungen bei Kulturimpuls
2. Einrichtungsinvestitionen (für z. B. Wohn-, Ladenlokal-, Büroflächen)
3. Feuerpolizeiliche Investitionen (für z. B. Austausch alter Fenster, Türen, Dachstuhl etc.)
4. Infrastrukturelle Investitionen (für z. B. Verkehrszugang, Erschließung, Behördengenehmigung)
Es treten jedoch auch Fälle auf, in denen die harten Kosten durch den Eigentümer getragen werden können, die Kosten der kulturellen Projektimpulse in diesen Gebäuden jedoch nicht vollständig finanziert sind. Regelmäßig zeigt sich, dass die Produktionskosten von Kulturprojekten zu 80 oder 90 Prozent privatwirtschaftlich getragen sind, jedoch z. B. Übersetzungs- und Transportkosten für auswärtige Aktivitäten nicht finanziert sind. Diese Kosten werden als „weiche Kosten“ der Schlüsselinvestitionen bezeichnet und teilen sich in folgende Kategorien:
5. Casting/Infoveranstaltungen
6. Lokale Gründungen von Vereinen etc. als Trägerstrukturen der Szene
7. Coachingkosten: Strukturerstellung und Beratung
8. Werbe- und Kommunikationskosten
9. Reisekosten – z. B. EU-Vernetzung, Zuzug, Eröffnungen
10. Controllingkosten: laufender Betrieb der Nutzung, Rechts- und Vertragskosten, Beratungskosten
11. Büromaterial/Präsentationsmappen
Bedingungen
Die Schlüsselpunkte einer Quartiersentwicklung sind nicht vorab zu Beginn des Prozesses
auszumachen. Vielmehr bedarf es:
1. der Ausformulierung der Quartiervision
2. der Strategieentwicklung und
3. konkret belastbarer Angebote kultureller Impulsprojekte mit wirtschaftlich tragfähigen und
handlungsbereiten Akteuren aus der Kreativwirtschaft, um die Zuspitzung auf ein Gebäude zu initiieren, in der sich eine weitere Entwicklung des Quartiers katalysieren kann. Erst wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, kann eine solche Immobilie identifiziert werden – sie drängt sich dann geradezu auf und ist in ihrer Funktion unübersehbar.
Teil 2
III. Umsetzungsstand in einzelnen Städten der Metropole RUHR
Abschlussbericht April 2009 – Mai 2011
III.1. Bochum
III.2. Dinslaken
III.3. Duisburg
III.4. Essen
III.5. Dortmund
III.6. Mülheim an der Ruhr
III.7. Unna
III.1. BOCHUM
ViktoriaQuartierBochum
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Bermuda3eck
2. Brache und Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof
3. Ehrenfeld / ViertelVorEhrenfeld
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Schauspielhaus
2. Haus der Geschichte des Ruhrgebiets
3. Probestätte Kronenstraße
4. Thürmerimmobilie
C. Brachflächen / Leerstände
1. Brachfläche am Katholikentagsbahnhof
2. Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof / Rotunde
3. Haus der katholischen Jugend
4. Marienkirche
5. Gelände Musikzentrum Bochum
D. Investitionen
1. Privat
a) Neubau Geschäftshaus Lidl
b) Modernisierung des Parkhauses P8
c) Bunker am Springerplatz in Griesenbruch mit SAE-Hochschule
2. Public Private Partnerships
a) Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof
b) Kreativwirtschaftliche Ansiedlung Brache Katholikentagsbahnhof
c) Musikzentrum Bochum
3. Öffentlich
a) Umnutzung des ehemaligen IG-Metall-Hauses
b) Umnutzung des Landesbehördenhauses
c) Qualifizierung der Viktoriastraße
d) Anbindung Brachfläche Katholikentagsbahnhof zum Griesenbruch
e) Umnutzung Marienkirche / Musikzentrum
f) Zukunftsakademie NRW
g) Pop-Akademie
E. Akteure
1. Cooltour / Bochum Total
2. Frank Goosen, Kabarettist und Autor
3. Heba Gastro / Kulturgleis GmbH (Leo Bauer)
4. ISG Bermuda3eck
5. Initiative ViertelVorEhrenfeld
6. Jugendgästehaus „Bermuda3eck“
7. Katholische Kirche
8. Künstlerhaus und Theater Rottstr 5
9. Stadt Bochum
10. Stadtumbau West
11. Verschiedene Künstler
12. t.a.i.b. e.V.
13. Kunstraum der RUB
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Bermuda3eck
2. ViertelVorEhrenfeld
3. Brache Katholikentagsbahnhof
C. Temporäre kulturelle Impulse
1. t.a.i.b. (Temporäre architektonische Intervention auf einer Brachfläche)
2. Begleitung des Umbaus des Café Industrie
3. Begleitung des Umbaus der Marienkirche / Urbanati
D. Schlüsselinvestitionen
1. Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof / Rotunde
2. Musikzentrum Bochum
3. Artist Contact Point (ACP), Thomas Zehnter
4. Bauliche Erschließung Brache Katholikentagsbahnhof
5. Umnutzung des Hauses der katholischen Jugend
I. AUSGANGSLAGE
Seit Jahrzehnten ist es einer der wichtigsten Publikumsmagnete in der Metropole RUHR: das
ViktoriaQuartier in der Bochumer Südinnenstadt. Es ist beliebt bei Jung und Alt, bei Fans von
Hochkultur und Popkultur, bei Einwohnern und Besuchern aus der gesamten Region. Denn es beheimatet drei bis über die Landesgrenzen hinaus berühmte Institutionen: das renommierte Bochumer Schauspielhaus, das Open-Air-Festival Bochum Total und das sogenannte „Bermuda3eck“. Um die Fixpunkte Schauspielhaus und Bermuda3eck entfaltet sich eine einzigartige Kulturszene mit zahlreichen erfolgreichen Gastronomien, Kinos, Kreativunternehmen, bildender und vor allem darstellender Kunst. Sie wurde begründet und wird heute noch geführt von starken lokalen Akteuren, die der Schlüssel zur hohen Identifikation von Bürgern und Gästen mit dem Viertel sind. Die besondere Freizeit- und Arbeitsqualität des Stadtteils begründet sich durch den Charakter eines gewachsenen Soziotops. Gleichzeitig bietet es durch Entwicklungsflächen und interessante Objekte im Leerstand außergewöhnliche Möglichkeiten, deren Potenzial nun durch zwei
Schlüsselinvestitionen entwickelt wird: Auf einer Brachfläche neben der Marienkirche plant die Stadt den Bau des Bochumer Musikzentrums, einer Symbiose aus Symphonie, offenem Konzerthaus, einen „Zentrum für (musik)kulturelle Bildung“ der Bochumer Musikschulen und der Stiftung „Jedem Kind ein Instrument“. Die 2002 vom Bistum Essen profanierte Marienkirche, in der derzeit die Urbanartistik-Show Urbanatix probt, soll – im Gegensatz zum noch 2008 diskutierten Abriss – in das neu zu bauende Musikzentrum integriert werden. Auf der benachbarten Brache Katholikentagsbahnhof, die mit einer Größe von rund vier Hektar eine der größten innerstädtischen Brachflächen der Metropole RUHR darstellt, investiert derzeit Gastronom Leo Bauer in das Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof. Es soll als multifunktionales, kommerzielles Kulturzentrum an örtliche Akteure (von freier Szene bis IHK) vermietet werden. Auch die Zukunftsakademie NRW, ein innovatives Projekt für kulturelle Bildung und interkulturelle Kommunikation, entsteht im Quartier.
Für die zukünftige Entwicklung des ViktoriaQuartierBochum stehen drei aneinandergrenzende Areale im Fokus: die Stadtteile Ehrenfeld, Griesenbruch und die Brache Katholikentagsbahnhof. Im März 2008 stellte ecce den Dezernaten Bau und Kultur sowie der Wirtschaftsförderung der Stadt Bochum das Projekt Kreativ.Quartiere vor. Das Ziel: eine Vitalisierung ausgewählter urbaner Flächen durch Akteure aus der Kreativwirtschaft. Aufgrund ihrer im Vorfeld geleisteten Erhebungen zur lokalen Kreativwirtschaft wurde die Wirtschaftsförderung als Koordinationsorgan für die Fortentwicklung des Projekts bestimmt. Im Anschluss wurden in Abstimmung mit der Stadt
Bochum potenzielle Quartiere und Immobilien ausgewählt und evaluiert. Aus diesem Prozess kristallisierte sich das Gebiet ViktoriaQuartier aufgrund seines überdurchschnittlichen Potenzials heraus. Um alle in diesen Quartieren bereits angesiedelten Akteure in den Prozess zu integrieren, wurde ein Roundtable gegründet, der in der Regel einmal im Quartal oder je nach Bedarf in Unterausschüssen und Arbeitsgruppen tagt. Das ViktoriaQuartier erstreckt sich vom südlichen Grenzpunkt Schauspielhaus im nördlichen Ehrenfeld über die großen Bahnanlagen bis zur nördlichen Grenzlinie Rottstraße in Griesenbruch. Die westliche Grenze bildet das Ende des Katholikentagsgrundstücks an der Bessemerstraße, die östliche Grenze markiert die Brüderstraße. Eine Besonderheit des ViktoriaQuartiers ergibt sich durch die Nachbarschaft der sehr heterogenen Stadtteile Ehrenfeld und Griesenbruch: Das gehobene Wohn- und Kulturviertel Ehrenfeld, durch die Viktoriastraße/Königsallee zweigeteilt, gliedert sich um das Zentrum Schauspielhaus. Nordöstlich befindet sich das Bermuda3eck, nordwestlich das Gelände der Brache Katholikentagsbahnhof. Auf der Brache Katholikentagsbahnhof befinden sich das ehemalige, denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude, weitere kleinere Bauten und eine große Industriebrachfläche. Grenz- und Landmarke im Süden ist die „Thürmerimmobile“; eine ehemalige privatwirtschaftliche Pianofortefabrik mit Kammermusiksaal, welche in 2012/2013 zum neuen zentralen Standort des Fachbereichs „Darstellende Künste“ der
Folkwang Universität umgebaut wird.
Der Stadtteil Griesenbruch schließt sich nördlich an Ehrenfeld und westlich an die Innenstadt an. Er ist ein klassischer ehemaliger Arbeitervorort. In direkter Nachbarschaft befindet sich die Jahrhunderthalle mit dem sie umgebenden Westpark und die Marienkirche, als zentrale Landmarke des ViktoriaQuartiers. Mittlerweile haben sich in Griesenbruch Künstler wie das Theater Rottstr 5 und das Freie Kunst Territorium (ehemals Diekampstraße, jetzt Bessemerstraße) angesiedelt, Ende 2011 will die renommierte Kreativ-Hochschule SAE eine Dependance eröffnen. Die grundlegende Strategie einer Pop-Akademie, die auch als Argument für die SAE-Ansiedlung betrachtet werden kann, wird seit 2009 von Stadt Bochum, Folkwang Hochschule und ecce entwickelt (siehe I.D.3.g).
Vor dem Hintergrund von aktueller Förderung (Stadtumbau West) und Ansiedlungsdynamik kann Griesenbruch als „Teil der „kreativen Banane“ – um eine Formulierung aus einer Studie der RUB zu verwenden – hin zur Jahrhunderthalle entwickelt werden. Das Gesamtquartier Viktoria gewinnt vor allem durch die Einflüsse aus lebhaftem Unterhaltungsviertel (Bermuda3eck), gehobenem Wohnviertel (Ehrenfeld) und ehemaligem Arbeiterquartier (Griesenbruch), das durch günstigen und verfügbaren Mietraum vielen Künstlern Raum zum Leben und Arbeiten bietet, ein starkes Profil mit großer kultureller Dynamik.
Zusätzlich trägt die unmittelbare Innenstadtnähe bei gleichzeitigem Vorstadtcharakter zur
Attraktivität bei. Trotzdem ist das Viertel vor Verletzungen seiner einzigartigen Struktur nicht gefeit: Eine Zunahme an groß dimensionierten, strukturfremden Bauvorhaben würde den Charme der Straßen und die Kleinteiligkeit des Viertels bedrohen.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die mit ihren Aktionen die Basis des Bottom-up-Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
Ein Kreativ.Quartier steht in einer Wechselbeziehung mit seinem unmittelbaren Umfeld. Deshalb tragen auch andere kulturelle Einrichtungen im Stadtteil zu seinem Erfolg bei. Das ViktoriaQuartier wird vor allem durch zum Teil seit Jahrzehnten gewachsene Strukturen der Kultur- und Kreativwirtschaft und der freien Szene getragen. Die Akteure sind zum einen in Bermuda3eck sowie Rottstraße angesiedelt und zum anderen in der Initiative ViertelVorEhrenfeld zusammengeschlossen. Sie werden im Folgenden vorgestellt.
1. Bermuda3eck
Als Unterhaltungs-, Gastronomie- und Kreativviertel ist es weit über die Grenzen der Metropole RUHR bekannt: das Bermuda3eck. Begründet wurde es von den Studenten der in den 1960er- Jahren eröffneten Ruhr-Universität. Sie fanden hier, zwischen City und Hochschule, einen idealen Treffpunkt für ein buntes Studentenleben. Heute bietet das Dreieck mit seinen Lokalen, Kinos („Casablanca“ und „Union“), Kleinkunstbühnen, Geschäften und Kreativunternehmen (in den oberen Büroetagen) unzählige attraktive Angebote für Freizeitgestaltung am Tag und in der Nacht. Darüber hinaus ist es Kerngelände des Festivals Bochum Total, das seit 1986 jährlich rund eine Million Besucher anzieht. www.bermuda3eck.de
2. Brache und Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof
Gegenüber des Bermuda3ecks liegt, getrennt durch die Viktoriastraße, die Brache
Katholikentagsbahnhof. Der größte Teil der Fläche befindet sich im Besitz der Stadt, ein kleiner Teil im Besitz von Leo Bauer. Seit 1994 werden die vorhandenen Gebäude des 1949 anlässlich des ersten Katholikentags nach dem 2. Weltkrieg errichteten Bahnhofs teilweise als Diskothek („Riff“) genutzt. Doch nach wie vor steht der unentwickelte Charakter des Areals im Vordergrund. ecce initiierte und förderte gemeinsam mit dem Land NRW und der Stadt Bochum im Sommer 2010 eine erfolgreiche temporäre Bespielung durch die Kulturbühne t.a.i.b. Als kultureller Impuls hat es die von Leo Bauer getragene und finanzierte Umwandlung des Gebäudeensembles Katholikentagsbahnhof in ein kommerziell orientiertes Kulturzentrum („Rotunde“, „Café Industrie“)
unterstützt. www.taib.me
3. Ehrenfeld / ViertelVorEhrenfeld
Bochum-Ehrenfeld: Heimat des Schauspielhauses, begehrte Wohngegend und Künstlerviertel mit Flair. Die Ausstrahlung des Schauspielhauses und des gastronomischen Mittelpunkts „Café Orlando“ zieht Kreative außerordentlich stark an. Auch der seit Jahren in Bochum aktive Kulturverein „H13“ strebt an, sein Vereinslokal „Goldkante“ ins Viertel zu verlagern. Neben einem großen Teil der Beschäftigten am Theater leben und arbeiten viele weitere Kreative und innovative Kaufleute hier. 2006 gründeten Geschäftsleute die Initiative ViertelVorEhrenfeld (Initiator: Thomas Zehnter). Mit zahlreichen Aktionen, Visionen und großer integrativer Kraft konnte durch ihre Arbeit die Attraktivität auch der Straßenzüge nördlich von Ehrenfeld erhalten und noch gesteigert werden.
ecce unterstützt die Initiative seit 2009. Als Resultat der gemeinsamen Arbeit sind viele zählbare Erfolge entstanden. Die Gewerbestruktur zeichnet sich durch individuelle Ladengeschäfte aus (Design, Accessoires, Boutiquen), Ketten sind kaum vertreten. Klein- und Kleinstunternehmen betrachten das Viertel als „Sprungbrett“, von dem aus sich innovative Ideen ausprobieren lassen.
Außerdem dient die leer stehende U-Bahn-Haltestelle „Ehrenfeld“ im Sommer als Fläche für einen populären Kulturflohmarkt. Dieser wird nun auch auf den Vorplatz des Schauspielhauses ausgeweitet. Durch die verstärkte Ansiedlung (kreativer) Unternehmungen wie Galerien, einer Kindergaststätte und einer „Butterbrotbar“ wurden die noch 2009 sichtbaren Leerstände im Viertel größtenteils aufgehoben. Kurzum: Die Initiative ViertelVorEhrenfeld ist ein erfolgreiches Beispiel für eine kreative Start-up-Ökonomie, deren Kraftfeld das gesamte Stadtviertel erfasst hat und die eine starke Basis für die Arbeit von ecce darstellt. www.viertelvor.com
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Schauspielhaus
Zadek, Peymann, Haußmann, Hartmann – die Liste der Intendanten des Schauspielhauses liest sich wie ein Who`s who des deutschen Theaters. Die zeitgemäße Inszenierung von Klassikern und die Förderung junger Talente haben das Haus zum Schwergewicht werden lassen, das regelmäßig Weltklasse-Schauspieler und Prominente wie Traugott Buhre, Eva Mattes, Otto Sander, Bruno Ganz, Harald Schmidt, Armin Rohde und Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman präsentiert. 2010 erreichte das Haus unter Intendant Anselm Weber die beste Auslastung seit 1990. Doch nicht nur im Feuilleton und beim Hochkultur-Publikum genießt das Haus einen herausragenden Ruf: Durch seine erhebliche Nah- und Fernwirkung besitzt das Schauspielhaus auch für die unmittelbare Umgebung Ehrenfeld und ViktoriaQuartier geradezu einen Wahrzeichencharakter. Durch den Kulturflohmarkt auf dem Vorplatz wird sich das Haus noch stärker ins Viertel integrieren.
www.schauspielhausbochum.de
2. Haus der Geschichte des Ruhrgebiets
Das Haus der Geschichte des Ruhrgebiets besitzt überregionale Bedeutung: Die interdisziplinäre Forschungsstätte der Ruhr-Universität Bochum beherbergt die „Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets“ und das „Institut für soziale Bewegungen“. Mit der Stiftung wurde eine Einrichtung geschaffen, die Geschichte und Gegenwart des Ruhrgebietes dokumentiert,
kommuniziert und reflektiert.
3. Probestätte Kronenstraße
Im ehemaligen Stadtarchiv in der Kronenstraße proben derzeit die Ensembles TheaterTotal und Junges Schauspielhaus.
4. Thürmerimmobilie
Die „Thürmerimmobile“, eine ehemalige privatwirtschaftliche Pianofortefabrik mit
Kammermusiksaal, wird in 2012/2013 zum neuen zentralen Standort des Fachbereichs
„Darstellende Künste“ der Folkwang Universität umgebaut.
C. Brachflächen / Leerstände
Die Wohn- und Gewerbeeinheiten im Kern des ViktoriaQuartiers weisen aufgrund der hohen
Attraktivität des Viertels nur wenige Leerstände auf. Im äußeren Bereich (Stadtteil Griesenbruch) finden sich dagegen zahlreiche leer stehende Wohneinheiten mit hohem Potenzial (geringe Mieten bei gleichzeitig günstiger Lage). Auch die Industriebrache und ehemalige Bahnfläche auf dem Areal Katholikentagsbahnhof besitzt aufgrund der unmittelbaren Citynähe große Chancen – die z. T. bereits mit konkreten Investitionen als Gewerbeflächen entwickelt werden. Dazu findet sich im ViktoriaQuartier südlich der Marienkirche eine weitere öffentliche urbane Brachfläche, auf der der Bau des Bochumer Musikzentrums vorgesehen ist.
1. Brachfläche am Katholikentagsbahnhof
Die Brachfläche am Katholikentagsbahnhof erstreckt sich in nordwestlicher Richtung, ausgehend von Bahndamm und dem Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof. Sie liegt citynah im ViktoriaQuartier und wird von der Stadt Bochum als „Entwicklungsfläche City-Tor-Süd“ ausgewiesen und entwickelt. In den vergangenen Jahren wurde Baurecht für Büro- und Gewerbeimmobilien geschaffen, der kurzfristige Beginn der Flächenvermarktung steht an. Das Ziel der Stadt Bochum ist eine mittelfristige Ansiedlung von Unternehmen aus der Kreativwirtschaft und anderen Branchen, beginnend in drei bis vier Jahren. Eigentümer des Gebäudeensembles Katholikentagsbahnhof ist
der Bochumer Investor Leo Bauer (Kulturgleis GmbH). Neben dem „Riff“, einer Diskothek und Veranstaltungshalle, entwickelt er derzeit das Hauptgebäude als multifunktionales
Veranstaltungshaus unter der Markenbezeichnung „Rotunde“. Die bauliche Erschließung des
Geländes durch Straßen und einen Abwasserkanal soll 2012 erfolgen. Gespräche zwischen Land, Stadt, ecce und Kreativwirtschaft in einem Roundtable in 2009 und 2010 haben einen wesentlichen Beitrag zur Einigung der Parteien auf die Erschließung geleistet, die über Jahre
die Arealentwicklung blockierte.
2. Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof / Rotunde
Im denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude von 1949 finden seit Sommer 2010 auf temporärer Basis Kulturveranstaltungen, Konzerte und Partys statt. Seit 2007/2008 investierte der Eigentümer Leo Bauer (Kulturgleis GmbH) rund 1 Million Euro in die Sanierung. Ergänzend zur der in Entwicklung befindlichen Rotunde und der schon seit langem erfolgreich geführten Halle „Riff“ war ursprünglich eine 400 Zuschauer fassende Halle im Westflügel („Café Industrie“) geplant. Dieses Vorhaben kann als aufgegeben angesehen werden, da die Verwirklichung einer entsprechenden Kleinkunstbühne nunmehr für die Rotunde geprüft wird. Für den westlichen Gebäudeteil hat das TheaterTotal Interesse signalisiert. Als Programmelement in der Rotunde entwickelt sich derzeit der „Kunstraum“, ein interdisziplinärer Projektraum für zeitgenössische Kunst. Bei der Realisierung kooperieren die Kulturgleis GmbH, die Ruhr-Universität und die Stadt Bochum als gleichberechtigte Partner.
3. Haus der katholischen Jugend
Die nördlich an die Brachfläche am Katholikentagsbahnhof anschließenden Straßenzüge um diem Marienkirche beherbergen eine ehemalige Institution des Bochumer Kulturlebens: das Haus der katholischen Jugend (HDKJ) an der Humboldtstraße 40. Der direkte Nachbar des HDKJ ist das Theater Rottstr 5, die Grundstücke trennt zurzeit nur eine Mauer. Derzeit steht die Immobile komplett leer, ab Ende 2011 mietet die Zukunftsakademie NRW (siehe I.D.3.f ) die Räume an. Als Alternative zur nun beschlossenen Nutzung durch die Zukunftsakademie Bochum arbeitete ecce 2010 mit dem Eigentümer an Plänen für eine Umnutzung des Hauses für Start-ups von Uni-Absolventen und als Zentrum für ausländische Studierende. Durch die von ecce initiierte und finanzierte Arbeit des Artist Contact Points konnten sogar konkrete potenzielle Kreativwirtschafts- Mieter gefunden werden. Der derzeitige Eigentümer, die katholische Kirche vertreten durch Propst Ludwig, hat sich nach zweijährigen Verhandlungen im November 2010 allerdings gegen eine Nutzung durch die Kreativwirtschaft entschieden.
4. Marienkirche
Die 1872 erbaute Marienkirche wurde 2002 vom Bistum Essen profaniert und befindet sich noch im Besitz der katholischen Kirche. Durch ihre Größe und Geschichte zählt sie immer noch zu den prominenten Landmarken Bochums. In der Zwischenzeit wurden verschiedene Nutzungskonzepte diskutiert, heute probt hier als Zwischennutzer die Urbanartistik-Show „Urbanatix“. Die zukunftsträchtigste Idee zur Umnutzung ist die Integration in das auf dem brachliegenden Nachbargrundstück geplante Musikzentrum, für das die Stadt derzeit einen Architekturwettbewerb ausschreibt. In diesem Prozess werden auch Roundtables mit allen beteiligten Akteuren veranstaltet.
5. Gelände Musikzentrum Bochum
Im südlichen Anschluss an das Grundstück der Marienkirche liegt eine weitere große Brachfläche. Die relevanten Akteure, Stadt und Land haben sich im Dezember 2010 auf den Bau eines Bochumer Musikzentrums verständigt.
D. Investitionen
1. Privat
a) Neubau Geschäftshaus Lidl
Außerhalb der Konzepte zur kreativwirtschaftlichen Quartiersentwicklung hat der Handelskonzern Lidl an einem zentralen Standort im ViktoriaQuartier ein Bürohaus zur geschäftlichen Nutzung errichtet.
b) Modernisierung des Parkhauses P8
Das Parkhaus an der Kortumstraße wurde 2010 von der Entwicklungsgesellschaft Ruhr EGR für 4 Millionen Euro modernisiert, eine Fertigstellung ist Ende 2011 zu erwarten. Das Trendsportgeschäft „Boom-Store“ plant auf dem Dach der Immobilie einen Skateboard-Park.
c) Bunker am Springerplatz in Griesenbruch mit SAE-Hochschule
Seit Mitte 2011 saniert Eigentümer Friedrich Schmidt einen alten Bunker am Springerplatz in
Griesenbruch nur rund 500 Meter Luftlinie von den Flächen Katholikentagsbahnhof und
Musikzentrum entfernt. Auch das SAE-Institut, eine private Hochschule für Medienberufe, wird eine Etage des Bunkers beziehen. Ab November 2011 sollen hier bis zu 250 Studenten zu Ton- Ingenieuren, Spiele-Entwicklern, Webdesignern und Film-Trick-Technikern ausgebildet werden. Ausschlaggebend für die Eröffnung ist die große Nachfrage von Studenten aus dem Ruhrgebiet am Kölner SAE-Standort. Die Gesamtinvestition von Eigentümer Schmidt beträgt rund eine Million Euro, auch SAE investiert eine Million Euro. Der konzeptuelle Rahmen für die Investitionen wurde z. T. auch in der Planung für die Pop-Akademie von Stadt Bochum, Folkwang Universität der Künste und ecce erarbeitet.
www.sae.edu/de
2. Public Private Partnerships
a) Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof
Im Anschluss an die durch ecce initiierte temporäre Nutzung der Brache Katholikentagsbahnhof durch t.a.i.b., trieb auch Eigentümer Leo Bauer – bestärkt durch den großen Erfolg der Aktion – die Sanierung des von ihm 2007 erworbenen Gebäudes Katholikentagsbahnhof voran. Derzeit wird es zu einem multifunktionalen Veranstaltungszentrum entwickelt. In der Zeit bis zum Baubeginn
genehmigte die Stadt, auf Anregung von Bauer und unterstützt von ecce, eine bislang von
unterschiedlichen Kulturveranstaltern stark nachgefragte Zwischennutzung des Gebäudes.
b) Kreativwirtschaftliche Ansiedlung Brache Katholikentagsbahnhof
Die Stadt Bochum möchte Kreativwirtschaft und andere Branchen im nördlichen Teil der Brache Katholikentagsbahnhof ansiedeln. Hierzu sollen privat finanzierte Bürogebäude errichtet werden.
c) Musikzentrum Bochum
Der Bau des Musikzentrums Bochum ist eine Gesamtinvestition von rund 33 Millionen Euro, die sich aus Förderungen von EU, Land und Stadt sowie privaten Stiftungsmitteln zusammensetzt. Durch die privat gestifteten Gelder in Höhe von ca. 14 Millionen Euro erhält das Musikzentrum den Status eines Public-Private-Partnerships. ecce hat in einem Roundtable/Arbeitskreis mit Generalmusikdirektor Steven Sloane und Vertretern des Stiftungsrats Bochumer Symphonie ein Konzept für die inhaltliche Integration der Symphonie in das Kreativ.Quartier Viktoria erarbeitet, das einen maßgeblichen Anteil an der Bewilligung durch die Landesregierung besaß. Derzeit werden weitere konkrete Schritte und Kredite von der Bezirksregierung verhindert, geplanter Baubeginn ist Sommer 2012. Die Eröffnung kann für 2014 erwartet werden (Stand: 22.09.11).
3. Öffentlich
a) Umnutzung des ehemaligen IG-Metall-Hauses
Eine Zwischennutzung als Seniorenheim ist erfolgt, eine kreativwirtschaftliche Nutzung wird nicht vor Ende 2012 zu einer Option.
b) Umnutzung des Landesbehördenhauses
Hier befinden sich mehrere Optionen in Planung, sie sind abhängig von der Verlagerung der
Justizbehörden ab Anfang 2014. Derzeit erwägt die Stadt Bochum, gemeinsam mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW, eine Nutzung für Kreativunternehmen.
c) Qualifizierung der Viktoriastraße
Die Viktoriastraße verläuft als zentrale Achse aus südlicher Richtung im Anschluss an die
Königsallee in die Innenstadt. Ihr Charakter als Durchgangsstraße soll aufgewertet werden. Das Ziel: Die Viktoriastraße wird als integraler Bestandteil (und Namensgeber) zum attraktiven Mittelpunkt des Quartiers.
d) Anbindung Brachfläche Katholikentagsbahnhof zum Griesenbruch
Die Brachfläche Katholikentagsbahnhof soll an das innerstädtische Wohngebiet Griesenbruch angegliedert werden. Die bauliche Erschließung des Geländes durch Straßen und einen Abwasserkanal soll 2012 erfolgen. Mit einem Roundtable betrieb ecce gemeinsam mit Stadt und Land die politische Abstimmung, mit dem Ziel, Synergien aus den Investments von Land und Stadt für das Musikzentrum/Marienkirche und der Brachfläche Katholikentagsbahnhof zu generieren.
e) Umnutzung Marienkirche / Musikzentrum Bochum
Die derzeit favorisierte Option besteht in der baulichen und inhaltlichen Integration der Projekte Marienkirche und Bochumer Symphonie zum neuen Projekt Musikzentrum Bochum. Gemeinsam mit dem Land NRW fokussierte sich ecce auf die strategische Entwicklung des ViktoriaQuartiers als Einheit und förderte den Entscheidungsprozess durch Roundtables mit den relevanten Akteuren. Die angesprochene bauliche und kulturelle Integration der beiden ehemaligen Einzelprojekte wird durch einen neuen Architektenwettbewerb konkretisiert.
f) Zukunftsakademie NRW
Neuer Mieter im ehemaligen Haus der katholischen Jugend siehe C.3 ) wird die derzeit in
Gründung befindliche Zukunftsakademie NRW. Diese bislang beispiellose Institution soll sich den Themen „Kulturelle Bildung“ und „Interkultur“ widmen. Im Zentrum der Arbeit stehen Fragen nach den Modalitäten des Zusammenlebens verschiedener Kulturen in Städten im Hinblick auf den demografischen Wandel und Migration, die sich besonders im Ruhrgebiet aufdrängen. Die Akademie soll in den drei Säulen „Labor“, „Praxis“ und „Qualifizierung für Fachkräfte“ organisiert werden. Das Konzept der landesweiten „Forschungsstätte für zukunftsrelevante Themen der Stadtgesellschaft“ wurde vom Schauspielhaus Bochum, der Stiftung Mercator und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW entwickelt. Die Finanzierung für fünf Jahre leisten Land (750.000 Euro), Stiftung Mercator (2 Mio. Euro) und Stadt (500.000 Euro).
g) Pop-Akademie
Seit 2009 entwickeln Stadt Bochum, Folkwang Hochschule und ecce die Strategie einer Pop-
Akademie als Institut für populäre Musik und audiovisuelle Medien. Ein Standort wird noch gesucht,
mögliche Flächen befinden sich auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Prinz-Regent.
E. Akteure
Im Folgenden soll eine Übersicht über die wichtigsten Akteure die im ViktoriaQuartier gewachsene
Struktur abbilden. Für ecce betreute der Artist Contact Point in Person von Thomas Zehnter im
Rahmen einer halben Stelle die Kommunikation mit den Akteuren.
1. Cooltour / Bochum Total
Die Agentur Cooltour (Inhaber: Marcus Gloria) veranstaltet seit 1986 jährlich „Bochum Total“. Das
Festival zieht an jedem ersten Juliwochenende über eine Million vorwiegend junge Besucher in die
Innenstadt, begleitet von einer hohen Präsenz in landesweiten Leitmedien (z .B. Eins Live Radio).
www.cooltour.com
2. Frank Goosen, Kabarettist und Autor
Der bundesweit erfolgreiche Kabarettist und Autor plante die Eröffnung des eigenfinanzierten
Theaters „Café Industrie“ auf der Brachfläche Katholikentagsbahnhof. Derzeit wird die Integration
einer Kleinkunstbühne in die Rotunde (Teil des Gebäudeensembles Katholikentagsbahnhof) geprüft.
Ein von Goosen für eine ursprünglich in 2009 geplante Eröffnung aufgestelltes Programm wird
seitdem an anderen Orten aufgeführt. www.frankgoosen.de
3. Heba Gastro / Kulturgleis GmbH (Leo Bauer)
Die Heba Gastro (Inhaber: Leo Bauer) betreibt seit 1962 zahlreiche erfolgreiche
Schlüsselgastronomien im Bermuda3eck. Darüber hinaus ist Bauer Eigentümer vieler Immobilien
im Bermuda3eck und auf der Brache Katholikentagsbahnhof, auf der er mit seiner Kulturgleis
GmbH auch als Investor auftritt und so über eine Schlüsselposition für die Entwicklung verfügt.
4. ISG Bermuda3eck
In der Immobilien- und Standortgemeinschaft (Quartiermanagerin: Anke Heinemann) kümmern sich
Gastronomen und Händler um die Belange des Bermuda3ecks. www.bermuda3eck.de
5. Initiative ViertelVorEhrenfeld
In dieser privaten Initiative sind Bürger, Künstler, Geschäftsleute und Gastronomen
zusammengeschlossen. Ihr Ziel: die Erhöhung der Attraktivität des Viertels Ehrenfeld durch
zahlreiche Marketing- und Kulturaktionen. Initiator: Thomas Zehnter. www.viertelvor.com
6. Jugendgästehaus „Bermuda3eck“
Die neue Jugendherberge in der Humboldtstraße wurde von der städtischen Tochter EGR als
Bauherr errichtet und läuft unter Pacht des Jugendherbergswerks.
7. Katholische Kirche
Die katholische Kirche ist Eigentümer des Hauses der katholischen Jugend (HDKJ) und der
Marienkirche.
8. Künstlerhaus und Theater Rottstr 5
Im Künstlerhaus Rottstr 5 in Griesenbruch an der Grenze des ViktoriaQuartiers ist ein
Kulturzentrum mit Theater, Atelier, Produzentengalerie, Werkstatt und Forum entstanden. Das Haus
stellt eine wichtige Plattform für über 40 junge Kreative aus bildender und darstellender Kunst,
Musik und Literatur dar. www.rottstr5.de
9. Stadt Bochum
In der Stadtverwaltung Bochum arbeiten Stadtplanung, Wirtschaftsförderung und Kulturdezernat an
den Planungen zum ViktoriaQuartier. Im Rahmen der vierten Bochumer Creative Stage organisierte
die Wirtschaftsförderung im September 2011 in der Diskothek Riff eine Netzwerkveranstaltung für
die Kreativwirtschaft des Ruhrgebiets.
10. Stadtumbau West
Mit dem Förderprogramm „Stadtumbau West“ reagiert das Land NRW mit konzeptionellen und
baulichen Investitionen auf den demografischen Wandel. In Bochum wurde das Gebiet um die
Rottstraße in Griesenbruch bis 2013 in das Förderprogramm aufgenommen. Es existiert ein
Stadtumbaubüro mit guter Integration in das Stadtquartier.
11. Verschiedene Künstler
Auch zahlreiche verschiedene Künstler mit Ateliers und Proberäumen in direkter Nähe, die nicht in
einer Initiative organisiert sind, beleben und prägen das Viertel.
12. t.a.i.b. e.V.
Das Projekt t.a.i.b. wurde im Sommer 2010 durch eine Vielzahl von Sponsoren, Förderern,
Freunden und Helfern ermöglicht. Um die Impulse weiterzuführen haben sich viele Interessenten im
Anschluss im Verein „Stadtverwalter“ zusammengeschlossen (siehe III.3.1).
13. Kunstraum der RUB
Als Programmelement in der Rotunde entwickelt sich derzeit der „Kunstraum“. Angestrebt wird die
Einrichtung eines interdisziplinären Projektraums für zeitgenössische Kunst. Bei der Realisierung
kooperieren die Kulturgleis GmbH, die Ruhr-Universität und die Stadt Bochum als gleichberechtigte
Partner. Inhaltlich soll ein Ort entstehen, an dem vor allem der Austausch zwischen verschiedenen
Wissensformen, Diskursarten und sozialen Milieus betrieben wird. In diesem Sinne erfüllt der Raum
eine Brücken- und Vermittlungsfunktion zwischen Hochschule und Stadt, Wissenschaft, Kunst,
Kultur, Politik und Wirtschaft.
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Das ViktoriaQuartier besitzt eine Ausnahmestellung unter den Kreativ.Quartieren in der Metropole
RUHR: Es ist ein über Jahrzehnte gewachsenes urbanes Areal mit kulturellen Leuchttürmen und
großen vorhandenen Potenzialen. So sind z. B. kaum entwickelte Brachflächen in erstklassigen
Innenstadtlagen vorhanden, deren Entwicklung aufgrund von Interessenkonflikten zwischen Stadt,
Land und privaten Investoren bis Mitte 2010 schleppend verlief. Mit der Genehmigung des
Musikzentrums, temporären kulturellen Impulsen und einer ersten Schlüsselinvestition auf der
Brache Katholikentagsbahnhof entstand 2010 eine stärkere Dynamik, die durch das
Zusammenwirken von privaten Investoren, ansässigen Künstlern sowie Land und Stadt entfacht
wurde. Zur weiteren Arbeit von ecce ab 2011 gehört die Integration der verschiedenen Akteure und
Interessen an Roundtables.
Das ViktoriaQuartier steht als Stadtviertel im Zeichen der Bühnenkunst: Der Schwerpunkt auf
darstellender Kunst und Musik wird durch das Schauspielhaus begründet und international
vertreten – und kann durch Musikzentrum und Kulturzentrum im Katholikentagsbahnhof noch
verstärkt werden. Gleichzeitig stellt das ViktoriaQuartier aufgrund der Innenstadtlage auch einen
Schwerpunkt für Unternehmen aus der Kreativwirtschaft dar. Zur weiteren Stärkung der
Entwicklungsdynamik sollten überdies Universität und Studenten stärker in die Innenstadt integriert
werden. Denn Ehrenfeld und die Viktoriastraße bieten als Tor zu den südlichen Stadtteilen (in denen
auch die Uni liegt), dafür geografisch beste Voraussetzungen. Dieser Schritt könnte in drei bis fünf
Jahren eine nächste Stufe der Entwicklung des Kreativ.Quartiers einleiten.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Die Arbeit von ecce beginnt mit der Identifikation von handelnden Akteuren und städtebaulichen
Potenzialen durch Ortsbegehungen. In einem nächsten Schritt bietet ecce über das Instrument der
Roundtables eine moderierte Plattform zur Integration der lokalen Gestalter an. Oft trennen hier
noch verschiedene Standpunkte die Akteure von einer gemeinsamen Arbeit und langfristigen
Kooperationsstrategien. In Bochum versuchten sich z. B. Stadt und der einflussreiche Investor Leo
Bauer (Kulturgleis GmbH) lange an einer Einigung, auch das Land NRW und die EU sind als
Geldgeber maßgeblich. Für ecce sind die Zielvorgaben die Verdeutlichung der gewachsenen
kulturellen Identität der Stadt sowie gemeinsame Strategien für neue kulturelle und
kreativwirtschaftliche Impulse. Diese sind Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung des
Quartiers. Strategisch setzt ecce auf eine von innen getragen, integrierte Stadtentwicklung, die über
Roundtables strukturiert wird. Nach der Erarbeitung gemeinsamer Quartiersstrategien (Dauer ca.
