Ein Brief zur Wettertanne

Liebe Guttenbergfreunde,

Mit Erschrecken verfolge ich die Debatte. Da lügt und betrügt ein Mann, hintergeht den Doktorvater, die Universität, die Soldaten, die Regierung, das Parlament und das Volk.

Und wie reagieren die Deutschen?

In grosser Mehrheit huldigen sie trotz klarer Beweise weiterhin diesem –so hätte man ihn wohl früher in konservativen Kreisen bezeichnet- ehrlosen Lump.

Diese Heldenverehrung bedient sich folgendem Argument, dass Deutschland doch andere Probleme habe. In Afghanistan sei schließlich Krieg und dort stürben deutsche Soldaten, und da sollten wir uns doch nicht über nicht gesetzte Fußnoten erregen, wer sei denn zu dem schon ohne Sünde und ein bisschen Abschreibe sei ja nichts gegen dessen Qualität als Minister.
Er habe doch Fehler eingestanden und den Titel zurückgegeben. Jetzt müsse doch auch mal Schluss sein.

Meine lieben Guttenbergfreunde in einem haben sie sicher Recht, Deutschland und die Welt stehen vor mächtigen Herausforderungen. Die arabische Welt kämpft um die Freiheit, in Afghanistan wird Krieg geführt und dort sterben deutsche Soldaten.

Nur – und hier mag ich ihnen nicht folgen – deshalb dürfen wir doch unter keinen Umständen die Führung unserer Soldaten und die Verantwortung für unser Land in die Hände eines skrupellosen Hasardeurs legen, der nicht zögert für den persönlichen Vorteil zu lügen und zu betrügen.

Einem solchen Mann wollen sie doch nicht ernsthaft die Sicherheit unserer Soldaten weiter anvertrauen?

Deshalb leben wir doch in einer Demokratie, um den Mächtigen beizeiten zu sagen, hier und nicht weiter.

Die Promotionsgeschichte bringt es ans Licht, dass zu Guttenberg eben nicht der ist, für den ihn die Öffentlichkeit gehalten hat.

Der Mann ist weder ehrlich noch gradlinig noch überzeugend. Er ist schlicht falsch, hinterhältig und ohne Skrupel.

Schauen wir doch dafür auf dessen Rede am Montag, die sie in so unverständlicher Weise feiern.

Zu Guttenberg behauptet, er habe die gravierende Fehler nicht aus Absicht gemacht, sondern weil er bei den Quellen den Überblick verloren und damit menschliche Fehler begangen hätte. Und dann die Beteuerungen: „Ich habe die Arbeit selbst geschrieben.“ und „Ich habe nicht absichtlich getäuscht.“

Meine lieben Guttenbergfreunde, bei einer Handvoll von Fehlern lasse ich mir eine solche Erklärung noch gefallen, aber habt ihr mal einen Blick auf das guttenplag wiki geworfen.
Auf über 70 Prozent der Seiten in der Promotion wurden Plagiate gefunden!
Wie kann einem so etwas unabsichtlich widerfahren? Das ist doch nur mit einer schweren geistigen Verwirrung zu erklären, die das Eigene vom Fremden nicht mehr zu unterscheiden vermag, eine Art Wissenkleptomanie, oder, wenn dem nicht so ist, entspringen diese Beteuerungen schlicht einer fetten Lüge.

Und diesem unwahrhaftigen Mann vertrauen sie noch das Leben unserer Soldaten an?

Zum anderen schiebt zu Guttenberg mit dieser Aussage die Verantwortung für sein Fehlverhalten auf die Universität Bayreuth und den Doktorvater ab.
Denn, wenn er nicht absichtlich betrogen sondern nur Fehler begangen hätte, die er zudem noch als allzu menschlich beschreibt, dann hätte dies ja der Doktorvater und die Korrektoren der Universität merken müssen. Zum Fehlerfinden sind die ja da. Da dies nicht geschehen ist, trägt also nicht der fehlerhafte zu Guttenberg die Schuld, sondern die Universität, die nicht richtig zu prüfen versteht.
Nur bei einem eingestandenen Betrug des zu Guttenberg wäre die Universität entlastet.
Einen weiteren Schlag verpasst zu Guttenberg der Universität Bayreuth mit dem Wort „Blödsinn“, denn die Promotion hat ja immerhin die Bewertung Summa cum Laude bekommen.

