Ehud Olmert in Bochum: „Kein Frieden ohne Risiko“

Leichtes Spiel für Ehud Olmert. Als Ehrengast des Forums „Herausforderung Zukunft“ parlierte der ehemalige israelische Ministerpräsident und Bürgermeister von Jerusalem ganz im Stile eines Elder Statesman bei der Jüdischen Gemeinde Bochum durch den Abend und kommentierte die derzeitige Situation im Nahen Osten aus Sicht eines Herren, der zum einen zwar von allen politischen Ämtern befreit ist, zum anderen aber weiterhin eine gewichtige Stimme hat. Getrübt wurde die Veranstaltung von der tölpelhaften Abschlussrede Jürgen Rüttgers´. Von unserem Gastautor Michael Blatt.

Es sei eine leidige Angewohnheit, so Ehud Olmert, dass in Israel jeder ständig seine Meinung zur politischen Lage kundtun müsse und es wäre gleichzeitig eine große Herausforderung für einen israelischen Politiker, einen Tag lang mal kein Statement abzugeben. In Bochum präsentierte sich der 66-jährige als Mann der Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. „Wir müssen Frieden schließen mit den Palästinensern, weil es für die Zukunft Israels wichtig ist.“ Damit das möglich wird, müsse er selbst „das Gegenteil von dem tun, was ich jahrelang gesagt habe.“ Olmert setzt sich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein, deren Grenze sich „mit einigen Änderungen auf beiden Seiten“ auf die von 1967 beziehe. Er geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er als Herausforderung der Zukunft Jerusalem als – von einem internationalen Gremium organisierte – Hauptstadt beider Nationen versteht. „Kein Frieden ohne Risiko!“

Weit weniger versöhnende Worte fand Olmert vor der Jüdischen Gemeinde dagegen für den Iran. Es sei nicht tragbar, dass ein Land der Vereinten Nationen einem anderen Land die Existenzberechtigung abspricht: „Das kann, das wird Israel nicht akzeptieren.“ Der vierfache Vater weiter: „Israel sucht nicht die gewaltsame Auseinandersetzung“, gleichwohl sei ein Militärschlag nicht ausgeschlossen. Sollte es dazu kommen, so ließen sich die Aussagen Olmerts interpretieren, dann nicht in Form eines israelischen Alleingangs, sondern an der Seite der Verbündeten.

Nicht überraschend eigensinnig fiel Olmerts Bewertung des Arabischen Frühlings aus. Mit dem gestürzten ägyptischen Staatspräsidenten Husni
Mubarak habe Israel einen verlässlichen und strategischen Partner verloren. Anderseits setzt der Mitbegründer der Kadima Partei auf eine Fortsetzung der innerrevolutionären Entwicklungen im Nahen Osten: „Ich hoffe, dass sich der Arabische Frühling in den Iran ausbreitet und ihn überrollt.“

Dass es zu den Aufgaben eines Staatsmanns gehört, nicht nur hoffnungsvolle Reden zu schwingen, sondern auch allzu neugierigen Journalisten auszuweichen, bewies Ehud Olmert im Podiumsgespräch mit dem ARD-Studioleiter von Tel Aviv, Richard C. Schneider. Dessen Versuche der kritischen Nachfrage prallten so sehr an Olmert ab, dass das Geschehen auf der Bühne grotesk theatrale Züge annahm. Immerhin konnten die Zuschauer in Bochum bei Bedarf noch schmunzeln über die tapferen Investigativversuche Schneiders oder mitfühlen bei der leider aufgesetzt wirkenden Abschlussanekdote Olmerts über seine Begegnung mit Angehörigen von Terroropfern.

Es hätte brav mit der folkloristischen Überreichung eines VfL-Trikots mit der Nummer 10 an Olmert enden können, wäre da nicht noch die eingegrätschte Abschlussnote von NRW-Ministerpräsident a.D. Jürgen Rüttgers gewesen. Das Mitglied des „Herausforderung Zukunft“-Kuratoriums schaffte es nicht nur satt zu spät zu kommen, sondern entschuldigte sein nachträgliches Erscheinen auch noch damit, dass er zuvor in Bonn jungen Menschen mit Migrationshintergrund die Ohren waschen musste, da diese auf die besondere Verpflichtung Deutschlands gegenüber der Existenzwahrung Israels mit einem „Was geht mich das an?“ geantwortet hätten.

Weiß Herr Rüttgers, Freund aller Inder, Chinesen und Rumänen, nicht, dass er diese Antwort genauso von jungen Menschen, deren Uropa in der deutschen Wehrmacht für das Dritte Reich gekämpft hat, serviert bekommt? Oder sagt er das nur nicht laut, schon gar nicht vor der Jüdischen Gemeinde, weil er sich dafür fremdschämt?

Laut verurteilte Rüttgers in Bochum stattdessen die rechtsextremistische Terrorserie. Denn das gehört sich gerade so und kam sicher auch gut an gegenüber Ehud Olmert und der Jüdischen Gemeinde. Nur warum erwähnte er mit keinem Wort, dass die Opfer konkret Menschen mit Migrationshintergrund gewesen sind. Nach derzeitigem Kenntnisstand ermordet von Deutschen. Ja, weil das dann wiederum wohl nicht so gut angekommen wäre.

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walter stach
walter stach
13 Jahre zuvor

Jeder, der dabei war, jeder der den Gastkommentar gelesen hat, weiß immerhin spätestens jetzt , daß zu unterscheiden ist, zwischen einem Elder Statsman und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten a.D.Rüttgers.

Olaf Mertens
Olaf Mertens
13 Jahre zuvor

Ist doch nett vom ex-„Landesvater“. Er wäscht den Kindern die Ohren, obwohl sie (Migrationshintergrund! Daher vermutlich auch die ungewaschenen Löffel, nicht wahr, Herr Rüttgers?) eigentlich nicht zu „uns“ gehören. Das nenne ich wahre Fürsorglichkeit – und so uneigennützig! Also wenn an dem mal was zu polieren sein sollte, ich wäre inzwischen glatt bereit das zu übernehmen!

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