12 Monate) in den Roundtables, galten bestimmte Schlüsselinvestments als erste Schritte zur
Umsetzung der Quartiersstrategie in 2009/2010. In Bochum sind dies u. a. das Musikzentrum und
die Sanierung des Katholikentagsbahnhofs. Danach fokussierte sich der Handlungsbedarf im
ViktoriaQuartier auf drei Bereiche, die in Korrelation miteinander stehen: Stärkung und
Weiterentwicklung der kulturellen Spielstätte Brachfläche und Gebäudeensemble
Katholikentagsbahnhof, Gründung der Zukunftsakademie NRW im HDKJ und die Erschließung von
Wohnraum in Griesenbruch.
i) Langfristige Entwicklung der Brachfläche Katholikentagsbahnhof
ecce tritt hier als hybrider Mediator zwischen lokalen Kreativunternehmern, Gastronomen und Stadt
auf, um die Entwicklungsschritte zu unterstützen und zu beschleunigen. Zum Beispiel initiierte ecce
die temporäre Nutzung des Geländes durch t.a.i.b im Sommer 2010 und begleitet unterstützend die
Akteure des Entwicklungsprozesses der Brache Katholikentagsbahnhof.
ii) Langfristige Entwicklung von Humboldtstraße und HDKJ
ecce fungierte zunächst als Initiator, konzeptioneller Treiber und Moderator für eine geplante
Umnutzung des HDKJ als modernes Start-up-Zentrum für Hochschulabsolventen. In den erfolglosen
Gesprächen zwischen ecce und katholischer Kirche ergab sich, dass eine temporäre Nutzung für die
Kultur- und Kreativwirtschaft nicht möglich ist. Ab Ende 2011 wird das Haus an die
Zukunftsakademie NRW vermietet – diese Nutzung kann als Signal und Anker für die weitere
Entwicklung des Quartiers dienen. Die Verhandlungsaktivitäten schärften insbesondere bei der Stadt
Bochum das Bewußtsein für die Qualitäten des Objekts.
iii) Langfristige Entwicklung von Wohnraum in Griesenbruch
ecce integrierte auch die langfristige Entwicklung von Wohnraum in Griesenbruch in den
Entwicklungsworkshop im Sommer 2010. Konkrete Maßnahmen sollen ab Ende 2011 ergriffen
werden.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung des Projekts Kreativ.Quartiere wurden von der aktuellen
Landesregierung zu Beginn des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode
kann die bis dato erstellte Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce
momentan für das ViktoriaQuartier eine modifizierte Strategie, die später in weiteren
Kreativ.Quartier-Roundtables mit den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine
Entscheidung über eine Wiederaufnahme der Förderung von Seiten der Landesregierung NRW wird
frühestens im Herbst 2011, spätestens im Januar 2012 erwartet. Allerdings treibt die Eigendynamik
der Akteure wie t.a.i.b. e. V. und SAE die Entwicklung im Sinne der Strategie weiter voran. Diese
Entwicklung dient so gleichzeitig als ein gutes Beispiel für selbst tragende Effekte.
A. Entwicklungsworkshop
Zur Generierung zusätzlicher Ideen für die Brachfläche Katholikentagsbahnhof veranstaltete ecce im
Sommer 2010 einen Workshop mit allen relevanten Akteuren des ViktoriaQuartiers zu den Themen
„t.a.i.b.“ und „RUHR.2010-Local Hero-Woche“. Die Entwicklungsworkshops sind vorläufig beendet,
sie sollen mit Beginn einer neuen Förderperiode ab Herbst 2011 wieder aufgenommen werden.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat ecce in Bochum verschiedene „Kraftfelder“
lokalisiert. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Entwicklungsstrategie dar. Mit „Kraftfeld“
bezeichnet ecce Orte, die die Dynamik des ViktoriaQuartiers entscheidend gestalten. Als bereits
bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher Anziehungskraft werden sie im Rahmen der
Kreativ.Quartiere nicht durch besondere Maßnahmen entwickelt. Sie beeinflussen jedoch die
Quartiersstrategie und werden als Rahmenbedingungen berücksichtigt.
1. Bermuda3eck
Das Bermudadreieck ist seit Jahrzehnten das am stärksten frequentierte Ausgehviertel der
Metropole RUHR. Die zahlreichen Möglichkeiten des Nachtlebens (Kneipen, Bars, Restaurants,
Imbisse, Diskotheken, Festivals, Kreativunternehmen) werden von einem regionalen und
überregionalen, meist jungen Publikum genutzt. Vom allem an Wochenenden findet sich in dieser
nördlichen Hälfte des ViktoriaQuartiers ein junges Publikum ein – eine Zielgruppe, deren Affinität
zur Popkultur auch vom Land NRW maßgeblich bei der Entscheidung zur Förderung des Bochumer
Musikzentrums berücksichtigt worden ist.
2. ViertelVorEhrenfeld
Mit der Initiative ViertelVorEhrenfeld ist ein Kraftfeld aus sich selbst heraus gewachsen. Mit lokalen
Handlungsstrategien haben die Bewohner und Akteure des Stadtteils dessen Attraktivität deutlich
steigern können. Hier eine kurze Übersicht über ihre Aktivitäten, die viermal im Jahr zu festen
Anlässen stattfinden: Zu Ostern werden Ostereier gesucht und gleichzeitig Müll gesammelt – durch
diese erfolgreiche Einbeziehung der Bürgerschaft ist eine hohe Identifikation mit dem Viertel
gelungen. Im Sommer werden zu Bochum Total an neuralgischen Staustellen Erfrischungen verteilt
– diese an Bochumer und Gäste gerichtete Aktion bringt den Ehrenfeldern regelmäßig viele
Sympathien. Im Spätsommer lädt die Initiative zu einem Brunch auf dem Platz vor dem „Biercafé“
ein. Da dieser Platz gleichzeitig als „Messeplatz“ genutzt wird, um die einzelnen Firmen in
Ehrenfeld vorzustellen, ergeben sich hier in lockerer Atmosphäre viele Kontakte zwischen Bürgern,
Kaufleuten und anderen Gewerbetreibenden. Im Winter wird ein „Kulturadventskalender“
veranstaltet: In 24 Läden erhalten Kunden ein Präsent, dabei hält jedes Geschäft 150 Präsente vor.
Zu Bochums „Local-Hero“-Woche im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 förderte VVE das Lesen
und installierte im Viertel 17 offene Bücherregale mit 500 Büchern.
3. Brache Katholikentagsbahnhof
Die Brache Katholikentagsbahnhof besitzt aufgrund ihrer 1a-Lage und dem erheblichen
Entwicklungspotenzial eine hohe Relevanz für das ViktoriaQuartier. Auf dem Gelände befinden sich
das ehemalige Bahnhofsgebäude, weitere Gebäude und eine große Industriebrachfläche, für die
derzeit von verschiedenen Akteuren Bebauungs- und Immobilienpläne erstellt werden. Als erstes
konkretes Projekt wird bereits seit 2007/2008 von Investor Leo Bauer die Sanierung des
Katholikentagsbahnhofs zu einem multifunktionalen Kulturzentrum in Ergänzung zur schon
vorhandenen Halle „Riff“ betrieben. ecce hat, mit finanzieller Unterstützung durch Land und Stadt,
die Brache Katholikentagsbahnhof im Sommer 2010 als Stadtraum aktiviert: Zur Bespielung der
Fläche wurde der temporäre Veranstaltungsraum t.a.i.b. gebaut, der einen Monat lang rund 40
Künstlern als Spielort zur Verfügung stand. Hier demonstrierte die kreative Szene ein großes
Interesse der kreativen Szene an geeigneten Räumlichkeiten.
C. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Zeit der Umsetzung der Schlüsselinvestitionen überbrücken sollen.
Exemplarisch und mit großem nachhaltigem Erfolg wurde das von ecce geförderte und initiierte
Projekt t.a.i.b. im Sommer 2010 auf der Brachfläche Katholikentagsbahnhof installiert. Auch die
derzeitige Nutzung der Marienkirche durch die Urbanartistik-Show „Urbanatix“ ist ein sinnvoller
temporärer kultureller Impuls.
1. t.a.i.b. (Temporäre architektonische Intervention auf einer Brachfläche)
Als ersten temporären kulturellen Impuls konnte ecce mit finanzieller Unterstützung des Landes
NRW und der Stadt Bochum im Sommer 2010 verschiedene selbsttragende und langfristige Effekte
auf der Brachfläche Katholikentagsbahnhof initiieren: Nach Plänen von Jonathan Haehn, Absolvent
der Kölner Hochschule für Architektur, wurde eine ca. 50 Quadratmeter große, kokonförmige und
begehbare Bambuskonstruktion mit einer Außenhaut aus lichtdurchlässigem Stoff errichtet. Der
Open-source Gedanke des Internets wird im t.a.i.b. auf die reale Welt übertragen: Jeder Kreative ist
zum Bespielen eingeladen, trägt aber auch Verantwortung für den Auf- und Abbau des Objekts. Das
Ziel: ein gemeinsames Projekt und Aktivierung der Szene vor Ort. Vom 11. Juli bis zum 14. August
2010, zur Bochumer „Local-Hero“-Woche der Kulturhauptstadt, diente t.a.i.b. als Bühne und
Spielort für Kreative. In diesem Zeitraum nutzten insgesamt rund 50 Künstler t.a.i.b. täglich für
Projekte, Ausstellungen, Konzerte, Workshops, Kurzfilme und Lesungen.
Die starke Aktivierung der lokalen Kreativen zog viele Besucher an und generierte ein hohes
Medieninteresse für die Brache – ein bisher „vergessener Stadtteil“. Die durch t.a.i.b. entfachte
Dynamik setzte sich in den Folgemonaten fort: Im Gebäude des Katholikentagsbahnhofs
(Eigentümer: Leo Bauer, Kulturgleis GmbH) fanden, organisiert von Eigentümer Leo Bauer und
genehmigt von der Stadt, verschiedene kulturelle Veranstaltungen statt. Gleichzeitig forcierte diese
große Nachfrage nach kulturell nutzbaren Flächen beim Eigentümer der Fläche die Planung einer
konkreten Investition: Leo Bauer baut derzeit mit einer Investition von rund 1 Million Euro das
Hauptgebäude des Katholikentagsbahnhofs, die Rotunde, zu einem multifunktionalen
Veranstaltungsort mit Mieträumen für Kreative um. Statt eines großen Ankermieters (z.B. Stadt)
wird die Brachfläche nun durch zahlreiche Akteure einer vitalen Szene belebt. www.taib.me
2. Begleitung des Umbaus des Café Industrie
Die inhaltliche Konzeption des Frank-Goosen-Theaters „Café Industrie“ auf der Brache
Katholikentagsbahnhof ist seit 2009 vollendet. Derzeit haben die Initiatoren ihre Investitionen und
Eröffnung auf unbestimmte Zeit verschoben.
3. Begleitung des Umbaus der Marienkirche / Urbanatix
Als zukunftsträchtige Idee zur Umnutzung der Marienkirche galt zunächst die Umwandlung in einen
Kammermusiksaal, für die die Stadt einen internationalen Architekturwettbewerb durchführte. Seit
Ende 2010 wird von Stadt und den übrigen Akteuren die Integration in das auf dem brachliegenden
Nachbargrundstück geplante Musikzentrum favorisiert, welches ecce im Rahmen der
Kreativ.Quartier-Strategie unterstützt. Details und Konditionen des vom Land NRW und Stadt
Bochum geplanten Musikzentrums werden derzeit erörtert. ecce organisiert den Kontext für
Roundtable-Gespräche, die seit 2011 in regelmäßigen Abständen stattfinden, moderiert diesen
Prozess und führt ihn im Rahmen der Quartiersentwicklung weiter.
Urbanatix ist eine einzigartige Mischung aus Akrobaten, Mountainbikern, Tänzern, Musikern und
DJs – die „jungen Wilden der Straße“ treffen auf internationale Artisten und führen eine neue Art der
Bewegungskunst auf. Sie trainieren in der Marienkirche und beleben so den verlassenen Ort neu.
Das Projekt konnte im Jahre 2010 mit Förderung der RUHR.2010 verlängert werden. Eine weitere
Nutzung der Marienkirche durch Urbanatix (Leitung: Christian Eggert, Agentur DACAPO) bis 2012
hängt vom Baubeginn des Musikzentrums ab. Die Suche nach einem Ersatzstandort läuft derzeit.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Grundstein für den Prozess eines langfristigen Wandels. In Bochum
wurde 2003 z. B. die Jahrhunderthalle revitalisiert und stellt nun einen prestigeträchtigen
Veranstaltungsort dar, der den Stadtteil Stahlhausen neuen Impulsen geöffnet hat. Als
Schlüsselprojekte für das ViktoriaQuartier hat ecce fünf Investitionen identifiziert: Die Sanierung des
Kulturzentrum Katholikentagsbahnhof, das Musikzentrum Bochum mit Integration der
Marienkirche, Artist Contact Point, Umnutzung HDKJ und Bau von Abwasserkanal und Straßen auf
der Brache Katholikentagsbahnhof.
1. Gebäudeensemble Katholikentagsbahnhof / Rotunde
Seit 2007/2008 investiert Leo Bauer (Kulturgleis GmbH) als Eigentümer mehrerer Gebäude auf der
Brache Katholikentagsbahnhof rund eine Million Euro in den Umbau des Gebäudes
Katholikentagsbahnhof zu einem multifunktionalen Veranstaltungsort mit Mieträumen für Kreative.
Ein Verstärker für die weitere Entwicklung war das von ecce im Sommer 2010 initiierte und vom
Land NRW und der Stadt Bochum geförderte temporäre Kulturprojekt t.a.i.b. (siehe III.C.1).
2. Musikzentrum Bochum
Als mittelbares Nachbargrundstück der Brache Katholikentagsbahnhof besitzt nun auch die Brache
südlich der Marienkirche ein zukunftsfähiges Investitionskonzept: den Bau des Musikzentrums
Bochum, eine Gesamtinvestition von 33 Millionen Euro. Nach der Zustimmung aller Akteure und des
Landes NRW im Dezember 2010 hat sich im März 2011 auch der Rat der Stadt für das
Musikzentrum ausgesprochen. Das offene und damit innovative Konzept: Neben einer Spielstätte für
die Bochumer Symphoniker wird ein Multifunktionssaal für kleinere und größere, auch popkulturelle
Veranstaltungen errichtet, sowie notwendige öffentliche, konzertant nutzbare Veranstaltungsräume
für die Musikschule und das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ geschaffen. Zunächst wird in
einem Architekturwettbewerb ein Entwurf für das Gebäude ermittelt, der die Marienkirche in den
Komplex integriert. ecce unterstützte mit der Organisation eines Roundtables die Lösung
„Musikzentrum“, in dem die inhaltliche Integration der Symphonie in das moderne
kreativwirtschaftliche Umfeld des ViktoriaQuartiers in den Vordergrund gestellt wurde. Diese von
ecce maßgeblich entwickelte Konzeption einer Öffnung in den Stadtraum durch einen breite, auch
popkulturellen Charakter, ermöglichte die Zustimmung des Landes NRW, die dem ursprünglichen
Konzept einer Symphonie als ausschließlicher Spielstätte der E-Kultur bis dato verwehrt blieb. Das
neue Konzept ermöglicht darüber hinaus Synergien zwischen den Kultursparten und kann so der
Symphonie ein neues Publikum erschließen. Durch die privat gestifteten Gelder in Höhe von ca. 14
Millionen Euro erhält das Musikzentrum den Status eines Public-Private-Partnerships. Die Eröffnung
kann für 2014 erwartet werden.
3. Artist Contact Point (ACP) Thomas Zehnter
Der Artist Contact Point Bochum hat die Kontakte zu den kreativen und künstlerischen Szenen in
einer zentralen Schnittstelle gebündelt und zwischen Mietinteressenten und Eigentümern vermittelt.
Als Leiter des ACP fungierte von 2009 bis 2010 Thomas Zehnter, Vorsitzender der Bürgerinitiative
ViertelVorEhrenfeld. Er betreute hier die Planungen zu t.a.i.b., dem Projekt Kunst-Kirche Christ-
König und die Verhandlungen über eine Nutzung des HDKJ. Durch die Aussetzung der
Förderperiode zu Beginn des Jahres 2011 kann die bis dahin geleistete Arbeit des ACP nicht
nahtlos weitergeführt werden.
4. Bauliche Erschließung Brache Katholikentagsbahnhof
Die bauliche Erschließung des Geländes durch Straßen und einen Abwasserkanal soll 2012
erfolgen.
5. Umnutzung des Hauses der katholischen Jugend
Als Schlüsselinvestition mit großer Strahlkraft gilt die Umnutzung des HDKJ durch die
Zukunftsakademie NRW. Die ursprünglichen Ideen und Verhandlungen für eine Umnutzung in den
Bereichen Kreativwirtschaft und Bildung wurden von ecce eingebracht und initiiert (jedoch von den
Eigentümern nicht favorisiert) und durch die Stadt Bochum mit der Nutzung durch die
Zukunftsakademie NRW im Sinne des Gesamtkonzeptes weitergeführt (siehe Punkt I.C.3).
III.2. DINSLAKEN
LOHBERG
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Stiftung Ledigenheim Dinslaken-Lohberg
C. Brachflächen / Leerstände
D. Investitionen
1. Privat
a) Verschiedene Gebäude im Kreativ.Quartier Lohberg
2. Public Private Partnerships
a) Interreg-IV-Projekt CURE
3. Öffentlich
a) Verschiedene Gebäude im Kreativ.Quartier Lohberg
E. Akteure
1. RAG Montan Immobilien
2. Stadt Dinslaken
3. Forum Lohberg e.V.
4. Stiftung Ledigenheim Dinslaken-Lohberg
5. Verschiedene Mieter aus Kreativwirtschaft im Sozialgebäude
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Temporäre kulturelle Impulse
1. Open House
2. Extraschicht
3. Local-Hero-Woche in der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 / Schachtzeichen
4. Blau-Bleu-Blue
5. Weitere Veranstaltungen in 2011
C. Schlüsselinvestitionen
1. Kreativ.Quartier Manager Lohberg und Kreativ.Bauhütte Zeche Lohberg
I. AUSGANGSLAGE
Die Zeche Lohberg, 1914 in Betrieb genommen und für viele Jahrzehnte der größte Arbeits- und
Ausbildungsplatzanbieter Dinslakens, stellte 2005 ihren Betrieb ein. Nun soll ihr Areal, das seit
Beginn des Bergbaus nur von den Mitarbeitern betreten werden durfte, im Rahmen einer geplanten
Umnutzung wieder zu einem echten Stadt-Teil werden. Noch weist Lohberg allerdings typische
Indikatoren eines „Stadtteils im Umbruch“ auf: hoher Wohnungsleerstand, Ausdünnung der
Infrastruktur, einen Ausländeranteil von rund 44 Prozent und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Seit
2009 residieren als Mieter rund zehn Künstler in Räumen auf dem ehemaligen Zechengelände
Lohberg – sie können als der erste kulturelle Impuls vor Ort gelten.
Die in der Projektgemeinschaft Lohberg kooperierenden Akteure Stadt Dinslaken und RAG Montan
Immobilien legten 2008 gemeinsam mit Anwohnern und möglichen zukünftigen Mietern eine Entwicklungsstrategie
an. Ein Ziel: Den mit der Zechenschließung einhergegangenen Verlust der
Arbeitsplätze durch die zukünftige Nutzung zu kompensieren. Dafür sollen höherwertige
Wirtschaftszweige angesiedelt werden, hier stehen vor allem die Branchen Kreativwirtschaft und
erneuerbare Energien im Fokus, die außerdem das Potenzial besitzen, stark in die Region
abzustrahlen. Gemeinsam mit der Ansiedlung von „traditionellem“ Gewerbe können mit den
Zukunftsbranchen erhebliche Synergien generiert werden. Das mögliche Interesse an einem solchen
Gewerbeareal wurde bereits 2008 in Dinslaken, Wesel, Voerde, Hünxe sowie in den benachbarten
Stadtteilen von Duisburg und Oberhausen ermittelt: Demnach sind in der Region bereits 900
Unternehmen in den verschiedenen Bereichen der Kreativwirtschaft vorhanden. Aus dieser
Bestandsaufnahme entwickelten die o.g. Akteure das Konzept des Kreativ.Quartiers Lohberg. 2009
trat die Stadt Dinslaken im Zuge dieser Entwicklung dem Projekt Kreativ.Quartiere der
Kulturhauptstadt RUHR.2010/ecce bei. Im Anschluss daran haben die Projektgemeinschaft Lohberg
und ecce zu einem Roundtable Kreativ.Quartier Lohberg eingeladen, der von Beginn an als Dialog in
einem Bottom-up-Prozess konzipiert war. 30 Mitglieder aus Verwaltung und Wirtschaftsförderungen
von Stadt und Kreis, dazu Unternehmer, Eigentümer und Bürger treffen sich seitdem in
unregelmäßigen Abständen, um die gemeinsame Strategie und die Anforderungen des
Kreativ.Quartiers zu diskutieren und entsprechende Veranstaltungen vorzubereiten. Weiterhin
entstand ein Arbeitskreis Kreativ.Quartier Lohberg aus Mitgliedern von Verwaltung, Eigentümern
und Wirtschaftsförderungen von Stadt und Kreis sowie ecce. In ihm werden die Integration des
Kreativquartiers in die Aktivitäten der Wirtschaftsförderungen und erste Schritte für eine
strategische Entwicklung geplant.
Mit den Planungen für das Kreativ.Quartier Lohberg wird das Potenzial der Kreativwirtschaft als
Impulsgeber für den Wandel zur Informationsökonomie erkannt und genutzt. Eine Mittelstadt in
einer Ballungsrandlage wie Dinslaken besitzt allerdings besondere Ausgangsbedingungen: Im
Unterschied zu Metropolen und den Zentren der Ballungsräume sind hier kaum prominente kreative
und kulturelle Akteure bzw. Institutionen vorhanden, die als Multiplikatoren fungieren könnten.
Deshalb benötigt der Aufbau eines starken Standorts für die Kreativwirtschaft einen speziellen
Impuls. Für die Ausgangslage vor Ort, geprägt durch die Bestandsgebäude des ehemaligen
Bergwerks Lohberg, empfiehlt sich zunächst eine temporäre Nutzung – die Räumlichkeiten können
den Kreativen zu günstigen Konditionen vermietet werden. Eine solche temporäre Nutzung von
Bestandsgebäuden und Flächen eröffnet den gewerblichen Nutzern sogenannte
„Möglichkeitsräume“. Außerdem kann sie eine Netzwerkbildung mit darauf folgendem Imagewandel
initiieren. Gleichzeitig öffnet sich der für über ein Jahrhundert „verbotene Ort“ Zeche Lohberg
wieder den Bürgern der Stadt.
Anders als in Projekten der konventionellen Immobilienwirtschaft entsteht so ein Angebot, das den
spezifischen Bedarf kreativer Unternehmen deckt: Mit flexiblen Räumen zum Experimentieren und
Arbeits-Plätzen, in denen Geschäftsmodelle wachsen können, die sich nicht durch standardisierte
Business-Pläne abbilden lassen. Die Ansiedlung der Kreativwirtschaft wird auch vom klassischen
Gewerbe begrüßt. Dieses profitiert nicht nur ideell vom kreativen Geist der Nachbarn, sondern auch
ökonomisch durch einen Wissenstransfer. Diese Maßnahmen werden schließlich eine gewerbliche
Mischung etablieren und zu einem Imagewandel führen, dessen positive Strahlkraft auch den
angrenzenden Stadtteil und dessen Bürger erreichen kann.
Seit dem Jahr 2009 werden diese Planungen mit attraktiven Veranstaltungen konkretisiert: Der
Standort Lohberg dient nun als Spielort der „ExtraSchicht – die Nacht der Industriekultur“.
Außerdem nahm die RUHR.2010 das Gelände der ehemaligen Zeche Lohberg in die Präsentation
der „Kreativ.Quartiere RUHR“ auf der Expo Shanghai auf. Anfang 2010 wurde im Rahmen der
„Local-Hero-Woche“, einer Veranstaltungsreihe innerhalb des Kulturhauptstadtjahres, das
Kreativ.Quartier Lohberg offiziell eröffnet. Dazu veranstaltete ecce in Kooperation mit der
städtischen Agentur für Marketing und Investitionsförderung (DINAMIT GmbH) und RAG MI im
Kreativ.Quartier Lohberg das erste „RuhrForum Kreativ.Quartiere“, das auch aufgrund der
anwesenden ausländischen Experten von einer starken Medienpräsenz begleitet wurde. Hier wurde
zum ersten Mal öffentlich das Kulturhauptstadtprojekt Kreativ.Quartiere RUHR vorgestellt. Die
Projektgemeinschaft Lohberg und ecce haben 2010 die weitere Profilierung des Kreativ.Quartiers
auch über das Jahr der Kulturhauptstadt hinaus vereinbart. In einem gemeinsamen Förderantrag
wurde die Vision und Machbarkeit für einen Horizont von drei Jahren vereinbart. Diese Kooperation
stellt die erste und einzige finanzielle Beteiligung von RUHR.2010 und ecce in einem Förderantrag
dar.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie
dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
Im Kreativ.Quartier Lohberg (in Verwaltungsgebäude sowie Sozialgebäude mit Lohnhalle) arbeiten
bereits seit 2009 folgende Künstler und Kreativwirtschaftler:
• Samirah Al-Amrie, Gesangscoaching und Musikunterricht
• Atelier freiart, Atelier für Malerei
• FREDs BRUDER, Modedesign
• KunstKiosk 422, Galerie
• Magenta, Studio für Malerei
• Spirit & Art, Studio für Malerei und Galerie
– Studio2, Fotografie & Visagistik
• TallyHo|ART, Agentur für Malerei
• Edda Treuberg, Fotografin
• TADEVI(M)ÜSIK, Tonstudio
www.kreativquartier-lohberg.de
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
Vorbemerkung: Ein Kreativ.Quartier steht in einer Wechselbeziehung mit seinem unmittelbaren
Umfeld. Deshalb tragen auch andere kulturelle Einrichtungen und Akteure im Stadtteil zu seinem
Erfolg bei.
1. Stiftung Ledigenheim Dinslaken-Lohberg
Die Stiftung Ledigenheim (Vorstand: Hans-Karl Bellinghausen) kümmert sich um Denkmalpflege
und Zukunft des Ledigenheim, einer gemeinnützigen öffentlichen Einrichtung. Das 1914 von der
Gewerkschaft Deutscher Kaiser für unverheiratete Bergleute der Zeche Lohberg erbaute Wohn- und
Veranstaltungsgebäude (Fläche rund 6.500 qm) wird seit 1945 vornehmlich gewerblich genutzt.
Seit den 1970er-Jahren wurde das Ledigenheim von deutschen und türkischen Vereinen,
christlichen und islamischen Religionsgemeinschaften sowie Einzelhändlern genutzt. Der
Veranstaltungssaal wurde z. B. für Familienfeste gebucht. Seit 2004 wird die 2007 sanierte Anlage
unter Führung der Stiftung als Zentrum für Stadtteilkultur, Dienstleistung und Gewerbe genutzt.
Dabei dient sie als Veranstaltungsort für Fremdveranstalter, organisiert aber auch eigene Konzerte
und Shows. Derzeit sind Einheiten für Büro- und Tagungsräume zur mehrwertsteuer- und
provisionsfreien Anmietung verfügbar
C. Brachflächen / Leerstände
Als Katalysator der Entwicklung des Kreativ.Quartiers Lohberg dienen die Bestandsgebäude des
ehemaligen Bergwerks Lohberg. Sie wurden von der RAG MI und einem Privateigentümer in das
Vorhaben eingebracht und werden den Kreativen für temporäre Nutzungen preisgünstig zur
Verfügung gestellt. Das Ziel ist hierbei vor allem die Initiierung eines Prozesses zur
Netzwerkbildung. Die temporäre Nutzung der Bestandsgebäude und der Fläche eröffnet Nutzern
„Möglichkeitsräume“ und macht den ehemals verbotenen Ort wieder zugänglich. Für Unternehmen
bietet sie so Optionen, die die klassische Immobilienwirtschaft nicht bereitstellt (z. B. Rent-a-Desk-
Konzepte).
D. Investitionen
1. Privat
a) Verschiedene Gebäude im Kreativ.Quartier Lohberg
Das Sozialgebäude (seit 2007 im Besitz des privaten Investors Martin Köller,
Unternehmensberater) konnte im Laufe des Jahres 2009 nahezu komplett an verschiedene
Unternehmen und Freiberufler aus der Kreativwirtschaft vermietet werden. Auch das
Verwaltungsgebäude mit Lohnhalle (im Besitz der RAG MI) ist nahezu komplett an Mieter aus der
Kreativwirtschaft vermietet. Für weitere denkmalgeschützte Gebäude im Besitz der RAG MI liegen z.
T. zahlreiche Reservierungen vor. Gemeinsam mit den vermieteten Flächen belegen sie das große
Interesse der Kreativen an dem Standort.
2. Public Private Partnerships
a) Interreg-IV-Projekt CURE
Das Kreativ.Quartier Lohberg ist 2011 gemeinsam mit den Metropole RUHR-Städten Essen-Kettwig
und Hagen sowie den Städten Brügge (Belgien), Colchester, Edinburgh (GB), Lille (Frankreich) und
Utrecht (Niederlande) in das EU-Interreg-IV-Projekt CURE (Creative Urban Renewal in Europe,
Träger: EU) aufgenommen worden. Ein Ziel innerhalb des Förderrahmens Nordwesteuropa ist die
Entwicklung eines „Creative Zone Indicators“: Erfolgsbedingungen für kreative Zonen innerhalb der
Stadtentwicklung sollen identifiziert und systematisiert werden. Die EU fördert das Kreativ.Quartier
Lohberg nach dem 50:50-Prinzip der Interreg-Förderung. Außerdem kann durch die internationale
Zusammenarbeit ein Zufluss an Know-how erwartet werden. Die Förderung ist bis 2013 vereinbart.
ecce ist im CURE-Projekt als Kooperationspartner der Stadt Dinslaken beteiligt und hat bei der
Antragsstellung für Dinslaken mitgewirkt. Gemeinsam mit ecce wird bis 2013 ein sogenannter
Debattenort auf Lohberg etabliert.
3. Öffentlich
a) Verschiedene Gebäude im Kreativ.Quartier Lohberg
Die Stadt Dinslaken fördert die städtebauliche Umsetzung und das Standortmanagement des
Kreativ.Quartiers Lohberg finanziell. Zum Beispiel unterstützt die Stadt mit Städtebaufördermitteln
die Sicherung und Sanierung von Dächern und Fassaden von standortprägenden Gebäuden. Weitere
Förderungen sind von der Stadt Dinslaken nicht geplant. Zusätzliche Recherchen und Evaluierungen
zu öffentlichen Investitionen in Dinslaken-Lohberg sind noch nicht abgeschlossen.
E. Akteure
1. RAG Montan Immobilien
Die RAG AG (ehemals Ruhrkohle AG) ist eines der größten deutschen Bergbauunternehmen. Der
Mischkonzern mit Sitz in Herne gehört mit der bis 2007 in das gemeinsame Unternehmen
integrierten Evonik Industries AG zum Besitz der RAG-Stiftung. In Dinslaken betreibt die RAGTochter
RAG Montan Immobilien als Eigentümer die Umnutzung der Zeche Lohberg.
2. Stadt Dinslaken
In der Stadtverwaltung Dinslaken arbeitet federführend der Fachdienst Bauleitplanung und
Stadtentwicklung an Planung und Umsetzung des Kreativ.Quartiers Lohberg.
3. Forum Lohberg e.V.
Das Forum Lohberg e.V. (Vorsitzender: Heinz Brandt) ist Träger des Stadtteilmanagements und
setzt eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen in den Bereichen Städtebau, Geschichtspflege,
Image-, Bildungs- und Wirtschaftsförderung sowie Jugendarbeit um. Darüber hinaus engagiert sich
das Forum in der aktiven Einbindung der Bürger des Stadtteils.
4. Stiftung Ledigenheim Dinslaken-Lohberg
siehe I.B.1
5. Verschiedene Mieter aus Kreativwirtschaft im Sozialgebäude
Die bereits vorhandene Mieterstruktur im Kreativ.Quartier Lohberg besteht aus rund 10 Künstlern
und Kreativwirtschaftlern der Bereiche Malerei, Musik, Mode und Fotografie, die seit ihrem Einzug
im Jahr 2009 als erste Impulsgeber fungieren.
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Auf Basis des Antrags von Projektgemeinschaft Lohberg und ecce sowie aus Impulsen des
Arbeitskreises Kreativ.Quartier Lohberg wurde die im Folgenden ausgeführte Vision und Zielsetzung
erarbeitet:
Das ehemalige Gelände der Zeche Lohberg soll zu einem innovativen, kreativen und urbanen
Kreativ.Quartier Lohberg entwickelt werden. Parallel zur Neuentwicklung als Fläche mit
außergewöhnlicher städtebaulicher Qualität, sollen auch Image und Identität neu aufgebaut werden.
Diese Imagebildung erfolgt unter dem Thema „Kreativität und Innovation“. Als Identifikationspunkte
dienen zum einen die denkmalgeschützten Gebäude und zum anderen die Bedürfnisse künftiger
Nutzer: Hier steht insbesondere die Kreativwirtschaft, die als Pionier und Katalysator solcher
Flächenentwicklungen in zahlreichen anderen Städten positiv gewirkt hat, im Fokus. Bei der
Entwicklung des Quartiers wird schon während der Planungsphase auf den Dialog mit allen
relevanten Akteuren (Nutzern, Eigentümern, Wirtschaftsförderung, Planern und Verwaltung) sowie
auf temporäre Zwischennutzungen durch künftige Mieter gesetzt. Dies fördert die nutzerorientierte
Entwicklung – und erhöht die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung im Stadtteil und in Dinslaken
insgesamt. Der Aufbau eines Netzwerks aus Kreativwirtschaftlern, das langfristig durch klassische
Gewerbetreibende bereichert wird, generiert Synergieeffekte die die Entwicklung des Standortes
beschleunigen.
Somit lauten die „harten“ Leitziele:
i) (Möglichkeits-)Raum geben
• Einrichtung von attraktiven Entfaltungsräumen („Möglichkeitsräume“). Sie bieten ein
inspirierendes Arbeitsumfeld, laden zum kreativen Austausch ein und strahlen auf nationale und
internationale Kunden ab.
• Schaffung eines lebendigen, den Anforderungen der Wissens- und Innovationsgesellschaft
entsprechenden Arbeitsorts mit hoher Aufenthaltsqualität: Hier finden Werkstätten, Co-Working-
Häuser, Prototypen-Manufakturen, Ateliers, Theaterspielstätten, Proberäume, Büros (auch für ITund
Software-Entwickler) und Verkaufsflächen Platz.
ii) Talente entwickeln
• Förderung der Kreativität der künftigen Akteure vor Ort als entscheidende Voraussetzung für
persönlichen und unternehmerischen Erfolg im Wandel von industriell geprägter Wirtschaft zur
Dienstleistungs- und Wissensökonomie.
• Hinführung von Bürgern zum Thema „Kreativität“; Erschließung von Qualifizierungspotenzialen
durch ein Netzwerk.
• Förderung von Angebot (kreatives Potenzial der Region) und regionaler wie nationaler
Nachfrage (Interesse an kreativwirtschaftlichen Produkten und Dienstleistungen).
iii) Förderung von Unternehmen
• Netzwerkaufbau zur Stärkung der Kreativwirtschaft in der Region hinsichtlich ihrer Wettbewerbsund
Innovationsfähigkeit, dazu Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.
• Transparenz und Kooperationen im Netzwerk schaffen, die den Marktzugang der einzelnen
Unternehmen erleichtern, gegenseitigen Wissenstransfer initiieren und die gemeinsame und
dauerhafte Außendarstellung der Akteure optimieren.
• Kreativwirtschaftliche Potenziale für die Bestandsunternehmen vor Ort nutzbar machen –
Entfaltungshindernisse vor Ort abbauen, Zuzugshemmnisse reduzieren, die Kreativwirtschaft mit
den existierenden Wirtschaftsunternehmen der Region vernetzen.
Als „weiche“ Leitziele gelten wie folgt:
Das Kreativ.Quartier Lohberg soll zu einem lebendigen Quartier mit großem nationalen, möglichst
internationalen Bekanntheitsgrad entwickelt werden. Es soll folgende Attribute aufweisen: In der
Metropole RUHR prägt es den Raum des Übergangs von Urbanität zur Landschaft und besitzt auch
als „Tor zu den Niederlanden“ eine wichtige Funktion. Das Kreativ.Quartier Lohberg verkörpert die
Verbindung von Tradition und Innovation, vor allem durch das Nebeneinander von Wohnen,
Arbeiten und Freizeit im Grünen. Diese Alleinstellungsmerkmale des Quartiers eröffnen
Möglichkeitsräume und bieten den Nutzern Raum für Experimente – temporär und langfristig. Der
Fokus der Zielgruppe liegt auf jungen Akteuren, unter denen vor allem auch Migranten neue
Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten finden. Das von der Kreativwirtschaft geprägte Netzwerk
des Standorts entwickelt sich interdisziplinär und wird zum entscheidenden Imagefaktor.
Als konkrete Maßnahmen wurden bereits die Kreativ.Quartier Lohberg Manager (KQLM) und die
Kreativ.Bauhütte (siehe III.C.1) entwickelt, die unter den Institutionen des Kreativ.Quartiers Lohberg
zentrale Funktionen besetzen. Weitere Impulse können von Forschungseinrichtungen ausgehen, die
sich in Kooperation mit den großen Universitäten in der Metropole RUHR ansiedeln. Eine Club- und
Musikszene wird gut von der Bevölkerung angenommen, Fachmessen und -tagungen ziehen
Interessierte aus ganz Deutschland und den Niederlanden an. Das Fazit: Inhaltlich, stadtplanerisch
und architektonisch (Anker: prominente denkmalgeschützte Gebäude) leistet Lohberg einen
herausragenden Beitrag zum ecce-Projekt „Kreativ.Quartiere RUHR“.
Die Realisierung dieses Szenarios soll in systematischen Stufen erfolgen: Zunächst kann das
Gelände – wie bereits begonnen – über Workshops, europäischen Know-how-Transfer und
temporäre Projekte und Events entwickelt werden. Hierdurch werden Fläche und Positionierung
erlebbar. In den nächsten Jahren bis zu einem Baubeginn ist es wichtig, diesen Weg weiterzugehen,
ihn institutionell verlässlich zu machen und Aktivitäten zu forcieren, die den Stadtteil Lohberg und
das Zechengelände im Außenbild attraktiv erscheinen lassen. Das Ziel: die Zukunftsperspektive des
Standorts an Firmen und Kunden zu kommunizieren und einen Entscheidungsprozess pro
Dinslaken auszulösen.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden drei Schwerpunkte identifiziert: Aufbau des Netzwerks mithilfe
zweier Kreativ.Quartier Lohberg Manager sowie Imagebildung über eine intensive
Öffentlichkeitsarbeit und Akquise von Unternehmen. Die Zielerreichung soll anhand einer Evaluation
der o. g. Kriterien in den kommenden Jahren erfolgen.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Auf dem Areal der Dinslakener Zeche Lohberg entsteht ein Pilotprojekt, das europaweit ohne
Beispiel ist. Der Kern des von der Stadt Dinslaken und der RAG MI für die kommenden zehn Jahre
entwickelten städtebaulichen Konzepts: Statt der Renaturierung des Geländes wird ein
städtebauliches Konzept für Wohnobjekte und Kreativgewerbe als Anker auch für klassisches
Gewerbe und Energiewirtschaft auf einer Fläche von 40 ha (von insgesamt 320 ha) erarbeitet – das
entspricht insgesamt ungefähr der Größe der Düsseldorfer Altstadt. So wird das ehemalige
Zechengelände zum größten innerstädtischen Entwicklungsgebiet Deutschlands. Die Besonderheit
des Projekts liegt im Charakter der Stadt Dinslaken begründet: Als Mittelstadt (68.000 Einwohner)
und Hybrid zwischen Urbanität und Ländlichkeit besitzt das Kreativ.Quartier Lohberg das Potenzial
als Best Practice zu dienen. Die zweite Besonderheit ist, dass das Kreativ.Quartier als Nukleus und
Antriebsmotor einer Städtebaumaßnahme in einer solchen Dimension fungiert. Die
Projektgemeinschaft Lohberg und ecce haben seit 2009 das Konzept und die Aktivitäten dieses
Antriebsmotors konzipiert und eine „Kreativ.Bauhütte“ entworfen.