Zu Guttenberg drückt sich also wieder mal in perfider Form vor der Verantwortung und schiebt den Dreck in andere Schuhe.

Und diesem hinterhältigen Mann, liebe Guttenbergfreunde, vertrauen sie das Leben der deutschen Soldaten an?

Zudem beschwert sich zu Guttenberg darüber, dass im Gegensatz zum öffentlichen Interesse zu den Verfehlungen in der Promotionsarbeit der Tod der Soldaten in Afghanistan zur „Randnotiz“ verkommen sei. Diese Verbindung sprengt alle Rahmen des Anstandes.
Der Verteidigungsminister scheut für sein Ablenkungsmanöver vor den Lügen nicht mal davor zurück ein Vollbad im Blut der erschossenen Soldaten zu nehmen.

Liebe Guttenbergfreunde, wollen sie wirklich diesem skrupellosen Mann das Leben unserer Soldaten anvertrauen?

Das Leben der deutschen Soldaten ist schlicht zu kostbar, als dass wir es in den Schatten einer von Lüge, Feigheit und Eitelkeit zerfressenen Wettertanne stellen dürfen.

Der Schutz der Soldaten muss Vorrang vor einer hysterischen Heldenverehrung haben. Also jagen wir zu Guttenberg vom Hof!

Mit freundlichen Gruß
Marcus Bensmann

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Jens König
Jens König
13 Jahre zuvor

https://www.ruhrbarone.de/gansefuschen-affare-scheis-auf-den-doktor/comment-page-1/#comment-76729

Ich bin baff, wie Recht ich hatte. Die Leute lieben Hochstapler.

Zum Glück ja nicht alle. Deshalb wird es interessant, wieviele Austritte die CDU in nächster Zeit zu verzeichnen haben wird. Ich nehme einfach mal an, dass sie gerade ihre Intellektuellen und ihre Anständigen verliert.
Was bleibt, ist grenzdebiles Jubelpersonal, damit kommt man zwar über die 5% Hürde (sogar weit über diese), aber man wird in Zukunft weniger oder gar keine vernünftigen Gestalter innerhalb der Partei mehr finden. Glücklicherweise gibt es ja jede Menge Hochstapler, die den Laden übernehmen werden.
Es gibt Stimmen, die behaupten, das sei längst passiert.

Dirk
13 Jahre zuvor

Interessant dazu auch folgender Artikel über Degradierung von Soldaten die beim schummeln bei der Doktorarbeit erwischt werden:
https://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1298441438079

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@Jens König,
es kann so kommen, wie Sie sagen, aber solche Mechanismen wirken langsam.
Da der Fall aber noch aktuell ist, glaube ich, daß da noch einige öffentliche Diskussionen stattfinden werden.
Es geht m.E. jetzt erst los.
z.B. der Lehrerverband sieht Guttenberg als schlechtes Vorbild

https://www.stern.de/news2/aktuell/lehrerverbandspraesident-warnt-schueler-vor-vorbild-guttenberg-1656901.html

Dadurch ist gewährleistet, daß der Fall noch nach Jahren nicht aus den Köpfen ist.
Der Druck aus dem Parlament wächst auch immer weiter.
Die Medien sind genervt worden.
Ich sage, daß die Unterstützerfront nicht lange halten wird.
Merkel wird den Mann fallen lassen müssen. Sie hat sich in der Brisanz getäuscht.
Die Semialphabeten unter den Bildlesern sind nicht alles. Selbst im Bildblog gibt es etliche Guttenberggegner.
Übrigens muß der Minister jetzt erst mal seinen Paß und seinen Personalausweis ändern lassen, weil ein falscher Titel dort drin strafbar ist. Ob er daran denkt?
Er hat doch seinen Titel schon auf Antrag vorzeitig benutzen dürfen. Auch da gibt es noch Diskussionsbedarf. Warum er? Und Und Und.

Arnold Voß
Arnold Voß
13 Jahre zuvor

@ Jens König

Natürlich lieben die Leute Hochstapler. Sie bewundern auch Gefängnisausbrecher,wenn sie nicht zu den Gewalttätern gehören. Sie freuen sich eigentlich über jeden der die sogenannten Obrigkeiten einschließlich der Prüfer und Lehrer veräppelt und hinters Licht führt.

Aber deswegen will niemand einen Hochstapler als Freund oder Geschäftspartner, geschweige denn einen wirklichen Ausbrecher in seiner unmittelbaren Nähe. Auch keinen Scharlatan als Arzt oder Finanzberater. Bei Politikern allerdings erwarten viele Menschen, dass sie zur Lüge neigen. Aber auch da geht nicht alles.

Wenn Guttenberg noch einmal als Minister stolpert, fällt er, und niemand wird ihm dann unter die Arme greifen, geschweige ihm wieder auf die Beine helfen. Und er weiß das.

Christian Alexander Tietgen
Christian Alexander Tietgen
13 Jahre zuvor

Ja, Guttenberg ist der Geilste, lasst doch den armen Guttenberg in Ruhe!

Dieter Carstensen
13 Jahre zuvor

Historisch betrachtet haben die Deutschen eine gewisse „Tradition“ darin, ihre „Henker“ zu lieben …

Kaiser Wihelm und Hitler sind sie auch willig in Kriege gefolgt, obwohl beides Lügner waren, nun geht es eben mit Gutti nach Afghanistan …

Wen wundert das eigentlich wirklich?

Christian Alexander Tietgen
Christian Alexander Tietgen
13 Jahre zuvor

Berlusconi, Kaiser Wilhelm, Hitler? Infam.

David Schraven
Admin
13 Jahre zuvor

Godwins Law bewiesen in sieben Kommentaren. Kompliment. Sieht nach Rekord aus.

Guttenberg muss jetzt mit einer Sache klarkommen:

Er ist ein ehrloser Lügner.

Und jeder weiß das.

Er muss damit klarkommen, dass er nur aus taktischen Gründen gestützt wird.

Und jeder in seiner Umgebung weiß das.

Er muss dami klarkommen, dass keiner der großen Menschen in Deutschland mehr Achtung vor ihm hat, auch wenn ihn die Leute anlachen.

Guttenberg muss damit klarkommen, dass er ein ehrloser Lügner ist.

Dieses Bewusstsein hält keiner mit 50 Gramm Restehre aus.

Kann mir vorstellen, dass sein strahlendes Selbstbild bald zerspringt.

Bin gespannt, was dann passiert.

Was vor hundert Jahren passiert wäre, ist klar.

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@David Schraven,
„Godwins Law bewiesen in sieben Kommentaren. Kompliment. Sieht nach Rekord aus.“
Und wem steht der Godwinpunkt zu?
Dem @6, oder dem Verlag, der solch einen Godwin-Kommentar zuläßt, also den Baronen?
Da mich solche Vergleiche tatsächlich schon länger nerven, möchte ich mal zur Diskussion stellen, ob hier nicht, wie in Frankreich üblich, Godwinpunkte vergeben werden, oder, ob es nicht sinnvoll ist, daß Regeln aufgestellt werden, keine Hitlervergleiche vor dem hundertsten Kommentar zuzulassen.
Ich mach mal den Anfang:
@6 Bravo, Du hast Dir den ersten Godwinpunkt erworben.

f.luebberding
13 Jahre zuvor

Schraven

Gute Zusammenfassung. Man sollte sich auch nicht immer von den Umfragewerten irritieren lassen. Es dauert etwas bis sich solche Skandale bemerkbar machen. Niemand ändert die Einschätzung einer öffentlichen Person über Nacht, vor allem wenn sie so kontrovers ist wie Guttenberg. Das ist bei uns auch nicht anders. Außerdem ist man heute doch weiter als noch vor sieben Tagen … . Was ein Buch doch für Folgen haben kann.