2010 haben dann die Projektgemeinschaft Lohberg und ecce die weitere Profilierung des Kreativ.
Quartiers Lohberg auch über das Jahr der Kulturhauptstadt hinaus vereinbart. Daher beteiligt
sich ecce als Förderer und Kooperationspartner im Antrag der Stadt Dinslaken auf Förderung von
Personalkapazitäten für die Posten zweier Kreativ.Quartier Lohberg Manager (KQLM) und der
Kreativ.Bauhütte. Die Kreativ.Bauhütte überbrückt die Phase bis zum Baubeginn (in ca. 2–3
Jahren) durch Inbetriebnahme der Fläche mit temporären Projekten. So gelangt das
Kreativ.Quartier Lohberg ins Bewusstsein der lokalen und regionalen Nachbarn. Die KQLM
fungieren für Unternehmen und Bürger als Ansprechpartner vor Ort und bilden die Schnittstelle zur
Projektgemeinschaft Lohberg als übergeordnete Instanz der Gesamtentwicklung. Sie werden
darüber hinaus die Verknüpfung von Unternehmen auf dem Zechengelände mit dem Stadtteil
Lohberg herstellen. Im Jahr 2011 ist diese Struktur auch in das Leitbild der Stadt Dinslaken
eingeflossen. Die Projektgemeinschaft Lohberg und ecce entwickeln seit 2011 im Jour fixe die
Umsetzung der geförderten Maßnahmen im Nukleus des Kreativ.Quartier Lohberg und kooperieren
bei der strategischen Planung für die Gesamtbaumaßnahme.
A. Entwicklungsworkshop
Der Roundtable hat noch nicht über Standort und Thema eines Entwicklungsworkshops
beschlossen; dies wird ggf. im Verlauf der Quartiersentwicklung erfolgen und zu einem späteren
Zeitpunkt ergänzt.
B. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Zeit bis zur Umsetzung der Schlüsselinvestitionen überbrücken sollen.
1. Open House
Die 13 im Kreativ.Quartier Lohberg bereits ansässigen Kreativfirmen veranstalten einmal monatlich
das „Open House“, einen Sonntag der offenen Tür. Auf dem Programm stehen
Ausstellungseröffnungen, Konzerte und Fototouren über das Zechengelände. Die „Open House“-
Termine generieren regelmäßig gute Besucherzahlen und eine mediale Resonanz.
2. Extraschicht
Diese „Nacht der Industriekultur“ lockt seit 2001 einmal im Jahr bis zu 160.000 Besucher an die
Monumente des schwerindustriellen Erbes der Region. Seit 2009 dient auch das Gelände der
ehemaligen Zeche Lohberg als Spielort des Festivals. Programmpunkte waren bislang Expeditionen
in die Industrieruinen, Konzerte, Lichtinstallationen u.v.a. Die Veranstalter sind Ruhr Tourismus
GmbH, Regionalverband Ruhr und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr.
3. Local-Hero-Woche in der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 / Schachtzeichen
Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 rückte das Kreativ.Quartier Lohberg
insbesondere durch die Local-Hero-Woche und die ruhrgebietsweite Installation der
„Schachtzeichen“ in den Blickpunkt.
4. Blau-Bleu-Blue
Als offizielles Projekt der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 führte „Blau-Bleu-Blue“ in
Lohberg, Agen/Frankreich und Arad/Israel Künstler aus Dinslaken und seinen Partnerstädten
zusammen. Die entstandenen Fotos, Bilder und Objekte wurden im August 2010 im Kreativ.Quartier
Lohberg vor einem großen Publikum ausgestellt.
5. Weitere Veranstaltungen in 2011
Zusätzlich zu den Einzelveranstaltungen der Kreativmieter veranstaltete die Projektgemeinschaft
Lohberg noch im Jahr 2011 drei wichtige Termine: Im Februar 2011 fand ein internationales
Fachforum als Auftakt für eine Leitbilddiskussion des Kreativ.Quartier Lohberg statt. Im August
startete eine Projektreihe zur Nutzung des Kreativ.Quartiers als Lehr- und Spielort für Kinder und
Jugendliche; Gemeinsam mit der Caritas Sommerferienbetreuung und dem Verein JAS e.V.
(Baukultur) wurde ein Programm für Schulen und Kindergärten entwickelt. Ab Oktober 2011 wird
das Projektfeld „Debattenorte“ umgesetzt, zu dem internationale Experten aus Stadt- und
Standortentwicklung zu einem Gedankenaustausch zu den Themen Energie, Marketing u.a. nach
Lohberg eingeladen werden sollen.
C. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Ausgangsimpuls für den Prozess eines langfristigen Wandels.
1. Kreativ.Quartier Lohberg Manager und Kreativ.Bauhütte Zeche Lohberg
Als wichtiger Startimpuls wurden am 1.12.2010 die Kreativ.Quartier Lohberg Manager eingesetzt:
Sie arbeiten einerseits als Kümmerer und Ansprechpartner für vorhandene Unternehmer und
Interessenten, andererseits als Promotoren für die Außendarstellung des Kreativ.Quartiers. Die in
der Kreativ.Bauhütte Zeche Lohberg institutionalisierten Manager überbrücken die Phase bis zum
Baubeginn durch Bespielung der Fläche mit temporären Projekten und rücken das Kreativ.Quartier
Lohberg so ins Bewusstsein der lokalen und regionalen Nachbarn. Weiterhin organisiert die
Kreativ.Bauhütte temporäre Veranstaltungen wie z. B. eine Wochenendmesse für die
Kreativwirtschaft am Niederrhein und ein Open-Air-Festival. Diese Schlüsselinvestition generiert so
die ersten Aufmerksamkeitsmomente, die eine sich verstetigende Kommunikation über das Quartier
anregen und sich langfristig in konkreten wirtschaftlichen Effekten auszahlen sollen
III.3. DUISBURG
MARXLOH
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Medien-Bunker
2. Legenda – Gesellschaft für explorative Landeskunde e.V.
3. Musikgeschäft G & G (Inhaber: Erwin Goddinger)
4. Musiklabel Boring Boys
5. Brautmoden-Cluster
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Kiebitz e.V. und RiZ
C. Brachflächen / Leerstände
D. Investitionen
1. Privat
a) Elisenhof
2. Public Private Partnerships
a) Medien-Bunker
3. Öffentlich
a) Rosenpavillon
b) Schwelgernpark
c) Jubiläumshain Duisburg
E. Akteure
1. Artist Contact Point
2. EG DU (Entwicklungsgesellschaft Duisburg mbH)
3. IHZ – Internationales Handelszentrum
4. „Made in Marxloh“
5. Medien-Bunker
6. Merkez-Moschee / Begegnungsstätte e.V.
7. Migranten-Unternehmen e.V. (MUT)
8. Stadt Duisburg
9. Wirtschaftsförderung Duisburg GmbH
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Medien-Bunker und P.Y.P Filmproduktion
2. Merkez-Moschee
3. Brautmodenmeile
C. Temporäre kulturelle Impulse
1. .nl.de.tr/turkishconnections
2. Einen Monat Marxloh
D. Schlüsselinvestitionen
1. Tausche Bildung für Wohnen
2. Migrationsmuseum Marxloh
I. AUSGANGSLAGE
Die Stadt Duisburg ist durch höchst divergente Stadtteile mit unterschiedlichen Ausgangssituationen
und Potenzialen für die Ansiedlung von Kreativwirtschaft gekennzeichnet: Diese
sind der (post-)industrielle Innenhafen, in dem neben Logistikanlagen moderne
Wirtschaftsbranchen, Gastronomien, Kultureinrichtungen und Freizeitangebote erfolgreich
angesiedelt werden konnten; Marxloh, das vom sozialen Brennpunkt allmählich zum nationalen
Vorzeigeprojekt für gelungene Integration wird, sowie Innenstadt und Ruhrort. Im August 2009
stellte ecce dem Oberbürgermeister, den Dezernaten Bauen und Kultur, Wirtschaftsförderung
(GFW) und Innenstadtentwicklung der Stadt Duisburg das Projekt Kreativ.Quartiere vor. Das
Ergebnis der Sitzung: eine Kooperationszusage der Stadt Duisburg. Die GFW wurde aufgrund ihrer
im Vorfeld geleisteten Erhebungen zur lokalen Kreativwirtschaft als Koordinator der Fortentwicklung
des Projekts bestimmt.
Als erste konkrete Maßnahmen wurden in Abstimmung mit der Stadt Duisburg potenzielle
Quartiere und Immobilien evaluiert. Besonderer Wert wurde dabei auf folgende Parameter gelegt:
• Hoher Gebäudeleerstand
• Aussicht auf selbsttragende Effekte wie Zuzug und Verbleib
• Potenzielle Investments von lokal verankerten Immobilieneigentümern
• Stark engagierte Akteure vor Ort
• Hohe Dichte von kreativwirtschaftsrelevanten Unternehmen und Ereignissen
• Vorhandene Symbolcharaktere (geschichtlich, kulturell, politisch)
• Alleinstellungsmerkmale des Ortes
Nach der Auswahl der Stadtteile Marxloh, Ruhrort, Innenstadt und Innenhafen wurden die lokalen
Akteure der Quartiere identifiziert und zu einem ersten Roundtable eingeladen. Dabei wurde auf die
Heterogenität der Teilnehmer besonderer Wert gelegt; so wurden neben den oben genannten
städtischen Gründungsorganen sowohl private als auch städtische Immobilienbesitzer,
freischaffende sowie subventionierte Künstler und Unternehmer aus diversen (Kreativ-
)Wirtschaftszweigen eingeladen. Das Ziel des ersten Roundtables war die Vorstellung des Projekts
Kreativ.Quartiere und die Bekanntmachung der Kooperation zwischen Stadt und ecce. Gemeinsam
wurde der Handlungsbedarf in den jeweiligen Quartieren eruiert und eine Priorisierung der
ausgewählten Quartiere beschlossen.
Der klassische ehemalige Arbeiterstadtteil Duisburg-Marxloh besitzt eine fast kleinstädtische
Struktur. Aufgrund der bis in die 1970er-Jahre dominierenden Schwerindustrie war Marxloh der
Mittelpunkt eines großen Einzugsgebiets und besaß eine wichtige Funktion als „Einkaufszentrum
des Duisburger Nordens“. Zahlreiche kulturelle und gastronomische Einrichtungen wie Kinos,
Tanzcafés und Clubs ergänzten das Angebot. Ein noch heute verbliebenes Kennzeichen der
Siedlungsstruktur sind die Geschäftshäuser im Zentrum Marxlohs und eine überwiegend drei- bis
viergeschossige Bebauung aus der Gründerzeit. Mit ca. 46 Prozent der Gesamtfläche dominiert die
gewerblich-industrielle Nutzung. Marxloh ist westlich und südlich von Werksgeländen gerahmt und
so – obwohl nur wenige Hundert Meter entfernt – von einem Rheinzugang abgeschnitten. Zudem
zerteilt die Autobahn 59 den Stadtteil. Hohe Umweltbelastungen durch die Emissionen der
angrenzenden Produktionsstätten beeinflussten die Lebensqualität und prägen auch heute noch ein
negatives Image – auch wenn die Luftqualität erheblich verbessert wurde. Durch die
Rationalisierungen in den Montanbetrieben und den anschließenden Bedeutungsverlust, auch als
Einzelhandelsstandort, gingen allein in den 1990er-Jahren über 6.000 Arbeitsplätze verloren. Dies
verursachte eine starke Abwanderung junger Arbeitskräfte, zunehmende Kaufkraftverluste und einen
verstärkten Wandel in der Bevölkerungsstruktur. Auf einer Fläche von 760 ha leben heute noch ca.
17.500 Einwohner. Der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung liegt bei
knapp 60 Prozent. Trotzdem ergeben sich für Marxloh neue Chancen: Ein florierendes
Brautmodencluster und die Eröffnung der größten Moschee in Deutschland stimulierten (Kreativ-
)Wirtschaft, Kulturinitiativen, Gastronomie und sogar den Tourismus. Die Entwicklung der lokalen,
transnationalen orientierten Ökonomie in Marxloh gründet sich auf eine überdurchschnittlich hohe
Beteiligung von Bürgern, örtlichen Akteuren, Initiativen und Vereinen. Eine institutionalisierte
Bürgerbeteiligung wurde hierbei als Schlüssel zu allen Handlungsfeldern innerhalb der
Stadtteilentwicklung begriffen. Sie beinhaltet die gestaltete Zusammenarbeit von
Gewerbetreibenden, Bewohnern, Politik und Verwaltung.
Vor diesem Hintergrund geht ecce davon aus, dass der begonnene Verstetigungsprozess in
Duisburg-Marxloh durch eine Aufnahme in das Projekt Kreativ.Quartiere verstärkt wird und sich im
besten Fall wirtschaftlich wie kulturell eigenständig tragen kann. Eine Strategie für das
Kreativ.Quartier Marxloh schöpft aus dem vorhandenen Potenzial, bündelt weiterhin das Engagement
lokaler Akteure und fördert ein Zusammenspiel von (Kreativ-)Wirtschaft und
Touristikbereichen. Hierbei übernahm der ecce-Roundtable als unterstützendes Werkzeug die
Funktion des Impulsgebers und Moderators. Gemeinsam mit den oben genannten Institutionen,
Akteuren und Vereinen wurden bis dato neun dieser Abstimmungsgespräche geführt.
Die Ergebnisse des ersten Roundtables für Marxloh:
• Stärkere Vernetzung der Kreativwirtschaft in Duisburg
• Bessere Zusammenarbeit der einzelnen Branchen
• Einbindung des „Dialog-der-Kulturen-Roundtables“ in die Diskussion
• Förderung dezentraler Stadtteile
• Verbesserung der Außenkommunikation Duisburgs, auch online
Für die Umsetzung dieser Ziele spielen der von ecce für das Jahr 2010 eingerichtete Artist Contact
Point (Leitung: Christian Finzel) sowie die städtische Kultur- und Wirtschaftsverwaltung und EG DU
zentrale Rollen. Im Artist Contact Point wurden die Fördermaßnahmen des Jahres 2010 koordiniert
und die Kontakte zu den kreativen und künstlerischen Szenen in einer zentralen Schnittstelle
gebündelt. Zu den von ecce mit initiierten kulturellen Impulsen im Kreativ.Quartier Duisburg-
Marxloh gehörte die substantielle Unterstützung und Finanzierung von Projekten wie der
Fotoausstellung „.nl.de.tr/turkishconnections“ und dem internationalen Austauschprojekt „Einen
Monat Marxloh“.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie
dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Medien-Bunker
Der Medien-Bunker am Johannismarkt ist ein veritables Kreativ-Kraftfeld: Auf sechs Etagen arbeiten
multinationale Medienmacher, Soziologen, Stadtplaner und Geschäftsleute an neuen Perspektiven
für eine moderne Stadtplanung. Dabei profitieren sie nicht nur von gemeinsamen
Arbeitsschnittstellen, sondern bilden Synergien mit dem kreativen und sozialen Umfeld Marxlohs,
das dem „Bunker“ den entscheidenden Standortvorteil bietet: Durch die Einbettung in ein vitales
Miteinander verschiedener Ethnien lebt es sich in einem einzigartigen kulturellen, wirtschaftlichen
und sozialen Spannungsverhältnis – eine Struktur, die Integration nachhaltig fördert und sich
mittlerweile bundesweiter Bekanntheit erfreut. Im Wirkungsfeld des Medien-Bunkers finden sich
Fotografen, Mediengestalter, Webdesigner, ein Filmstudio, eine Online-Redaktion, eine freie
Theatergruppe, zwölf Bands, diverse Ausstellungen, Kooperationsprojekte (u. a. mit der Kulturhauptstadt
RUHR.2010 und dem Goethe-Institut) und ein geplantes Szene-Café in der ersten
Etage. Die Firmen im Bunker sind: P.Y.P. Film- und Fernsehproduktion GmbH, 3c Design und
Ceysan Design. Mit dem RUHR.2010-Projekt „Next Generation“ erfüllt der Medien-Bunker einen
Bildungsauftrag und bindet die ersten Schüler für die „Marxloher Schule“ an das Kreativ.Quartier.
Eine aktuell anlaufende Initiative des Medien-Bunkers ist das Zukunftsprojekt „Modern Art Museum
Marxloh“ (Kunst aus Marxloh, Brautkleider von Prominenten etc.), die u. a. durch die
Bundeszentrale für politische Bildung und RUHR.2010 unterstützt wird. Durch seine Arbeit genießt
das Kollektiv des Medien-Bunkers eine sehr hohe Bekanntheit und Glaubwürdigkeit bei städtischen
und privaten Akteuren sowie eine starke Präsenz in regionalen und nationalen Medien. 2010 wurde
Halil Özet, Geschäftsführer von P.Y.P., als herausragende unternehmerische Persönlichkeit von der
Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundeswirtschaftsministeriums zu einem von 32
„Kreativpiloten“ ernannt. www.medien-bunker.com
2. Legenda – Gesellschaft für explorative Landeskunde e.V.
„Legenda – Gesellschaft für explorative Landeskunde“ ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz
in Marxloh, die sich durch Vermittlung des RUHR.2010-Projekts GastGastgeber gegründet hat. Sie
beschäftigt sich mit der Erforschung und Interpretation urbanisierter Landschaften. Legenda
konzipiert und organisiert Debatten, Ausstellungen, Publikationen, Werkstätten, Exkursionen und
Studienprogramme. Der Verein aus Geografen, Künstlern und urbanen Kuratoren folgt einem
multidisziplinären Verständnis von Exploration, das sowohl einschlägige Forschungsansätze als
auch experimentelle Formen der Landschaftsinterpretation umfasst. Mitglieder sind u. a. Hans
Venhuizen (Kulturmanager, Rotterdam), Hans Jungerius (Künstler, Arnhem/Oberhausen), Boris
Sieverts (Landschaftsarchitekt, Köln), Dirk E. Haas (Architekt, Essen) und Mustafa Tazeoglu
(ehemals ecce/Urban Rhizome).
www.legendista.wordpress.com
3. Musikgeschäft G & G (Inhaber: Erwin Goddinger)
Der Musikinstrumentenhandel mit Musikschule G & G (Inhaber: Erwin Goddinger) am August-Bebel-
Platz stellt für die Marxloher Musikszene viel mehr als nur ein Geschäft dar: Inhaber Erwin
Goddinger fördert seit 30 Jahren junge Kreative mit dem preisgünstigen und z. T. kostenlosen
Verleih von Bühnen, PA-Anlagen und Instrumenten. Aus diesem Grund ist G & G ein echter
Szenetreff, der für die Vitalität der Marxloher Musikwelt eine wichtige strukturelle Funktion besitzt.
www.ggmusicshop.de
4. Musiklabel Boring Boys
Über 13 Musiker aus Marxloh, Salerno, Brüssel, Arnheim, Wanne-Eickel und Mecklenburg-
Vorpommern haben 2010 das Musiklabel Boring Boys gegründet. Zentrum und Produktionsort des
Kollektivs ist ein eigenes Tonstudio in Marxloh, in dem die acht angeschlossenen Bands ihre Musik
aufnehmen und mischen. Per Mikroinvestitionen auf Bürgerebene wurde 2010 die Finanzierung für
einen ersten CD-Sampler akquiriert. In Kooperation mit dem Medienbunker organisieren die Boring
Boys die Konzert- und Partyreihen „Out Of The Box“ und „Beat Bunker“.
5. Brautmoden-Cluster
Duisburg-Marxloh ist ein boomendes Cluster für Braut- und Abendmodenbedarf. Auf der sog.
„Brautmodenmeile“ Weseler Straße finden sich rund 50 Händler, Handwerker und Dienstleister
(Mode-, Schmuck- und Accessoirehandel, Fotografen, Schneidereien, Druckereien, Gastronomien),
die den Wirtschaftsstandort Marxloh in den letzten Jahren zu einem bedeutenden überregionalen
Einzelhandelszentrum entwickelt haben. Branchenintern besitzt das Cluster Marxloh internationale
Strahlkraft in die Nachbarländer Niederlande, Belgien und Frankreich – nur rund 30 Prozent der
Kundschaft stammt aus Duisburg. Mehr als eine Fußnote am Rande ist die erfolgreiche
Wiederbelebung einer vor allem in Vorstadtzentren zurückgehenden Handelsstruktur, dem
inhabergeführten Facheinzelhandel. Die Vertreter des Clusters haben sich 2010 im „Marxloher
Einzelhandelsbündnis“ organisiert. Das Ziel: Ein Gütesiegel für Qualität und Service aus Marxloh.
Einen vielbeachteten öffentlichen Auftritt hatte der Verein mit dem Projekt „100 Bräute“ auf dem
RUHR.2010-Projekt „Still-Leben A40“. www.meb-ev.de
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Kiebitz e.V. und RiZ
Die ehemals zahlreichen öffentlichen Kultureinrichtungen in Duisburg-Marxloh wurden im Verlauf
der vergangenen Jahrzehnte drastisch reduziert. Deshalb sind die Funktionen von Jugend- und
Kulturzentren wie dem Kiebitz e.V. in der Marienstraße und dem Regionalzentrum Nord (RiZ)
äußerst wichtig. Im Mittelpunkt stehen hier erfolgreiche Integrationsangebote mit Fokus auf
Theater, Tanz und Streetworking. www.kiebitz.net
C. Brachflächen / Leerstände
Die Wohn- und Geschäftseinheiten im Zentrum von Marxloh weisen aufgrund der hohen Attraktivität
der Weseler Straße nur wenige Leerstände auf. Im unmittelbar angrenzenden Bereich der
Querstraßen Kaiser-Wilhelm-Straße und Kaiser-Friedrich-Straße finden sich dagegen zahlreiche leer
stehende Wohneinheiten und gewerbliche Flächen, dazu eine leer stehende Kirche, das Ernst-
Lohmeyer-Haus (Dahlstraße 23) und das Kolpinghaus (Diesterwegstraße 1). Mit dem Elisenhof
besitzt Marxloh eine urbane Brachfläche, für die konkrete Pläne und ein Investor vorhanden sind
(siehe I.D.1.a).
D. Investitionen
1. Privat
a) Elisenhof
Der Elisenhof in Marxloh wurde als Wohnanlage mit dem größten Innenhof in der Metropole RUHR
bekannt. Das um 1900 erbaute Objekt verfiel nach dem Niedergang der Montanindustrie aufgrund
hoher Leerstände, nach dem Abriss des Flügels an der Warbruckstraße dominiert heute eine uförmig
eingerahmte Brachfläche das Gelände. Der Eigentümer Immeo Wohnen konnte kürzlich einen
Investor gewinnen, mit dem an Plänen für die zukünftige Nutzung gearbeitet wird. ecce unterstützt
diese Gespräche als Partner und stand mit Eigentümer, Investoren und Akteuren aus dem Stadtteil
im Dialog zur Projektentwicklung und -finanzierung. Das Grundstück wurde im Rahmen der
Kulturhauptstadt RUHR.2010 mit der Fotoausstellung „.nl.de.tr/turkishconnections“ des
niederländischen Fotografen Otto Snoek erfolgreich kulturell bespielt: 25.000 Besucher besuchten
im Juli 2010 die Brachfläche. Eine Randnotiz: Der Elisenhof ist ein starkes Stück
Ruhrgebietstradition – und diente bereits zahlreichen Filmaufnahmen (z. B. „Das Wunder von Bern“,
„Schimanski-Tatort“) als Kulisse.
2. Public Private Partnerships
a) Medien-Bunker
Der Bunker am Johannismarkt (heute: Medien-Bunker), ein Schutzbunker aus dem II. Weltkrieg,
wurde 2002 mit rund 800.000 Euro aus dem EU-Fonds für regionale Entwicklung Urban II und
einem Eigenanteil der Investoren entkernt und saniert. Die EG DU unterstützte den Umbau. Investor
und Eigentümer des Bunkers ist die Rittmann & Lünsmann GbR, Essen/Moers. ecce unterstützt
den Medien-Bunker durch eine Schanklizenz und trägt damit zur sozialen Revitalisierung des
Johannismarkts bei.
3. Öffentlich
Zu den öffentlichen Investitionen in Duisburg-Marxloh gehören das RUHR.2010-Projekt
„Rosenpavillon“ und der Schwelgernpark. Beide erhöhen die Identifikation der Einwohner mit dem
Stadtteil und sind touristische Anziehungspunkte, die die Attraktivität des Quartiers erheblich
steigern.
a) Rosenpavillon
Der Rosenpavillon ist ein Bauwerk aus Bambus und Rosenblüten, das im Juli 2010 auf einem
Grundstück neben der Merkez-Moschee eröffnet wurde. Das RUHR.2010-Projekt (Themenfeld: Stadt
der Kulturen, TWINS) wurde aus Mitteln von Kulturhauptstadt und Stadt Duisburg finanziert. Schon
während der dreiwöchigen Bauzeit verwandelte sich der Elisenhof in einen bunten „Basar“ – mit
Comedy, Theater, Tanz, Märchenerzählern, Musik und Sport. Das Rahmenprogramm gestalteten
Künstler aus Duisburg, der russischen Partnerstadt Perm und der Co-Kulturhauptstadt Istanbul. Im
Zentrum standen religiöse Feste wie der muslimische Ramadan, das jüdische Laubhütten- und
Wallfahrtsfest, der christliche Erntedank und ein russisch-orthodoxer Gottesdienst. Die öffentliche
Investition „Rosenpavillon“ demonstrierte auch die konkrete Absicht der Stadt Duisburg, die
Attraktivität Marxlohs substanziell zu steigern.
b) Schwelgernpark
Der 1920 von Thyssen der Stadt geschenkte Schwelgernpark ist ein Naherholungsgebiet am
westlichen Rand von Duisburg-Marxloh. Neben Sport- und Grünflächen findet sich hier ein stark
frequentierter Mountainbike-Parcours. Von 2003 bis 2007 wurden über die EG DU
Entwicklungsgesellschaft Duisburg Fördermittel des Landes NRW in die Sportanlagen des Parks
investiert. Aufgrund massiver baulicher Mängel musste diese Investition stillgelegt werden, das
Gelände wird nun als Mountainbike-Parcours genutzt – eine Nutzung, die der kulturellen Identität
der Jugend des Stadtteils entspricht.
c) Jubiläumshain Duisburg
Der Jubiläumshain ist eine über 100 Jahre alte Parkanlage am östlichen Rand von Marxloh. Er
wurde zur Silberhochzeit Kaiser Wilhelms II. errichtet. Seine gepflegten Wege, Staudengärten,
Rosengärten, Wasserspiele, Rasenflächen und Baumbestände ziehen viele Besucher an. Der Hain
ist eine beliebte Kulisse für Hochzeitsfotos und bildet daher – wie durch seine Geschichte – eine
thematische Achse mit der stark frequentierten Brautmodenmeile. Derzeit planen Stadtverwaltung
und Akteure aus Marxloh ein touristisches Entwicklungskonzept. Dessen Blickfang: eine möblierte
„Barockkulisse“, die als Hintergrund für (Hochzeits-)Fotoaufnahmen dient. Die lokalen Fotografen
können mit dieser außergewöhnlichen Kulisse ihr Angebot um ein attraktives Motiv erweitern.
E. Akteure
1. Artist Contact Point
Der von der RUHR.2010 eingerichtete Artist Contact Point koordinierte alle Förderungen und
Schlüsselinvestitionen, bündelte die Kontakte zu den kreativen und künstlerischen Szenen in einer
zentralen Schnittstelle und ergänzte die Arbeit der städtischen Kultur- und Wirtschaftsförderung. In
der Evaluierung und Verknüpfung der Objekte in Marxloh spielte der Artist Contact Point (Leitung:
Christian Finzel) bereits im Vorfeld des Jahres 2010 eine zentrale Rolle. Zur Vorbereitung der
Abstimmungsgespräche über gemeinsame Strategien wurden durch den Artist Contact Point
folgende Recherchearbeiten durchgeführt:
1. Auflistung von für die Gesamtstrategie interessanten und leer stehenden Wohn- und
Gewerbeimmobilien mit der EG DU
2. Vorstellung des Projekts Kreativ.Quartiere bei diversen Veranstaltungen im Stadtteil
(Fördervereine, Einzelhandelssitzungen etc.) u. a. mit dem IHZ
3. Integration der städtischen/lokalen Institutionen (Medien-Bunker, IHZ und Stadt) und deren
Pläne und Entwicklungskonzepte für Marxloh zur Abstimmung und Koordination. Zum 31.12.2010
musste der ACP aufgrund der durch das Land eingestellten Förderung seine Arbeit beenden.
2. EG DU (Entwicklungsgesellschaft Duisburg mbH)
Die Aufgabe der städtischen Entwicklungsgesellschaft Duisburg besteht in der Förderung der
Wirtschafts-, Sozial- und Wohnstrukturen in den von städtebaulichen, sozialpolitischen oder
interkulturellen Problemen besonders betroffenen Ortsteilen. Die jeweilige ortsteilspezifische Aufgabenstellung
leitet sich aus den einzelnen Handlungsprogrammen ab, deren Umsetzung und
Weiterentwicklung durch den Rat der Stadt der EG DU übertragen werden.
3. IHZ – Internationales Handelszentrum
Ein Kernstück des neuen Marxloh ist das Projekt „Internationales Handelszentrum“ (IHZ), das zum
Kompetenzzentrum für kleine und mittlere, ethnisch (türkisch) orientierte Unternehmen der Region
aufgebaut werden soll. Die Grundidee dieses Projekts: die Vielzahl an Unternehmen mit
Migrationshintergrund, die über Geschäfts- und Kundenbeziehungen zu ethnischen Zielgruppen im
In- und Ausland verfügen, für die Entwicklung der Stadt Duisburg zu bündeln und zu nutzen. Die
Etablierung eines IHZ ist eine konsequente Fortsetzung der Arbeit des Vereins türkischer
Geschäftsleute in Duisburg und Umgebung e.V. (TIAD e.V.) und entsprechender Akteure aus dem
Stadtteil. Insbesondere besitzt der TIAD e.V. zahlreiche Kontakte und Erfahrungen zur Förderung
türkischer Unternehmen in Duisburg, u. a. aus der Durchführung von diversen geförderten
Projekten. Die gebündelten Kompetenzen stehen zudem allen Unternehmen sowohl in Marxloh als
auch – branchenbezogen – in der westlichen Metropole RUHR zur Verfügung. Dadurch wird die
Attraktivität des Standorts Marxloh gesteigert und die Bindung von Handelsbetrieben an den
Stadtteil gestärkt.
4. „Made in Marxloh“
Die Initiative „Made in Marxloh“ (Betreiber: Halil Özet, Filmproduzent) ist ein Impuls junger
Künstler und Geschäftsleute aus dem Umfeld des Medien-Bunkers. Ihr Ziel: Kommunikation und
Etablierung der Marke „Marxloh“ nach außen und innen. Dadurch soll ein positiver
Gemeinschaftsgeist, eine stärkere Identifikation und eine bundesweite Kommunikation der Stärken
Marxlohs entstehen. Die Initiative setzt Werbemittel wie Postkarten mit Stadtteil-Motiven und TShirts
aus Bio-Baumwolle mit „Made in Marxloh“-Logo ein und organisiert öffentliche Aktionen. Die
von Halil Özet betriebene P.Y.P. Film & Fernsehproduktion GmbH produziert überdies Beiträge für
die WDR-Serie „Made in Marxloh“. Özet erlangte durch diese Aktivitäten bundesweite Bekanntheit
und wurde 2010 von der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundeswirtschaftsministeriums
zu einem von 32 „Kreativpiloten Deutschland“ gewählt. Durch das Best Practice-Beispiel „Made in
Marxloh“, das auch nach der Kulturhauptstadt 2010 weiter läuft, leisten Özet und seine Mitstreiter
den größten und aufmerksamkeitsstärksten Beitrag zur Dynamik des Konzepts Kreativ.Quartier
Marxloh. www.madeinmarxloh.com
5. Medien-Bunker
Der Medien-Bunker ist nicht nur ein relevantes Public Private Partnership, sondern auch ein
wichtiger Akteur in Duisburg-Marxloh, da seine Mieter – verschiedene Kreativwirtschaftsunternehmen
– sich auch explizit als Mitgestalter der Zukunft des Stadtteils
verstehen (siehe I.A.1.)
6. Merkez-Moschee / Begegnungsstätte e.V.
Die Merkez-Moschee der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) in Duisburg-
Marxloh ist die größte deutsche Moschee. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Moschee, da sie
bei ihrer Eröffnung 2008 kaum Widerstand von Anwohnern und Parteien hervorrief. Unter dem
Motto „Dialog unter der Kuppel“ und mit dem weltweit einzigartigen Konzept der „Bildungs- und
Begegnungsstätte in der Moschee“ lebt die Moschee vor, wie sich die religiösen und kulturellen
Parallelgesellschaften der Vergangenheit einander annähern können; sie besitzt dadurch
Modellcharakter und dient nicht nur als Anziehungspunkt für Gläubige der Gemeinde: Allein im
ersten Jahr nach ihrer Eröffnung fanden sich über 100.000 Touristen zu Führungen ein. Durch die
Eigenschaften als positiver Imagefaktor und Publikumsmagnet kann die hälftig von der EU und
hälftig aus privaten Spenden finanzierte Moschee auch als ökonomische Investition in den Stadtteil
betrachtet werden, vor allem wenn das wirtschaftliche Potenzial der Besucherströme vor Ort
genutzt wird.
7. Migranten-Unternehmen e.V. (MUT)
Der Migranten-Unternehmen e.V. ist ein Zusammenschluss von selbstständigen Unternehmern/-
Innen aus verschiedenen Kulturen, Nationen und Branchen (Vorsitzender: Herr Naci Yildirim,
Rechtsanwalt). Neben der Förderung wirtschaftlicher Kontakte sieht der in Duisburg-Marxloh
ansässige Verein seine Aufgabe auch im sozialen Engagement. Die Ziele: Stärkung vor allem kleiner
und mittelständischer Betriebe der Region, Organisation gemeinsamer Projekte und Kontaktpflege
zu Akteuren aus Politik, Wirtschaft und den Netzwerken der Migrantenökonomie auf Bundes- und
Regionalebene. Dabei ist MUT in ein vielschichtiges Netzwerk eingebunden und nutzt enge Kontakte
zu Wirtschaftsförderungen, IHKs, Werberingen, Bildungszentren und Verbänden in Duisburg und
am Niederrhein. Ein Beispielprojekt von MUT ist „PAM – Passgenaue Ausbildung und Integration
junger Migrantinnen und Migranten im Duisburger Handwerk“.www.migranten-unternehmen.de
8. Stadt Duisburg
In der Stadtverwaltung Duisburg arbeiten Oberbürgermeister, die Dezernate Bauen und Kultur und
Innenstadtentwicklung an den Planungen zum Kreativ.Quartier Marxloh.
9. Wirtschaftsförderung Duisburg GmbH
Die Wirtschaftsförderung GmbH, ein 50:50-Public-Private-Partnership aus Stadt und Unternehmen
der freien Wirtschaft, arbeitet ebenfalls an der Entwicklung des Stadtteils, u. a. durch ein
Leerstandskataster.
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Marxloh wird vom sozialen Brennpunkt allmählich zum nationalen Leuchtturm für gelungene
Integration. Die Potenziale von Innenstadt und Ruhrort sind ähnlich groß – sie müssen allerdings
erst noch geweckt werden. ecce fördert die Stadtteile durch die Etablierung und Ausweitung der
Unterstützung in den Branchen Mode und Medien in enger Abstimmung mit institutionellen und
privaten Akteuren. Für Marxloh soll eine langfristige Zielsetzung auch die Rückholung von
Bildungseinrichtungen beinhalten. Hier ist z. B. das Konzept des „Ideastores“ als Kombination aus
Bücherei, Lehrangebot, Internetcafé und Informationspunkt richtungsweisend und von den
Einwohnern ausdrücklich gewünscht. Das langfristige Ziel ist die Etablierung einer „Kreativachse“
zwischen den drei Quartieren Marxloh, Innenstadt und Ruhrort.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Marxlohs besondere Entwicklungspotenziale liegen in den zentralen Kreativwirtschafts-Clustern
„Mode“ und „Film & Medien“. Das integrative Handlungskonzept soll zu einer Verstärkung des
Erfolgsfaktors „Braut- und Abendmodencluster“ führen und das Ineinandergreifen mit dem Kraftfeld
Medien-Bunker mitsamt Umfeld fördern. Eine zusätzliche Einbindung der Bereiche Tourismus und
Naherholung steigert und vermarktet die Attraktivität Marxlohs nach außen – und initiiert eine
modellhafte Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren. Aus der Integration der
drei Bereiche ist ein neues schöpferisches Moment entstanden.
Die Arbeit begann mit der Identifikation von handelnden Akteuren und städtebaulichen Potenzialen.
In einem nächsten Schritt betrieb ecce über das Instrument der Roundtables eine moderierte
Integration der lokalen Gestalter. Für ecce galten als Zielvorgaben neue kulturelle Impulse und die
Profilierung der kulturellen Identität der Stadt. Deshalb wurden temporäre kulturelle Impulse, wie
die Fotoausstellung „.nl.de.tr/turkishconnections“ und das internationale Austauschprojekt „Einen
Monat Marxloh“ realisiert. Die nächsten konkreten Schritte zur Umsetzung der Quartiersstrategie
finden sich in bestimmten Schlüsselinvestments, wie z. B. „Tausche Bildung für Wohnen“.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn
des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte
Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Als erste Folge mussten die Artist Contact Points ihre
Arbeit zum 31.12.2010 einstellen. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das Kreativ.Quartier
Duisburg-Marxloh eine modifizierte Strategie und neue Förderkriterien, die später in weiteren
Kreativ.Quartier-Roundtables mit den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine
Entscheidung über eine Wiederaufnahme der Förderung durch die Landesregierung NRW wird
frühestens im Herbst 2011, spätestens im Januar 2012, erwartet.
Ein Beweis für Potenzial und Relevanz des Gesamtkonzeptes ist, dass ungeachtet der Förderpause
des Landes und des Endes der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 die Initiativen (z. B.
„Made in Marxloh“ und „Tausche Bildung für Wohnen“) weiterlaufen.
A. Entwicklungsworkshop
Die Strategie für das Kreativ.Quartier Marxloh schöpft aus dem vorhandenen Potenzial, bündelt das
Engagement lokaler Akteure und fördert ein Zusammenspiel von (Kreativ-)Wirtschaft und
Tourismus. Hierbei übernahm zunächst der Roundtable von ecce und Wirtschaftsförderung als
zentrales Werkzeug die Funktion des Impulsgebers und Moderators. Zusätzlich organisierte die
Wirtschaftsförderung ein Kreativberater-Netzwerktreffen und war initiativ für die Betreuung
Marxlohs durch Christoph Schreckenberg (Ansprechpartner NRW des Kompetenzzentrums Kulturund
Kreativwirtschaft des Bundes) sowie die Veranstaltung „Sprechtage“ zuständig. Der Roundtable
hat noch nicht über Standort und Thema eines Entwicklungsworkshops beschlossen; dies wird im
Verlauf der Quartiersentwicklung erfolgen und zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat ecce in Duisburg-Marxloh verschiedene
„Kraftfelder“ lokalisiert. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Entwicklungsstrategie dar. Mit
„Kraftfeld“ bezeichnet ecce Orte, die die Dynamik des Kreativ.Quartiers entscheidend gestalten. Als
bereits bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher Anziehungskraft werden sie im
Rahmen des Kreativ.Quartiers zwar nicht durch besondere Maßnahmen entwickelt, jedoch als
Rahmenbedingungen berücksichtigt.