Bürokratenfeind
Bürokratenfeind
13 Jahre zuvor

Guttenberg ist nur einer von vielen Mauschlern und Schummlern, die sich in der Politik tummeln. Mir tut der arme Kerl leid. Er ist halt übermütig und unvorsichtig geworden. Zudem kennt er die „Straße“ nicht. David Schraven hat es schon angesprochen. Es ist fraglich, ob „Baron Plagiat“ das seelisch verkraften kann.

Jens König
Jens König
13 Jahre zuvor

David, Du schreibst:
„Dieses Bewusstsein hält keiner mit 50 Gramm Restehre aus.
Kann mir vorstellen, dass sein strahlendes Selbstbild bald zerspringt.“

Lies nocheinmal meinen Kommentar
https://www.ruhrbarone.de/gansefuschen-affare-scheis-auf-den-doktor/comment-page-1/#comment-76729
und freunde Dich mal spasseshalber mit meiner These, dass es sich bei Guttenberg um einen Sozio- bzw. Psychopathen handelt, an. Du musst es nicht glauben aber stell Dir mal vor, es wäre so. Noch kurz dazu folgende Hintergründe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie
https://de.wikipedia.org/wiki/Psychopathie

Was passiert also mit einer solcherart kranken Person, wenn sie wohlbehütet aufwächst und eben über mehr als eine dem dumpfen Axtmörder ähnliche Intelligenz verfügt?
Möglicherweise wird er eine „Schlange im Anzug“
https://www.snakesinsuits.com/

Diese armen Leute haben keine Ehre, kein Gewissen. Ist nicht da. Und aufgrund dieser Krankheit können derartige Leute ihr Selbstbild nicht verlieren bzw. kann es nicht zerstört werden. So wie ein Blinder nicht sehen kann.

Das heisst nicht, dass nicht irgendetwas Schlimmes noch passieren wird.
Im Gegenteil, es wird passieren.

Christian Alexander Tietgen
Christian Alexander Tietgen
13 Jahre zuvor

Den Krieg in Afghanistan seit 2001 kann man wohl kaum mit dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg vergleichen, genauso wenig wie Guttenbergs Person mit Kaiser Wilhelm oder Hitler. Der Vergleich hinkt also.

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@König,
Bei Politikern, die zurücktreten sollen, ist es völlig egal, ob die ein eigenes Gewissen haben, oder ein Fremdgewissen benutzen.
Wenn der Mann nicht zurücktritt, werden sich seine Supporter Gedanken machen müssen.

Jens König
Jens König
13 Jahre zuvor

Lieber Herr Junge, bei Politikern, die zurücktreten SOLLEN vielleicht.
Wenn man ausser Betracht lässt, dass sie auch woanders Unheil anrichten können und irgendwann mal wieder auftauchen.
G. SOLLTE zurücktreten, aber es sieht nicht danach aus, als ob er das TUT.

Ein Fremdgewissen nutzt der schon mal gar nicht, es sei denn, man stuft seine gespielte Demut (die nur selten und wenn dann zusammen mit Unschuldsbeteuerung und Selbstbeweihräucherung etc. einhergeht) als das ein.

Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass sein Verhalten psychopathische Züge trägt und dass ich ihn für extrem gefährlich halte.

Insofern ist es NICHT egal.

Gedanken müssen wir uns alle machen und sehr wachsam sein, wenn er nicht zurücktritt.

Was seine Supporter müssen ist mir allerdings egal.

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