1. Medien-Bunker und P.Y.P. Filmproduktion
Der zentrale Mieter und Gestalter des Medien-Bunkers ist die P.Y.P. Filmproduktion, vertreten durch
Halil Özet, der 2010 vom Bundesministerium für Wirtschaft als „Kreativpilot Deutschland“
ausgezeichnet worden ist. Im Umfeld der Firma, die sich als Zentrum eines Kollektivs aus Kreativen
und Anwohnern versteht, ist auch die Bürgerinitiative „Made in Marxloh“ entstanden. Auch das
Zukunftsprojekt „Modern Art Museum Marxloh“, das im Zusammenhang mit der Eröffnung der
„Marxloher Schule“ steht und durch die Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt wird, ist
ein Projekt des Medien-Bunkers. Durch seine Arbeit genießt das Kollektiv des Medien-Bunkers eine
sehr hohe Bekanntheit und Glaubwürdigkeit bei städtischen und privaten Akteuren sowie eine starke
Präsenz in regionalen und nationalen Medien (siehe I.A.1).
2. Merkez-Moschee
siehe I.E.6
3. Brautmodenmeile
siehe I.A.5
C. Temporäre kulturelle Impulse
Das extensive Programm zur Wiederbelebung des Stadtteils in Verbindung mit den touristischen
Konzepten wird schließlich durch Einbeziehung kultureller Komponenten zu einer tragfähigen
Einheit. Der Terminus „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch
substanzielle kulturelle Aktivitäten die Entwicklung der Leerstände voranbringen und oft zu
langfristigen Nutzungen führen. Erneut stehen hier vorhandene Initiativen lokaler Akteure als
fruchtbare Grundlage zur Verfügung, ergänzt durch internationale Kontakte. Marxloh besitzt durch
seinen hohen Migrantenanteil auch eine hohe internationale Vernetzung und kann daher als
Landeplattform für internationale temporäre Impulse funktionieren – auch nach 2010, wie die
folgenden Beispiele zeigen:
1. .nl.de.tr/turkishconnections
In seiner Fotoausstellung „.nl.de.tr/turkishconnections“ im Elisenhof gewährte der Fotograf Otto
Snoek im Juli 2010 Einblicke in das Leben von Migranten der zweiten Generation: Menschen aus
den Niederlanden, Deutschland und der Türkei, die mehr als nur eine Heimat besitzen. In Otto
Snoeks Porträts von Geschäftsleuten, Studenten und Künstlern steht der grenzüberschreitende
Aspekt im Vordergrund. Allen Portraitierten gemeinsam ist ihr türkischer Hintergrund. ecce
fungierte als Kooperationspartner und Ermöglicher dieser Ausstellung, weitere Unterstützer waren
der Medien-Bunker, EG DU und Immeo Wohnen. Das Projekt, das ca. 25.000 Besucher anzog,
stellte die erste konkrete künstlerische Bespielung der Brachfläche Elisenhof dar. Die ersten
Baumaßnahmen für eine neue Wohneinheit verzögern sich derzeit aufgrund politischer
Meinungsverschiedenheiten.
2. Einen Monat Marxloh
Im Projekt „Einen Monat Marxloh“ wurden mit substantieller Unterstützung von ecce zwischen Mai
und Oktober 2010 sechs einmonatige Residenzen für Künstler aus Rotterdam in Marxloh realisiert.
Koordiniert wurde das Projekt von der in Bochum geborenen Künstlerin Kim Zieschang – Mitglied
der initiierenden Künstlervereinigung „Het Wilde Weten“ – gemeinsam mit dem Bildhauer Arnoud
Schuurman. Die Idee für „Einen Monat Marxloh“ entstand bei dem Besuch verschiedener
potenzieller Kreativ.Quartiere: Zieschang und Schuurman erlebten Marxloh trotz des großen
Leerstandes als einen vitalen Ort. Besonders das Spannungsverhältnis des Nebeneinanders von
Wohnen, Schwerindustrie und Einzelhandel (z.B. türkische Brautmodenmeile) inspirierte die
Künstler, Kollegen aus Rotterdam einzuladen. Das künstlerische Ziel: Sichtbarmachung von
verschiedenen Sichtweisen und Wahrnehmungen von Marxloh und der Metropole RUHR, daneben
auch das Kennenlernen eines neuen Marktes im Ruhrgebiet. Das Projekt schloss im November mit
einer gemeinsamen Präsentation aller Teilnehmer in Marxloh ab, danach wanderte die Ausstellung
weiter nach Rotterdam. Zieschang und Schuurman möchten auch in der Folge künstlerischen Zuzug
nach Duisburg generieren – und „Einen Monat Marxloh“ als Impuls für vergleichbare Projekte
nutzen. Ein schon kurzfristig messbarer Effekt von „Einen Monat Marxloh“ war die erhöhte mediale
Aufmerksamkeit. Die Anerkennung auch auf internationaler politischer Ebene spiegelte sich im
Besuch von Ahmed Aboutaleb, Oberbürgermeister der Stadt Rotterdam, im September 2010 wider.
Daneben generierte „Einen Monat Marxloh“ auch lokale ökonomische Effekte: In Anschluss an das
Projekt konnte der Eigentümer das Ausstellungshaus Weseler Str. 113 an einen Münchener Investor
verkaufen. Die Finanzierung von „Einen Monat Marxloh“ übernahmen ecce und eine Stiftung des
niederländischen Kulturministeriums.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Ausgangsimpuls für den Prozess eines langfristigen Wandels.
1. Tausche Bildung für Wohnen
In Marxloh befindet sich derzeit rund um den Medien-Bunker die Initiative „Tausche Bildung für
Wohnen“ im Planungsstatus. Das Konzept: Für Studierende wird rund um den Johannismarkt
günstiger Wohnraum geschaffen; im Gegenzug verpflichten sie sich, Kindern in der Nachbarschaft
kostenlos Nachhilfe zu geben und sie in ihrer Freizeit zu betreuen. Unter Investitionen in Bildung
werden meist monetäre Leistungen verstanden. ecce betrachtet Wissen als Ware, die sich tauschen
lässt. Die Duisburger Studierenden investieren Arbeit direkt in Wohnraum – ein beinahe archaisches
Lohnprinzip, das sich dennoch als höchst funktional und zielführend erweist. Für einen
strukturschwachen und sozial benachteiligten Stadtteil mit durchschnittlich niedrigem
Bildungsniveau wie Marxloh ist ein Wissenstransfer zur Revitalisierung des Stadtteils im Gegenzug
ein ähnlich großer Gewinn. Strukturell wurde ein „Tausche Bildung für Wohnen e.V.“ unter Vorsitz
des Projektentwicklers Mustafa Tazeoglu (Urban Rhizome) gegründet. ecce unterstützt das Projekt
ideell mit einem Letter of Intention. Der Verein verhandelt derzeit mit mehreren großen
Immobilieneigentümern über die Überlassung von Wohnflächen und eines Streetworker-Büros.
Umsetzung:
• Die Studierenden und Auszubildenden erhalten von Universität bzw. IHK Zertifikate für die
Mitarbeit am Projekt.
• Die Uni Duisburg-Essen wertet das Projekt mit Studierenden wissenschaftlich aus.
• 17 Einrichtungen in Duisburg stellen Freikarten für die Teilnehmer zu Verfügung (Freibäder,
Theater, MSV Duisburg, u.a.).
• Zuteilung der Unterrichtseinheiten erfolgt für die Schüler kostenlos über die ARGE.
Effekte:
• Durch die gezielte Ansiedelung der Studierenden wird ein Beitrag zur „sozialen Durchmischung“
und Revitalisierung geleistet. Die obligatorische Jugendarbeit gewährleistet eine zügige Einbindung
in das soziale Umfeld.
• Die über den Tauschhandel organisierte Nachbarschaftshilfe hat dabei einen stabilisierenden und
gemeinschaftsbildenden Effekt.
• Die gemeinsame Grundversorgung der Wohngemeinschaften unterstützt den Gemeinsinn
zusätzlich in privaten Bereichen.
• Die Jugendarbeit umfasst konkrete Bildungsangebote wie Sprachförderung und kulturelle
Angebote wie Musik- und Theatergruppen.
• Das Projekt bildet ein Instrument der Stadtentwicklung, mit dem soziale Zusammenhänge konkret
beeinflusst werden. Es ermöglicht, Strukturverbesserungen kostenneutral und ohne
Baumaßnahmen wirkungsvoll anzuregen. Es ist generell übertragbar auf andere Städte mit höheren
Bildungseinrichtungen in NRW, Deutschland und Europa.
2. Migrationsmuseum Marxloh
Eine weitere Förderung von Tourismus und kultureller Identifikation der Einwohner mit ihrem
Stadtteil würde ein Migrationsmuseum Marxloh leisten. Als Gebäude würden sich z. B.
Leerstandsobjekte wie eine Kirche, das Ernst-Lohmeyer-Haus (Dahlstraße 23) oder das Kolpinghaus
(Diesterwegstraße 1) eignen. Je nach Struktur des Gebäudes würde sich neben einer Museumsetage
eine Hotel- und Hostelnutzung anbieten. Das Projekt befindet sich derzeit in einem frühen
Planungsstadium.
RUHRORT
DUISBURG
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Lokal Harmonie
2. Agenturen, Galerien, Verlag und weitere Kreative
3. Haniel-Museum
4. Café Kaldi / Kult-Kiosk
5. Kunst in Zwischenzeit
6. Radiomuseum
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Binnenschifffahrtsmuseum
C. Brachflächen / Leerstände
D. Investitionen
1. Privat
a) Umbau und Revitalisierung Haniel-Gründerhaus
2. Public Private Partnerships
a) Mercatorinsel
3. Öffentlich
E. Akteure
1. Bürgerverein Ruhrort
2. Haniel
3. Kreativkreis Ruhrort
4. Lokal Harmonie
5. Stadt Duisburg
6. Wirtschaftsförderung Duisburg GmbH
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Lokal Harmonie
2. Kreativkreis Ruhrort
C. Temporäre kulturelle Impulse
1. Duisburger Akzente 2010 – „Hafen der Kulturhauptstadt“
2. ISEA
3. Creative Stage Ruhr
4. MAI-Musik und HOFkultur
5. Kunst in Zwischenzeit
D. Schlüsselinvestitionen
1. Umbau des Neumarkts
2. Artist Contact Point
3. Kulturelle Veranstaltungsstruktur Ruhrort
I. AUSGANGSLAGE
Die Stadt Duisburg ist durch höchst divergente Stadtteile mit unterschiedlichen Ausgangssituationen
und Potenzialen für die Ansiedlung von Kreativwirtschaft gekennzeichnet: Dies
sind der (post)industrielle Innenhafen, in dem moderne Wirtschaftsbranchen, Gastronomien,
Kultureinrichtungen und Freizeitangebote erfolgreich angesiedelt werden konnten; Marxloh, das
vom sozialen Brennpunkt allmählich zum nationalen Leuchtturm für gelungene Integration wird, die
Innenstadt sowie Ruhrort, das einerseits von hohen Leerständen, andererseits von einer hohen
Aktivität ansässiger Künstler und Unternehmer geprägt ist. Einer Erhebung der
Wirtschaftsförderung metropoleruhr aus 2009 zufolge finden sich in Duisburg 667 Unternehmen
der Kultur- und Kreativwirtschaft mit einem Gesamtumsatz von 178 Millionen Euro und einem
Umsatzzuwachs von knapp 17 Prozent in den Jahren 2001 bis 2007. Im August 2009 stellte ecce
dem Oberbürgermeister, den Dezernaten Bauen und Kultur, Wirtschaftsförderung (GFW) und
Innenstadtentwicklung der Stadt Duisburg das Projekt Kreativ.Quartiere vor. Das Ergebnis der
Sitzung: eine Kooperationszusage der Stadt Duisburg. Die GFW wurde aufgrund ihrer im Vorfeld
geleisteten Erhebungen zur lokalen Kreativwirtschaft als Koordinator der Fortentwicklung des
Projekts bestimmt. Als erste konkrete Maßnahmen wurden in Abstimmung mit der Stadt Duisburg
potenzielle Quartiere und Immobilien evaluiert. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf folgende
Parameter gelegt:
• Hoher Gebäudeleerstand
• Aussicht auf selbsttragende Effekte wie Zuzug und Verbleib
• Potenzielle Investments von lokal verankerten Immobilieneigentümern
• Engagierte Akteure vor Ort
• Hohe Dichte von kreativwirtschaftsrelevanten Unternehmen und Ereignissen
• Vorhandene Symbolcharaktere (geschichtlich, kulturell, politisch)
• Alleinstellungsmerkmale des Ortes
Nach der Auswahl der Stadtteile Marxloh, Ruhrort und Innenstadt wurden die lokalen Akteure der
Quartiere identifiziert und von ecce zu einem ersten Roundtable eingeladen. Dabei wurde auf die
Heterogenität der Teilnehmer besonderer Wert gelegt; so lud ecce neben den oben genannten
städtischen Gründungsorganen sowohl private als auch städtische Immobilienbesitzer,
freischaffende sowie subventionierte Künstler und Unternehmer aus diversen (Kreativ-
)Wirtschaftszweigen ein.
Das Ziel des ersten Roundtables war die Vorstellung des Projekts Kreativ.Quartiere und die
Bekanntmachung der Kooperation zwischen Stadt und ecce. Gemeinsam wurde der
Handlungsbedarf in den jeweiligen Quartieren eruiert und eine Priorisierung der ausgewählten
Quartiere beschlossen. Außerdem ist für die Koordination zwischen Kreativwirtschaft und
Förderung ein Artist Contact Point geplant.
Duisburg-Ruhrort besitzt unter den Stadtteilen der Metropole RUHR einen besonderen
geografischen und sozio-historischen Status: Die Halbinsel im Duisburger Norden liegt als „Herz
des Duisburger Hafens“ am Zusammenfluss von Ruhr und Rhein und dient seit dem 13.
Jahrhundert als Industriegebiet und Wohnquartier für Hafen- und später auch Stahlarbeiter. Die
demografische Struktur Ruhrorts litt unter dem Zusammenbruch der Schwerindustrie ungleich
stärker als in anderen Stadtvierteln des Ruhrgebiets. Heute findet sich im 7.000 Einwohner
zählenden Ruhrort keine Industrie mehr. Es dominiert ein alteingesessenes bürgerliches Milieu, das
sich um das gewachsene Stadtzentrum angesiedelt hat. Als Schauplatz der „Schimanski-Krimis“
erlangte Ruhrort mit seiner charakteristischen Wohn- und Industriebebauung in den 1980er-Jahren
große nationale Bekanntheit. Der große Altbaubestand weist heute viele Leerflächen auf.
Ruhrort als Spielort des „Hafens der Kulturhauptstadt“ der RUHR.2010 im Rahmen des
renommierten Theaterfestivals „Duisburger Akzente“ erfährt seit 2009 allerdings eine neue
kulturelle Dynamik. Der zentrale private Akteur in Ruhrort ist der Mischkonzern Haniel. Neben der
Vermittlung von Leerständen engagiert sich das Unternehmen auch in Projekten zur Sanierung des
Stadtteils. Die problematische Struktur mit seinen niedrigen Mieten erhöht gleichzeitig Ruhrorts
Attraktivität für die Kreativwirtschaft. Die Stadtteilentwicklung im weiteren Rahmen wird nun vor
allem durch den vom städtischen Planungsamt auferlegten Masterplan Ruhrort geprägt. Laut diesem
soll z. B. die Mercatorinsel mit einer Kulturarena bebaut und gleichzeitig als Bürostandort für
Kreativwirtschaft entwickelt werden. Im Laufe der vergangenen Jahre konnten sich bereits ein
Cluster von umsatzstarken Agenturen für Werbung, PR und Design sowie weitere
Kreativwirtschaftler aus den Bereichen Film, Mode, Journalismus und Kunst ansiedeln.
Ein Fazit: Ruhrort besitzt gute Voraussetzungen für ein Quartier, das durch Kreative und Szene und
Kulturtourismus geprägt ist. Als Wohnstandort für Kreative erfuhr Ruhrort in den vergangenen
Jahren einen Zuzugstrend. Das Potenzial des wassernahen Wohnens kann jedoch noch deutlich
stärker entwickelt werden.
Vor diesem Hintergrund geht ecce davon aus, dass der begonnene Verstetigungsprozess in
Duisburg-Ruhrort durch eine Aufnahme in das Projekt Kreativ.Quartiere verstärkt wird und sich im
besten Fall wirtschaftlich wie kulturell eigenständig tragen kann. Hierbei übernimmt ein Roundtable
(bislang fünf Sitzungen) als zentrales Werkzeug die Funktion des Impulsgebers und Moderators.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie
dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Lokal Harmonie
Die Theatergruppe TAD (Theater Arbeit Duisburg) nutzte von 2008 bis 2011 das Ladenlokal
Harmoniestr. 41, eine ehemalige Eisenwarenhandlung, auf Basis einer temporären
Nutzungsänderung. Für das Duisburger Theaterfestival Akzente spielte das Lokal zwischen 2008
und 2010 eine wichtige Rolle. Während der Kulturhauptstadt RUHR.2010 diente das Lokal
Harmonie auch als zentrales Element im Duisburger „Hafen der Kulturhauptstadt“. Derzeit ist das
Lokal bauamtlich vom Ordnungsamt geschlossen, obwohl sich nach 2010 an der baulichen
Situation nichts verändert hat. Die Nutzer um TAD verfügen allerdings über keinerlei Etat und
weichen seit April 2011 auf benachbarte Spielstätten aus. Die Wirtschaftsförderung arbeitet derzeit
an einer Lösung dieser Situation. Im Lokal Harmonie tagte auch der Roundtable von ecce,
Wirtschaftsförderung und Akteuren des Kreativ.Quartiers Ruhrort. ecce fördert das Lokal Harmonie
mit Finanzmitteln. www.lokal-harmonie.de
2. Agenturen, Galerien, Verlag und weitere Kreative
In Ruhrort finden sich u.a. die Werbe-, PR- und Designagenturen 2pm GmbH, 3teEtage, Eyecatcher
Comm., Komet Agentur, sign:up design, TNP GmbH, Team Stiefelhagen, designeiig, Wjh-
Kommunikation und Werbeagentur Tazl Thielen. Ebenfalls sind die Galerien RuhrArt und KunstVoll
sowie die Ateliers Thümler und Waldhoff ansässig. Dazu die Filmproduktion stereoscreen,
Architekten, Kunsthandwerker und eine Modedesignerin. Ab August 2011 wird der Verlag NVM
(Niederrhein Verlag und Medienservice) als Herausgeber des „stadt-panorama“, der größten
Wochenzeitung am Niederrhein, Räumlichkeiten im „Medien-Eck-Ruhrort“ beziehen.
3. Haniel-Museum
Das Haniel-Museum im Gründerhaus des Unternehmens (auch das älteste Haus Ruhrorts)
dokumentiert die über 250-jährige Geschichte der Ruhrorter Unternehmensgruppe Haniel und
verwandte Aspekte der Stadtteilgeschichte. www.haniel.de
4. Café Kaldi / Kult-Kiosk
Das Szene-Café in der ehemaligen Kneipe „Zum Anker“, bekannt als früherer Drehort zahlreicher
„Schimanski“-Folgen in der König-Friedrich-Wilhelm-Straße 18, ist heute ein gastronomischer Mittelund
Treffpunkt Ruhrorts. Die Inhaberinnen Britta Gies und Silke Laskowski veranstalten Lesungen
und Konzerte; außerdem tagt hier der Kreativkreis Ruhrort. Zum Café gehört auch der Kult-Kiosk
(„KuKi“) am Neumarkt. Der 87 Jahre alte Marktpavillon wurde im März 2011 mit Unterstützung der
Wirtschaftsförderung wiedereröffnet. www.cafe-kaldi.de
5. Kunst in Zwischenzeit
Als gemeinsames Projekt von Duisburger Künstlern und Geschäftsleuten werden im Projekt „Kunst
in Zwischenzeit“ seit 2007 Ausstellungen in Schaufenstern leer stehender Ladenlokale organisiert.
Das Ziel: Kunst im öffentlichen Raum zu präsentieren und gleichzeitig auf das Potenzial ungenutzter
Flächen aufmerksam zu machen. Im Sommer 2011 werden in Ruhrort in drei Veranstaltungen
Leerstände bespielt und belebt. Die Aktion ist nicht-kommerziell, die Besitzer der Leerstandsflächen
spenden den Raum für die Zeit des Projekts. Auch Künstler und Organisatoren arbeiten
ehrenamtlich. www.kunstinzwischenzeit.de
6. Radiomuseum
Ein privater Förderverein mit 60 Mitgliedern betreibt seit 1994 ehrenamtlich auf einer
Ausstellungsfläche von 250 qm das Radiomuseum. www.radiomuseum-duisburg.de
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Binnenschifffahrtsmuseum
Das Binnenschifffahrtsmuseum in Europas größtem Binnenhafen ist das größte deutsche Museum
zu diesem Thema.
C. Brachflächen / Leerstände
Die Wohn- und Geschäftseinheiten in Ruhrort, einem Stadtteil im Umbruch, weisen eine hohe
Leerstandsquote auf. Unter den Objekten finden sich insbesondere viele leer stehende Ladelokale in
der Amtsgerichts- und Bergiusstraße. Eine Auswahl der Leerstandsobjekte mit Potenzial für eine
kreativwirtschaftliche Nutzung:
– leer stehendes Kaufhaus am Neumarkt (Privatbesitz)
– ehemalige Taxizentrale an der Luisenstraße
– die ehemalige „Bergiusstube“
– Evangel. Gemeindehaus (erbaut 1903)
– ehemalige Kesselschmiede / Packhaus (Werfthafen)
– ehem. Untersuchungsgefängnis Amtsgericht Ruhrort
– ehem. Luftschutzbunker im Amalie-Weidner-Steinhaus-Park
Dazu finden sich Leerstände in zahlreichen Büroimmobilien (insgesamt ca. 4.800 qm),
Gastronomien und Gewerbeflächen. Eigentümer vieler dieser Immobilien ist Haniel.
D. Investitionen
1. Privat
a) Umbau und Revitalisierung Haniel-Gründerhaus
Haniel plant eine Investition in Umbau und Revitalisierung des Haniel-Gründerhauses, Doktor-
Hammacher-Straße 6. Im Mai 2011 bespielte die Veranstaltung Creative Stage Ruhr der
Wirtschaftsförderung das Haus und unterstrich dessen Bedeutung als zentrale
Veranstaltungslocation im Quartier. Für die weitere Profilbildung Ruhrorts wird diese attraktive
Location eine zentrale Rolle spielen können.
Im Jahr 2010 fanden mehrere Dialoge und Gespräche von Ruhrorter Akteuren, ecce und der
Wirtschaftsförderung Duisburg bei Haniel statt, um eine Strategie für Ruhrort über 2010 hinaus zu
erarbeiten. ecce präsentierte hier Ideen für einen Entwicklungsworkshop Ruhrort. Nach dem
Förderstopp zum 31.12.2010 konnten dieser nicht realisiert werden, allerdings hat sich Haniel bei
der Rettung des Lokal Harmonie engagiert.
2. Public Private Partnerships
a) Mercatorinsel
Auf der Mercatorinsel plant die Stadt derzeit mit Partnern eine öffentlich-private Investition. So ist
z.B. eine Kulturarena angedacht. Aufgrund der Haushaltssperre Duisburgs sind noch keine
konkreten Pläne vorhanden.
3. Öffentlich
Aufgrund der Haushaltssperre Duisburgs sind derzeit keine rein öffentlichen Investitionen in
Duisburg-Ruhrort geplant.
E. Akteure
1. Bürgerverein Ruhrort
Der 1910 gegründete Bürgerverein fördert die Wahrnehmung des Stadtteils durch privates
Engagement, zum Beispiel mit dem Onlineauftritt: www.ruhrort.de
2. Haniel
Die internationale Unternehmensgruppe Haniel sitzt seit 1756 in Ruhrort (Neugründung: 1917).
Haniel ist mit rund 53.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 24 Mrd. Euro in den Branchen
Pharma, Recycling, Rohstoffhandel, Versandhandel und Berufsbekleidung tätig. Das Unternehmen
war einer der Hauptsponsoren der RUHR.2010 und engagiert sich in der Stadtteilgestaltung
Ruhrorts, hier unterstützt Haniel z. B. den Umbau des Neumarkts mit der Kunstinstallation
„Energiefeld“ von Waltraud Cooper (Eigentümer: LehmbruckMuseum), den Bau eines Brunnens, das
Festival „Kunst in Zwischenzeit“ und das Lokal Harmonie. www.haniel.de
3. Kreativkreis Ruhrort
60 freie Akteure des kulturellen und intellektuellen Lebens in Ruhrort treffen sich regelmäßig
monatlich zu diesem Stammtisch im Café Kaldi. Der Kreativkreis ist tief in die Struktur des
Stadtteils eingebunden, unter den Teilnehmern finden sich Mitglieder von Bürgerverein KulturWerft,
Lokal Harmonie, der katholischen Kirchengemeinde St. Maximilian und Haniel. Organisiert wird der
KKR vom Kulturdezernat der Stadt. Mit Aktionen wie „Lebendiger Adventskalender“ im Winter 2010
wurden leer stehende Ladenlokale bespielt und initiierende kulturelle Impulse gesetzt. Als
Moderator des Kreativkreises fungiert Olaf Reifegerste, Koordinator der Duisburger Akzente.
www.facebook.com/kreativquartier
4. Lokal Harmonie
Siehe Punkt I.A.1.
5. Stadt Duisburg
In der Stadtverwaltung Duisburg arbeiten Oberbürgermeister, die Dezernate Bauen und Kultur und
Innenstadtentwicklung an den Planungen zum Kreativ.Quartier Marxloh. Das Kulturdezernat
unterstützt z. B. vor Ort Veranstaltungen wie HOFkultur (siehe III.C.4).
6. Wirtschaftsförderung Duisburg GmbH
Die Wirtschaftsförderung Duisburg GmbH, ein 50:50-Public-Private-Partnership aus Stadt und 35
Unternehmen der freien Wirtschaft, arbeitet an der Entwicklung des Kreativ.Quartiers. Konkret
unterstützt die Wirtschaftsförderung Projekte zur Stadtteilbelebung wie das Festival „Kunst in
Zwischenzeit“ und den „Kult-Kiosk“. Seit Juli 2011 sitzt die Gesellschaft im Business Center
Ruhrort, Doktor-Hammacher-Straße 49, und ist damit ein wichtiger Impulsgeber vor Ort.
www.gfw-duisburg.de
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Ruhrort als ehemaliger Arbeiter- und Hafenstadtteil mit mittlerer Kreativwirtschaftsdichte und
hohen Leerständen besitzt ein starkes Potenzial, um sich langfristig als Arbeits- und Wohnquartier
für Kreative zu etablieren. Das derzeitige Engagement von privaten (Haniel, Kreativkreis, Lokal
Harmonie u.a.) und öffentlichen Akteuren (Wirtschaftsförderung, Stadt u.a.) bildet – zusammen mit
den bereits greifenden temporären kulturellen Impulsen und der Umwandlung der
Leerstandsflächen – ein solides Fundament für eine solche Entwicklung.
Die Stadtteilentwicklung im weiteren Rahmen wird nun vor allem durch den vom städtischen
Planungsamt auferlegten Masterplan Ruhrort geprägt. Laut diesem soll z. B. die Mercatorinsel mit
einer Kulturarena bebaut und gleichzeitig als Bürostandort für Kreativwirtschaft entwickelt werden.
Hier lässt sich auf dem bereits vorhandenen Cluster von umsatzstarken Agenturen für Werbung, PR
und Design sowie aus Kreativwirtschaftlern aus den Bereichen Film, Mode, Journalismus und Kunst
aufbauen. Die Vision für Ruhrort ist, den Standort auch für Künstler attraktiv zu machen, z.B. durch
einen Fokus auf Medienkunst und deren europäische Strahlkraft – und so ein Flair und Lebensgefühl
zu schaffen, das auch für Firmen anziehend wirkt. Dazu soll das Lokal Harmonie zu einer
Veranstaltungsplattform und -agentur entwickelt werden, die für ganz Ruhrort künstlerische
Programme entwickelt und koordiniert.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Aufbauend auf dem von der Stadtplanung 2009 erstellten Masterplan Ruhrort erarbeitete ecce
gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung eine Strategie zur weiteren Entwicklung des Stadtteils. Der
Masterplan beinhaltet, von der Umgestaltung der Verkehrsflächen bis zur inhaltlichen
Stadtteilentwicklung, zahlreiche Maßnahmen auf verschiedenen Gebieten. Ein wichtiges Element
des Masterplans ist die Analyse der Unternehmensstruktur in Ruhrort. Für ecce galten als
Zielvorgaben neue kulturelle Impulse und die Kräftigung der kulturellen Identität der Stadt. Die
Arbeit begann mit der Identifikation von handelnden Akteuren und städtebaulichen Potenzialen. In
einem nächsten Schritt initiierte ecce über das Instrument der Roundtables eine moderierte
Integration der lokalen Gestalter. Die ersten konkreten Schritte zur Umsetzung der
Quartiersstrategie finden sich in bestimmten Schlüsselinvestitionen (siehe III.D.) sowie in der
Finanzierung eines Veranstaltungskonzepts für das Lokal Harmonie. Die Verbindung aus Masterplan
Ruhrort und Eigenaktivitäten der Künstler zu einem konkreten operativen Handlungsplan ist die
nächste Aufgabe in 2011. Ziel ist es, bis zum Jahr 2012 eine langfristige Veranstaltungsstruktur
aufzubauen, die dann temporäre Impulse aus den Duisburger Akzenten in nachhaltige Nutzungen in
Ruhrort umsetzen kann.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn
des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte
Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das
Kreativ.Quartier Duisburg-Ruhrort eine modifizierte Strategie, die später in weiteren
Kreativ.Quartier-Roundtables mit den örtlichen Akteuren fortentwickelt werden kann. Eine
Entscheidung über eine Wiederaufnahme der Förderung von Seiten der Landesregierung NRW wird
frühestens im Herbst 2011, spätestens im Januar 2012 erwartet.
A. Entwicklungsworkshop
Die Strategie für das Kreativ.Quartier Ruhrort schöpft aus dem vorhandenen Potenzial, bündelt das
Engagement lokaler Akteure und fördert deren Kooperation. Hierbei übernahm der Roundtable von
ecce und Wirtschaftsförderung als zentrales Werkzeug 2010 die Funktion des Impulsgebers und
Moderators. Weitere Entwicklungsworkshops ab 2011 unter Einbeziehung auch von Haniel sollen
den weiteren konkreteren Verlauf der Quartiersentwicklung prägen.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat ecce in Duisburg-Ruhrort verschiedene
„Kraftfelder“ lokalisiert. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Entwicklungsstrategie dar. Mit
„Kraftfeld“ bezeichnet ecce Orte, die die Dynamik des Kreativ.Quartiers entscheidend gestalten. Als
bereits bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher Anziehungskraft werden sie im
Rahmen der Kreativ.Quartiere zwar nicht durch besondere Maßnahmen entwickelt, jedoch als
Rahmenbedingungen berücksichtigt.
1. Lokal Harmonie
Siehe I.A.1.
2. Kreativkreis Ruhrort
Siehe I.E.3.
C. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Entwicklung der Leerstände voranbringen und oft zu langfristigen
Nutzungen führen. Besonders Ruhrort als dezentraler Stadtteil benötigt regelmäßige gezielte
Veranstaltungen, um ein neues Publikum zunächst temporär in den Stadtteil zu holen. So eine freie
Szene wachsen, die schließlich als Magnet auch potenzielle Akteure zum Zuzug animiert.
1. Duisburger Akzente 2010 – „Hafen der Kulturhauptstadt“
Seit 30 Jahren sind die Duisburger Akzente eines der wichtigsten Kulturfestivals im Ruhrgebiet. Die
Kooperation von öffentlichen und privaten Kultureinrichtungen findet jedes zweite Jahr statt,
zusätzlich entwickelt das Festivalbüro der Akzente eigene Produktionen. Seinen besonderen
Charakter erhalten die Akzente durch die außergewöhnlichen Spielorte in verlassenen
Industriestandorten. 2010 lag der innerstädtische Schwerpunkt unter dem Motto „Hafen der
Kulturhauptstadt“ auf Ruhrort. Mit Theater, Musik, Film, Literatur und Kunst wurden
außergewöhnliche Orte des Stadtteils zum „(Er)leben gebracht und in Erinnerung gerufen“. Die
nächsten Akzente eröffnen 2012 mit einer inhaltlichen Fokussierung auf den 500. Todestag von
Gerhard Mercator. Eine Auswertung der Akzente 2010 hat gezeigt, dass es Interesse und Bedarf an
temporären Nutzungen für Ausstellungen und Aufführungen in Ruhrort gibt – auch über die Akzente
hinaus. Die Akzente funktionieren in gewissem Sinne wie ein Aktivator und Standortvermarkter für
Ruhrort in die Künstlerschaft hinein, auch außerhalb Ruhrorts. Diese Anschlusspotentiale konnten
aufgrund fehlender Infrastruktur in Ruhrort jedoch nicht ausreichend genutzt werden. Dies soll im
Rahmen der Entwicklungsstrategie für 2012 verbessert werden. www.duisburger-akzente.de
2. ISEA
ISEA, das renommierte internationale Symposium für elektronische Kunst, fand im August 2010 im
Ruhrgebiet statt. Fünf der insgesamt 25 Spielorte befanden sich in Ruhrort: das ehemalige
evangelische Gemeindehaus, die St.-Maximilian-Kirche, das Lokal Harmonie, die Mühlenweide und
das Schiff Oscar Huber. Maßgebliche Träger der ISEA-Veranstaltungen in Ruhrort wie der Künstler
Wolfgang van Ackeren haben ihren Sitz im Stadtteil und planen daher, die europäischen Impulse der
Medienkunst auch nach 2010 für Ruhrort zu entwickeln. www.isea2010ruhr.org
3. Creative Stage Ruhr
Im leer stehenden Gemeindehaus (Eigentümer: Haniel) wurde im Mai 2011 von
Wirtschaftsförderung Duisburg, Kreis Wesel und dem Kompetenzzentrum Kultur- und
Kreativwirtschaft des Bundes die nach ihrem Debüt 2010 zweite „Creative Stage Ruhr“ veranstaltet.
20 Kreative aus der Region präsentierten hier vor 180 Gästen multimedial Ideen und Projekte aus
den Bereichen Design, Illustration, Film, TV, Architektur, Raumplanung, Fotografie, Literatur und
Musik. Das Event zog ein überregionales Publikum nach Ruhrort. Das Veranstaltungsformat
„Creative Stage Ruhr“ wurde von den Wirtschaftsförderungen verschiedener Ruhrgebietsstädte und
regionalen Agenturen entwickelt. www.creativestageruhr.de
4. MAXI-Musik und HOFkultur
Der Kreativkreis Ruhrort veranstaltete im April/Mai 2011 die Festivals MAXI-Musik und HOFkultur.
Höhepunkte des Programms waren Konzerte in der Maximiliankirche sowie Literatur, Theater, Tanz
und Musik in Innenhöfen von Ruhrort. Unter anderen traten Tom Liwa, Die Kassierer und Tim Isford
auf.
5. Kunst in Zwischenzeit
Siehe I.A.5.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Grundstein für den Prozess eines langfristigen Wandels. In Duisburg
wurde 1994 z. B. der Innenhafen revitalisiert und stellt nun ein lebendiges und prestigeträchtiges
Quartier zum Wohnen, Arbeiten und Ausgehen dar. In der Außen- und Innenwirkung bedeutet der
Innenhafen eine einzigartige Attraktion mit überregionaler Ausstrahlung. Für das Kreativ.Quartier
Duisburg-Ruhrort sind folgende Schlüsselinvestitionen bereits durchgeführt bzw. geplant.
1. Umbau des Neumarkts
Unter der Initiative von Haniel wird seit 2010 der Neumarkt teilsaniert. Der zweimal wöchentlich als
Marktplatz genutzte Mittelpunkt von Ruhrort soll nun auch eine Rolle im sozialen und kulturellen
Leben des Stadtteils spielen: Neben dem neu gebauten Haniel-Bürogebäude, der Wiedereröffnung
des Marktpavillons als Kult-Kiosk und dem Neuanstrich eines alten Bunkers steht vor allem der Bau
eines Brunnens in Fokus, in den die Lichtskulptur „Energiefeld“ von Waltraud Cooper integriert
werden soll. Derzeit steht die Skulptur, eine Dauerleihgabe des LehmbruckMuseum an Ruhrort,
noch neben einer Tankstelle am Stadtteilrand.
2. Artist Contact Point
Der von ecce geplante Artist Contact Point soll die Kontakte zu den kreativen und künstlerischen
Szenen in einer zentralen Schnittstelle bündeln. Darüber hinaus soll er einen Beitrag zur
Evaluierung und Verknüpfung der Objekte leisten. Das Programm der Artist Contact Points musste
aufgrund der von Seiten des Landes eingestellten Förderung seine Arbeit beenden. Es kann aber in
einer neuen Förderperiode wieder aufgenommen werden.
3. Kulturelle Veranstaltungsstruktur Ruhrort
Das Ziel, Ruhrort durch die Präsenz von Künstlern als attraktiven Stadtteil mit Flair zu entwickeln,
ist nicht allein durch Vermietungen oder temporäre Leerstandsvermittlung zu erreichen. Es bedarf
eines ganzjährig tätigen Veranstalters, dessen Programm Ruhrort durch künstlerische Qualität und
europäische Ausstrahlung für Künstler interessant werden lässt – zum Beispiel von Residenzen in
Kooperation mit der Stadt Rotterdam bis zu Sommerakademien für Medienkünstler in Kooperation
mit dem HMKV Dortmund. Dieses Programm könnte auch die im Zweijahres- Rhythmus
stattfindenden Akzente miteinander verbinden. Die Stadt Avignon (Frankreich) kann hier als Vorbild
dienen. Der Aufbau einer solchen künstlerischen Agentur ist eine „weiche“ Schlüsselinvestition –
und ein wichtiges Pendant zu den „harten“ Investitionen wie Sanierungen, Umzüge, Umbauten und
Veranstaltungen. ecce hat eine erste Machbarkeitsstudie dazu finanziert. Diese wurde vom Lokal
Harmonie im Februar 2011 vorgelegt und in einer öffentlichen Veranstaltung in Ruhrort vorgestellt.
III.4. ESSEN
NÖRDLICHE INNENSTADT (Nördliche Innenstadt)
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. GOP Varieté
2. Heck-Passage
3. Unperfekthaus (Inhaber: Reinhard Wiesemann)
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Galerie 52 des Folkwang Fachbereich Fotodesign
C. Brachflächen / Leerstände
1. Nördliche Innenstadt / Univiertel
2. DGB-Haus Schützenbahn
D. Investitionen
1. Privat
a) GenerationenKult-Haus
b) Smart-Up Mietbüro-Etage
c) Büro-, Hotel- und Gewerbekomplex Rottstraße
2. Öffentlich
a) KulturParcours
E. Akteure
1. GOP Varieté
2. Immobilien- und Standortgemeinschaft Nördliche Innenstadt Essen e.V. (ISG)
3. Stadt Essen, EMG und EWG
4. Studentenwerk Essen-Duisburg
5. Reinhard Wiesemann
6. Klaus Wolff (W+P Gesellschaft für Projektabwicklung mbH, Stuttgart)
7. Freiraum 2010
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Fußgänger- und Einkaufszone
Kettwiger Straße / Limbecker Platz
2. Cluster Abend- und Nachtunterhaltung
3. Universität Duisburg-Essen
4. Gewachsene Migrationsstruktur und Gastronomie
C. Temporäre kulturelle Impulse
1. Deutsche Geschmackstage in Essen
2. unprojekte-Festival
3. Essen Originell
4. weitere Konzepte (nicht realisiert)
D. Schlüsselinvestitionen
1. Büro-, Hotel- und Gewerbekomplex Rottstraße
2. GenerationenKult-Haus
3. Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen für das Quartier
I. AUSGANGSLAGE
Das Stadtviertel Essen Nördliche Innenstadt befindet sich räumlich und zeitlich in einem Zwischenstatus: Im
Südwesten grenzt es an den seit 2009 aufwändig entwickelten Limbecker Platz, im Norden an das
sich seit 2011 entwickelnde Universitätsviertel. Südlich stellt es als Verlängerung der
Fußgängerzone die Fortführung der populären Einkaufsmeile Essen dar – allerdings mit deutlich
weniger Kundenverkehr. Die Nördliche Innenstadt zwischen den Grenzpunkten Kopstadtplatz, Flachsmarkt,
Berliner Platz, Rheinischer Platz, Viehofer Platz und Schützenbahn ist durch unsanierte Fassaden,
zahlreiche Leerstände und Entwicklungshemmnisse wie z. B. abbruchreife Gebäude (z. B. Parkhaus
an der Rottstraße) gekennzeichnet. Gleichzeitig befinden sich hier Institutionen wie das national
renommierte Varieté-Theater GOP und das Unperfekthaus sowie eine vielfältige Gastronomie.
Subkulturell gehört die Nördliche Innenstadt zu den stärksten Stadtvierteln der Metropole RUHR: Clubs wie
„Essence“, „Mikatronic“, „Turock“, „Baliha“ und „Naked“ bestimmen ein überregional ausstrahlendes
Nachtleben. Zusätzlich tragen kulturelle Großevents wie das unprojekte-Festival, das
Stadtfest Essen.Original und sein subkultureller Ableger Essen.Originell zur starken Frequentierung
außerhalb klassischer Ladenöffnungszeiten bei; seit 2009 haben sich auch Modemacher
angesiedelt. Ein hoher Migrantenanteil vervollständigt das Profil des Viertels als „Stadtteil im
Umbruch“ – ein Stadtteiltypus, der aufgrund seiner wirtschaftlichen und inhaltlichen Struktur ein
attraktives Umfeld für die weitere Ansiedlung der Kreativwirtschaft bietet. Durch die unmittelbare
Universitätsnähe besitzt die Nördliche Innenstadt ein starkes Alleinstellungsmerkmal unter allen
Kreativ.Quartieren der Metropole RUHR. Die Entwicklung der nördlich angrenzenden „grüne mitte
essen“ zu einem hochwertigen Viertel zum Wohnen und Arbeiten setzt hier besondere Akzente.
Auf Antrag der Stadt Essen wurde die Nördliche Innenstadt in das Projekt Kreativ.Quartiere Ruhr mit
aufgenommen. Danach tagte zwischen März 2009 und September 2010 viermal der Roundtable
Kreativ.Quartiere Essen (auch als Entwicklungsworkshop), um die verschiedenen Akteure und
Interessen zusammenzuführen. Dort wurde entschieden, dass sich die konkrete Förderarbeit in
2009 und 2010 zunächst auf die Kreativ.Quartiere Nördliche Innenstadt und Scheidt’sche Hallen konzentriert.
Weitere Quartiersentwicklungen in der Stadt sollen dann 2011/12 folgen. Als Quartiersmanager der
Nördliche Innenstadt setzte ecce Siegfried Schneider ein. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. Künstler und
Kreative über Leerstände im Quartier zu informieren, ihnen die Objekte vorzustellen und Gespräche
mit den Eigentümern zu vermitteln. Ferner schloß das Aufgabenprofil ein, die strategische
Entwicklung des Quartiers sowie der Marke und des Konzepts „Ausgehquartier Essen Nördliche Innenstadt“ zu
begleiten. Zu den von ecce initiierten kulturellen Impulsen im Kreativ.Quartier Nördliche Innenstadt gehörte die
Gewinnung der Deutschen Geschmackstage im Oktober 2010, die vom BM für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz veranstaltet wurden. Diese beispielhafte Inititative leistete
einen Beitrag zur in 2010 entwickelten Strategie für das Ausgehquartier Essen Nördliche Innenstadt. Aufgrund
des Förderstopps der Landesregierung beendete Quartiersmanager Schneider seine Arbeit am
31.12.2010. Seit Frühjahr 2011 gibt es Überlegungen in der Wirtschaftsförderung Essen, die Arbeit
des Quartiersmanagers aus Stadtmitteln zu übernehmen.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Zeitraum 2009-2010 hat die Zahl der Akteure, die für eine
Weiterentwicklung des Quartiers wichtig sind, erheblich zugenommen – von informellen
Künstlerinitiativen bis zu Großinvestoren. Diese Diversität gehört zur gewachsenen Identität der
Nordstadt. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. GOP Varieté
Das GOP Varieté Essen ist ein Varieté-Theater. Als Ableger des Varietés „Georgspalast“ (GOP) in
Hannover wurde es 1996 im ehemaligen Essener UFA-Kino „Grand Filmpalast“ eröffnet. Akrobaten,
Zauberer, Bauchredner, Sänger und viele andere Künstler treten in den Shows auf und haben den
Ruf des Theaters als hochklassiges Haus geprägt. Das Programm wechselt monatlich, insgesamt
finden 360 Personen Platz. Das GOP ist der einzige verbliebene, überregional relevante kulturelle
Publikumsmagnet in der Nördliche Innenstadt. www.variete.de
2. Heck-Passage
a) Gebäude
Das Haus Heck-Passage stellt die Verbindung von Kopstadtplatz zum Schwarzen Horn dar. In der
Passage im Erdgeschoss finden sich Restaurants, Rechtsanwaltspraxen und Ladengeschäfte. Die je
fünf Büroetagen in den beiden Hälften des Hauses werden teilweise von Ärzten, Rechtsanwälten und
Beratungs- und Ausbildungsunternehmen genutzt. Für neue Mietergemeinschaften aus der Kulturund
Kreativwirtschaft sowie gemeinnützige Einrichtungen stehen zurzeit drei Büroetagen zur
Verfügung.
b) Projekt Bürogemeinschaft
Für junge Existenzgründer, Kleinunternehmen, Freiberufler, gemeinnützige Vereine und
Selbsthilfeorganisationen mit geringem Flächenbedarf ist es generell schwierig, repräsentative
Räumlichkeiten zu finden. Der von ecce eingesetzte Kreativ.Quartier-Manager informierte die
Kreativen über diese vorhandenen Räume und deren mögliche Nutzung in Mietergemeinschaften.
Die Gemeinschaft teilt sich Serviceflächen wie Flure, Teeküche, Toiletten und optional auch einen
Besprechungsraum.
c) Café / Bar / Diskothek / Schnellrestaurant
In der Heck-Passage finden sich ein Café, eine Bar, ein asiatisches Schnellrestaurant und die am
Wochenende stark frequentierte Diskothek „Platin“. Die unmittelbare Anbindung an Gastronomien
im Komplex erhöht die Aufenthaltsqualität in der Heck-Passage. www.heck-passage.de
3. Unperfekthaus (Inhaber: Reinhard Wiesemann)
Das Unperfekthaus ist eine einzigartige Einrichtung in der Metropole RUHR, vielleicht in ganz
Europa. Das vierstöckige Bürohaus mit großer Dachterrasse stellt Kreativen, Künstlern und
Gründern kostenfrei Büros, Ateliers, Tagungs- und Gesellschaftsräume, Bühnen sowie technische
Infrastruktur zur Verfügung. Zusätzlich verfügt es über Hostelzimmer, ein Café und ein günstiges
Restaurant. Das 4.000 qm große „Künstlerdorf“ ist zu einem zentralen Kreativtreffpunkt im
Ruhrgebiet geworden, 2007 wurde es mit dem Deutschen Kulturpreis ausgezeichnet.
www.unperfekthaus.de
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Galerie 52 des Folkwang Fachbereich Fotodesign
In eine Etage des ehemaligen Grünflächenamts der Stadt auf der Viehofer Straße 52 ist im Juni
temporär die Galerie 52 des Fachbereich Fotodesign der Hochschule Folkwang eingezogen. Die
Flächen von insgesamt 650 qm werden zunächst für drei Jahre von 35 Studierenden als Ateliers
und Ausstellungsfläche genutzt. Zusätzlich fördert die Marianne-Ingenwerth-Stiftung drei
Studentinnen mit Stipendien für hervorragende künstlerische Leistungen. www.folkwang-uni.de
C. Brachflächen / Leerstände
1. Nördliche Innenstadt / Univiertel
Die Nördliche Innenstadt ist durch zahlreiche Leerstände gekennzeichnet, darunter finden sich Büroetagen und
Ladenlokale. Die Überlegung, einige der Leerstände der nahen Universität zur Verfügung zu stellen,
könnte einen wichtigen Impuls bedeutetn: Die Universität würde so ihr immenses
Kapazitätsproblem lösen und im Viertel würde Publikumsverkehr durch Studierende – junge
Akteure mit hohem Bildungsniveau – generiert. Derzeit fehlen dem Unistandort Essen rund 22.000
qm an Fläche. Erste Planungen für einen Neubau eines Hörsaalzentrums auf der Brache
„Univiertel“ (zwischen Universität und Rheinischer Platz) werden derzeit entwickelt. Mit diesem
zentralen Lehrgebäude würden Uni und Studierende noch näher an die Nördliche Innenstadt heranrücken.
2. DGB-Haus Schützenbahn
Im Sommer 2010 besetzte die Künstlergemeinschaft „Freiraum 2010“ das leer stehende DGB-Haus
an der Schützenbahn. Auf Druck des DGB räumte die Gruppe das Haus nach einer Woche,
generierte durch die Aktion aber eine hohe mediale Aufmerksamkeit. ecce trat hier vermittelnd auf,
mit dem Ziel, „Freiraum 2010“ mit einem temporären Mietvertrag für eine legale Zwischennutzung
auszustatten. Die Gespräche scheiterten an der nicht vorhandenen Kooperationsbereitschaft seitens
des DGB bzw. seiner Tochter VTG. An einer Sanierung und Nutzung des momentan wieder leer
stehenden Hauses ist ein Hotelbetreiber interessiert. www.freiraum2010.de
D. Investitionen
1. Privat
a) GenerationenKult-Haus (Inhaber: Reinhard Wiesemann)
In der Viehofer Straße mitten in der Nördliche Innenstadt baut der Investor Reinhard Wiesemann momentan ein
fünfstöckiges Bürohaus zu einem Zentrum für Wohnen und Arbeiten in der Innenstadt für mehrere
Generationen um. Insgesamt plant Wiesemann auf den 2500 qm eine Investition von rund 1,7
Millionen Euro. Seine Zielgruppe sind Freiberufler, Kreative und Senioren. Das GenerationenKult-
Haus ist als Ergänzung zu Wiesemanns Unperfekthaus geplant, allerdings ohne dessen öffentlichen
Charakter. Auf zwei Etagen will der Investor Coworking-Konzepte verwirklichen und innovative
Wohnkonzepte installieren. Zur extravaganten Ausstattung sollen z. B. eine Panorama-Terrasse mit
Außenschreibtischen, eine Rutsche von einem Stockwerk zum anderen und ein Konferenzraum in
Form einer überdimensionalen Gießkanne gehören. Auf den drei mittleren Etagen sollen 24
Apartments für Senioren entstehen, eine Etage ist für Studenten der nahen Uni reserviert. Das Haus
soll im August 2011 eröffnen. www.generationenkult.de
b) Smart-Up Mietbüro-Etage
Im 3. OG des Bürohauses Kreuzeskirchstraße 8 in der Nördliche Innenstadt eröffnet die Mietbüro-Etage Smart-
Up Essen. Zu einem moderaten Mietspiegel werden kleine, für kreative Freiberufler geeignete
Büroeinheiten und Einzelbüros mit Infrastruktur vermietet. Inhaber ist die Stuttgarter Roth Areal
GmbH. www.smart-up-essen.de
c) Büro-, Hotel- und Gewerbekomplex Rottstraße
Der Investor Klaus Wolff hat das Gelände 2010 erworben und plant nach dem Abriss des
Parkhauses Rottstraße die Errichtung eines Büro-, Hotel- und Gewerbekomplexes mit einem Investitionsvolumen
von rund 30 Millionen Euro. Dieses Projekt, insbesondere die Parkplatzsituation,
wurde schon 2009 im Roundtable als unerlässlich für die Quartiersentwicklung bewertet (ohne
Parkraum lässt sich eine Aufenthaltsqualität kaum herstellen) und gilt als Schlüsselinvestition für
die weitere Quartiersentwicklung. www.wolffgruppe.de
2. Öffentlich
a) KulturParcours
Der KulturParcours (Eröffnung 2010) ist eine Maßnahme zur Aufwertung der Nördliche Innenstadt, die im
Rahmen des Landeswettbewerbs „StandortInnenstadt.NRW“ gefördert wurde. Ziel des ISG-Projekts
ist es, Bewohner und Besucher entlang eines Kunstwanderwegs durch die Nördliche Innenstadt zu führen und
dabei die Geschichte des Quartiers in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu illustrieren. Der
Parcours besteht aus einer Reihe künstlerisch gestalteter Alltagsobjekte wie Fassaden,
Stromkästen, Müllbehälter und Zugänge, die so zu Kunst im öffentlichen Raum werden. Das Projekt
dient aber nicht nur der Besucherinformation: Dank einer Nano-Beschichtung wird das
Stadtmobiliar künftig vor Graffiti geschützt und trägt so zur nachhaltigen Veränderung des
Stadtbildes bei.
www.kultur-parcours.de
E. Akteure
1. GOP Varieté
Das renommierte Varieté-Theater GOP wird von den Geschäftsführern Hubert Grote, Hubertus Grote
und Olaf Stegmann vertreten. Für weitere Informationen siehe I.A.1.
2. Immobilien- und Standortgemeinschaft Nördliche Innenstadt Essen e.V. (ISG)
Die im April 2005 gegründete Immobilien- und Standortgemeinschaft Nördliche Innenstadt Essen
e.V. ist ein Zusammenschluss von rund 30 lokalen Immobilieneigentümern und Gewerbetreibenden.
Sie ist eines von 22 Modellprojekten des Landes Nordrhein-Westfalen und wird im Rahmen der
Landesinitiative „Stadtmarketing der 2. Generation” über einen Zeitraum von zwei Jahren gefördert.
Das Ziel des Vereins ist die nachhaltige Aufwertung des Quartiers Essen Nördliche Innenstadt. Schwerpunkte
der Arbeit sind u. a. Sauberkeit, Sicherheit, Imageaufwertung und die Erhaltung eines attraktiven
Branchenmixes. Die ISG engagiert sich seit 2009 im ecce-Roundtable Kreativ.Quartiere Essen.
Aufgrund von nicht abgeschlossenen internen Debatten über die zukünftige Strategie für das
Quartier konnte die ISG ihre ursprünglich geäußerte Absicht, an der kulturellen Entwicklung der City
Nord im Jahr 2010 mitzuarbeiten, nicht umsetzen.
www.essen-city-nord.de
3. Stadt Essen, EMG und EWG
In der Stadtverwaltung Essen arbeiten das Büro des Oberbürgermeisters, das Kulturdezernat, die
Essen Marketing GmbH (EMG), Wirtschaftsförderung (EWG, federführend an den Roundtables) und
Stadtplanung an den Planungen zum Kreativ.Quartier Nördliche Innenstadt. EWG und EMG sind in diesem
Prozess auch aktiv in der ISG (siehe oben) tätig. Die EWG hat gemeinsam mit ecce im Rahmen der
Roundtables im März 2010 einen Workshop zur Entwicklung der Nördliche Innenstadt organisiert. Die EWG
unterstützt und begleitet die vielfältigen Aktivitäten in der Nördliche Innenstadt.
4. Studentenwerk Essen-Duisburg
Aufgrund der nahen Universität Duisburg-Essen, Campus Essen, besitzt die Hochschule eine
besondere Relevanz für die Nördliche Innenstadt. Das Studentenwerk Essen-Duisburg plante gemeinsam mit
ecce und ISG eine Nutzung der Nördliche Innenstadt als Wohnquartier für Studierende. Das Studentenwerk hat
seinen Bedarf mit Immobilien im Essener Norden in Uninähe mittlerweile gedeckt. In der Nördliche Innenstadt
sind derzeit deshalb keine Projekte geplant, als Anrainer besitzt das Studentenwerk für die
strategische Planung der nächsten Jahre allerdings großen Einfluss.
5. Reinhard Wiesemann
Als lokal verwurzelter Besitzer und Investor von Unperfekthaus und GenerationenKult-Haus nimmt
der Unternehmer Reinhard Wiesemann materiell und ideell eine herausragende Stellung unter den
Akteuren im Kreativ.Quartier ein. Als Treiber und Aktiverer, der Räume für den Kunstbetrieb
bereitstellt und entwickelt, prägt Wiesemann das Kreativ.Quartier Nördliche Innenstadt wie kaum ein zweiter
Akteur.
6. Klaus Wolff (W+P Gesellschaft für Projektabwicklung mbH, Stuttgart)
Der Stuttgarter Investor Klaus Wolff hat durch seinen 2010 erworbenen umfangreichen
Immobilienbesitz eine Schlüsselposition für die weitere Gestaltung des Viertels inne: Als Eigentümer
der denkmalgeschützten und sanierungsbedürftigen Kreuzeskirche (deren langfristige Vermietung
an die Kirchengemeinde auch weiterhin oberste Priorität haben soll) ist er Ansprechpartner für eine
erweiterte kulturelle Nutzung durch Konzerte, Lesungen oder die Anlegung eines Skulpturengartens.
Weitere zentrale Grundstücke aus dem Besitz der evangelischen Kirche in der Nördliche Innenstadt gehören
ebenfalls zu seinem Eigentum. Auf einem Flächenverbund aus ehemaligen Kirchengrundstücken und
dem Grundstück Parkhaus Rottstraße plant Wolff den Bau eines Büro-, Hotel- und
Gewerbekomplexes mit einem Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro. Zum Projektportfolio
der W+P gehören weitere Bautätigkeiten für prestigeträchtige Immobilien in Essen wie z .B. der
Neu- und Altbau des Museum Folkwang, Neubau Verwaltung E.ON, Philharmonie und Saalbau.
7. Freiraum 2010
Im „Freiraum 2010“ haben sich rund 25 Essener Musiker, Künstler, Fotografen, Tänzer und
Schauspieler zusammengeschlossen. Die freie Künstlergruppe erregte 2010 Aufmerksamkeit, als
sie das leer stehende DGB-Haus an der Schützenbahn besetzte. ecce trat hier vermittelnd auf, die
Gespräche scheiterten aber de facto an der nicht vorhandenen Kooperationsbereitschaft des DGB
bzw. seiner Tochter VTG. Zwischen Januar und April 2011 arbeitete die Gruppe in der Lukaskirche
im westlichen Stadtteil Holsterhausen, die ihnen von der Vewo Wohnungsverwaltung GmbH zur
Zwischennutzung überlassen wurde. Eine Ausstellung im März 2011 zog rund 800 Besucher an.
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Um langfristige Ziele über das Jahr 2010 hinaus anzuvisieren, bietet das vorhandene Potenzial der
Nördliche Innenstadt höchst unterschiedliche Anknüpfungspunkte. Ein möglicher Anker der Strategie ist eine
Kooperation im Gastronomiesegment, die bereits durch die Veranstaltung der Deutschen Geschmackstage
angeregt wurde. Weitere Impulse für die Bereiche Mode, Studentenleben und Clubs
müssen nun folgen, um alle Akteure aus dem Mix des Standorts einzubinden und eine vitale „Vielfalt
der Kulturen“ zu demonstrieren (siehe III.A „Entwicklungsworkshop“). Hier kann ein überregional
ausstrahlendes Profil generiert werden, das den Stadtteil wirtschaftlich und sozial substantiell
stärkt. In dieses Programm gehört auch die Abstimmung mit der mittelfristigen Städteplanung für
die Jahre 2013 und darüber hinaus – denn besonders für Großinvestoren wie Klaus Wolff ist die
erhöhte Attraktivität ihres Umfelds ein entscheidendes Kriterium.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Im Entwicklungsworkshop im April 2010 wurde einvernehmlich folgende Entwicklungsstrategie
formuliert: Die kulturelle Selbstfindung der Nördliche Innenstadt bewegt sich zwischen den Polen Tradition und
Zukunft. Trotz einer Lage zwischen City und Universität kann das Viertel nicht den Charakter der
Nachbarn adaptieren, sondern muss eine starke eigene Identität entwickeln. Diese ist bereits heute
durch die subkulturelle Szene und die informelle soziale und mikrowirtschaftliche Struktur angelegt.
Ohnehin steht die Nördliche Innenstadt in einer historischen Tradition von größtenteils von der Arbeiterschicht
stark frequentierten Märkten und Plätzen (z. B. Viehofer Platz) – die in eine besondere Chance
bietet: Statt auf Gentrifizierung setzt die Nördliche Innenstadt auf die Förderung der kulturellen Vielfalt. Als
Vorbilder dienen hier zahlreiche ehemalige Hafen- oder Rotlichtviertel weltweit, die nach diesem
Prinzip zu Boom-Gegenden entwickelt wurden. Neben der infrastrukturellen Förderung muss auch
eine kommunikative Professionalisierung folgen, um die touristische Anziehungskraft eines
„Stadtteils im Umbruch“ zu erhöhen. Gelungene Beispiele von Revitalisierungen, die auch
Kulturtouristen anziehen, finden sich in SoHo, Lower Eastside und Meat Packing District in New
York City, dem East End in London, der Schanze in Hamburg, Neukölln in Berlin, Marxloh in
Duisburg oder dem Hafen in Mannheim. ecce verfolgt diese Strategie unter dem internen Arbeitstitel
„Vielfalt der Kulturen“ seit Mai 2010. Bereits im Herbst 2010 konnten in der Nördliche Innenstadt Impulse von
Kulturhauptstadt RUHR.2010 und ecce aufgegriffen und in Angeboten und Maßnahmen umgesetzt
werden. Zusätzlich wird um die vorhandenen Ankerträger des Viertels (GOP, Clubs und abendliche
Ausgeh-Angebote, Mode, Gastronomie, Migrantenkultur und Einzelhandel) ein Angebots- und
Maßnahmenmix im „Zeichen der Vielfalt“ erarbeitet. Diese Strategie aus vierteljährlichen
Gastrowochenenden mit regionaler Ausstrahlung sollte die Vielfalt der Kulturen produktiv nutzen
und eine Zielgruppe anziehen, die sonst das Viertel aufgrund des für sie wenig attraktiven
Einzelhandelsangebots meidet. Diese Wochenenden sollten auch ein Angebotspaket für angestrebte
künftige Akteure im Viertel wie Studenten, Modebranche u. a. beinhalten (siehe III.C).
Die 2009 begonnene Entwicklung der nördlich angrenzenden „grüne mitte essen“ durch die
Entwicklungsgesellschaft Universitätsviertel Essen mbH zu einem hochwertigen Viertel zum Wohnen
und Arbeiten setzt besondere Akzente: Ohne eine Gentrifizierung der nördlichen Innenstadt fürchten
zu müssen, können sich hier Angebote für eine akademisch geprägte und solvente Anwohnerschaft
mit hoher Affinität zu urbaner Kultur etablieren. Ein operativer Projektansatz versieht die
temporären Impulse mit Anforderungen: Sie müssen immanent vielfältig für die verschiedenen
gegebenen Akteure wirken und zugleich als Gesamtkonzept „Vielfalt der Kulturen“ erkennbar
werden. Ein Kommunikationskonzept mit neuem Label und Claim, das die einzigartige Vielfalt der
Kulturen vermittelt, wird ebenfalls erarbeitet.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn
des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte
Strategie nicht weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das Kreativ.Quartier
Essen-Nördliche Innenstadt eine modifizierte Strategie, die später in weiteren Kreativ.Quartier-Roundtables mit
den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine Entscheidung über eine
Wiederaufnahme der Förderung von Seiten der Landesregierung NRW wird frühestens im Herbst
2011, spätestens im Januar 2012 erwartet.
A. Entwicklungsworkshop
An von ecce koordinierten Roundtables mit Vertretern aller Akteure, von Stadt und Geschäftsleuten
bis hin zur freien Szene, werden langfristige Strategien und temporäre kulturelle Impulse für die
verschiedenen Kreativ.Quartiere in Essen diskutiert und initiiert. Für das Kreativ.Quartier Nördliche Innenstadt
veranstalteten ecce und ISG zwischen März 2009 und September 2010 Entwicklungsworkshops
(u.a. auch in den Scheidt’schen Hallen in Essen-Kettwig), in denen die Entwicklungsstrategie
erarbeitet wurde. Diese Ergebnisse wurden in den Sitzungen des Roundtable Kreativ.Quartiere
Essen vorgestellt. Zusätzlich sorgten die Treffen für eine stärkere Vernetzung der lokalen Akteure
und stabilisierten deren Kommunikation untereinander. Als Vertreter von ecce vor Ort fungierte im
Jahr 2010 Quartiersmanager Siegfried Schneider. Seine Schwerpunkte lagen auf der
Kommunikation mit lokalen Gastronomen, Eigentümern und Vertretern der Bundesregierung im
Rahmen der Deutschen Geschmackstage sowie der Vermittlung von Leerstandsflächen an Kreative.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat der Roundtable in der Nördliche Innenstadt verschiedene
„Kraftfelder“ lokalisiert. Sie stellen zentrale Bestandteile und Rahmenbedingungen der Entwicklungsstrategie
dar. Ein „Kraftfeld“ bezeichnet Orte, die die Dynamik des Kreativ.Quartiers
entscheidend gestalten. Als bereits bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher
Anziehungskraft werden sie im Rahmen der Kreativ.Quartiere nicht durch besondere Maßnahmen
entwickelt.
1. Fußgänger- und Einkaufszone Kettwiger Straße / Limbecker Platz
Die Kettwiger Straße, Essens Fußgängerzone und Haupteinkaufsstraße, gehört zu den
umsatzstärksten innerstädtischen Shopping-Meilen der Metropole RUHR. Sie führt vom
Hauptbahnhof in nördlicher Richtung direkt in die Nördliche Innenstadt, ab dem Flachsmarkt verlängert durch
die Viehofer Straße. Ebenso wichtig ist die 2009 eröffnete Shopping-Mall Limbecker Platz, die große
Kundenströme sowohl von der Kettwiger Straße als auch vom CentrO Oberhausen in die Essener
Innenstadt umleiten konnte.
2. Cluster Abend- und Nachtunterhaltung
In Bezug auf Abend- und Nachtunterhaltung gehört die Nördliche Innenstadt den starken Stadtvierteln der
Metropole RUHR: Neben dem Multiplexkino Cinemaxx und dem Musicaltheater Colosseum am
westlichen Rand gehören vor allem die Clubs „Essence“, „Mikatronic“, „Turock“, „Baliha“ und
„Naked“ zu den Trägern eines attraktiven Nachtlebens.
3. Universität Duisburg-Essen
Der Campus Essen der fusionierten Universität Duisburg-Essen ist der größte citynahe Campus
einer Universität in der Metropole RUHR. Dennoch ist die angrenzende Nördliche Innenstadt nicht in das
Kraftfeld Uni integriert. Dabei können beide Seiten stark voneinander profitieren: Die Universität
plant eine temporäre Anmietung von Leerstandsflächen, um ihren Mehrbedarf von 28.000 qm
Fläche in Teilen zu decken. Für Studierende kann die Nördliche Innenstadt mittelfristig ein hochattraktives
Wohnquartier darstellen. Seit Dezember 2010 sind dazu alle Wohnbauflächen der derzeitigen
Brache „Uni-Park“ an Investoren vergeben. Laut Investor Hochtief ist bereits ein Großteil der
Wohnungen zu exklusivenen Preisen – entsprechend einem „Düsseldorfer Preisspiegel“ – verkauft.
Es ist in den kommenden Jahren eine akademisch-solvente Bewohnerstruktur zu erwarten, die als
Konsumenten außergewönhlich gut zur von ecce initiierten Entwicklung des Viertels zu einem
Kreativ.Quartier passt. www.uni-due.de
4. Gewachsene Migrationsstruktur und Gastronomie
Ausgelöst durch die gewachsene, migrationsgeprägte Einwohnerstruktur und ihre entsprechenden
Gastronomien ist in der Nördliche Innenstadt eine große kulturelle und ethnische Vielfalt entstanden, deren
Potenzial für eine entsprechende Positionierung des Viertels bislang unberücksichtigt geblieben ist.
Durch den Fokus der Entwicklungsstrategie des Kreativ.Quartiers („Vielfalt der Kulturen“) arbeitet
ecce auf die verstärkte Integration dieser Akteure hin.
C. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die einerseits durch
substanzielle kulturelle Aktivitäten die Zeit bis zur Umsetzung der Schlüsselinvestitionen im
Kreativ.Quartier überbrücken sollen. Andererseits sollen sie beispielhaft Nutzungsmöglichkeiten der
Kreativwirtschaft erstmals anschaulich und greifbar machen und so dabei helfen, Hemmschwellen
und Vorurteile abzubauen. Temporäre kulturelle Impulse können durch ecce oder eigene Träger
realisiert werden. Oft geben sie Anstöße für andere Akteure, ebenfalls aktiv zu werden.
1. Deutsche Geschmackstage in Essen
Die Deutschen Geschmackstage, 2008 initiiert vom BM für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz sowie Sternekoch Johann Lafer, widmen sich im Zeitraum einer Woche im Jahr
dem gesunden Genuss, der Esskultur, der Geselligkeit und der Geschmacks- und Ernährungsbildung.
Die Vorstellung regionaler Qualitätsprodukte aus handwerklicher Produktion
gehört genauso zum Programm wie das Entdecken traditioneller Lebensmittel und Rezepte. Die
Durchführung der Deutschen Geschmackstage in Essen im Herbst 2010 diente als Impulsgeber und
Beschleuniger für die Entwicklungsstrategie des Kreativ.Quartiers. Aufgrund einer nicht
abgeschlossenen Strategiedebatte innerhalb der ISG konnten die vom Entwicklungsworkshop
erarbeiteten kulturellen Impulse nur in einer geringeren Dimension umgesetzt werden. Parallel zu
den Geschmackstagen regte ecce das Projekt „MIX IT – Kulturen des Kochens“ an. Die Idee: eine
gemeinsame Präsentation von ca. 20 Gastronomen aus dem Viertel. Dazu sollten ausländische
Nachwuchsköche sowie Vertreter von Ruhrgebiets- und Migrantenküche eingeladen werden.
Aufgrund des fehlenden Engagements der lokalen Gastronomen scheiterte dieses Projekt und legte
zudem strukturelle Schwächen offen: Zum einen hätte der von ecce eingerichtete Artist Contact
Point in Vollzeit arbeiten müssen – dies war aufgrund des begrenzten Budgets nicht möglich. Und
zum anderen fehlte auf Seiten der Akteure das Bewusstsein für das werbliche Potenzial eines
gemeinsamen Außenauftritts. www.geschmackstage.de
2. unprojekte-Festival
Gemeinsam mit dem unprojekte e.V. organisierte die ISG das unprojekte-Festival vom 14. August
bis zum 12. September 2010. Der unprojekte e.V. betreibt das unabhängige Onlineportal
www.unprojekte2010.de zur Bündelung aller inoffiziellen Projekte zur Kulturhauptstadt. Seit
Oktober 2009 sammelte der Verein aus dem Pool der über 2.000 abgelehnten Projekte die besten
Ideen – beim unprojekte-Festival wurden die Einsendungen in einer Dauerausstellung im Forum für
Kunst und Architektur am Kopstadtplatz präsentiert. Die von über 10.000 Usern als die besten
zehn Projekte gewählten Ideen wurden an zehn Einzelterminen präsentiert.
www.unprojekte2010.de
3. Essen Originell
Im Rahmen des Festivals Essen Original wird im September 2011 zum zweiten Mal nach 2010
„Essen Originell“ stattfinden und die Nördliche Innenstadt kulturell beleben. Die Höhepunkte des Programms
sind: Loungeartige Sitzgelegenheiten auf der Viehofer Straße, ein Mitternachts-Shopping im
Einzelhandel, eine Subkultur-Musikbühne am Viehofer Platz und eine NewTimer-Rallye mit
Elektrofahrzeugen. Zusätzlich wird eine kulturelle Bespielung von Leerständen durch Künstler
genutzt, um Interessenten für die zahlreichen vakanten Objekte im Viertel zu gewinnen. Als
Veranstalter fungiert die Essen-Marketing GmbH (EMG, auch Organisatorin von Essen Original) in
Kooperation mit Akteuren des Viertels. www.essen-originell.de
4. weitere Konzepte (nicht realisiert)
Für das Jahr 2010 planten ecce und ISG weitere Projekte, die aufgrund der hohen Dynamik im
Quartier und der offenen strategischen Debatte innerhalb der ISG nicht stattfinden konnten:
• Belebung des Straßenbilds und Erhöhung der Anziehungskraft tagsüber durch einen „Viehofer
Market Day“ mit Mode, Catwalk, handwerklicher Mode und temporären Ateliers in den leeren
Einzelhandelsflächen oder in der Straße.
• Fotoprojekt über die Renovierung von Fassaden, Arbeitstitel „Mehr als Fassade“. Ziel ist die
Generierung von Vorschlägen für Investoren. Die Ausstellung erfolgt in einem zentralen Infopoint.
• Nutzung von Plätzen für Außengastronomie im Sommer – ein wichtiger Standortfaktor jedes
erfolgreichen Szeneviertels.
• Bekanntmachung des Viertels bei Studenten. Beispielprojekte wären eine „Nacht der offenen
Studentenwohnungen“ und die Initiierung eines Leerstandskatasters von möglichen
Studentenwohnungen.
• Neue Infrastrukturen für Kreative: Schaffung eines Hostels, Fortsetzung des unprojekte-Festivals u.
a.
• Einrichtung eines zentralen Info-Points zur Kommunikation der Aktivitäten und Darstellung der
Vielfalt des Kreativ.Quartiers Nördliche Innenstadt. Darüber hinaus sollen hier aktuelle Informationen zu
Leerständen, Fassadenprojekten, Einzelhandels-Tipps sowie den jährlichen Großevents bereitstehen.
• Idee der Stadt Essen: Produktion eines Kalender mit Fotos von Leerstandsobjekten an der Viehofer
Straße durch die Fotodesigner der Hochschule Folkwang, um den Imagetransfer zu beschleunigen.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Grundstein für den Prozess eines langfristigen Wandels. Als
Schlüsselprojekte für das Kreativ.Quartier Essen Nördliche Innenstadt hat ecce primär drei Investitionen
privater Akteure identifiziert:
1. Büro-, Hotel- und Gewerbekomplex Rottstraße
Auf einer Kombination aus Kirchengrundstücken und dem Grundstück Parkhaus Rottstraße plant
Investor Klaus Wolff den Bau eines Büro-, Hotel- und Gewerbekomplexes mit einem
Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro. Diese Schlüsselinvestition wird Gesicht und
Charakter der Nördliche Innenstadt langfristig prägen.
2. GenerationenKult-Haus
(Siehe I.D.1.a)
3. Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen für das Quartier
ecce zählt auch die Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit zu den „weichen“ Schlüsselinvestitionen für
das Kreativ.Quartier Nördliche Innenstadt.
SCHEIDT’SCHE HALLEN ESSEN
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
C. Brachflächen / Leerstände
D. Investitionen
1. Privat
2. Public Private Partnerships
3. Öffentlich
E. Akteure
1. Torsten Görke (freier Berater, ehem. Geschäftsführer Werbeagentur TAS)
2. Grundstücksgesellschaft Kettwig GGK (Geschäftsführer: Heinz Schnetger)
3. Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (EWG)
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Temporäre kulturelle Impulse
1. Starke Orte
2. Stadt.Land.Ruhr.2010
3. CommCareer – RUHR Award
4. CommCareer – Summit
5. ComCommCamp – Coworking & Coaching
C. Schlüsselinvestitionen
I. AUSGANGSLAGE
Essen als zentrale Stadt der Metropole RUHR ist ein starker Industrie-, Dienstleistungs- und
Medienstandort. Dennoch finden sich in Essen wie im gesamten Ruhrgebiet zahlreiche nicht mehr
genutzte Anlagen aus ehemaligem Industriebesitz, deren Potenzial durch einen strategischen
Strukturwandel revitalisiert werden kann. Um die Attraktivität Essens durch eine Stärkung der
Kreativwirtschaft zu fördern, entschied sich die Stadt Essen für die Teilnahme am Projekt
Kreativ.Quartiere RUHR. In dem damit eingerichteten Roundtable wurden nach einem
Evaluationsprozess zwei Kreativ.Quartiere aus einem Portfolio möglicher Flächen ausgewählt: die
Nördliche Innenstadt (siehe Zwischenbericht „Nördliche Innenstadt“) und die Scheidt’schen Hallen, eine ehemalige
Tuchfabrik im südlichen Stadtteil Kettwig. Hier fanden 2009 die ersten Aktivitäten statt,
insbesondere ein Entwicklungsworkshop des Projekts Kreativ.Quartiere RUHR.
Die 100 Jahre alten Scheidt’schen Hallen (SH), seit 2011 zum Teil unter Denkmalschutz stehend,
sollen in ein 37.000 qm großes Areal zum kreativen Arbeiten und naturnahen Wohnen umgebaut
werden. Aus wirtschaftlichen Gründen verlagerten die Eigentümer, die Textilunternehmer-Familie
Scheidt, die Produktion vor einigen Jahren ins Ausland. Derzeit verwaltet die
Grundstücksgesellschaft Kettwig (GGK), vertreten durch Geschäftsführer Heinz Schnetger, den
Immobilienbestand, der sich aus der ehemaligen Kammgarnspinnerei, einem Wollboden und
Verwaltungsgebäuden zusammensetzt. Momentan werden die Flächen teilweise von Verkaufshallen
(Handel im Tiefpreissegment) genutzt. Die Hallen befinden sich größtenteils in unsaniertem
Zustand. Durch die unmittelbare Wassernähe zur Ruhr besitzt die Lage der Scheidt’schen Hallen
1a-Niveau. Der Standort Essen-Kettwig ist mit seiner Nähe zu Düsseldorf (nur 20 Autominuten zum
Flughafen Düsseldorf International) auch eine attraktive Alternative zur Landeshauptstadt als
Standort für Werbung und Kommunikation.
Die Eigentümer, vertreten durch die GGK, planen eine substanzielle Umnutzung der Scheidt’schen
Hallen. Zu den geplanten baulichen Maßnahmen zählt ein Abriss der wasserseitigen Hallenteile
zugunsten einer Wohnbebauung. Der zu erhaltende Teil der Hallen (Wollboden u. a.) soll gewerblich
genutzt werden. Für die inhaltliche Konzeption der Umnutzung ab 2013/2014 arbeitet die GGK seit
2010 mit dem Berater Torsten Görke (ehem. Geschäftsführer TAS Werbeagentur, Essen) und der
Kulturmanagerin Barbara Wendling zusammen. Im Oktober 2011 wird die planungsrechtliche
Sicherheit für die Umgestaltung des Gesamtgeländes erwartet. 2011 wurde das Kreativ.Quartier
Scheidt’sche Hallen überdies in das Interreg-Projekt der EU aufgenommen.
Der Entwicklungsworkshop Scheidt’sche Hallen in 2009 war die erste strukturbildende Maßnahme
im Rahmen des Projekts Kreativ.Quartiere RUHR zur Aktivierung und Unterstützung selbstständiger
Aktionen im Quartier. Vor allem die architektonischen Pläne wurden hier überprüft, um die Bedarfe
zukünftiger Mieter aus der Kultur- und Kreativwirtschaft angemessen zu berücksichtigen. Die Akteure
aus der lokalen und regionalen Werbe- und Kommunikationswirtschaft wurden zu Workshop und
Ortstermin eingeladen, um Anforderungen und Wünsche potenzieller Interessenten an einen Umbau
festzustellen. Hier wurden insbesondere Kriterien wie Flächengrößen, -aufteilung und
Zusatzangebote (z. B. allgemeiner Veranstaltungssaal, Café, Gastronomie, Wireless LAN, Fahrräder,
Sporteinrichtung etc.) stark nachgefragt. Auf Grundlage dieser Informationen entwickelten GGK und
Torsten Görke ein innovatives gestaffeltes Mietkonzept, das neben Flächengrößen auch
Ausstattungsstandards berücksichtigt – und damit eine höchst heterogene Zielgruppe vom einzelnen
Existenzgründer bis zur etablierten Agentur mit vielen Mitarbeitern anspricht. Mit gezielten
temporären kulturellen Impulsen durch RUHR.2010-Projekte und Kunstausstellungen wurde das
Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen 2010 zusätzlich aktiviert und in das Set kultureller Spielorte
im Ruhrgebiet aufgenommen. Vor allem die Kunstszene nahm das neue Angebot an und organisiert
seitdem in den Hallen regelmäßig Veranstaltungen. Da das Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen
nicht aus auslösbaren Elementen besteht, sondern nur zusammenhängend entwickelt werden kann,
konnten in 2010 bis zum positiven Bescheid des Planungsrechts keine investiven Pläne umgesetzt
werden. Allerdings sorgen temporäre Nutzungen vor Baubeginn bei solch langen
Planungszeiträumen für starke positive Effekte, hier gelang eine Integration des Areals in die
Kunstszene und in das umgebende Stadtviertel – mit dem Effekt, dass ein über Jahre sozial und
kulturell verlassener Ort in der Stadt reaktiviert wird.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie
dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
Die Sektoren Kreativwirtschaft und freie Kultur sind die Kernzielgruppe für die Umwandlung der
Scheidt’schen Hallen. Aufgrund der bis voraussichtlich Oktober 2011 unsicheren
bebauungsrechtlichen Situation können derzeit keine Mietverträge mit Kreativen abgeschlossen
werden. Allerdings wurden im Laufe des Jahres 2010 bereits verschiedene temporäre Bespielungen
realisiert: Für diese konnten zahlreiche Künstler, Galeristen und Initiativen aus benachbarten
Essener Stadtteilen für temporäre Veranstaltungen gewonnen werden. So wurde zum Beispiel mit
Galerist Klaus Kiefer aus Essen-Rüttenscheid für eine Galerieausstellung in den Hallen kooperiert.
Auch der Konzeptkünstler Norbert Bauer aus Langenberg hat sich inzwischen auf dem Gelände
angesiedelt und plant, dauerhaft Ausstellungen und Veranstaltungen zu konzipieren und zu
organisieren. Bauer agierte zuletzt als Kurator der „Ruhr-Atolle“, eines Leitprojekts der RUHR.2010.
Momentan rüstet Bauer die Hallen mit einem Konferenzraum und einem Forum aus, in dem später
die Entwicklungsworkshops tagen könnten. Ebenfalls zu verzeichnen ist das Interesse von Akteuren
aus dem Stadtteil: Galerien, Amateurkünstler und Bürger aus Essen-Kettwig beabsichtigen, sich im
Rahmen von GGK-Workshops an der Entwicklung des Kreativ.Quartiers zu beteiligen.
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
In Essen-Kettwig sind keine öffentlichen Kultureinrichtungen vorhanden.
C. Brachflächen / Leerstände
Das gesamte bebaute und unbebaute Areal der Scheidt’schen Hallen steht entsprechend den
derzeitigen Planungen für das Kreativ.Quartier zur Verfügung. Einige Gebäude stehen unter
Denkmalschutz und werden bei Sanierung und Umbau entsprechend entwickelt.
D. Investitionen
1. Privat
Die Eigentümerfamilie Scheidt beabsichtigt gemeinsam mit Partnern eine Investition von rund 20
Millionen Euro.
2. Public Private Partnerships
Das Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen ist im Jahr 2011 gemeinsam mit den Metropole RUHRStädten
Dinslaken und Hagen sowie Brügge (Belgien), Colchester, Edinburgh (GB), Lille (Frankreich)
und Utrecht (Niederlande) in das EU-Interreg-IV-Projekt CURE (Creative Urban Renewal in Europe,
Träger: EU) aufgenommen worden. Ein Ziel innerhalb des Förderrahmen Nordwesteuropa ist die
Entwicklung eines „Creative Zone Indicators“: Erfolgsbedingungen für kreative Zonen innerhalb der
Stadtentwicklung sollen hiermit identifiziert und systematisiert werden. Der Beitrag des
Kreativ.Quartiers Scheidt’sche Hallen soll in der Entwicklung von vereinfachten Vermietungs- und
Verwaltungsstrukturen liegen, an deren Komplexität Mietgeschäfte zwischen Immobilienwirtschaft
und kreativen Akteuren oft scheitern. Die EU fördert deshalb das Kreativ.Quartier Scheidt’sche
Hallen nach dem 50:50-Prinzip der Interreg-Förderung. Außerdem kann durch die internationale
Zusammenarbeit, insbesondere durch die Kooperation mit der Universität Utrecht, ein Zufluss an
Know-how erwartet werden. Die Förderung ist bis 2013 vereinbart und bezieht sich auf den Ausbau
des Veranstaltungsforums, der Coworking-Flächen, der Vermarktungsstrategie und dem Aufbau
eines Vertragssystems für die Vermietung von kleinteiligen Immobilienflächen, z.B. für
Mikrounternehmen der Kreativwirtschaft. ecce ist in diesem CURE-Projekt auch als
Kooperationspartner der Stadt Dinslaken beteiligt und hat bei der Antragsstellung für Dinslaken
mitgewirkt.
3. Öffentlich
Es sind derzeit keine rein öffentlichen Investitionen im und um das Kreativ.Quartier geplant.
E. Akteure
1. Torsten Görke (freier Berater, ehem. Geschäftsführer Werbeagentur TAS)
In enger Zusammenarbeit mit der GGK entwickelte und gestaltete Torsten Görke 2009 und 2010
das inhaltliche Konzept des Kreativ.Quartiers Scheidt’sche Hallen. Als Gründer und langjähriger Geschäftsführer
der renommierten Essener Werbeagentur TAS verfügt Görke über umfassende
Kenntnis der Kommunikationsbranche und über exzellente Kontakte zu Industrie, Agenturen und
Kreativen. Torsten Görke ist Vorsitzender der CommCommission der RUHR.2010.
2. Grundstücksgesellschaft Kettwig GGK (Geschäftsführer: Heinz Schnetger)
Die Grundstücksgesellschaft Kettwig, vertreten durch GF Heinz Schnetger, verwaltet im Auftrag des
Eigentümers, Familie Scheidt, das Objekt Scheidt’sche Hallen. Die GGK kommuniziert das
Potenzial des Standorts in Richtung potenzieller Mieter seit 2010 auch auf entsprechenden
Veranstaltungen der kreativen Szene. Derzeit entwickelt die GGK ein Marketingkonzept, um die
Kommunikation auf Veranstaltungen und in sozialen Online-Netzwerken zu intensivieren. Dieses
innovative Marketingkonzept wurde auch bei der Vergabe der EU-Interreg-IV-Förderung als
beispielhaft ausgezeichnet.
3. Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (EWG)
Die EWG – vertreten durch Michael Gehlert und Klaudius Probierz – hat den Prozess der
Entwicklung des Kreativ.Quartiers und der Immobilien- und Flächenentwicklung seit Beginn durch
eine Vielzahl von Aktivitäten unterstützt, z. B. durch die Darstellung des Quartiers auf der
Immobilienkonferenz 2009 und die Präsentation auf der Plattform www.essenskreative.de.
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Als langfristiges Ziel gilt die Entwicklung der Scheidt’schen Hallen zu einem Standort für die
Kommunikations- und Werbebranche. Zum einen als Alternative zum Kommunikationscluster
Düsseldorf, zum anderen als eigenständige Marke mit einzigartigem Konzept und herausragender
Lage. Inhaltlich soll sich auf eine Mischung aus großen und kleineren Flächen plus Coworking-
Arbeitsplätze konzentriert werden.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Die bei der Entwicklung von Kreativ.Quartieren durch ecce in der Regel bewährten Prozessabläufe
aus Evaluierung und Roundtables wurden in Essen-Kettwig durch die Initiative von GGK und Torsten
Görke mit sehr guten Resultaten vorweggenommen. So konnte ein Bedarfsszenario potenzieller
zukünftiger Mieter erstellt werden. Die konkreten Anträge für Wohn- und Gewerbebebauung des
Areals liegen derzeit der Stadt Essen zur Prüfung vor, ein positiver Bescheid wird für Oktober 2011
erwartet. Durch die regelmäßige Bespielung mit temporären kulturellen Impulsen seit 2010 ist das
Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen in der kreativen Szene als Veranstaltungs- und späterer
Arbeitsplatz erfolgreich bekannt gemacht worden. Die Aufnahme in das EU-Förderprojekt Interreg-IV
garantiert bis 2013 substanzielle Geldmittel und Wissenszufluss und verleiht dem Kreativ.Quartier
nationale und internationale Strahlkraft. Die GGK entwickelt derzeit auf dieser Basis ein
Marketingkonzept, um weitere potenzielle Interessenten zu erreichen.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung des Projekts Kreativ.Quartiere RUHR wurden von der
aktuellen Landesregierung zu Beginn des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der
Förderperiode kann die bis dato erstellte Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Allerdings
haben sich durch die GGK und das CURE-Projekt sowie die Ansiedlung von Norbert Bauer eine
selbsttragende Fortsetzung der Impulse des Projekts Kreativ.Quartiere RUHR aus 2009 und 2010
ergeben, deren Realisierung ab 2013 (je nach Baugenehmigung) ansteht. Eine Entscheidung über
eine Wiederaufnahme der Förderung durch die Landesregierung NRW wird frühestens im Herbst
2011, spätestens im Januar 2012 erwartet.
A. Entwicklungsworkshop
Die GGK plant in der zweiten Jahreshälfte 2011 eigene Entwicklungsworkshops mit
Mietinteressenten zur Ermittlung der Bedarfe und der Ausarbeitung und Präzisierung von
räumlichen und inhaltlichen Konzepten.
B. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Zeit bis zur Umsetzung der Schlüsselinvestitionen überbrücken. Bis zum
Baubeginn wird das Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen durch temporäre Aktionen aus der
Kreativwirtschaft genutzt. In 2010 boten die Hallen Raum vor allem für RUHR.2010-Projekte und
Kunstpräsentationen – letztere konnten sich auch über 2010 hinaus in den Scheidt’schen Hallen
etablieren. Darüber hinaus plant die RUHR.2010-CommCommission, initiiert und finanziert von
ecce, gemeinsam mit der GGK drei Projekte für die Werbewirtschaft.
1. Starke Orte
Der RUHR.2010-Programmpunkt „Starke Orte“ bespielte zwischen April und Mai 2010 die
Erdgeschosshallen und die Kammgarnspinnerei mit Wollboden. Das Kunstprojekt bündelte erstmals
Künstlerbünde aus dem Ruhrgebiet für Interventionen, Installationen und Performances an Orten
der Industriekultur. Eine Nachfolgeausstellung zu „Starke Orte“, organisiert vom Bundesverband
Bildender Künstler Westfalen (BBK) im Frühjahr 2011, bewies die Nachfrage nach Flächen und die
Passgenauigkeit der temporären Impulse. www.starkeorte.de
2. Stadt.Land.Ruhr.2010
Gemeinsam mit der Stadt Essen und der RUHR.2010 veranstaltete die GGK
„Stadt.Land.Ruhr.2010“ als Local Hero-Projekt mit den Themen Kultur, Leben und Stadtbild des
Essener Stadtteils Kettwig. Das Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen diente hier als Spielort für eine
Ausstellung und ein Konzert.
3. CommCareer – RUHR Award
Die CommCommission der RUHR.2010 plant für 2012 den CommCareer – RUHR Award für
Absolventen aus den Bereichen Kommunikation und Werbung. Das Konzept: Eine hochkarätige Jury
verleiht als Preise Coworking-Angebote bei Ruhrgebiets-Agenturen, die Arbeiten von Shortlist und
Gewinnern werden auf dem Wollboden der Scheidt’schen Hallen ausgestellt bzw. medial präsentiert.
4. CommCareer – Summit
Parallel zur Ausstellung des CommCareer – RUHR Award sieht die CommCommission die
Möglichkeit für ein Gipfeltreffen für Kreative und Werber aus ganz Europa. Das Thema des Comm-
Career – Summit: aktuelle Krisenthemen und Zukunftsfragen der Branche. Auch die Shortlist-
Absolventen des RUHR Awards sind zu den Diskussionen eingeladen. Die Themen der Workstreams
lauten:
• Agentur der Zukunft: Nach dem Ende ist vor dem Ende?
• Kommunikation fürs Ruhrgebiet/Region Ruhr als Marke
• Social-Media-Kommunikation im Web 2.0
5. ComCommCamp – Coworking & Coaching
Unter dem Motto „Ruhrschnuppern“ könnte der Wollboden der Scheidt’schen Hallen künftig als
Coworking-Camp mit 25–30 Arbeitsplätzen entwickelt werden, wenn Sponsoren aus der Industrie
gewonnen werden können. Die Plätze könnten von selbstständigen Kreativen oder
Existenzgründern aus der Kommunikationsbranche kostenfrei genutzt werden, um den Markt der
Metropole RUHR kennenzulernen. Die Nutzung des Arbeitsplatzes wäre an einen Pitch gebunden,
der von den Coworkern in Gruppenarbeit bearbeitet werden könnte. Die Gewinnergruppe könnte
den Pitch später bei einem der Sponsoren aus der Industrie umsetzen.
C. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen initiieren im Quartier selbsttragende Effekte und den Prozess eines
langfristigen Wandels. Als mögliche „weiche“ Schlüsselinvestition bewertet ecce die Durchführung
der Ausstellung des CommCareer – RUHR Award für Absolventen aus den Bereichen
Kommunikation und Werbung und die begleitenden Veranstaltungen CommCareer – Summit und
ComCommCamp. Am Übergang von der temporären Nutzung zur endgültigen Vermietung wird das
noch im Planungsstatus befindliche Kreativ.Quartier Scheidt’sche Hallen so zu einem Branchentreff
von potenziellen Akteuren und Mietern. Langfristig ist als zentrale und „harte“ Schlüsselinvestition
der Neu- und Umbau des Areals durch den Eigentümer mit einem Investitionsvolumen von rund 20
Millionen Euro beabsichtigt.
III.5. DORTMUNDER U
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Heimatdesign / Coworking-Haus „Ständige Vertretung“
2. Union Gewerbehof
3. Software und IT
4. Salon-Atelier
5. Musikwirtschaft
6. Brück Auf
7. Weitere kulturelle Akteure im Umfeld
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Dortmunder U
2. FZW
C. Brachflächen / Leerstände
1. Brachfläche für Kreativwirtschaftszentrum
2. ver.di-Haus
3. Leerstandsmanagement Rheinische Straße
4. Ordnungsamt / Coworking-Haus
5. Leerstände Königswall / Burgwall
D. Investitionen
1. Privat
a) Gastronomien im U, PanUrama GmbH
b) BIG Krankenkasse (Mietflächen für Kreativwirtschaft)
c) A&O Hostel Dortmund Hauptbahnhof
2. Public Private Partnerships
a) RWE Stiftung, RWE Forum und Kino
b) Union Gewerbehof / Stadtumbaugebiet Rheinische Straße
3. Öffentlich
a) Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität
b) Fachhochschule Dortmund, FB Design
c) Fliegende Bilder / Institut für Bewegtbildmedien
d) Museum Ostwall
e) Technische Universität Dortmund
E. Akteure
1. ecce
2. Fachhochschule Dortmund, FB Design
3. Hartware MedienKunstVerein
4. Institut für Bewegtbildmedien
5. Land NRW
6. Museum Ostwall
7. Technische Universität Dortmund
8. Stadt Dortmund
9. Verschiedene kulturelle Akteure im Umfeld
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität
2. Heimatdesign / Coworking-Haus
3. Union Gewerbehof
4. FZW
C. Temporäre kulturelle Impulse
1. GastGastgeber – temporäre Hotelanlage Möllerstraße
2. Initiative Brück auf
3. DORTMUND.KREATIV-Veranstaltungen
4. Festival Bohème Précaire (in Planung)
D. Schlüsselinvestitionen
1. Dortmunder U
2. FZW
3. Union Gewerbehof
4. Medientechnik in Krone des U
5. „Ständige Vertretung“ Coworking-Haus Dortmund
6. gründerkojen_dortmund
I. AUSGANGSLAGE
Im denkmalgeschützten ehemaligen Kellereihochhaus der Dortmunder Union-Brauerei, dem
„Dortmunder U“, ist 2010 das „U – Zentrum für Kunst und Kreativität“ entstanden. Diese neue
Institution präsentiert, bewahrt und erforscht bildende Kunst und Medienkunst des 20. und 21.
Jahrhunderts – kombiniert mit der Produktion und Vermittlung von Kunst und Kreativität. Werke
von Beuys und Nolde im Museum Ostwall, die „Fliegenden Bilder“ des preisgekrönten Regisseurs
Adolf Winkelmann, postmoderne Medienkunst im Hartware MedienKunstVerein, die
Bildungseinrichtungen Technische Universität, Fachhochschule und das Zentrum für kulturelle
Bildung sowie Gastronomien in Dachgeschoss und Foyer begründen das innovative Konzept. Auf
dem Gebiet der kulturellen Bildung für das digitale Zeitalter, mit Partnerschaften zwischen Kunst
und Wissenschaft und der Kooperation mit Akteuren der Kreativwirtschaft ist das U damit
wegweisend.
Das U ist so nicht nur ein neues Wahrzeichen für Dortmund, sondern als große Teilinvestition des
Landes auch ein Leuchtturm für Nordrhein-Westfalen. Dabei ist seine Rolle nicht auf die Entwicklung
der Institutionen im Haus allein angelegt, sondern gleichzeitig auf die Entwicklung des Quartiers um
das U herum. Dieses Quartier besteht aus sehr heterogenen Akteuren, vom Musikclub FZW über
Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft bis zu einer Berufsschule (siehe Punkt I A.1-A.7). Das
Dortmunder U und das umgebende Quartier stehen geradezu exemplarisch für die Situationen und
Hindernisse, die es in der Förderung von urbanen Räumen zu überwinden gilt. Denn besonders die
Vielfalt und die unterschiedlichen Entwicklungsgechwindigkeiten der Akteure prägen den Charakter.
Daher besitzt das Dortmunder U auch Signalwirkung für andere Städte im Ruhrgebiet. Westlich
grenzt an das U das Stadtviertel Dortmund-West, das von einer multikulturellen Einwohnerstruktur
geprägt ist. Im Zuge der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 und des Stadtumbaus West
Rheinische Straße wird Dortmund-West zu einem Wohn- und Arbeitsquartier für junge Künstler und
Kreative entwickelt. Zwei Grundvoraussetzungen dafür – niedrige Mieten und kaum verfestigte
Strukturen – sind bereits vorhanden. Allerdings weist der Stadtraum Dortmund-West keine weiteren
prekären Merkmale eines „Stadtteils im Umbruch“ auf.
Unter den Kreativ.Quartieren der Metropole RUHR nimmt das U eine exponierte Stellung ein: Zum
einen setzt es als Katalysator an der Schnittstelle von Architektur, Kunst, Kultur, Technologie,
Bildung und Kreativwirtschaft modellhaft Maßstäbe. Zum anderen ist jenseits der öffentlich
getragenen Kultur innerhalb des U nur wenig freie Kultur und Kreativwirtschaft im umgebenden
Viertel vorhanden. Dieses Spannungsfeld läuft Gefahr, zu stark durch eine öffentlich geförderte
Kultur dominiert zu werden. Deshalb muss eine verstärkte Ansiedlung von Akteuren der freien
Szenen um das U erfolgen. Als erste Stadt in der Metropole RUHR erkennt die Stadt Dortmund die
Kreativwirtschaft als potenziell zukünftig vierte Säule der lokalen Ökonomie. Branchenbefragungen
in den Jahren 2007 und 2010 identifizierten in der Kreativwirtschaft rund 1800 Unternehmen und
Selbstständige, dazu weitere 480 Unternehmen im Bereich „Kreative Softwareentwicklung“ – dies
entspricht einem Wachstum von 28,5 Prozent. Auf dem Ausbildungsmarkt identifizierten die
Befragungen rund 4500 Studierende „kreativer“ Fachrichtungen plus 3000 Informatikstudenten.
Die Stadt Dortmund arbeitet derzeit an einem Masterplan „Kreatives Dortmund“ und einem
Konzept für die Revitalisierung von Kreativ.Quartieren, u.a. der Brückstraße, durch Kultur und
Kreativwirtschaft.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
Als kreative „Kraftzentren“ in Dortmund wurden u.a. folgende Institutionen identifiziert:
1. Heimatdesign / Coworking-Haus „Ständige Vertretung“
Heimatdesign kombiniert Agentur, Shop und Magazin zu einer Plattform für junges Design aus der
Region. Mit regelmäßigen Ausstellungen, Messen, Kooperationen, Publikationen und
Agenturleistungen sollen Dortmund und das Ruhrgebiet als Ansiedlungsorte für kreative
Designakteure und innovative Ideen aufgebaut werden. Die Mischung der Branchen Mode, Grafik,
Objekt und Fotografie ist dabei ein wichtiger Ausgangspunkt. Der Standort von Geschäft und
Agentur ist der Hohe Wall 15 in der Dortmunder Innenstadt, vis-à-vis dem U. Im Mai 2011 hat
Heimatdesign mit „Ständige Vertretung“, das erste reine Coworking-Haus im Ruhrgebiet eröffnet.
www.heimatdesign.de und www.staendigevertretungdortmund.de
2. Union Gewerbehof
Der Union Gewerbehof ist ein Beispiel für die funktionierende Umnutzung ehemaliger
Industriegebäude, seit 2004 ermöglicht durch Investitionen aus dem Programm Stadtumbau West.
Das Hofensemble ist heute zur Heimat von 75 kleinen und mittleren Unternehmen,
Wissenschaftlern und Kreativen aus den unterschiedlichsten Branchen (z. B. „Luups Verlag“,
„Zechenkind“ und den „Projektraum Fotografie“) geworden. Das Raumangebot setzt sich aus Büro-,
Werkstatt-, Atelier- und Lagerräumen verschiedenster Größe zusammen. Es umfasst insgesamt
5.000 Quadratmeter vermietbare Fläche. Daneben bietet der Gewerbehof gemeinschaftlich
genutzte Flächen, Seminarräume sowie einige zentrale Dienstleistungen. In diesem engen
Nebeneinander von unterschiedlichen Akteuren, Zielen und Unternehmen ist ein soziales Gebilde
entstanden, das fruchtbare Formen der Zusammenarbeit hervorgerufen hat. Im September 2010
präsentierten sich die Mieter im Gewerbehof mit der Messe „Kreativität braucht Käufer“.
www.union-gewerbehof.de
3. Software und IT
Dortmund und der uninahe TechnologiePark sind die Heimat vieler europaweit erfolgreicher
Softwareunternehmen und innovativer IT-Erfinder: Swyx Solutions AG, der europäische Marktführer
für IP-basierte Kommunikationslösungen, und Unternehmen wie die auf Geocaching-Dienste
spezialisierte geodatus GmbH begründen den Ruf eines herausragenden Technologieclusters. Auch
GeoMobile GmbH, ein 2008 gegründetes Dortmunder IT-Start-up-Unternehmen, hat sich auf die
Entwicklung von mobilen Informations- und Navigations-Anwendungen spezialisiert und mit seinen
innovativen Ideen bereits mehrere renommierte Preise gewonnen. Weitere Leistungsträger der
Dortmunder IT- und Softwarebranche sind Pixelboxx GmbH (Webpublishing), getit GmbH (eBusiness-
Lösungen), DIALOGS Software GmbH (IT-Infrastruktur für Unternehmen) und visualtektur
(Online-Architektur-Archiv www.sight3d.com). www.technologiepark.de
4. Salon-Atelier
Der „Salon“ ist eine Ateliergemeinschaft von jungen Künstlern und Studenten mit offener Tür,
beheimatet in einem ehemaligen Friseursalon in der Adlerstraße 66 in Dortmund-West. Die
Ausdrucksmedien sind Grafik, Malerei, Fotografie, Video, Skulptur, Performance und Installationen;
Ausstellungen finden in Intervallen statt. Der Salon versteht sich als Ausstellungs-, Erfahrungs- und
Kommunikationsraum, der den regionalen Wandel reflektiert und fördert. Für seine innovativen
Ausstellungskonzepte wie „Salon en tour“ sucht die Künstlergemeinschaft weitere Orte im Raum
Dortmund, um den Vernetzungs- und Kommunikationsprozess zu beschleunigen. Im Mai 2011
mietete Salon-Atelier ein weiteres Ladenlokal in der Adlerstraße an. www.salon-atelier.de
5. Musikwirtschaft
2007 präsentierten Kulturdezernat und Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund die Studie
„Analyse Musikwirtschaftsstandort Dortmund“. Das Ergebnis: Mit 228 Unternehmen, einem
jährlichen Umsatzvolumen von 213 Millionen Euro und fast 4.000 Beschäftigten ist die
Musikwirtschaft in Dortmund ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Das Spektrum der Dortmunder
Musikwirtschaft ist dabei breit: Es gliedert sich in die Bereiche Instrumenten- und
Musikalienhandel, Musikschulen, Musiklabel und Verlage, Tonträgerhandel und Tonstudios, Live-
Entertainment, Musikmedien und musiknahe Unternehmen wie Promotion-Agenturen und
Merchandising-Hersteller. Das Branchenpotenzial wirkt sich auch auf die örtliche Gastronomie,
Hotellerie und die regionalen Werbemedien aus. Weitere positive Abstrahlungseffekte generiert die
Branche in Richtung anderer kreativer Dienstleistungen wie Grafik, Design, Software- und
Internetanwendungen. Im Kreativ.Quartier U spielt die Musikwirtschaft allerdings keine Rolle; ihre
Akteure verteilen sich dezentral auf verschiedene andere Standorte in Dortmund.
6. Brück Auf
Anfang 2011 gründeten die an der Brückstraße ansässigen Akteure Orchesterzentrum NRW, Mosaik
Management sowie das Designbüro „+ gestaltend“ zur kulturellen Vitalisierung des Viertels die
Initiative Brück Auf. Sie veranstaltete im Mai 2011 den „Brück Auf Musiktag“, an dem sich auch die
renommierten Musikspielorte Konzerthaus und Jazzclub Domicil beteiligten (siehe Punkt III.C.2).
www.brueckauf.de
7. Weitere kulturelle Akteure im Umfeld
Im Umfeld des Quartiers finden sich z. T seit mehreren Jahrzehnte weitere Akteure:
– Das Café Banane (Inh. Kristina Machholz) und der Idiot Record Store prägen schon seit den
1990er-Jahren das Bild der östlichen Rheinischen Straße und einen wichtigen Teil der Musikszene
der Stadt. Inhaber des Idiot Record Store ist Sir Hannes Smith, der ehemalige Sänger der in den
1990er-Jahren erfolgreichen Dortmunder Waveband „Phantoms of Future“.
– Das Café Corso ist seit 1988 Teil des Stadtteilzentrums Adlerstraße. Das Programm besteht aus
Salsa, Jazz, Improvisationstheater und Konzerten.
– Seit 1998 betreibt Cordula Nolte ein Tanztheater und eine Schule für Tanzkunst in der
wahrscheinlich ältesten Turnhalle Dortmunds, an der Paulinenstraße/Ecke Rheinische Straße. In
den jährlichen Spielzeiten (November bis April) ist in der Regel einmal pro Woche die aktuelle
Eigenproduktion zu sehen – mit nun seit zehn Jahren steigender Publikumsresonanz.
– Die Neue Kolonie West ist Zusammenschluß der Künstler und Kulturschaffenden des Dortmunder
Westviertels. www.neuekoloniewest.de.
– Im Verein Die Urbanisten e.V. haben sich kulturelle Konzeptentwickler zusammengeschlossen
www.dieurbanisten.de
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
1. Dortmunder U
Vom Expressionismus bis zu postmoderner Medienkunst – die kulturellen Akteure auf den 15.000
Quadratmetern des U sind hochkarätig und fast ausschließlich öffentlich finanziert: das Museum
Ostwall, der Hartware MedienKunstVerein, die Technische Universität Dortmund, die
Fachhochschule Dortmund mit ihrem geplanten Forschungsinstitut für Bewegtbildstudien unter der
Leitung des Regisseurs Adolf Winkelmann, der Trägerverein Kino im U, Kulturbüro Stadt Dortmund
und ecce (european centre for creative economy). Nach verschiedenen Eröffnungsstufen im Jahr
2010 wird der Vollbetrieb voraussichtlich im Herbst 2011 einkehren. Darüber hinaus plant die
Stadt Dortmund ein Gründerzentrum und eine Hochschule für die Kreativindustrie vor Ort. Im
August 2010 präsentierte sich – zum ersten Mal in Deutschland – das internationale Symposium für
elektronische und mediale Kunst ISEA 2010 RUHR mit einem umfangreichen Programm aus Ausstellungen,
Konzerten und Vorträgen. Mit der Bar „Ruby“ und dem Restaurant „View“ betreibt die
PanUrama GmbH zwei gastronomische Betriebe in Dach und Foyer. Die künstlerischwissenschaftliche
Leitung des U liegt bei Gründungsdirektor Dr. Andreas Broeckmann.
www.dortmunder-u.de
2. FZW
Das FZW (ehemals: Freizeitzentrum West) ist der Livemusikclub mit der größten Tradition in
Dortmund. Vor 36 Jahren eröffnete das FZW in einer Jugendfreizeitstätte im Kreuzviertel und
avancierte schnell zu einem Treffpunkt für Bands, DJs und entsprechende Szenen. Spätere
Weltstars wie die Scorpions, Green Day und Monster Magnet spielten schon auf der kleinen Bühne,
erfolgreiche Houseparties wie der „Club Trinidad“ zogen ein Publikum aus dem gesamten
Ruhrgebiet an. 2009 zog das FZW in einen Neubau an der Ritterstraße am westlichen Rand des UAreals
um. Das „neue“ FZW bietet bei einer Grundfläche von 2.165 Quadratmetern eine große Halle
(1.300 Zuschauer) und einen kleineren Club plus eine Gastrofläche mit Biergarten. Das
Investitionsvolumen betrug 4,5 Millionen Euro. Der Neubau wurde von Musikfans und Musikern
hervorragend aufgenommen: Seit September 2009 zählte das FZW rund 65.000 Gäste, im Mai
2010 starteten z. B. die Fantastischen Vier ihre Deutschlandtournee im FZW – auch
weil die Akustikbau-, Ton- und Bühnentechnik des FZW zur modernsten in Europa zählt. Zudem ist
das FZW mit seinem Hybridkonzept aus kommerziellen Veranstaltungen mit lokalen, regionalen und
internationalen Veranstaltern und einer Jugendförderung ist das FZW in der Metropole RUHR
einzigartig. Das 2009 aufgestellte Betreiberkonzept – ein Public Private Partnership zwischen der
Stadt Dortmund, der AWO und dem privaten Investor Limberg GmbH – konnte aufgrund von
Finanzierungslücken nur bis 2010 fortgeführt werden. Seit 2011 pachtet und betreibt die private
FZW event GmbH GmbH (Geschäftsführer: Till Hoppe) das FZW. www.fzw.de
C. Brachflächen / Leerstände
Das Stadtviertel Dortmund-West weist aufgrund seiner citynahen Lage und des heterogenen
Charakters eine mittlere Leerstandsquote auf. Potenziell stehen verschiedene größere
Büroimmobilien und wenige kleine Ladenlokale zur Umnutzung durch die Kreativwirtschaft zu
Verfügung.
1. Brachfläche für Kreativwirtschaftszentrum
Auf der Brachfläche zwischen U, dem nördlich gelegenen Gelände der Deutschen Bahn und der
Brinkhoffstraße wurde in den vergangenen Jahren von der Stadt Dortmund der Neubau eines
Zentrums für Kreativwirtschaft mit Berufskollegs (Bosch-Berufskolleg, Robert-Schuman-Kolleg plus
Sporthalle) favorisiert. Die Ausschreibung startete 2010, ein Investor ist noch nicht gefunden.
2. ver.di-Haus
Auf der Ecke Lange Straße/Friedrichstraße (Höhe U), einer Parallelstraße zur Rheinischen Straße,
liegt das ehemalige Verwaltungshaus der Gewerkschaft ver.di. Das Objekt steht seit ca. zehn Jahren
leer; das von ver.di geforderte Mietniveau ist für eine kreativwirtschaftliche Nutzung zu hoch.
3. Leerstandsmanagement Rheinische Straße
Auf der Rheinischen Straße finden sich ein ehemaliges Spielkasino, ein Peep-Show-Kino und ein
Haus mit 250 qm Leerstandsfläche. Alle Flächen befinden sich in Privathand. Die
Anpassungsberatung Fundo GmbH übt im Auftrag der Stadt Dortmund (Stadterneuerung) die
Funktion einer Mikrounternehmensberatung und eines Leerstandsmanagements aus. In den
vergangenen Jahren wurden auf Basis einer Bestandsaufnahme aller Gewerbebetriebe und
Leerstände die verfügbaren, gewerblich nutzbaren Leerstände um 80 Prozent reduziert. Außerdem
beriet und vermittelte Fundo 25 Ansiedlungswünsche überwiegend aus der Kreativwirtschaft im
Gebiet.
4. Ordnungsamt / Coworking-Haus
An der Ecke Hoher Wall 15/Silberstraße befindet sich das Haus des ehemaligen städtischen Ordnungsamts.
Seit 2008 wird das Erdgeschoss von Heimatdesign genutzt. Im ersten Obergeschoss
eröffnete die Agentur Heimatdesign im Mai 2011 das Coworking-Haus „Ständige Vertretung“. ecce
begleitete die Verhandlungen zwischen privatem Eigentümer und Betreiber und unterstützt die
Betreiber mit Förderungen, Coachings und Marketingkompetenz. Durch die nun geklärte
Betreibersituation (Heimatdesign und technologieSALON) eröffnen sich weitere Möglichkeiten einer
kreativwirtschaftlichen Nutzung: So gehört z. B. die Deutschland-Niederlassung der
niederländischen Stiftung zur Förderung von Design zu den Interessenten für eine Anmietung der
Obergeschosse. Des Weiteren konnten über eine Kooperationsanfrage der Robert-Bosch-Stiftung
renommierte Interessenten für Residenzen der Städte Rotterdam und Kosice gewonnen werden.
Aufgrund der fehlenden Fördermittel des Landes kann dieses Projekt derzeit nicht weiterverfolgt
werden.
5. Leerstände Königswall / Burgwall
In drei Immobilien in Privatbesitz auf Königs- und Burgwall steht eine Gesamtfläche von 4.800
Quadratmetern leer. Die Eigentümer sind u.a. die Continentale Versicherung und Dreier Immobilien
(Stand: März 2009). Alle Objekte liegen in unmittelbarer Nähe zum U.
D. Investitionen
1. Privat
a) Gastronomien im U, PanUrama GmbH
Alleiniger Investor und Betreiber der Gastronomien im U ist die PanUrama GmbH der Gastronomen
Till Hoppe (Thiergelände/X-Tide, Dortmund) und Thomas Pieper
(Dockland/Heaven/Fusion/Coconut Beach, Münster). Im Erdgeschoss befindet sich das „Ruby“,
eine Kombination aus Bistro, Cocktailbar, Lounge und Microclub. In der Kathedrale auf über 65
Metern Höhe befindet sich das „View“, eine Kombination aus Event-Location, Großraumrestaurant
und Club. Für 2011 ist die Eröffnung eines weiteren Restaurants im U und eines „Beach-Club“ auf
dem Baufeld Nord am U geplant. Ferner wird PanURama ein Restaurant auch im Nebengebäude
des U eröffnen.
b) BIG Krankenkasse (Mietflächen für Kreativwirtschaft)
„BIG direkt gesund“ ist die erste Direktkrankenkasse in Deutschland. Ihr Neubau auf dem südlichen
Teil des U-Areals (Rheinische Straße/Ecke Brinkhoffstraße) stellt die größte private Investition auf
dem Quartier-Gebiet dar. Allerdings leistet sie aufgrund ihrer Branchenfremde nur einen schwachen
kreativwirtschaftlichen Impuls für das Quartier. Im Gebäude befinden sich mittlerweile zwar Mieter
aus der Kreativwirtschaft, allerdings richtet sich das hohe Mietniveau nur an etablierte
Unternehmen.
c) A&O Hostel Dortmund Hauptbahnhof
Das Leerstandsobjekt Königswall 2 (ehemalige Commerzbank) wurde 2011 vom Investor A&O Hotel
and Hostel Dortmund in ein Jugendhostel mit 93 Hotel- und 12 Hostelzimmern umgewandelt. Das
Investitionsvolumen beträgt 4,2 Millionen Euro, der Mietvertrag läuft über 25 Jahre. Das
Kreativ.Quartier Dortmunder U erhält so in unmittelbarer Nähe eine Übernachtungsmöglichkeit für
junge, internationale Gäste.
2. Public Private Partnerships
a) RWE Stiftung, RWE Forum und Kino
Der U-Projektpartner RWE ist Sponsor und Namensgeber des RWE Forum, einer Multimedia-Lounge
im Erdgeschoss mit einer Kapazität von 200 Personen. Vor allem die Fachhochschule Dortmund
und der Hartware MedienKunstVerein werden hier künftig arbeiten. Das Forum dient zugleich als
Veranstaltungsraum und Kino. Das Kinoprogramm wird vom Trägerverein Kino im U e.V. gestaltet.
Der Verein setzt sich aus Akteuren von MO, HMKV, FH, TU, der künstlerischen Leitung des U und
der Festivalleitung des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund zusammen.
b) Union Gewerbehof / Stadtumbaugebiet Rheinische Straße
Von der Entwicklung des Dortmunder U zum Kreativstandort ist ein Entwicklungsimpuls für das
gesamte Stadtumbaugebiet Rheinische Straße ausgegangen. Der Union Gewerbehof stellte
allerdings bereits vorher ein funktionierendes Areal mit 75 Firmen und Freiberuflern, zum Teil aus
der Kreativwirtschaft, dar. In der Zukunft bieten die Leerstände im Umfeld bei entsprechender
Steuerung ein Potenzial zur Entwicklung einer ausgedehnten „Kreativwerkstatt“. Allerdings ist die
Strahlkraft des Gewerbehofs in das umgebende Viertel aufgrund seiner Insellage begrenzt. Durch
Umwandlung von benachbartem ungenutzten Wohnraum in Gewerberaum können die Leerstände
beseitigt und die Kapazitäten des Union Gewerbehofs als Motor des Gebiets ausgebaut werden.
Dafür ist innerhalb des Stadtumbaus Rheinische Straße die Gründung einer Genossenschaft der
Immobilieneigentümer und der ansässigen Unternehmen vorgesehen. Als Startimpuls für ein
konzertiertes Handeln und zur Präsentation dort ansässiger Akteure diente die Messe „Kreativität
braucht Käufer“ im September 2010.
3. Öffentlich
a) Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität
Das U soll neben den oben (siehe Punkt I.) genannten Funktionen als integriertes Zentrum von
Kunst und Wissenschaft auch in der Kunstvermittlung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Maßstäbe setzen. Auf den sechs Etagen sind Werkstätten und Seminarräume, Vortrags- und
Veranstaltungssäle sowie eine kleine Bibliothek vorhanden. FH und TU sind mit
Ausstellungsräumen ebenfalls präsent. Als künstlerischer Direktor des Dortmunder U fungiert Dr.
Andreas Broeckmann. Der Kulturwissenschaftler und Kurator hat in den Vorjahren das international
renommierte Berliner Festival „transmediale“ geleitet und die Interaktion zwischen Medien und
digitaler Kultur untersucht, betrieben und gefördert.
b) Fachhochschule Dortmund, FB Design
Die Fachhochschule bezog mit ihrem Fachbereich Design das erste Obergeschoss des
Brauereiturms. Die Berufschancen für gut ausgebildete Designerinnen und Designer sind
ausgezeichnet, dies zeigt nicht zuletzt der Erfolg der Absolventen der Dortmunder FH: Sie arbeiten
als Freiberufler, als Angestellte in Agenturen und Designbüros oder gründen erfolgreich eigene
Unternehmen. 2011 fanden auf der FH-Etage des U temporäre Veranstaltungen wie die
Absolventenausstellung „The Market“ und der Absolventenpreis „Focus Award“ statt. www.fhdortmund.
de
c) Fliegende Bilder / Institut für Bewegtbildmedien
Der nach außen weithin sichtbare Blickfang des Dortmunder U sind die LED-Jalousien in den
offenen Fenstern des Turmaufsatzes in 75 Meter Höhe. Auf insgesamt 600 Quadratmetern werden
von Regisseur Adolf Winkelmann produzierte Filme und Einzelbilder gezeigt. Im Foyer des U
installierte Winkelmann zusätzlich die „Fliegenden Bilder“, ein Panorama aus elf Bildschirmen.
Auch entlang der Rolltreppen, die durch die Vertikale sieben Etagen hinauf führen, zeigt
Winkelmann szenische Geschichten aus dem Alltag der Ruhrgebietsbewohner: Für die über 100
Stunden in HD gefilmtem Bildmaterial kletterte der Regisseur auf Windräder, wühlte sich durch
Mülldeponien und fuhr mit dem Luftschiff über das Ruhrgebiet. Als hochmoderne Symbiose aus
Filmkunst und neuester Technologie sind diese Installationen in Anspruch, Umsetzung und
Dimension weltweit einzigartig und haben das U schon heute internationale Anerkennung gewinnen
lassen. Durch die Verzahnung der äußeren Displays mit der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts
innerhalb der Mauern wird das U zu einem der wichtigsten europäischen Standorte für
Medienkunst. Das sich derzeit in Gründung befindende Institut für Bewegtbildmedien unter Leitung
von Adolf Winkelmann. ist ein Teil des Fachbereichs Film der Fachhochschule Dortmund.
d) Museum Ostwall
Das Museum am Ostwall zog als Museum Ostwall in die vierte und fünfte Ebene des Dortmunder U.
Die Neupräsentation der Sammlung unter der Leitidee „Das Museum als Kraftwerk“ bietet auf
Ebene 4 einen Rundgang von den Fluxus-Arbeiten der 1960er-Jahre zurück zu den Werken des
Expressionismus. Auf der Ebene 5 führt der Weg zu Arbeiten von Wolf Vostell, Joseph Beuys, Dieter
Roth, Martin Kippenberger, Anna und Bernhard Blume und Jason Rhoades sowie zu Werken
jüngerer Künstler wie Mark Dion, Adrian Paci, Ben Vautier und Tobias Zielony. Die Kunstwerke werden
durch Texte, Fotografien, Filme und Interviews ergänzt. Das MO versteht sich als ein Speicher
der Vergangenheit und zugleich als Ort der aktuellen künstlerischen wie gesellschaftlichen
Produktivität, an dem die Besucher teilhaben können. Höhepunkt im Jahr 2011 ist die neue
Ausstellungsreihe „MO Schaufenster“, u.a. mit Fotografien von Andreas Gursky.
e) Technische Universität Dortmund
Die Universität Dortmund teilt sich mit der FH das erste Obergeschoss des Brauereiturms. Die
Dortmunder Universität lehrt und forscht seit ihrer Gründung im Jahr 1968 im globalen
Spannungsfeld von Natur, Mensch und Technik. Durch ihr einzigartiges Profil hat sie insbesondere
in der Metropolregion RUHR einen wichtigen Beitrag zur Genese von Wissen geleistet. Die
Hochschuletage im Dortmunder U ist in diesem Sinne der „TU-Campus Stadt“: Die TU demonstriert
hier, dass Kunst, Kreativität und Innovation an der Hochschule einen wichtigen Platz einnehmen
und dass Wissenschaft ein bedeutender Teil von Kultur ist. Neben Lehrveranstaltungen und
Workshops für die Universitätsangehörigen und die interessierte Öffentlichkeit sollen im U auch
regelmäßig Ausstellungen, Preisverleihungen, Lesungen und weitere Veranstaltungen stattfinden.
Im Sinne des Rahmenkonzepts des U als Zentrum für Kunst und Kreativität sieht die TU neben der
Nutzung für öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen großes Potenzial in der dauerhaften
Vernetzung von Wirtschaft und Kultur auf der Hochschuletage. www.tu-dortmund.de
E. Akteure
1. ecce
Das european centre for creative economy (ecce) fördert als ausgegründetes Institut der
RUHR.2010 die Entwicklung der Kreativwirtschaft in der Metropole Ruhr. Neben integrativen
Stadtentwicklungskonzepten werden die europäische Vernetzung und die Erschließung von
Auslandsmärkten betrieben. Vor allem die nachhaltige Etablierung von Strukturen für die
Kreativwirtschaft der Metropole Ruhr, etwa das Onlinelabor 2010.LAB oder die Kreativ.Quartiere,
ein Kooperationsprojekt mit den Städten zur temporären Umnutzung von Leerständen und
Immobilien, stehen im Zentrum der Arbeit. ecce engagiert sich für die urbanen
Entwicklungsimpulse des Dortmunder U und hat seine Arbeit bereits vor dessen Eröffnung
aufgenommen. Die Geschäftsräume des Instituts befinden sich seit April 2011 im Nebengebäude
des U.
2. Fachhochschule Dortmund, FB Design
Siehe Punkt I.D.3.b
3. Hartware MedienKunstVerein
Der HMKV ist eine Plattform für Produktion, Präsentation und Vermittlung sowie die diskursiven
Kontexte von zeitgenössischer bzw. experimenteller (Medien-)Kunst. Durch seine inhaltliche
Konzentration auf den Bereich Medienkunst hat sich der HMKV zu einer in Deutschland
einzigartigen Institution entwickelt. 2007 und 2008 wurde der HMKV für den Preis der
Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (ADKV) und der ART COLOGNE nominiert. Der HMKV
arbeitet auf der Basis eines regional und international verankerten Netzwerks. Er veranstaltet
Ausstellungen, Film-, Video-, Musik-, Performance- und Vortragsprogramme sowie Konferenzen und
Workshops. Darüber hinaus betreut der HMKV seit 2000 das sechsmonatige Stipendium des Landes
Nordrhein-Westfalen für Medienkünstlerinnen aus NRW. Seit April 2006 befindet sich die
Geschäftsstelle des Medienwerks NRW beim HMKV. Der HMKV hat im Mai 2010 die 2. Etage des U
bezogen, in der er bereits Ausstellungen wie „Building Memory“ und „Agents & Provocateurs“ im
Rahmen des landesweiten Festivals „scene: ungarn in nrw – 40. Internationale Kulturtage der Stadt
Dortmund“, organisiert hat. Im August 2010 präsentierte sich – zum ersten Mal in Deutschland –
das internationale Symposium für elektronische und Medienkunst ISEA 2010 RUHR mit einem
umfangreichen Programm aus Ausstellungen, Konzerten und Vorträgen zur aktuellen digitalen
Kunst und Kultur. Die Höhepunkte in 2011 waren Barbara Breitenfellners „Traum einer
Ausstellung“ und das „Japan Media Arts Festival“. www.hmkv.de
4. Institut für Bewegtbildmedien
Siehe Punkt I.D.3.c
5. Land NRW
Als zentrales Element der staatlichen Kultur- und Kreativförderung und der Kulturhauptstadt
RUHR.2010 kofinanzierte das Land Nordrhein-Westfalen den Umbau des U mit einem Betrag von
neun Millionen Euro. Das Land NRW betrachtet die Kreativwirtschaft als einen der
Wachstumsmotoren im 21. Jahrhundert, auf dessen Beitrag die Metropole RUHR nicht verzichten
kann.
6. Museum Ostwall
Siehe Punkt I.D.3.d
7. Technische Universität Dortmund
Siehe Punkt I.D.3.e
8. Stadt Dortmund
In der Stadtverwaltung Dortmund arbeiten die Wirtschaftsförderung Dortmund,
DORTMUND.KREATIV und Kulturbüro an den weiteren Planungen zum Kreativ.Quartier U. Der
gemeinsame Arbeitskreis von Dortmunder Wirtschaftsförderung und Kulturbüro stellt ein auch für
andere Regionen innovatives Modell dar.
9. Verschiedene kulturelle Akteure im Umfeld
Kreativwirtschaft und Kulturszene sind in und um das U-Areal noch wenig ausgeprägt. Dennoch sind
einige alteingesessene und neue Orte einer freien Szene zu finden: FZW, Salon-Atelier, Café Banane,
Café Corso, Tanztheater und – schule Cordula Nolte, Neue Kolonie West und Die Urbanisten e.V.
(siehe I.A.7).
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Das Dortmunder U gilt seit seiner Eröffnung als Leuchtturmprojekt der öffentlich geförderten Kultur
der Metropole RUHR. Allerdings besitzt das Objekt vor dem Hintergrund anderer Akteure im
Kreativ.Quartier den Charakter eines Solitärs. Der von der U-Eröffnung ausgegangene Impuls sollte
zur Entwicklung des umliegenden Stadtquartiers genutzt werden, um langfristig die subventionierte
Kultur im U-Turm in ein Spannungsfeld mit starken subkulturellen Einflüssen von Musik (siehe
Punkt I.A.5) bis zu bildender Kunst zu überführen.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Die Arbeit von ecce beginnt mit der Identifikation von handelnden Akteuren und städtebaulichen
Potenzialen. In einem nächsten Schritt betreibt ecce über das Instrument der Roundtables eine
moderierte Integration der lokalen Gestalter. Gemeinsam mit den handelnden Akteuren wurden in
Dortmund bereits drei Roundtables veranstaltet, deren Fortführung zurückgestellt wurde – die
Belastung der Akteure durch den Umzug ins U stellte hier einen nachvollziehbaren
Hinderungsgrund dar. Ab 2011/12 sollen die Roundtable ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn
des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte
Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das
Kreativ.Quartier Dortmunder U eine modifizierte Strategie, die später in weiteren Kreativ.Quartier-
Roundtables mit den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine Entscheidung über eine
Wiederaufnahme der Förderung durch die Landesregierung NRW wird frühestens im Herbst 2011,
spätestens im Januar 2012 erwartet.
A. Entwicklungsworkshop
ecce plant gemeinsam mit den Dortmunder Akteuren in den zukünftigen Roundtables Themen und
Zeitpläne für Entwicklungsworkshops zu erstellen. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Entwicklung
eines Design-Kraftfeldes im Gebäude des teils leer stehenden Ordnungsamts. Zusätzlich zum
Ankermieter Heimatdesign und dessen Coworking-Haus sind in Planung: Residenzen zum
Künstleraustausch der Städte Rotterdam, Istanbul und Kosice und die Deutschland-Niederlassung
der niederländischen Stiftung zur Förderung von Design.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat ecce in Dortmund verschiedene „Kraftfelder“
lokalisiert. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Entwicklungsstrategie dar. Mit „Kraftfeld“
bezeichnet ecce Orte, die die Dynamik des Kreativ.Quartiers U entscheidend gestalten. Als bereits
bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher Anziehungskraft werden sie im Rahmen der
Kreativ.Quartiere nicht durch besondere Maßnahmen entwickelt. Sie beeinflussen jedoch die
Quartiersstrategie und werden als Rahmenbedingungen berücksichtigt.
1. Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität
Der Fokus des U liegt auf Kunst und Medienkunst des 20. und 21. Jahrhunderts – kombiniert mit
der Produktion und Vermittlung von Kunst und Kreativität: Museum Ostwall, Institut für
Bewegtbildforschung, Hartware MedienKunstVerein, TU und FH begründen das innovative Konzept.
Auf den Gebieten der kulturellen Bildung für das digitale Zeitalter, mit Partnerschaften zwischen
Kunst und Wissenschaft und der Kooperation mit Akteuren der Kreativwirtschaft, ist das U
wegweisend.
2. Heimatdesign / Coworking-Haus
Heimatdesign kombiniert Agentur, Shop, Veranstaltungen und Magazin zu einer Plattform für
junges Design aus der Region und stärkt Dortmund als Stadt für kreative Designakteure. Die
Mischung aus Mode, Grafik, Objekt, Fotografie und Journalismus ist dabei ein wichtiges
Alleinstellungsmerkmal. Seit Mai 2011 betreiben die Inhaber auch das Coworking-Haus „Ständige
Vertretung“.
3. Union Gewerbehof
Der Union Gewerbehof beherbergt 75 kleine und mittlere Unternehmen, Wissenschaftler und
Kreative aus den unterschiedlichsten Branchen. Das Raumangebot setzt sich aus Büro-, Werkstatt-,
Atelier- und Lagerräumen verschiedenster Größe zusammen. Im Nebeneinander unterschiedlicher
Akteure, Ziele und Unternehmen ist ein soziales Gebilde entstanden, das fruchtbare Formen der
Zusammenarbeit hervorgerufen hat.
4. FZW
Das FZW ist der Livemusikclub mit der größten Tradition in Dortmund, seit 2009 ist es in einem
Neubau an der Ritterstraße beheimatet. Auf 2.165 Quadratmetern werden in einer großen Halle
und einem kleineren Club regelmäßig hochkarätige internationale Bands präsentiert. Die technische
Ausstattung des FZW zählt zu den modernsten in Europa. Auch mit seinem Hybridkonzept aus
kommerziellen Veranstaltungen und Jugendförderung ist das FZW in der Metropole RUHR
einzigartig (siehe I.B.2).
C. Temporäre kulturelle Impulse
Der Begriff „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Entwicklung der Leerstände voranbringen und oft zu langfristigen
Nutzungen führen.
1. GastGastgeber – temporäre Hotelanlage Möllerstraße
Ziel des Projekts GastGastgeber (Intendant: Hans Venhuizen, Rotterdam) war eine langfristige
Vermittlung internationaler Akteure in die Metropole RUHR. Ausgehend von Impulsen aus den
RUHR.2010-Themenfeldern „Stadt der Möglichkeiten“ und „Stadt der Kreativität“ (ecce) wurde der
Fokus zunächst auf die Niederlande gerichtet und dortige Unternehmen eingeladen. Eine
Schlüsselfunktion übten bereits in der Metropole RUHR angesiedelte Niederländer aus – sie wurden
vom Gast zum Gastgeber für ihre Landsleute. Durch Konzeption, Beratung und Vermittlung von
ecce zwischen Immobilieneignern und Städten konnten zwei Objekte in Kreativ.Quartieren der Metropole
RUHR evaluiert und entwickelt werden: Neben dem Wasserturm am Oberhausener Bahnhof
wurden seit Juli 2010 in der Möllerstraße in Dortmund leer stehende Wohnungen angemietet und
zu einer temporären Residenz für ausländische Kreative umgebaut. Aufgrund des großen Erfolgs
erklärte sich der Immobilieneigentümer TAS dazu bereit, das Projekt zu verlängern. Aus
Personalmangel konnte ecce hier allerdings nicht weiterhin betreuend auftreten. Das Projekt ist
beendet.
2. Initiative Brück auf
Außerhalb des Kreativ.Quartiers Dortmunder U gründete sich im Dezember 2010 im Brückviertel
die Initiative „Brück auf“. Mitglieder sind u.a. Akteure des Orchesterzentrum NRW und Agenturen
aus dem Viertel. Ihr Ziel: eine Förderung der Attraktivität der Straßenzüge um die „Brück“. ecce
unterstützt die Initiative inhaltlich und durch die Akquise von Fördergeldern. Im Sommer 2011 fand
ein von der Initiative organisierter Musiktag im Brückviertel statt.
3. DORTMUND.KREATIV-Veranstaltungen
Seit 2008 veranstaltet DORTMUND.KREATIV die Reihe DORTMUND.KREATIV.Stars und präsentierte
hier Unternehmen und Freiberufler aus den Branchen Möbeldesign, Kommunikationsdesign,
Fotografie und Accessoires/Mode. Auch die Veranstaltungen DORTMUND.KREATIV.trends,
DORTMUND.KREATIV.dialog und DORTMUND.KREATIV.finanzierung richten sich an die inhaltlichen
und strukturellen Belange der Kreativwirtschaft. In Kooperation mit den Wirtschaftsförderungen der
Städte Bochum, Duisburg, Essen sowie der Wirtschaftsförderung Metropole RUHR fand im August
2011 bereits die dritte Creative Stage Ruhr in Dortmund statt.
4. Festival Bohème Précaire (in Planung)
Nach 2010 soll auch 2011 Bohème Précaire, ein Festival für junge Gegenwartskunst stattfinden
(Kurator: Fabian Saavedra-Lara). In diesem Jahr werden die Ausstellungen um temporäre kulturelle
Nutzungen der Leerstände der Rheinischen Straße erweitert. ecce hat das Festival mitentwickelt
und fördert es. Das Festival knüpft an die Erfolge der ISEA 2010 an und will Medienkunst als
traditionellen Standortfaktor in Dortmund weiter ausbauen. Es dient gleichzeitig als Beispiel, wie
das Dortmunder U auch in sein Umfeld ausstrahlen und temporäre kulturelle Impulse zwischen
geförderter Hochkultur und Subkultur vermitteln kann.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Ausgangsimpuls für den Prozess eines langfristigen Wandels.
1. Dortmunder U
Die Kosten für den Umbau des Dortmunder U bis zum veredelten Rohbaustand beliefen sich auf
rund 49 Millionen Euro. Von den zunächst beantragten Kosten in Höhe von 45,79 Millionen Euro
tragen die EU 50 Prozent und das Land NRW 20 Prozent; der darüber hinausgehende Betrag wird
von der Stadt Dortmund übernommen. Die Kosten für den nutzerspezifischen Ausbau der Etagen
tragen die Nutzer des Zentrums für Kunst und Kreativität selbst. Nach dem Entwurf von Gerber
Architekten wurde der ehemalige Brauereiturm saniert und zum Zentrum für Kunst und Kreativität
umgebaut. Der architektonische Entwurf basiert auf der zentralen Idee, das Bauvolumen des UTurms
erstmals in seiner ganzen Größe auch im Innenraum erlebbar zu machen. Eine Stadt erhielt
so ihr Wahrzeichen zurück: Die durch die Eröffnung des U entfachte Dynamik und Aufmerksamkeit
sollte nun dazu genutzt werden, das umliegende Viertel als Kreativ.Quartier auch für eine freie
Szene zu entwickeln. Die öffentliche Investition ist als Impulsgeber höchst nützlich – für eine
Ansiedlung einer nicht subventionierten Kreativwirtschaft sind jedoch noch weitere Maßnahmen und
Freiräume nötig.
2. FZW
Mit einem Investitionsvolumen 4,5 Millionen Euro, getragen durch den privaten Investor Limberg
GmbH, ist das FZW als Konzertclub mit hochwertiger Technik für ein internationales Programm
errichtet worden. Das FZW wurde zunächst von der Stadt Dortmund und der Arbeiterwohlfahrt
betrieben, seit 2011 hat Gastronom Till Hoppe den Betrieb übernommen. Die regionalen und
überregionalen Abstrahleffekte des traditionellen FZW-Programms konnten in den neuen
Räumlichkeiten noch verstärkt werden – vor allem durch Konzerte von Künstlern wie Phoenix, Alice
in Chains, HIM, Die Fantastischen Vier u. v. a. Auch die lokale Musikwirtschaft (Veranstalter, Bands,
DJs) profitiert zum Teil vom FZW. Durch die Personalunion der Betreiber von FZW und den
Gastronomien im U sind Synergien zu erwarten. Ein direkter inhaltlicher Zusammenhang zu den
Aktivitäten auf dem U-Areal konnte allerdings noch nicht beobachtet werden.
3. Union Gewerbehof
Im Rahmen des Stadtumbau West / Rheinische Straße wurde der Union Gewerbehof zu einem
Kreativquartier erweitert. Auf der Messe „Kreativität braucht Käufer“ stellten rund 40 Unternehmen
aus. Die Leerstände im Umfeld bieten bei entsprechender Steuerung (z. B. Umwandlung von
angrenzendem Wohnraum) ein Potenzial zur Entwicklung eines „Kreativwerkstatt-Stadtteils“. Dafür
ist innerhalb des Stadtumbaus Rheinische Straße die Gründung einer Genossenschaft der
Immobilieneigentümer und der ansässigen Unternehmen vorgesehen.
4. Medientechnik in Krone des U
Die sichtbarste und aufmerksamkeitsstärkste öffentliche Investition stellen die LED-Leinwände in
der Krone des U dar. Die vom Land NRW getragene Investition prägt auf weltweit für Aufsehen
sorgende Art und Weise die Außenwirkung des U. ecce installierte Anfang 2011 eine Livecam, so
dass die „Fliegenden Bilder“ auf den LED-Leinwänden nun weltweit zu sehen sind und ein neues
Publikum für U und Dortmund erreichen. Darüber hinaus verweisen die leuchtenden Leinwände auf
die Inhalte des U auf dem Gebiet der Medienkunst: das in Gründung befindliche Institut für
Bewegtbildmedien und den Hartware MedienKunstVerein. Diese Konstellation entfaltete bereits
Wochen nach der Eröffnung des U Spin-off- und Sogeffekte bis in die internationalen Szenen
hinein: Das Medien Kunst Archiv Wien plant derzeit eine Kooperation mit dem HMKV und erwägt,
eine Dependance im Kreativ.Quartier Dortmunder U zu eröffnen. Gleichzeitig muss die lokale Szene
stärker integriert werden: Die neu gewonnene Ausstrahlung des U kann hier jedoch nur als ideeller
Effekt helfen – das Mietniveau im U und in den geplanten Neubauten (siehe Punkt I.C.1) ist für alle
relevanten freien Akteure deutlich zu hoch.
5. „Ständige Vertretung“ Coworking-Haus Dortmund
Die Agentur Heimatdesign eröffnete in Kooperation mit technologieSALON im Mai 2011 mit
„Ständige Vertretung“ das erste Coworking-Haus im Ruhrgebiet. Das Konzept: An 30 Großraum-
Arbeitsplätzen und 20 abgetrennten Büroplätzen können Freiberufler stunden-, tage- oder
monatsweise Büroplatz mieten. Auch der renommierte Hartware MedienKunstVerein (siehe Punkt
I.3.E) bezieht seine Büroräume im Haus. Als Immobilie dient das ehemalige Ordnungsamt der Stadt
am Hohen Wall gegenüber dem U. ecce unterstützt die Betreiber mit Coachings und
Marketingkompetenz. Das innovative Konzept stieß allerdings auf Widerstand innerhalb der Stadt:
Die Stadt plant neben dem U einen Neubau für die Kreativwirtschaft und fürchtet eine
Kannibalisierung. Eine von ecce versuchte Moderation der Interessen zwischen Befürwortern von Altund
Neubau gelang nicht.
www.staendigevertretungdortmund.de
6. gründerkojen_dortmund
Die Gründerkojen in der Ständigen Vertretung in Dortmund bieten Raum für innovative
Softwareentwicklungen. In enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Dortmund werden
ab September 2011 drei Gründerkojen für junge IT-Unternehmen im ersten großen Coworking-
Bereich Dortmunds angeboten. Um die begehrten Gründerkojen beziehen zu können, sind
Interessierte (auch außerhalb Dortmunds) aufgerufen, sich mit ihren innovativen ITUnternehmenskonzepten
zu bewerben. Die besten neun Bewerber werden von einer fünfköpfigen
Jury bewertet. Die drei Gründer mit den überzeugendsten Konzepten erhalten für sechs Monate eine
der Gründerkojen als Arbeitsplatz in der neu geschaffenen Coworking-Umgebung inkl. Schreibtisch,
Lampe, Stuhl, WLan, Coachings, Nutzung des Seminarraums, Blog und Teilnahme an
„Schnittchenterminen“, einem Forum der Dortmunder Coworker.
www.gruenderkojen-dortmund
III.6. MÜLHEIM AN DER RUHR – GAMES FACTORY RUHR
I. AUSGANGSLAGE
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Ankermieter in der Games Factory Ruhr
2. weitere Unternehmen in der Games Factory Ruhr
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
C. Brachflächen / Leerstände
D. Investitionen
1. Games Factory Ruhr
E. Akteure
1. Ankermieter Games Factory
2. Mülheim & Business GmbH
3. Eheleute Grave
4. Sparkassen-Tochter FDL
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
B. Kraftfelder
1. Games Factory Ruhr
2. Game Development Initiative Ruhr (GDI.Ruhr)
a) Start-up-Unterstützung durch Gründerlabore
b) Ausbildung und Forschung
c) Wachstum und Weiterbildung
d) Netzwerke und Veranstaltungen
3. Mülheim & Business GmbH
C. Temporäre kulturelle Impulse
D. Schlüsselinvestitionen
1. Games Factory Ruhr
2. GDI.Ruhr / Gründerlabore
3. Game Technology Competence Center NRW / Universität Duisburg-Essen
I. AUSGANGSLAGE
In Mülheim an der Ruhr arbeiten in der Kultur- und Kreativwirtschaft rund 3.000 Beschäftigte (davon
1.400 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte) in 440 Unternehmen und erwirtschaften einen
Umsatz von rund 130 Millionen Euro (2007). Die wichtigsten Teilbranchen sind Software/Games,
Design, Architektur, das Verlagsgewerbe, darstellende und bildende Künste sowie Werbung (Quelle:
Analyse der Kreativwirtschaft Ruhr, im Auftrag der Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH,
durchgeführt von der „empirica Qualitative Marktforschung, Stadt- und Strukturforschung GmbH“).
Das Kreativ.Quartier Games Factory Ruhr baut auf dem bereits etablierten Cluster der
Computerspielentwickler in der Games Factory Ruhr auf – ein Projekt, das eine starke Tradition in
große Zukunftschancen überführt. Denn für den Gründungsmythos der deutschen
Computerspielindustrie spielt Mülheim an der Ruhr eine große Rolle: Im Jahr 1988 veröffentlichte
das Entwicklerstudio Blue Byte mit Standort im Stadtteil Eppinghofen das Gesellschaftsspiel „Die
Siedler“ als PC-Spiel. Durch den Erfolg des Spiels avancierte der Standort Mülheim schnell zur Wiege
für Spieladaptionen und -entwicklungen für PC und Konsole. Es entwickelte sich eine kreative und
dynamische Szene, die allerdings – entsprechend ihres Frühstadiums – vorerst unkoordiniert blieb.
Bis heute hat sich das Cluster aus neuen und jungen Entwicklerstudios stark verdichtet. Verschiedene
Standortanalysen zeigen, dass die Stadt dieser digitalen Elite noch mehr Möglichkeiten bieten kann.
Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, ein Kreativ.Quartier für die Gamesbranche zu entwickeln
sowie die Kreativwirtschaft in Mülheim an der Ruhr insgesamt zu fördern. ecce betrachtet Mülheim an
der Ruhr schon seit diesem Zeitpunkt als zukunftsträchtigsten Standort für Spieleentwickler in der
Metropole Ruhr. Diese Einschätzung wurde von der Mülheim & Business GmbH prompt aufgegriffen:
In einem Gespräch mit Stephan Reichart, seinerzeit Geschäftsführer der Aruba Studios GmbH, wurde
im Anschluss die Idee der Entwicklung einer „Games Factory Ruhr“ geboren.
Es stellte sich schnell heraus, dass die Rahmenbedingungen am ursprünglich ins Auge gefassten
Standort im Rhein-Ruhr Hafen den Anforderungen der Gamesbranche nicht genügten. Der Gedanke
des „Kreativ Kai“ wurde daher in zwei Bestandteile aufgetrennt – die Games Factory Ruhr an einem
neuen Standort und die „Creative Factory Ruhr“ am bestehenden Standort des ehemaligen „Kreativ
Kai“. Für die Umsetzung der „Creative Factory Ruhr“ im Rhein-Ruhr Hafen zeichnete sich später ab,
dass eine wirtschaftlich tragfähige Lösung nicht realisierbar ist, sodass der Gedanke der Entwicklung
einer Immobilie für verschiedene Teilbereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft zunächst in den
Hintergrund gestellt wurde. Stattdessen wurde intensiv die Idee der Entwicklung einer Games Factory
Ruhr verfolgt.
Gemeinsam mit vier Games-Unternehmen prüfte die Mülheim & Business GmbH in einem gezielten
Bottom-up Ansatz weitere vier Standorte (Aktienstraße, Bismarckstraße, Solinger Straße und
Kreuzstraße). Mit der Baugalerie an der Kreuzstraße im Stadtteil Eppinghofen wurde mithilfe der
Sparkassen-Tochter FDL schließlich ein Objekt gefunden, das den Anforderungen der Branche
genügte. Außerdem wurde ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept für die Realisierung der Games
Factory Ruhr erarbeitet. Die ehemalige Baugalerie an der Kreuzstraße verfügt über rund 2.000 qm
Fläche, von denen rund 1.600 qm als Bürofläche und 400 qm als Lagerfläche nutzbar sind. Das
Gebäude liegt innenstadtnah und ist vom Bahnhof fußläufig zu erreichen.
Im Dezember 2008 wurde die Eröffnung der Games Factory Ruhr im Rahmen einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit der RUHR.2010 bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgte am Vorabend des
Deutschen Entwicklerpreises in Essen im Rahmen der Gründung der Ruhr Games Commission. Die
ersten vier Ankermieter zogen nach Beginn der Umbauarbeiten im Frühjahr 2009 ein.
Mit der Entwicklung der Games Factory Ruhr rückte auch der Quartiersgedanke wieder stärker in den
Fokus, da Eppinghofen als migrantisch geprägter Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf
interessante Entwicklungschancen im Umfeld der Games Factory Ruhr bot und auch weiterhin bietet.
Überdies soll vom Kreativ.Quartier Games Factory Ruhr aus auch zu den anderen kreativen und
kulturellen Spielorten in Mülheim ein „Brückenschlag“ erfolgen.
Im Folgenden werden Bestand und Aktivitäten der Akteure aufgeführt, die die Basis des Bottom-up-
Prozesses darstellen. Im Anschluss werden Vision, langfristige Ziele und die Entwicklungsstrategie
dargelegt.
A. Kreativwirtschaft / freie Kultur
1. Ankermieter in der Games Factory Ruhr
Die Games Factory Ruhr (GFR) startete im Dezember 2008 mit vier Unternehmen aus der
Gamesbranche. Dazu zählte die Aruba Studios GmbH, die Aruba Events GmbH (Geschäftsführer:
Stephan Reichart, zum damaligen Zeitpunkt auch Hauptgeschäftsführer des GAME Bundesverbandes
der Entwickler von Computerspielen), die Entwicklerstudios Crenetic GmbH (Geschäftsführer: Carsten
Widera-Trombach) und Silent Dreams. GFR-Mitgründer Widera-Trombach unterstützte z. B. die
Entwicklung der GFR von Beginn an stark: Mit dem Umzug seines Unternehmens in die Games
Factory wollte der Geschäftsführer zum einen das Projekt fördern und zum anderen die Chance
nutzen, intensiver vor Ort mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, gemeinsame Aktivitäten
auszuweiten und Erfahrungen auszutauschen. www.gamesfactory-ruhr.com
2. weitere Unternehmen in der Games Factory Ruhr
Die Mietauslastung der GFR konnte seit dem Einzug der ersten Entwicklerstudios kontinuierlich
erhöht werden. Mittlerweile sind hier 16 Firmen und Freelancer angesiedelt. Diese
Kreativunternehmen beschäftigen vor Ort über 50 Mitarbeiter. Von den 1400 verfügbaren
Quadratmetern Bürofläche konnten bereits 900 qm vermietet werden.
Im Kreativ.Quartier Games Factory Ruhr arbeiten derzeit folgende Unternehmen und Freelancer:
Aruba Events GmbH (Deutschlands führende Eventagentur für Veranstaltungen der
Gamesbranche)
Aruba Studios GmbH (Independent Game Developer)
Catnip Games GmbH & Co. KG (Independent Game Developer/Producer)
Centigrade GmbH (User Interface Architectures)
Crenetic GmbH Studios (Independent Game Developer)
Eins2Design (Full Service Advertising Agengy)
eleven media GmbH (Produktion digitaler Magazine)
Fat Guy Entertainment UG (Independent Mobile Game und App Developer)
GDI.Ruhr (Game Development Initiative Ruhr)
Sound4 (Freelance Sound Design, Komposition, Audio Postproduktion)
Michael Filipowski (Freelance Character Artist)
Novacore Studios (Independent Game Developer)
Postroom Carsten Klask (Fotograf, Postproduktion)
Sascha Blättgen (Freelance Illustrator und Concept Artist)
Silent Dreams GbR (Independent Game Developer)
Tri Berg Agentur (Medienproduktion)
B. Öffentliche Kultureinrichtungen
In unmittelbarer Reichweite der Games Factory sind keine öffentlichen Kultureinrichtungen
vorhanden.
C. Brachflächen / Leerstände
Die Games Factory Ruhr residiert in einer ehemaligen Maschinenfabrik im Stadtteil Mülheim-
Eppinghofen. Der Stadtteil gilt aufgrund seines besonderen Erneuerungsbedarfs und zahlreicher
Leerstände als klassischer Stadtteil im Umbruch. Mit mehr als 80 vertretenen Nationen ist die
Struktur der Bewohnerschaft stark migrantisch geprägt. 2007 wurde für Eppinghofen ein Stadtteil-
Management eingerichtet, das die Wohnqualität der 12.000 Einwohner verbessern soll. Die
Fluktuation ist allerdings noch groß – dies führt dazu, dass Eppinghofen oft als preiswerter
Wohnstandort auf Zeit angenommen wird. Die Folge ist eine geringe und schwache Identifikation mit
dem Stadtteil. Die Stadt Mülheim an der Ruhr hat sich mit dem Stadtteil Eppinghofen erfolgreich für
die Programmphase 2009 – 2011 des ESF (Europäischer Sozialfonds)-Bundesprogramms STÄRKEN
vor Ort beworben.
Nach den in den vergangenen drei Jahren gesammelten Erfahrungen hat es sich als zielführend und
produktiv erwiesen, die Games Factory Ruhr im Stadtteil Eppinghofen anzusiedeln,. Eppinghofen
bietet darüber hinaus die Möglichkeit, für die kleinteilig strukturierte Branche der Kreativwirtschaft
auch räumlich adäquate Lösungen zu finden und so den Stadtteil zu einem Kreativ.Quartier
Eppinghofen zu entwickeln. Neben der Integrationsarbeit durch das Stadtteilmanagement soll sich
auch durch die Ausweisung als Kreativ.Quartier eine städtebauliche Aufwertung vollziehen.
D. Investitionen
1. Games Factory Ruhr
Der Umbau sowie die Nutzungsänderung der Maschinenfabrik/Baugalerie an der Kreuzstraße, in der
vorher eine Badausstellung untergebracht war, zur Games Factory Ruhr erforderte hohe
Privatinvestitionen. Insbesondere der Komplettumbau innerhalb der drei Etagen, die Erneuerung der
technischen Gebäudeausstattung, Brandschutzmaßnahmen sowie die Herrichtung von
Gemeinschaftsinfrastrukturen zählen zu den Hauptinvestitionen.
E. Akteure
1. Ankermieter Games Factory
Zu den Ankermietern der GFR zählen Aruba Studios GmbH, Aruba Events GmbH, die
Entwicklerstudios Crenetic GmbH und Silent Dreams GbR (siehe I.A.1.).
2. Mülheim & Business GmbH
Die Mülheim & Business GmbH als Wirtschaftsförderung der Stadt Mülheim an der Ruhr und des
Unternehmerverbandes UMW arbeitet als Bindeglied zwischen Firmen und Stadtverwaltung
federführend an der Entwicklung der Games Factory Ruhr. Eine Untersuchung der Mülheim &
Business GmbH vermittelt einen ausführlichen Überblick über Stärken, Potentiale und
Herausforderungen der Mülheimer Kreativwirtschaft, insbesondere des Zweiges der Gamesindustrie.
Die Vernetzung wird durch gemeinsame Veranstaltungen vorangetrieben, die
teilbranchenübergreifend angeboten werden. Regelmäßig stattfindende Kreativ-Stammtische an
verschiedenen Standorten im Kreativ.Quartier Eppinghofen runden das Angebot ab. Darüber hinaus
wird an einer Verknüpfung mit klassischen Branchen im Bereich der „Serious Games“ gearbeitet. So
haben interdisziplinäre Gespräche in den Bereichen Sprachlernsoftware, Architektensoftware und
Industriedesign bereits stattgefunden und werden weiter ausgebaut. Derzeit wird eine
Zusammenarbeit mit dem Bereich Informatik der Hochschule Ruhr West vorbereitet. Neben dem
Kreativ.Quartier Eppinghofen legt die Mülheim & Business GmbH einen Schwerpunkt auf die Branche
der Kreativwirtschaft in der ganzen Stadt. www.muelheim-business.de
3. Eheleute Grave
Die Eheleute Barbara und Alphons Grave als Privateigentümer der Immobilie trugen entscheidend
zum Konzept für die Realisierung der Games Factory Ruhr bei.
4. Sparkassen-Tochter FDL
Die Sparkassen-Tochter FDL spielte bei der Suche nach dem Standort Baugalerie in Eppinghofen
ebenfalls eine entscheidende Rolle. www.fdl.de
II. VISION / LANGFRISTIGE ZIELE
Als Ausgangspunkt des Kreativ.Quartiers diente ursprünglich die Idee, eine leer stehende
Großimmobilie im Gebiet des Mülheimer Rhein-Ruhr-Hafens umzunutzen. Hierfür wurde das Konzept
eines „Kreativ Kai“ entwickelt: Unter Federführung der Mülheim & Business GmbH fand im Oktober
2007 ein Workshop im „Kreativ Kai“ an der Ruhrorter Straße in Mülheim statt. Als
Kooperationspartner nahmen teil: Westfalia Immobilienverwaltung GmbH als Immobilieneigentümer,
Kulturdezernat und Amt für Stadtentwicklung der Stadt Mülheim sowie RUHR.2010 GmbH, dazu
verschiedene Akteure aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Zielsetzung war es, Ideen, Anforderungen
und Einschätzungen für eine Umnutzung durch Unternehmen und Selbstständige der Kultur- und
Kreativwirtschaft zu sammeln und zu erörtern. Das Ergebnis des Workshops war die Weiterverfolgung
der Umnutzungsidee.
Die Games Factory Ruhr wird sich als Kompetenzzentrum der Gamesbranche im Ruhrgebiet und
überregional weiter profilieren. So soll es gelingen, Eppinghofen als traditionsreiches Gamerzentrum,
das gleichzeitig ein hohes Maß an neuer Aktivität aufweist, wieder zu einem Zentrum der nationalen
Gamesbranche zu machen. Diese Entwicklung soll in den kommenden Jahren auch entlang der
Wertschöpfungskette in Kooperation mit anderen Kreativschaffenden in der Stadt stattfinden. Dazu
zählen z. B. Illustratoren und die Bereiche Sounddesign, Film/Animation, Events, Soft-/Middleware
und Webentwicklung.
Ein visionärer Ansatz entsteht derzeit aus der Idee, das ebenfalls in Eppinghofen befindliche Gebäude
des ehemaligen Stadtarchivs zu nutzen. Dieser Leerstand bietet sich an, um die Idee der anfangs
erwähnten „Creative Factory Ruhr“ wieder aufzugreifen (siehe Punkt I.). Erforderlich ist allerdings
eine genauere Prüfung, ob der Bedarf am Standort Mülheim an der Ruhr überhaupt vorhanden ist.
Jedoch auch ohne die Ausweisung einer weiteren Immobilie als „kreatives Haus“, ist die Games
Factory Ruhr der Nukleus der Entwicklung eines Kreativ.Quartiers Eppinghofen in zentraler
Innenstadtlage und des so genannten „Kreativen Brückenschlags“.
Zur aktuellen Arbeit von ecce gehört die Integration der verschiedenen Akteure und Interessen an
Roundtables.
III. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Entwicklungsworkshop
Die Strategie für das Kreativ.Quartier Games Factory Ruhr schöpft aus dem vorhandenen
kreativwirtschaftlichen Potenzial in der Gamesbranche und bündelt das Engagement lokaler Akteure.
Hierbei übernahm zunächst der Roundtable von ecce und Wirtschaftsförderung als zentrales
Werkzeug die Funktion des Impulsgebers und Moderators. Weiterhin wurden in Mülheim zwei
Entwicklungsworkshops veranstaltet. Um den Gedanken des Kreativ.Quartiers Eppinghofen in der
kreativwirtschaftlichen Szene zu verankern und um Multiplikatoren von der Idee zu begeistern,
wurden hierzu bedeutende Akteure der lokalen Kreativwirtschaft eingeladen
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn des
Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte Strategie
nicht nahtlos weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das Kreativ.Quartier
Games Factory Ruhr eine modifizierte Strategie, die später in weiteren Kreativ.Quartier-Roundtables
mit den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine Entscheidung über eine
Wiederaufnahme der Förderung durch die Landesregierung NRW wird frühestens im Herbst 2011,
spätestens im Januar 2012 erwartet.
B. Kraftfelder
Für eine gezielte Verortung von Maßnahmen hat ecce in Mülheim an der Ruhr verschiedene
„Kraftfelder“ lokalisiert. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Entwicklungsstrategie dar. Mit
„Kraftfeld“ bezeichnet ecce bereits bestehende Orte mit großer Symbolwirkung und hoher
Anziehungskraft, die die Dynamik des Kreativ.Quartiers als entscheidend gestalten.
1. Games Factory Ruhr
Als seit 2008 bestehendes Projekt besitzt die Games Factory Ruhr einen Sonderstatus unter den
Kreativ.Quartieren der Metropole Ruhr. Da sie sich selbst trägt, sind primär keine besonderen
Maßnahmen zur Weiterentwicklung erforderlich. Sie gilt deshalb als Hybrid aus Rahmenbedingung
und Entwicklungsprojekt.
Über ihre kreativwirtschaftliche Bedeutung hinaus erweist sich die GFR auch als Anziehungspunkt für
Schülerinnen und Schüler: Bei regelmäßig stattfindenden Berufsorientierungstagen in der Games
Factory Ruhr informierten sich im Jahr 2010 u.a. Schüler der Realschule Broich über die beruflichen
Möglichkeiten in der Spieleindustrie und in angrenzenden Kreativbranchen. Dieser
Berufsorientierungstag wurde durch eine Kooperation zwischen dem zdi-Zentrum „Zukunft durch
Innovation“ Mülheim an der Ruhr, der Wirtschaftsförderung Mülheim & Business GmbH, den Mietern
der Games Factory Ruhr und engagierten Lehrern der Realschule Broich ermöglicht.
www.gamesfactory-ruhr.com
2. Game Development Initiative Ruhr (GDI.Ruhr)
Das Ziel der Game Development Initiative Ruhr (GDI.Ruhr): Die kreativen Unternehmen der
Gamesindustrie im Ruhrgebiet stärker miteinander zu vernetzen. Mit der GDI.Ruhr bündeln die
Mülheim & Business GmbH, die Universität Duisburg-Essen (UDE) und verschiedene
Gamesunternehmen die Aktivitäten der Spielebranche in der Metropole Ruhr zu einem starken
Games-Cluster. In der GDI.Ruhr sollen so Wachstumspotenziale in der Spielebranche erschlossen und ihre Sichtbarkeit in der Region und nach außen entscheidend verbessert werden. Das Projekt der
Universität Duisburg-Essen und der Mülheim & Business GmbH Wirtschaftsförderung ist auf drei
Jahre angelegt. Ihren Sitz hat die GDI.Ruhr in der Games Factory Ruhr. Die GDI gehört zudem zu den
Siegerprojekten des EU-NRW Ziel-2 Wettbewerbs Create.NRW 2009. Sie konzentriert ihre Arbeit
insbesondere auf die vier Schwerpunkte:
a) Start-up-Unterstützung durch Gründerlabore
Für Existenzgründer gibt es in der Games Factory Ruhr drei sogenannte Gründerlabore, in denen sich
die Teams auf ihren Markteintritt vorbereiten. Jedes Gründerlabor besitzt zwei voll ausgestattete
Arbeitsplätze. Die Teams können diese für eine projektbezogene Laufzeit mietkostenfrei nutzen. Bis
zum kommerziellen Einsatz erhalten sie notwendige Software und Middleware. Darüber hinaus
erhalten die Gründer eine begleitende Beratung und Coachings durch Gründungs-, Finanzierungs- und Branchenexperten. Von unschätzbarem Vorteil sind aber vor allem die Kontakte zu den Nachbarn in
der Games Factory Ruhr: Die jungen Nachwuchsentwickler sitzen Tür an Tür mit professionellen
Spieleentwicklern und entsprechenden Dienstleistern.
b) Ausbildung und Forschung
Die Universität Duisburg-Essen befasst sich seit Jahren in den Studiengängen »Angewandte
Informatik« und »Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaft« mit der Ausbildung qualifizierter
Fachkräfte in der Branche. Sie wird sich verstärkt mit einer Vielzahl praxisorientierter
Veranstaltungen in der GDI.Ruhr einbringen.
c) Wachstum und Weiterbildung
Neben Neugründungen will die GDI.Ruhr auch bestehende Firmen und Akteure durch Entwicklung
neuer Finanzierungskonzepte und Fortbildung von Fachkräften unterstützen.
d) Netzwerke und Veranstaltungen
Als Plattform für die Vernetzung der Spielebranche will die GDI.Ruhr diverse Events und Workshops
anbieten, um verschiedene Akteure an einen Tisch zu bringen, neue Kooperationen zu initiieren oder
bestehende Aktivitäten auszubauen. Dazu gehören zum Beispiel Gemeinschaftsstände für Entwickler
der Region auf den wichtigsten Leitmessen und Veranstaltungen der Branche sowie Recruiting-Days.
Derzeit besteht die GDI.Ruhr aus mehr als 30 Kooperations- und Wirtschaftspartnern, die das
Vorhaben in einem Antrag unterstützt haben. Die Ausweitung dieses Netzwerkes über den
dreijährigen Förderzeitraum hinaus wird von den Kooperationspartnern im Sinne der Nachhaltigkeit
intensiv verfolgt. Dazu wurden mit Jörg Niesenhaus und Stefanie Waschk für die GDI.Ruhr zwei
Mitarbeiter eingestellt, um in den kommenden drei Jahren die Initiative maßgeblich aufzubauen,
Veranstaltungen durchzuführen und die Games-Unternehmen zu begleiten. www.games-ruhr.com
3. Mülheim & Business GmbH
Siehe I.E.2.
C. Temporäre kulturelle Impulse
Der Terminus „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Zeit der Umsetzung der Schlüsselinvestitionen in den Kreativ.Quartieren
überbrücken sollen. Durch die Vielzahl und Stärke der seit 2008 in der Games Factory ansässigen
Firmen waren in Mülheim keine temporären kulturellen Impulse nötig.
D. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Grundstein für den Prozess eines langfristigen Wandels. Als
Schlüsselprojekte für das Kreativ.Quartier Games Factory Ruhr hat ecce drei Investitionen
identifiziert.
1. Games Factory Ruhr
Siehe I.D.1.
2. GDI.Ruhr / Gründerlabore
Der Aufbau der Gründerlabore in der Game Development Initiative im Februar 2011 ist eine
nachhaltige Investition in die Köpfe und Strukturen der Zukunft (siehe III.2.e).
3. Game Technology Competence Center NRW / Universität Duisburg-Essen
Im Rahmen der Studiengänge „Angewandte Informatik“ und „Angewandte Kognitions- und
Medienwissenschaft“ unterstützt die Universität die Games Factory Ruhr durch eine Kooperation des
Game Technology Competence Center NRW mit der GDI.Ruhr. Unter der Leitung von Prof. Jürgen
Ziegler wurde eine institutionalisierte Anlaufstelle für Spieleentwickler, Studierende und
Spieleforscher geschaffen. In diesem Rahmen leistet die UDE-Forschungsgruppe vor allem eine
Betreuung der technologieintensiven Projektbereiche und unterstützt so den Wissenstransfer
zwischen Forschung und Wirtschaft. Außerdem konnte das interdisziplinäre Lehrangebot für
zukünftige Spieleentwickler ausgebaut werden, indem informatische, psychologische und
gestalterische Kompetenzen miteinander verbunden wurden.
III.7. UNNA-MASSEN
INHALT
I. AUSGANGSLAGE
A. Öffentlicher Akteur
1. Stadt Unna
B. Privater Akteur
1. Hochschulen
II. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
A. Temporäre kulturelle Impulse
1. News for Youth – Treffen für europäische Jungredakteure
2. „Master Class“ Ruhr der European Film Academy
3. Konzerte „Henze-Projekt“
4. Celloherbst
5. ISEA Künstlerresidenz
B. Schlüsselinvestitionen
1. Artist Contact Point
2. Hochschulen Unna
I. AUSGANGSLAGE
Der Industriestandort Unna am östlichen Rand des Ruhrgebiets genießt einen Sonderstatus in der
Region: Aufgrund seiner traditionellen Heterogenität litt er weniger unter dem Rückgang der
Schwerindustrie als andere Kommunen. Dennoch kann auch Unna nicht dem regionalen
Negativtrend trotzen und muss seinen Haushalt derzeit konsolidieren. 2001 rückte Unna auf die
Landkarte der internationalen Kunstszene: Mit dem Zentrum für Internationale Lichtkunst in der
ehemaligen Lindenbrauerei etablierte sich die Kreisstadt als eine der wichtigsten Adressen für
Lichtinstallationen. In der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 besaß Unna aus diesem
Grund und durch die Ausrichtung verschiedener Veranstaltungen in den Bereichen Literatur, Film
und Medien eine tragende Rolle. Die Ausgangslage im Bildungs.Quartier Unna-Massen wurde
zunächst durch Planungen für ein Kreativ.Quartier „Unna-Massimo“ bestimmt. Diese Planungen
wurden, nach anfänglichen Initiationsveranstaltungen, Ende 2010 aus organisatorischen und
wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. Im Folgenden werden diese Aktivitäten dennoch dargelegt,
bevor auf die Inhalte im Bildungs.Quartier eingegangen wird.
Ausgehend von einer ersten Idee mit Fokus auf den Branchen kreative Lichtwirtschaft und ethnische
Kulturwirtschaft, starteten erste Gespräche zwischen Kreativen, Bezirksregierung und der Stadt
Unna. Zwischen März und November 2009 initiierte ecce in Unna zwei Roundtables und weitere
Gesprächsrunden zur Entwicklung des Kreativ.Quartiers Unna-Massen. Um das Areal durch eine
temporäre kulturelle Bespielung entsprechend zu aktivieren, wurde ein Boarding-House (Betreiber:
Werkstatt Unna und Kulturbetriebe Unna) sowie ein Tagungsort und Kreativraum für die Kultur und
Kreativwirtschaft eingerichtet. Im November 2009 fand die „Master Class Ruhr“ der European Film
Academy (EFA) mit internationalen Jungregisseuren und Filmstudenten aus NRW als Vorspiel für die
Europäische Filmpreisverleihung im Dezember in Bochum statt. Im Sommer 2010 trafen sich
Jungredakteure aus verschiedenen europäischen Ländern zum einwöchigen Camp „News for Youth“
in Massen. Der ursprüngliche geplante „große Wurf“ ließ sich allerdings nicht realisieren: Aufgrund
des größtenteils zurückgezogenen Engagements der RUHR.2010, Personalmangel bei ecce, der
Haushaltskonsolidierung der Kreisstadt Unna sowie den Eigentümerverhältnissen (BIMA –
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben NRW) konnte das Ziel des Kreativ.Quartiers nicht
weiterverfolgt werden.
Im Rahmen des RUHR.2010-Projekts Kreativ.Quartiere besitzt Unna nun einen Sonderstatus:
alternativ zum klassischen Kreativ.Quartier, in dem Zuzug von Firmen aus der Branche generiert
werden soll, wird das Areal nun als Standort für Weiterbildung entwickelt. Im Sommer 2011 wurde
Unna dann offiziell zur Hochschulstadt: In der ehemaligen Landesstelle Massen eröffneten die
privaten „Fachhochschule für angewandtes Management“ und die „H:G Hochschule für Gesundheit
und Sport“. Im Angebot befinden sich 17 Studiengänge in den Bereichen Management, Sport und
Gesundheit.
A. Öffentlicher Akteur
1. Stadt Unna
In der Verwaltung der Stadt Unna arbeitet das Kulturdezernat federführend am Bildungs.Quartier
Unna-Massen, unterstützt von der Wirtschaftsförderung des Kreises Unna.
B. Privater Akteur
1. Hochschulen
In der ehemaligen Landesstelle eröffneten im Sommer 2011 die Fachhochschule für angewandtes
Management und die H:G Hochschule für Gesundheit und Sport. Beide Hochschulen sind Mitglieder
des privaten International University Network (IUNworld). Im Angebot befinden sich 17
Studiengänge in den Bereichen Management, Sport und Gesundheit. Das Studium gliedert sich in
intensive Präsenzphasen und ein betreutes Online-Studium mit Kapazitäten für insgesamt 2000
Studierende. Dieses flexible Konzept des „semi-virtuellen Studiums“, das wissenschaftliche Ausoder
Weiterbildung trotz Verpflichtungen durch Beruf, Spitzensport oder Familie ermöglicht, bietet
überdies internationale Anschlussmöglichkeiten. www.hochschule-unna.de
II. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
Die Fördergelder zur Anschlussfinanzierung wurden von der aktuellen Landesregierung zu Beginn
des Jahres 2011 gestoppt. Durch die Aussetzung der Förderperiode kann die bis dato erstellte
Strategie nicht nahtlos weitergeführt werden. Deshalb erarbeitet ecce momentan für das
Bildungs.Quartier Unna-Massen eine modifizierte Strategie, die später in weiteren
Bildungs.Quartier-Roundtables mit den örtlichen Akteuren weiter entwickelt werden kann. Eine
Entscheidung über eine Wiederaufnahme der Förderung von Seiten der Landesregierung NRW wird
frühestens im Herbst 2011, spätestens im Januar 2012 erwartet.
A. Temporäre kulturelle Impulse
Der Terminus „temporäre kulturelle Impulse“ fasst Maßnahmen zusammen, die durch substanzielle
kulturelle Aktivitäten die Zeit der Umsetzung der Schlüsselinvestitionen in den Kreativ- und
Bildungs.Quartieren überbrücken sollen. 2009 und 2010 wurde das Kreativ/Bildungs.Quartier
Unna-Massen durch fünf beispielhafte temporäre kulturelle Nutzungen aktiviert.
1. News for Youth – Treffen für europäische Jungredakteure
Die Stadt Unna organisierte im Mai/Juni 2010 in Zusammenarbeit mit der Kulturhauptstadt
RUHR.2010 und weiteren Partnern ein einwöchiges Treffen für europäische Nachwuchsjournalisten.
Als Partner fungierten: Hellweger Anzeiger, Medienkunstraum Unna, Ruhr Nachrichten,
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und RUHR.2010.
2. „Master Class Ruhr“ der European Film Academy
Im November 2009 fand die „Master Class Ruhr“ der European Film Academy (EFA) mit
internationalen Jungregisseuren und Filmstudenten aus NRW als Vorspiel für die Europäische
Filmpreisverleihung im Dezember in Bochum statt. Teilnehmer: Danny Boyle (Regisseur), Dod
Mantle (Kamera), Peter Liechti (Dokumentarfilmer), Nino Kirtadze (Schauspielerin,
Dokumentarfilmerin), Peter Cowie (Filmpublizist) und Filmstudenten.
3. Konzerte „Henze-Projekt“
Auf dem Areal Unna-Massimo fanden im Herbst 2010 im Rahmen der Kulturhauptstadt RUHR.2010
zwei Konzerte des „Henze-Projekts“ statt.
4. Celloherbst
Im September 2010 fand das Eröffnungskonzert des RUHR.2010-Projekts „Celloherbst“ im
Theatersaal Unna-Massimo statt. Ausrichter: Kulturkreis der Unnaer Wirtschaft. www.celloherbst.de
5. ISEA Künstlerresidenz
Im Rahmen der ISEA, dem Internationalen Symposium für elektronische Kunst, wurde das Areal
Unna-Massen zur Künstlerresidenz: 92 Künstler und Besucher übernachteten im Sommer 2010 für
eine Woche in den Herbergen. www.isea2010ruhr.org
B. Schlüsselinvestitionen
Schlüsselinvestitionen sind der Grundstein für den Prozess eines langfristigen Wandels. Als
Schlüsselprojekte für das Bildungs.Quartier Unna-Massen hat ecce zwei Investitionen identifiziert:
1. Artist Contact Point
Martin Sutoris, ein freier Musik- und Kulturmanager und Coach, wurde 2010 von ecce als Artist
Contact Point eingesetzt. Neben einem Coaching-Workshop für Existenzgründer aus den
Kreativbranchen richtete der ACP drei Seminare im Bereich kultureller Bildung aus. Die
Unterstützung von ecce für den Artist Contact Point leistete einen wertvollen Beitrag für die
kulturelle Aktivierung und die weitere Entwicklung des Quartiers.
2. Hochschulen Unna
Im Mai 2011 eröffneten die Fachhochschule für angewandtes Management“ und die „H:G
Hochschule für Gesundheit und Sport“ ihren Campus in Unna. Beide Hochschulen sind Mitglieder
des privaten International University Network (IUNworld). Durch den Erwerb des insgesamt 44.800
Quadratmeter großen Campus mit Hochschul- und Verwaltungsbetrieb erhält die Universität auch
die für die Präsenzphasen im Studium nötigen Wohngebäude an der Ruhrstraße. Sie wurden erst
kürzlich modernisiert und gedämmt und sind nun als Studentenwohnheime nutzbar. Die Stadt Unna
hat vielfältige Bemühungen um die Entwicklung dieses Areals unternommen und beteiligt sich mit
einem Gesamtpaket in einer Größenordnung von ca. 200.000 Euro, an dem auch Sponsoren aus der
Wirtschaft beteiligt sind, an dieser Schlüsselinvestition.
.Ziel dieser Dokumentation ist es, die Erfahrungen und Lernprozesse anderen interessierten Akteuren in und außerhalb des Ruhrgebiets zugänglich zu machen und eine Debatte über die besten Methoden zur Stadtentwicklung durch Kultur anzustoßen. Dieses Feld ist bisher noch wenig empirisch dokumentiert und erforscht. Die jüngste und empfehlenswerte Studie ist „Analyse der Gelingungsfaktoren für Raumunternehmungen unter besonderer Berücksichtigung der Finanzierungsfrage“ des Instituts für Arbeit und Technik im Auftrag der Montag Stiftung http://www.iat.eu/index.php?article_id=951&clang=0
Kapitel 4: Fragen 13 – 18: www.2010LAB.tv
2010LAB.tv wird für seine Qualität und Professionalität von vielen geschätzt, nicht zuletzt von den Medienpartnern wie z.B. PICNIC in Amsterdam, Frankfurter Buchmesse, der Kulturpolitischen Gesellschaft oder dem Forum D´Avignon.
Die spezielle Arbeit von 2010LAB.tv wird an der Kooperation „been out“ mit der Dortmunder Kunstinitiative Bohème Précaire exemplarisch erkennbar – www.bohemeprecaire.com. Zum wurde eine digitale Plattform und Sichtbarkeit für künstlerische Innovationen geschaffen – hier zu künstlerischen Strategien im urbanen Raum (Alle Infos zum Call / Jury: http://www.2010lab.tv/been-out-call). Zum anderen ist „been out durch die angekoppelte Ausstellung in der Ständigen Vertretung Dortmund ein Beitrag zur Quartiersentwicklung durch künstlerische Impulse aus Europa vor Ort.
Dabei ist der Ansatz von „been out“ auch geistesverwandt mit der Arbeit von 2010LAB.tv, das Kooperationspartner des Projektes ist:
„Aufbrechen, die Perspektive wechseln, nach draußen gehen – been out, vol. 1 –
das 3. Bohème Précaire-Festival für junge Gegenwartskunst – bedeutet: Bewegung.
Weg vom elitären Kunstbegriff, hinein in den Stadtraum. Gemeinsam mit
den KünstlerInnen unternimmt been out, vol. 1 den Versuch, eine neue Art von interdisziplinärem Wissen durch Austausch und kollaboratives Arbeiten zu erschaffen,
neue Positionen zeitgenössischer Kunst vorzustellen, zukünftige Projekte zu
konzipieren und sie umzusetzen.“ (Fabian Saavedra-Lara)
Der Call hat über 200 Künstler motiviert, Arbeiten einzureichen – aus über 20 Nationen weltweit, darunter auch Chile, Mexiko, Korea, Japan – und hat damit eine für alle überraschende Resonanz gehabt. Hier wurde ein attraktives Angebot für die gesellschaftliche Debatte von Kunst und Urbanität geschaffen.Um Debatten an den gesellschaftlichen Schnitt-, ja Krisenstellen zu führen, fördert 2010LAB.tv nicht nur Künstler-Projekte wie „been out“, sondern auch Kolumnen von bekannten Autoren – zum Thema Migration und Kultur, Kultur und Wirtschaft oder Kreative Stadt mit Autoren wie Charles Landry, Bernhard Stiegler oder Peter Grabowski. Auch Interviews zu aktuellen Fragen wie Stuttgart 21 und damit zur Kultur des gesellschaftlichen Wandels mit z.B. Peter Sloterdijk fehlten nicht.
Entsprechend der qualitativen Akzeptanz hat sich die Nutzerzahl von 2010LAB.tv entwickelt, das ohne Marketingetat über Mund zu Mund Empfehlung bekannt wird. Weitere Auskunft über die Nutzung gibt das allen zugängliche Internet-Ranking von Alexa:
http://www.alexa.com/siteinfo/http%3A%2F%2Fwww.2010lab.tv#trafficstatsScreen-Print vom 29. November 2011
Ein Hinweis sei hier gegeben: 2010LAB.tv hat sich – 18 Monaten nach Onlinegang – im Jahr 2011 bereits Werte von mehr als 100.000 unique usern pro Monat erarbeitet.
2010LAB.tv widmet sich in der Nachfolge der RUHR.2010 der gesellschaftlichen Rolle von Kultur und damit einem komplexen und vielschichtigen intellektuellen Thema. Die Selbstdefinition von 2010LAB.tv lautet dabei wie folgt (http://www.2010lab.tv/ueberuns):„Kultur umgibt uns, sobald wir die morgens die Augen aufschlagen. Kultur begleitet uns durch den Tag, sie prägt unser Leben in den Städten. Von der Zeitungslektüre bis zur Copyright-Diskussion, von der Wahrnehmung der Streetart über den abendlichen Konzert- oder Theaterbesuch bis zum Erleben aller Einflüsse, die unsere Stadtviertel lebendig und attraktiv machen.
2010LAB.tv verhandelt einen zeitgemäßen, erweiterten Kulturbegriff, der sich vom passiven Besuch eines Museums, vom bloßen Betrachten eines Kunstwerks gelöst hat. Kultur und Kreativität fordern aktive Teilnahme. Insbesondere europäische Städte und Regionen mit schwerindustrieller, produzierender Vergangenheit müssen zukünftig stärker auf Kultur und Kreativität als Antriebsmotor für den Wandel setzen.
2010LAB.tv beobachtet, begleitet und fördert diesen Wandel im Ruhrgebiet und in europäischen Partnerstädten. Das LAB ist das europäische Portal für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Von den kreativen Branchen – Architektur, Games, Journalismus, Kulturgüterhandel, Kunstmarkt, Literatur, Mode, Musik, Rundfunk, Verlagswesen, Werbung – widmet sich das LAB vor allem der Medienkunst als gesellschaftsaktivem Treibsatz.“
Interessant ist dabei zu beobachten, wie die Internet-Öffentlichkeit diesen Bereich gesellschaftlichen Lebens aufgreift – zum einen intellektuell, was sich an hohen Zugriffen auf die Berichte über das Forum Avignon zeigt, zum anderen aber auch inituitiv-künstlerisch, was sich durch die hohen Zugriffe auf Projekte wie „been out“ oder Europe in Shorts zeigt. Hinter beiden Zugängen stehen möglicherweise gänzlich verschiedene Lesergruppen und Milieus, die sich auf 2010LAB.tv treffen – die sonst jedoch in sozial getrennten Dialogräumen leben. Der gleich integrative Ansatz stand im Mittelpunt mit der Präsentation von 100 Lichter / 100 Gesichter, künstlerische Filme über Migranten im Ruhrgebiet und ihre Geschichten. 2010LAB.tv hat ebenfalls über die Ausstellung an der RUB sowie die Debatte mit Prof. Welzer, KWI berichtet.: http://46.4.115.171/blog/harald-welzer-subvention-hemmt-innovation
Hier bilden sich in der Kunstdebatte die Bruchstellen gesellschaftlicher Debatten und Tabus ab – freilich keine Themen, die sich für populistische Polarisierungen eignen. Auch keine Debatten, bei denen 2010LAB.tv auf Userzahlen und Quote schauen möchte. 2010LAB.tv soll Forum für diese zentralen gesellschaftlichen Debatten sein – dies ist eine Wertentscheidung für die Bedeutung von Kultur und Kunst, auch wenn diese nicht zu Millionen von Lesern führt. Doch mit diesem Phänomen steht 2010LAB.tv in der Medienwelt freilich nicht alleine da.
2010LAB.tv finanziert Film- und Blogproduktionen im Ruhrgebiet und schafft damit Arbeitsplätze bzw. Aufträge, seit 2009 für mehr als 30 Personen. Zum einen entstehen feste Anstellungen im Redaktionsbereich, zum anderen entstehen Aufträge für Akteure der Medienbranche des Ruhrgebiets. Nun lässt sich freilich trefflich über die Honorare und nicht einfachen Berufschancen in der Medienbranche streiten; dennoch leistet 2010LAB.tv einen Beitrag, den Standort Ruhrgebiet attraktiver zu machen.
5.) Fragen nach regionalen Partnern
Die Fragen 327 – 330 beziehen sich auf die Kooperation mit der Mercator Stiftung: ecce berichtet seit 2010 mit 2010LAB.tv über ausgewählte Veranstaltungen der Mercator Stiftung – so z.B. auf PACT Zollverein Mercator Vernetzt – und investiert in die Sichtbarkeit von Neuen Netzwerken und wichtigen Impulsen für das Ruhrgebiet auch nach 2010. Im Jahr 2012 wird 2010LAB.tv nach Absprache mit der Mercator Stiftung weitere Projekte medial begleiten.
Die Fragen 408 – 411 beziehen sich auf die Zusammenarbeit von ecce mit der Wirtschaftsförderung metropoleruhr ( wmr ). Diese Zusammenarbeit ist das Resultat der Vereinbarung des Landes NRW und RVR zur Nachhaltigkeit der RUHR.2010. Darin wird unter anderem geregelt, dass ecce und die wmr in der Entwicklung der Kreativwirtschaft RUHR zusammenarbeiten. http://bit.ly/vDzEL5
Die genaue Form der Kooperation sowie künftige Strategien werden nach Gründung von ecce am 1. Dezember 2011 erarbeitet werden können – und dann veröffentlicht werden.
Ein erstes Beispiel der Zusammenarbeit ist die Jahrestagung Kreativwirtschaft RUHR 2011.Die Fragen 380 bis 383 beziehen sich auf die Zusammenarbeit mit der TU Dortmund, 271 – 274 auf die mit dem Hartware Medienkunst Verein. Beide Kooperationen finden im Rahmen des Dortmunder U statt. Darüber hinaus haben ecce und der Hartware Medienkunst Verein im Projekt „been out“ zusammengearbeitet.
Fragen Nr. 347 bis 354 beziehen sich auf das Ruhrpuls Festival. Sie sind doppelt gestellt.
ecce hat das Ruhrpuls Festival im Jahr 2010 und 2011 finanziell gefördert.Die Fragen Nr. 283 – 286 zur Kooperation mit der International School of Management, Dortmund, beantworten sich durch die Veröffentlichungen von ecce am 20. Oktober 2011 zur Jahrestagung Kreativwirtschaft RUHR. http://www.e-c-c-e.de/presse/ergebnisse-trendbarometer/
Darüber hinaus hat Prof. Dr. Julia Frohne die Kooperation auf der Jahrestagung in einem Vortrag vorgestellt. Es ist das Ziel von ecce, das in 2011 pilotierte Trendbarometer Kreativwirtschaft RUHR im Jahr 2012 fortzuführen und weiter ausbauen. Darüber führen ecce und die wmr Gespräche mit der ISM.
ecce hat im Jahr 2010 und 2011 darüber hinaus künstlerische Projekte, freie Initiativen sowie kreativwirtschaftliche Vorhaben im Ruhrgebiet (Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg) gefördert.Doch viel wichtiger als finanzielle Förderung ist nach Meinung von ecce der Aufbau von Netzwerken und Strategien, die es den Akteuren ermöglichen, unabhängig von Förderungen durch ecce ihre Ziele erfolgreich zu realisieren – wie z.B. Branchen-Kommissionen, Messen oder Ausbildungsstätten. Für ecce sind dies Bestandteile einer regionalen Infrastrukturpolitik für Kreativwirtschaft. Dazu im Folgenden zwei Beispiele:
Werkstätten-Messe und DesignKommission
Im Nachgang zum Projekt „DesignKiosk“ während der Kulturhauptstadt hat Guido Röcken das Konzept für eine Messe für nachhaltiges Design entwickelt. In Kooperation und mit finanzieller Unterstützung vieler Partner, u.a. der Stadt Bochum sowie von ecce, konnte ein Förderantrag beim Wirtschaftsministerium NRW erfolgreich gestellt werden. Auf Initiative von ecce ist damit verbunden der Start der Design Ruhr Kommission sowie die Entwicklung einer regionalen Strategie für Designwirtschaft im Ruhrgebiet.Popakademie
In Trägerschaft der Folkwang Universität der Künste und in Kooperation mit dem RVR moderiert ecce seit 2008 einen Prozess zur Gründung einer Popakademie im Ruhrgebiet. Dieses Vorhaben befindet sich im Planungsstadium, der Standort Bochum steht jedoch schon fest. Dennoch gibt es bereits Spin-Off Effekte für die Wirtschafts- und Stadtentwicklung in Bochum: Die Firma SAE hat 2010 vor dem Hintergrund der Popakademie-Planungen bereits Bochum als Standort gewählt.Schlussbemerkung
Die Fragen zu Kosten (120, ca. ein Drittel aller Fragen) betreffen Projekte der RUHR.2010. Auskünfte bitten wir bei der Geschäftsführung bzw. der Verwaltung der RUHR.2010 einzuholen.
RUHR.2010 / ecce, 30. November 2011
[1] Die „Neue Institutionenökonomik“ legt dar, dass öffentliche Güter und Clubgüter positive externe Effekte aufweisen, d. h. Personen,die nicht an der Produktion und Verwertung eines Produktes beteiligt sind, ziehen einen positiven Nutzen aus dem Produkt – Bsp.: Spielplätze, Staudämme etc. Kreativwirtschaft ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig prädestiniert, über seinen Selbstzweck hinaus zu wirken und positive Effekte über die eigene Branche hinaus auszulösen.
[2] Die Forschungen von Richard Florida legen dar, dass unter bestimmten Bedingungen die Anziehungskraft von Städten auf Hochqualifizierte steigt. Nach seiner Forschung sind die drei Faktoren „Technologie, Toleranz und Talent“ maßgeblich.
[3] Kultur- und Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet, Kurzstudie des RVR, Dezember 2009
[4] Kultur- und Kreativwirtschaft der Metropole Ruhr, Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr, Februar 2010.
[5] Im Vordergrund stehen nicht Gebäude-/Landmark-Architektur und „Schöner Wohnen“.
während als Schwächen des Prozesses die komplexe Koordination sowie die wirksame
[6] Zu berücksichtigen ist auch, dass die Verwaltung ihr Selbstverständnis als ausführendes Organ reformieren müsste. Dies erfordert z.B. durch einen professionell begleiteten Leitbildprozess gemeinsame Zielsetzungen zu entwickeln und dies mit einer positiven Selbstdarstellung zu verbinden. Beides bedarf neben einem Einstellungswandel auch der Veränderung institutioneller Strukturen. Quelle: 3. Hessischer Kulturwirtschaftsbericht, Seite 138
[7] Definition: Öffentliche Güter sind Güter, von deren Konsum weder ausgeschlossen werden kann noch deren Konsum exklusiv ist. Sie sind nicht immer identisch mit öffentlich finanzierten Gütern. Im Gegenteil: Es gibt viele Fälle, in denen private Güter öffentlich finanziert werden.
[8] Stefan Voigt, Institutionenökonomik, Neue Ökonomische Bibliothek, W. Fink UTB, 2002, Seite 45 ff.
[9] „In Gießen hat man die Koordination innerhalb der Stadtverwaltung und die Kommunikation mit der örtlichen Kreativszene verknüpft. Es wurde eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, in der neben dem Kulturamt, dem Stadtplanungsamt und der Wirtschaftsförderung auch die Kreativszene mit einer im Thema engagierten Künstlergruppe und dem alternativen örtlichen Kunstverein vertreten ist. Diese Form der Zusammenarbeit erwies sich rasch als fruchtbar.“, Ebenda, Seite 111.
[10] In der Spieltheorie wurde die Institution eines unabhängigen Dritten als eine von mehreren Voraussetzungen für effiziente Entscheidungsfindungen in sich wiederholenden Verhandlungssituationen erkannt. Diese wissenschaftliche Erkenntnis ist in die Organisationsform der Roundtables eingeflossen.
[11] Siehe 3. Hessischer Kulturwirtschaftsbericht: Stichwort „Selbstorganisationskraft“.
vorherigen Entfremdung zwischen Stadt und Kreativwirtschaft.
[12] 3. Hessischer Kulturwirtschaftsbericht, Seiten 110–111.
[13] 13 Ein typischerweise wohlgemeinter, jedoch von oben herab angesetzter und damit möglicherweise kontraproduktiver Strategieansatz wird durch folgende Formulierung deutlich: „Damit die Stadtentwicklungsplanung von der kreativen Szene profitieren kann, ist es hilfreich, deren bevorzugte Räume und Standorte zu identifizieren.“ 3. Hessischer Bericht Kulturwirtschaft, Seite 37.
[14] Beispiel: Interessengemeinschaft ISG Nord, Essen.
[15] Beispiel: RAG, Dinslaken.
[16] siehe 3. Hessischer Kulturwirtschaftsbericht, S. 138
[17] In die Sprache der Ökonomie übersetzt handelt es sich um „crowding in“ statt „crowding out“. Es liegt ein anreizverträgliches Verhalten vor.
[18] 18 Diese räumlichen Konzentrationen und Mischungen bieten nach Aussagen von Kulturschaffenden und Kleinstunternehmen der Kulturwirtschaft besonders gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung unverwechselbarer Kreativdienstleistungen und origineller Kulturprodukte. So bilden sie an diesen Standorten unterschiedlich fest gefügte Gemeinschaften und Milieus aus, pflegen interaktive Beziehungen, unterstützen sich gegenseitig und kooperieren untereinander. Während Standortgemeinschaften z. B. bei Shoppingcentern von einer Projektsteuerung durch die Auswahl der Mieter künstlich generiert werden, entwickeln sich die kreativen Standortgemeinschaften im Laufe der Zeit aufgrund sozialer Kontakte und persönlicher Wertvorstellungen der Beteiligten von selbst.
[19] www.kunsthaus-essen.de
Nun gut. Auf 420 Fragen ebenso viele Antworten. Es bewahrheitet sich einmal mehr die alte Weisheit: Wer schreibt, der bleibt!
Glückauf
Hochinteressant! Hochachtung!
Allerdings sollten sich die Ruhrbarone gelegentlich mit so alten neumodischen Dateiformaten, wie PDF, vertraut machen. Diese Bleiwurst wäre dann lesbarer und würde die nachfolgenden Kommentare nicht erdrücken.
Völlig umsonstig gibt’s den (als sicheren Download) z. B. bei
https://www.chip.de/downloads/PDFCreator_13009777.html
Hochachtungsvoll
😉
jan
Links anne Ruhr (02.12.2011)…
Duisburg: Prüfbericht für Landesarchiv-Bau liest sich wie ein Krimi (DerWesten) – Bauliche Wagnis-Abschätzungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Alternativprüfungen – all das hat es laut Bewertung des Landesrechnungs…
Genauso wie niemand außer dem Autor und dem Beantworter alle Fragen gelesen hat, wird auch Niemand alle die hier oben gegebenen Antworten lesen. Nimmt man sich aber z.B. die Kreativquartiere heraus , dann wird auch in diesem Konvolut das Prinzip ECCE sehr schnell klar.
Um z.B. aus dem schon quirligen Bermuda-Dreieck und dem schon aktiven angrenzenden Ehrenfeld das Bochumer Kreativquartier namens Viktoriaquartier zu basteln musten nicht vor ort Roundtablegespräche geführt werden sondern auch:
ein Netzwerk für die gesamte Region gestrickt, dazu ein Netzwerk in ganz Europa, installiert, dazu ein europäischer Preis erdacht, dazu einen internationale Jury zusammengestellt, Experten aus aller Welt gerufen und befragt, ein europäische orienierte Internetplatform namens Lab-2010 entwickelt, europäische Förderchancen abgecheckt, dafür ausführliche Programme geschrieben, dafür noch ausführlichere Berichte geschrieben, Medien mobilisiert, Kommissionen kontaktiert,regionale und lokale Politiker überzeugt, viele Städte in vielen verschiedenen Ländern besucht, eigene Konferenzen organisiert, dazu viele Leute aus vielen Ländern eingeladen, usw. usw. werden.
Im Bochumer Viktoriaviertel ist derweilen nicht viel passiert. Außer das was auch ohne ECCE passiert wäre. Lustig ist zu diesem Bereich folgender Satz zum ehemaligen Katholikenbahnhof, der jetzt als Veranstaltungsort unter dem Namen „Rotunde“ regelmäßig genutzt wird:
“ Die bauliche Erschließung des Geländes durch Straßen und einen Abwasserkanal soll 2012 erfolgen. Gespräche zwischen Land, Stadt, ecce und Kreativwirtschaft in einem Roundtable in 2009 und 2010 haben einen wesentlichen Beitrag zur Einigung der Parteien auf die Erschließung geleistet, die über Jahre die Arealentwicklung blockierte.“
Vor allem der Investor Leo Bauer, aber nicht nur er, sondern alle die es genauer wissen, werden sich beim Lesen dieses Texteils entweder die Haare raufen oder laut loslachen oder beides gleichzeitig.
Ansonsten wertet ECCE in ihrem Antwortschreiben im Rahmen ihres Konzeptes Bauers Engagement folgerichtig als sogenannte Schlüsselninvestition. Interessant dazu an anderer Stelle folgender Satz:
„Manche prominenten Schlüsselinvestitionen verfehlen ihr oben genanntes Ziel, indem sie durch zu hohe Ambitionen die freien Szenen (immer noch Hauptmotoren einer nachhaltigen und qualitativen Quartiersentwicklung) von vornherein ausschließen – z. B. durch den ursprünglich zu hohen Mietspiegel im Dortmunder U.“
Die Frage die sich ob dieser richtigen Enschätzung allerdings sofort stellt lautet: Wieso sitzt dann ECCE genau in diesem Gebäude bzw. wie ist es bei diesen Mieten da überhaupt reingekommen?
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